Casino Royale
Cover

17.04.2007 #415

von Guido Bibra

Titel Casino Royale
Studio MGM / Sony / Columbia Pictures / EON Productions (2006)
Hersteller Sony Pictures Home Entertainment (2007) EAN 43508MNWS
DVD-Typ 2x9 (7,38 & 7,01 GB) Bitrate ø 6,0 max. 8,5
Laufzeit 144:20 Minuten Kapitel 28
Regionalcode 1,3,4 (Hongkong) Case Doppel-Keepcase
Fernsehnorm NTSC
Bildformat 2.40:1 16:9 ja
Tonspuren Dolby Digital 5.1 Surround 448 kbit/s Englisch, Thailändisch  Dolby Digital 5.1 Surround 754,5 kbit/s Englisch
Untertitel Englisch, Chinesisch, Kroeanisch, Thaliändisch
Freigabe Keine
Extras • Becoming Bond
• James Bond: For Real
• Bond Girls are Forever
• Chris Cornell Music Video

Der Film

James Bond hat sich gerade seine Sporen als Doppel-Null-Agent mit der Lizenz zum Töten verdient und wird auf eine erste Mission auf Madagascar geschickt, wo er einen international gesuchten Bombenbauer schnappen soll, aber diesen stattdessen vor laufenden Sicherheitskameras in einer Botschaft auf der Flucht erschießt und damit seine Vorgesetzten auf die Palme bringt. Vorerst auf die Reservebank geschoben beginnt Bond auf eigene Faust einem Hinweis nachzugehen, der ihn zum Waffenhändler Dimitrios führt, der auf dem Flughafen von Miami den Prototyp eines neuen Superflugzeugs in die Luft jagen lassen will. Bond kann dies in letzter Minute verhindern und seine Chefin M findet heraus, daß ein Terroristen-Financier namens LeChiffre Aktien in die Herstellerfirma des Jetliners investierte und eine Menge Geld beim erneuten Verkauf verloren hat, das einem seiner Auftraggeber gehört, der nun hinter ihm her ist. Um das Geld wieder zu bekommen arrangiert LeChiffre eine millionenschwere Pokerrunde in Montenegro, von der der britische Geheimdienst erfährt. James Bond, begleitet von Vesper Lynd, einer Angestellten der englischen Schatzkammer, wird ins Casino Royale geschickt um LeChiffre beim Kartenspielen auszunehmen...

 


Es begann alles mit dem Ende eines der längsten Rechtsstreite der Filmgeschichte. Als Albert R. Broccoli und Harry Saltzman Anfang der sechziger Jahre von Ian Fleming die Filmrechte seiner James Bond-Romane erwarben, war zu ihrem Ärger das erste Buch Casino Royale nicht dabei, weil der Autor die Filmrechte bereits früher verkauft hatte. Obwohl Broccoli, Saltzman und später ihre Nachfahren gigantischen Erfolg mit ihren Filmen hatten, blieb Casino Royale und ein Teil der Rechte an Thunderball, den Fleming zuerst als Filmdrehbuch mit Kevin McClory verfaßt und später als Roman verarbeitet hatte, unerreichbar. Auch mit mehreren Gerichtsverfahren konnte EON Productions zwei Konkurrrenzfilme, die 1967er Persiflage Casino Royale und das Thunderball-Remake Never Say Never Again nicht stoppen.

Die Schlacht um Casino Royale

Als Kevin McClory versuchte mit der Hilfe von Sony und deren Filmstudio Columbia Pictures Mitte der neunziger Jahre ein erneutes Thunderball-Remake mit Timothy Dalton in der Hauptrolle zu beginnen, ließen MGM und EON Productions wieder die Rechtsanwälte aufmarschieren, um Sonys Vorhaben zu unterbinden. 1997 gelang es MGM zuerst die Vertriebsrechte von Never Say Never Again zu bekommen, und 1999 einigten sich die beiden Studios schließlich außergerichtlich. Sony gab alle Anspruche am Charakter James Bond und Casino Royale an MGM im Austausch gegen deren Rechte an der Comicfigur Spiderman ab. Ironischerweise wäre dieser Austausch, bei dem vermutlich auch eine Menge Geld geflossen war, gar nicht nötig gewesen - denn 2004 wurde MGM von Sony aufgekauft, wodurch das Studio auch die Rechte an den Bond-Filmen erhielt.

Nachdem 2002 noch unter der Regie von MGM der zwanzigste James-Bond-Film mit Pierce Brosnan gedreht wurde, waren die Möglichkeiten für eine Fortsetzung unendlich. Brosnans Vertrag umfaßte vier Filme, von denen der letzte nun fertiggestellt war - trotzdem war der inzwischen knapp fünfzig Jahre alte Schauspieler noch für mindestens einen weiteren Film im Gespräch. Dann wurde aber entschieden, daß als nächster Stoff Casino Royale verfilmt werden sollte und dafür nur ein jüngerer Schauspieler in Frage kommen würde. Kurzzeitig sah es sogar noch so aus, als ob Pierce Brosnan noch ein fünftes Mal James Bond spielen würde - aber dann kam es zwischen den Produzenten und dem Schauspieler zu einem Streit über die Gage, der damit endete, daß Brosnan entgültig vor die Tür gesetzt wurde.

Auf der Jagd nach dem sechsten Bond

Nachdem die Bühne für einen neuen Bond-Darsteller geräumt worden war, entwickelte sich ein Medienzirkus der Extraklasse - die Presse hatte viel Spaß daran eine Menge Gerüchte über den zukünftigen James Bond zu streuen. Eine ganze Menge Schauspieler von Rang und Namen wurden als potentielle Kandidaten erwähnt - darunter Clive Owen, Jude Law, Orlando Bloom und sogar Johnny Depp und Hugh Jackman, die alle mehr oder weniger gut geeigent für die Rolle schienen. Schließlich schlich sich aber ein Schauspieler in die Gerüchteküche ein, mit dem man am allerwenigsten gerechnet hatte: der relativ unbekannte Daniel Craig, der bisher nur wenige große Kinorollen gespielt hatte und nur in England als mehr oder weniger erfolgreicher Theaterschauspieler seine Karriere begonnen hatte.

Zum großen Erstaunen vieler Bond-Fans kündigte EON Productions, seit dem Tod von Albert R. Broccoli unter der Führung seiner Tochter Barbara und seinem Stiefsohn Michael G.Wilson, im Oktober mit einem großen Presserummel Daniel Craig als den neuen James Bond an - eine seltsame Auswahl, wenn man bedenkt wieviele andere Kandidaten im Spiel waren. Tatsächlich hatten einige andere Schauspieler - unter anderem Clive Owen und Hugh Jackman - die Rolle abgelehnt, weil die Produzenten ihnen eine zu kleine Gage zahlen wollten. Daniel Craig, der noch weit entfernt vom Superstar-Status seiner Kollegen war, konnte dagegen offenbar erheblich billiger gewonnen werden.

Man kann nur darüber spekulieren, was bei diesem überraschenden und unerwarteten Casting hinter den Türen von EON vorging und welche Rolle Sony dabei gespielt hat - nach der Übernahme von MGM war Casino Royale der erste Bond-Film, der von MGM und Columbia Pictures zusammen produziert wurde. Eine Verbindung zwischen dem Sony-Takeover und dem Rauswurf von Pierce Brosnan ist zwar nicht wirklich belegbar, aber zumindest zeitlich denkbar. Pierce Brosnan war offenbar für die Broccolis und Sony zu einem Risiko geworden, denn der Schauspieler war auch als Produzent mit einer eigenen Firma nicht ganz unerfahren und wollte bei einem neuen Bond-Film ein Wörtchen mitzureden haben. EON hatte bis dahin sehr gut mit Brosnan zusammengearbeitet und ihn auch kräftig an der Figur Bond mitentscheiden lassen - warum sich Barbara Broccoli und Michael G. Wilson plötzlich von ihrem Star abgewandt hatten, bleibt aber ein Rätsel.

Reboot

Große Änderungen in der Bond-Dynastie hatte es immer gegeben, wenn sich das Franchise in einer Krise befand - aber davon war seit 1995 nichts mehr zu spüren, ganz im Gegenteil: die letzten vier Bond-Filme gehörten zu den erfolgreichsten der Reihe und innerhalb von acht Jahren hatten sich die Einspielergebnisse fast verdoppelt. Dringenden Handlungsbedarf gab es also von der wirtschaftlichen Seite kaum, aber vielleicht war Sony durch die noch höheren Boxoffice-Zahlen der eigenen Filme vom Bond-Franchise enttäuscht und wollte unbedingt einen Richtungswechsel forcieren, der von EON dann auch ohne große Widerrede eingeschlagen wurde.

Das Zauberwort hieß "Reboot" und wurde in der Marketingkampagne bis zum Umfallen verwendet, um den verwirrten Fans und Zuschauern zu erklären, was aus dem altbekannten Bond-Konzept geworden war - damit konnten auf eine sehr bequeme Weise sämtliche Traditionen abgeschafft werden, um einen völlig neuen James Bond zu schaffen. Das Versprechen sich auf die Ursprünge des Charakters aus den Buchvorlagen von Ian Fleming zu halten, wurde dabei aber kaum eingehalten. Zwar wurde die grundlegende Story von Flemings allererstem Bond-Roman relativ genau umgesetzt, aber da der Plot des Buchs sehr knapp ist und kaum für einen abendfüllenden Kinofilm ausreichen würde, mußte einiges dazugeschrieben werden.

Das alte Erfolgskonzept des phantasievollen, satirischen und nicht ganz ernstgemeinten James Bond wurde in Rente geschickt und stattdessen gegen eine neue Philosophie des harten, unbarmherzigen Realismus ausgetauscht - keine Bösewichte auf der Suche nach der Weltherrschaft mehr, kein eleganter, charmanter und humorvoller Geheimagent mehr und vor allen Dingen kein richtiger Spaß mehr. Obwohl Ian Flemings Romanvorlagen deutlich düsterer als ihre Verfilmungen waren, war doch der Spaßfaktor sehr hoch angesetzt - es waren richtige Spionagereißer ohne großen Anspruch auf die Realität. Die Bond-Produzenten waren aber plötzlich der Meinung Ian Flemings Casino Royale als hohe Literatur anzusehen und dementsprechend ernst zu adaptieren - ob dies noch im Sinne von Albert R. Broccoli ist, bleibt dahingestellt.

Casino Royale 2006

Seit den siebziger Jahren war kein James Bond-Film mehr von einer Fleming-Romanvorlage adaptiert worden, und Casino Royale war erst recht kein einfacher Stoff für eine moderne Filmumsetzung. Zuerst setzen die Produzenten daher auf bewährte Methoden und engagierten wieder Neal Purvis und Robert Wade, die schon für die vorherigen zwei Bond-Filme zuständig ware und sich nach Die Another Day mit der Parodie Johnny English ausgetobt hatten - für Casino Royale wurde ihr lockerer, phantasievoller Stil aber nur wenig gefordert, so daß sie hauptsächlich die Aufgabe hatten, eine Rahmenhandlung um die relativ kurze Vorlage zu schaffen. Diese sollte natürlich hauptsächlich aus Actionsequenzen bestehen, wodurch Casino Royale doch wieder dem alten Schema der Bond-Filme folgen mußte.

Presseberichten zufolge hatten Neal Purvis und Robert Wade ihre ersten Drehbuchversionen von Casino Royale schon fertig, als noch Pierce Brosnan im Gespräch war und das alte MGM am Ruder war. Ungefähr zur Zeit des Sony-Takeovers und dem Aufkommen des Schlagworts "Reboot" wurden auch die Dienste des Drehbuch-Teams offenbar nicht mehr benötigt, deren Version von James Bond nun nicht mehr der Vorstellung von EON entsprach und Sonys Verlangen nach einem marketingfähigen Autoren nicht gerecht wurde.

Als Script-Doktor wurde deshalb Oscar-Preisträger Paul Haggis angeheuert, der das Drehbuch seiner Vorgänger kräftig überarbeitete und für die gewünschte seriöse und knallharte Atmosphäre sorgte, die sogar noch die Down-to-Earth-Szenerie von License to Kill übertraf und alle Eigenschaften eines klassischen Bond-Films über Bord warf. Haggis' Beiträge zum Drehbuch scheinen hauptsächlich endlos lange Dialogsequenzen mit belanglosen Texten gewesen zu sein, die im starken Kontrast zu den ausladenden Actionsequenzen stehen, die offenbar die einzigen Elemente waren, die noch von der ursprünglichen Version von Neal Purvis und Robert Wade übrigblieben.

Das Resultat der Kollaboration von den drei Autoren ist ein Drehbuch, das nicht genau weiß was es wirklich will. Im Baukasten-Schema wurde eine unnötig in die Länge gezogene Rahmenhandlung um den Plot von Ian Flemings Romanvorlage konstruiert, die zwar alle Merkmale eines waschechten Bond-Films trägt, aber so überladen ist, daß man als Zuschauer kaum noch den Überblick behalten kann und schnell gelangweilt wird. Der Versuch die Story um fünfzig Jahre in die Zukunft zu transplantieren wirkt sehr bemüht - früher war LeChiffre nur ein Kassenwart für SMERSH, die Gegenspionage-Abteilung des KGB, heute muß er gleich ein Terroristen-Financier sein. Besonders ärgerlich sind die Anspielungen auf die Attentate des 11. September 2001, die eine der am längsten gehegten Grundsätze der Bond-Filme über den Haufen werfen: ab jetzt muß James Bond in der realen Welt spielen und nicht mehr in einem eigenen Universum.

Der Inszenator

Vor über zehn Jahren hatte Michael Campbell bereits für EON mit Goldeneye schon einmal die Kohlen aus dem Feuer geholt und wurde hauptsächlich wieder angeheuert um noch einmal den Zauberstab zu schwingen. Tatsächlich dürfte Campbell vor allen Dingen wegen seiner Treue zu Columbia Pictures ausgewählt worden sein, nachdem sich andere Regisseure überhaupt nicht für einen neuen James-Bond-Film interessierten und genauso wie beim Hauptdarsteller keine Alternativen mehr zu finden waren. Campbells Filme seit Goldeneye waren allerdings von wenig Erfolg gekrönt - seine drei Arbeiten für Columbia Pictures waren alle nur mittelmäßige Erfolge, weshalb es etwas seltsam erscheint, daß Sony ausgerechnet ihn mit der schweren Aufgabe betraute, einen Bond-Film mit einem völlig neuen Konzept zu inszenieren.

Allerdings ist Martin Campbell dennoch ein technisch sehr versierter Regisseur mit einem feinen Gespür für aufregende Action, großes Abenteuer und ironischen Humor - was er mit Goldeneye sehr gut bewiesen hatte und anscheinend deswegen als Regisseur für Casino Royale auserkoren wurde. Campbell war das beste, was dem 21. Bond-Film hätte passieren können, wenn nicht die Reboot-Idee dazwischengekommen wäre - der Regisseur mag vielleicht mit handfester Action sehr gut umgehen können, hat es aber nicht geschafft die ungewöhnlich vielen ruhigen Sequenzen des Films wirklich gut zu inszenieren und sie mit den Actionsequenzen vernünftig zu verknüpfen.

Ein neuer Bond

Daniel Craig war nicht der erste umstrittene Bond-Darsteller, denn schon George Lazenby und Timothy Dalton mußten sich einige Kritik gefallen lassen. Noch nie hatte es aber Schauspieler gegeben, der optisch so wenig der allgemeinen Vorstellung des Geheimagenten entsprach wie Daniel Craig - Ian Flemings berühmte Beschreibung "tall, dark and handsome" trifft auf ihn so gut wie überhaupt nicht zu. Craig ist weder besonders groß, noch dunkelhaarig und auch seine Attraktivität kann man in Zweifel ziehen - mit seinen kantigen, rauhen Gesichtszügen wäre er mehr für die Rolle eines Oberschurken geeignet. Auf den ersten Blick nimmt man Daniel Craig auch in einem schicken Anzug überhaupt nicht als James Bond wahr, was ihn nicht gerade besonders für diese Rolle qualifiziert. Sony scheint sich dessen bewußt gewesen zu sein und hatte die meisten Filmposter so stark retuschiert, daß Daniel Craig fast wie Sean Connery aussah - was jedoch überhaupt nichts mehr mit dem Film selbst zu tun hatte.

Aussehen ist natürlich längst nicht alles, und eigentlich sollte man von einem guten Schauspieler auch erwarten können einen ordentlichen James Bond zu geben, auch wenn er nicht dem idealen Typ entspricht. Vielleicht wäre auch Daniel Craig dazu in der Lage gewesen, aber der Schauspieler zeigt in Casino Royale kaum Ansätze von Kreativität und bemüht sich nicht einmal ansatzweise, seinem Charakter ein bißchen Individualität zu verleihen. Sein James Bond ist in Casino Royale - um den Film selbst zu zitieren - "stumpfes Instrument" mit minimaler Mimik, monotoner Stimme und der Ausdruckskraft eines Stücks Holz - da helfen auch die strahlend blauen Augen nicht viel, wenn kein wirkliches Charisma dahinter steckt.

First Bond Lady

Vesper Lynd ist im Bond-Universum von Ian Flemings Romanvorlagen kein typisches Bond-Girl, sondern eine der beiden Frauen, die dem Geheimagenten am allernahesten gekommen waren und daher einen Sonderstatus hatte. Der Charakter war noch nie zuvor in einer Verfilmung originalgetreu umgesetzt worden, denn Ursula Andress Auftritt als Vesper Lynd in der Parodie von 1967 hatte nur vom Namen her etwas mit Ian Flemings Figur zu tun. Die Wichtigkeit der richtigen Besetzung der Rolle bei der Neuverfilmung ist nicht zu unterschätzen, aber genauso wie bei der Hauptrolle war es mehr oder weniger eine Kurzschlußreaktion, nachdem Charlize Theron und Angela Jolie abgelehnt hatten und andere Schauspielerinnen wie Audrey Tatou oder Cécile de France von vorneherein nicht in Betracht gezogen worden.

In allerletzter Minute kurz vor Beginn der Dreharbeiten wurde dann die französische Schauspielerin Eva Green gecastet, die zuvor hauptsächlich mit ihrer Skandalrolle in Bernardo Bertoluccis The Dreamers bekannt geworden war und damit eine überraschende Wahl für die wichtigste Nebenrolle des Films war. Auch der Umstand, daß eine Französin für die Rolle einer Engländerin gecastet wurde, zeigt daß die Auswahl von Eva Green wahrscheinlich genauso wie das Casting der Hauptrolle eine Notlösung war. Allerdings entspricht die Französin Ian Flemings Beschreibung des Charakters erstaunlich gut und schafft es auch der Figur eine Menge Leben einzuhauchen, auch wenn ihr englischer Akzent sehr hölzern klingt und ihr Charakter mit schlecht dahingeschriebenen Texten zu kämpfen hat.

Was Vesper Lynd im neuen Casino Royale jedoch davon abhält wirklich erfolgreich zu sein, ist die völlig fehlende Chemie zwischen Eva Green und Daniel Craig. Was in der Buchvorlage noch eine der größten und intensivsten Liebesgeschichten der Bond-Romane war, ist im Film durch das zusammengestückelte Drehbuch zu einer oberflächlichen und wenig glaubhaften Beziehung geworden, die hauptsächlich an den flachen, emotionslosen Dialogen und einer aufgesetzten Leidenschaftlichkeit krankt. Die unbehagliche Art, mit der die beiden Schauspieler in ihren gemeinsamen Szenen agieren, kann die für die Story von Casino Royale so wichtige Beziehung zwischen Vesper Lynd und James Bond nicht einmal ansatzweise auf die Leinwand werfen.

Herr Ziffer und seine Kollegen

Als Ian Flemings Schurke der ersten Stunde entspricht LeChiffre noch gar nicht dem Schema des typischen megalomanischen Bond-Bösewichts, denn eigentlich ist er sogar mehr Opfer als Täter in der Geschichte. In der 1967er-Parodie wurde er als glamuröser Partylöwe von Orson Welles gespielt, dessen LeChiffre kaum noch etwas mit der Romanvorlage zu tun hatte - für die neue Verfilmung haben sich die Produzenten deswegen große Mühe gegeben die Rolle besser zu besetzen, und das mit relativ großem Erfolg. Erstaunlich treffsicher wurde als LeChiffre der dänische Schauspieler Mads Mikkelsen besetzt, der zumindest seinem Part optisch entspricht.

Letztendlich bleibt Mikkelsens LeChiffre dann aber genauso wie Daniel Craigs Bond eine flacher Charakter mit praktisch nicht vorhandener Mimik, dessen Leinwandpräsenz hauptsächlich aus seinem schwächlichen, kränkelnden Aussehen und der unauffälligen, aber böse aussehenden Augenverletzung besteht. Aber ein schmieriges, mysteriöses Aussehen alleine reicht noch lange nicht aus, um LeChiffre auch wirklich lebendig zu machen - Mads Mikkelsen weht wie ein substanzloser Geist durch den Film und schafft es nicht einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen, obwohl er sicherlich dazu fähig gewesen wäre. Wie bei den anderen Charakteren ist es auch bei LeChiffre offenbar das Drehbuch, das dem Schauspieler nicht genug Möglichkeiten gibt, mehr aus seiner Figur zu machen.

Die weiteren Antagonisten von Casino Royale wurden der ursprünglichen Geschichte hinzugefügt und sind für die eigentliche Handlung mehr oder weniger Mittel zum Zweck. Isaach De Bankole als ugandischer Rebell Steven Obanno, Sebastien Foucan als Bombenbauer Mollaka, Simon Abkarian als LeChiffres Handlanger Alex Dimitrios und sogar Jesper Christensen als der mysteriöse Mr. White sind alle praktisch nur Staffage und kaum als eigenständige Figuren zu erkennen - noch nie trug ein Bond-Film soviel unnötigen Ballast an Nebencharakteren mit sich herum wie Casino Royale.

Gnadenbrot für alte Bekannte

Dem neuen Konzept zum Opfer gefallen sind auch zwei altbekannte und immer noch sehr beliebte Elemente der Bond-Dynastie: es gibt keine Miss Moneypenny mehr und auch keinen Q. Der Grund dafür war laut Barbara Broccoli und Michael G. Wilson, daß die Charaktere auch im Buch nicht dabei wären - was zwar auf Q zutrifft, aber nicht auf Ms Sekretärin Moneypenny. Ihre Abwesenheit aus Casino Royale hat man offenbar nur dem Umstand zu verdanken, daß die bisherige Darstellerin Samantha Bond nur zusammen mit Pierce Brosnan auftreten wollte und nach dessen Rauswurf ebenfalls dem Bond-Franchise entgültig den Rücken zukehrte.

Übrig blieb nur noch Judi Dench als Bonds Chefin M, eine Rolle die die britische Schauspielerin schon in den letzten vier Filme gespielt hatte und nun trotz der großen Umstrukturierung weiterhin in Amt und Würden blieb. Die "Evil Queen of the Numbers", wie sie von ihren Angestellten im ersten Film noch genannt wurde, hatte sich im Laufe der Zeit mit Bond arrangiert und gelernt ihren besten Agenten zu schätzen. In Casino Royale spielt Judi Dench ihre Rolle fast unverändert und ist einer der wenigen Lichtblicke des Films - es scheint fast so, als ob M die einzige im Film ist, die Bonds untypisches Verhalten seltsam findet und ihn in die Schranken weist. Dabei hat die Schauspielerin sichtlichen Spaß und scheint sich in ihrer Rolle geradezu gegen das neue Bond-Regime aufzulehnen.

Ein weiterer Fixpunkt in den Bond-Romanen und Filmen ist mit dem CIA-Agenten Felix Leiter auch wieder dabei. Da die Besetzung der Rolle in den früheren EON-Filmen nie konsistent war, kann man den Filmemachern hier auch gar keinen Vorwurf einer Fehlbesetzung machen, denn Jeffrey Wright ist schon eine relativ gelungene Wahl, zumal im inoffiziellen Film Never Say Never Again der Charakter schon einmal von einem farbigen Schauspieler gespielt wurde. Allerdings hätte man Felix Leiter hier doch etwas interessanter und vielseitiger machen können, wenn man bedenkt daß er einer der engsten Freunde von James Bond sein soll. Auch der italienische Schauspieler Giancarlo Giannini als Rene Mathis agiert mehr lethargisch und haucht der Figur kaum Leben ein.

A la Carte?

Obwohl Casino Royale noch nie von EON verfilmt wurde, waren Casino-Szenen mit einem Baccarat spielenden James Bond schon seit Dr. No ein fester Bestandteil der Filme, der oft und gerne eingesetzt wurde. In Ian Flemings Romanvorlage macht die Casino-Sequenz den größten Teil des Romans aus und ist ein komplexes und immens spannendes Kammerspiel, was man von der Filmumsetzung leider nicht wirklich behaupten kann. Unnötig mit zusätzlichem Material überladen und hoplerig inszeniert wurde der wichtigste Teil des Films zu einem langgezogenen Antiklimax statt einem brillianten Höhepunkt.

Das Problem der Casino-Szene liegt hauptsächlich darin, daß sie ziemlich langweilig ist und so gar nichts von der eigentlich zu erwartenden Glamourösität besitzt. Die Kulissen sind geradezu ordinär für einen Ort, der sich Casino Royale nennt - Produktionsdesigner Peter Lamont hat offenbar seiner Phantasie nur wenig Lauf lassen dürfen und wurde beauftragt, ein möglichst schlichtes und unauffälliges Set zu gestalten. In der tristen Umgebung bewegen sich auch nur hauptsächlich flache und uninteressante Charaktere, das Karten-Duell zwischen Bond und LeChiffre wird zu einer langatmigen und vorhersagbaren Sache, die mit konfusen Schnitten und einer schwachen Kameraführung es nicht schafft, eine beeindruckende Atmosphäre zu erzeugen.

Action, Action!

Die Stärken von Casino Royale liegen dagegen eindeutig in der beeindruckenden Szenerie und in den sorgfältig arrangierten Actionsequenzen. Ursprünglich sollte unter anderem in Südafrika gedreht werden, aber als sich dort kein geeigneter Drehort fand, wurden stattdessen die Bahamas, wo schon mehrere andere Bond-Filme entstanden waren, ausgesucht. Der größte Teil der Dreharbeiten fand diesmal aber nicht in England statt, sondern in den Prager Barrandov-Studios, die seit den neunziger Jahren bei amerikanischen und englischen Filmemachern sehr beliebt waren, aber zum ersten Mal einen Bond-Film beherbergten. Natürlich wurden auch einige Szenen in den britischen Pinewood-Studios sowie in einigen enlischen Locations gedreht, und auch die gigantische 007-Stage kam wieder zum Einsatz. Die Dreharbeiten dauerten von Januar bis Juli 2006, und nur knapp eine Woche nachdem die letzten Szenen abgedreht waren, brach in der 007-Halle in Pinewood ein Feuer aus, das das Gebäude so stark beschädigte, daß es abgerissen werden mußte - aber schon ein halbes Jahr später wurde die Halle an der gleichen Stelle in einer noch besseren Form wieder aufgebaut.

Obwohl die Filmemacher beteuerten eine möglichst originalgetreue Verfilmung von Ian Flemings Roman drehen zu wollen, wurden eine ganze Menge typische Actionszenen geplant, um die doch etwas dünne Buchvorlage kinotauglich zu machen. Immerhin wurde der alte Grundsatz der Bond-Filme, die Special-Effects mit möglichst wenig Computerunterstützung und anderen Tricks zu bewerkstelligen, weiterhin beibehalten. Special Effects-Chef Chris Corbould, der schon seit 1985 zur Bond-Crew gehörte, sorgte für spannende Action-Sequenzen, die zwar alle sehr beeindruckend umgesetzt wurden, aber doch die wahre Natur des Films offenbaren und im starken Gegensatz zu Ian Flemings ursprünglicher Geschichte stehen.

007, der Schläger

Gleich zu Beginn des Films wird in der schwarzweißen Pre-Credits-Sequenz schonungslos deutlich gemacht, daß es in Casino Royale ziemlich heftig zur Sache geht - was sehr überraschend ist, da die Buchvorlage relativ gewaltfrei ist und vor allen Dingen dort James Bond niemanden umbringt. Noch vor den Credits ist der Bodycount im Film aber schon bei zwei, und es geht lustig munter so brutal wie nur möglich weiter. Während im Buch das Thema Tod und töten nur kurz innerhalb eines Dialogs angesprochen wird, wurde im Film versucht daraus Bonds inneren Konflikt an die Oberfläche zu holen und den Charakter damit tiefer zu ergründen.

Heraus kam dabei ein James Bond, der kein Geheimagent mehr ist, sondern ein simpler Auftragskiller, der anderen Aufgaben kaum gewachsen ist - und damit kaum das, was sich Ian Fleming vorgestellt hatte. Für ihn war Bond kein "stumpfes Instrument", sondern ein richtiger Gentleman und ein loyaler und kompetenter Agent - der neue Bond ist dagegen regelrecht dumm und benimmt sich wie ein ahnungsloser Anfänger mit ungezähmten Ego, der es in Ian Flemings Bond-Universum noch nicht einmal in die Nähe des britischen Geheimdiensts geschafft hätte. Dieser Agent löst Probleme einzig und alleine mit brutaler Gewalt und körperlicher Anstrengung, aber die einstige Intellektualität, die für den Charakter so wichtig war, ist überhaupt nicht seine Stärke.

Gadgets, Gadgets!

Viel Aufmerksamkeit haben die Produzenten auf die Tatsache gelenkt, daß James Bond diesmal ohne seine geliebten technischen Spielereien auskommen muß und ganz auf sich allein gestellt ist - aber das ist er nicht wirklich, denn die Gadgets wurden einfach nur in einer anderen Form implementiert: als absolut schamloses und nerviges Product Placement. Schon seit den sechziger Jahren waren die Bond-Filme auf Sponsoren angewiesen, die ihre Firmennamen und Produkte mehr oder weniger unauffällig in die Filme einbauen ließen - aber noch nie zuvor gab es ein dermaßen elklatantes Product-Placement wie in Casino Royale.

Ausgelöst worden war die Werbeschwemme im neuen Bond-Film natürlich durch die Übernahme von MGM durch Sony, was dazu führte daß der japanische Konzern eine Monokultur von Produkten für James Bond verfügte: Handys, Notebooks, Handys und nochmals Handys, und das nicht nur als einfache Requisiten, sondern fest in die Handlung eingebaut. Sämtliche Hinweise, die Bond im Laufe der Geschichte bekommt, findet er auf diversen Mobiltelefonen, die natürlich alle von Sony hergestellt wurden und immer mit dem Display schön dekorativ in die Kamera gehalten werden, damit man ja sämtliche Einzelheiten in Ruhe betrachten kann.

Bei so vielen Handys fällt das von Bond am Ende des Films benutzte Sony-Notebook schon fast gar nicht mehr auf - vielleicht wäre es aber praktischer gewesen, Daniel Craig gleich "It's a Sony!" auf die Stirn zu tätowieren. Richtige Gadgets im klassischen Sinn gibt es in Casino Royale nicht, wenn man einmal vom eingebauten Defibrilator in Bonds ansonsten recht spärlich ausgestattetem Auto absieht, der in der einzigen wirklich hanebüchenen Szene zum Einsatz kommt - so etwas gehört in einen billigen Actionfilm, aber nicht in eine Bond-Produktion, erst recht nicht wenn sie ansonsten den Anspruch stellt so ernsthaft wie nur möglich zu sein.

Nobody does it better

Nachdem John Barry 1987 mit The Living Daylights seinen letzten musikalischen Beitrag für die Bond-Dynastie geleistet hatte, konnte kein wirklich guter Nachfolger gefunden werden - den erhofften neuen "Bond-Sound" konnten weder Michael Kamen mit Licence to Kill und Eric Serra mit Goldeneye wirklich erreichen. 1997 schlug dann John Barry den Bond-Produzenten den jungen Nachwuchskomponisten David Arnold vor, der ihn mit einem Coveralbum mit vielen Bond-Titelsongs begeistert hatte. Arnold war seitdem für die Filmmusik aller Bond-Filme verantwortlich und schaffte es, den unvergleichlichen Stil von John Barry wieder aufleben zu lassen und geschickt mit modernen Rhythmen zu kombinieren.

David Arnold hatte die Alles-muß-raus-Mentalität der Produzenten überdauert und wurde für Casino Royale wieder als Filmkomponist engagiert - eine der besten Entscheidungen, die zu einer sehr soliden, aber nicht unbedingt für einen Bond-Film typischen Filmmusik geführt hat. Auf den Einsatz von bekannten Melodien wurde leider hauptsächlich verzichtet, so daß ein großer Teil der Soundtrack etwas generisch klingt und mehr an einen handelsüblichen Actionfilm erinnert - erst am Ende des Films belohnt David Arnold die Zuschauer mit dem erstklassig arrangierten klassischen Bond-Thema.

Nach dem heftig mißlungenen Titelsong des zwanzigsten Bond-Films Die Another Day haben die Filmemacher diesmal wieder etwas mehr Gespür für gute Musik bewiesen und eine weitaus bessere Kollaboration zwischen Filmmusiker und Popsänger in die Wege geleitet hat. Chris Cornell, ehemaliger Sänger und Songwriter von Soundgarden und Audioslave, schrieb den Titelsong You know my Name zusammen mit David Arnold und sorgte damit für einen knackigen Bond-Sound, der noch mehr als die Filmmusik aus den Harmonien der früheren Stücke zitiert. Es ist der erste Song seit langer Zeit, der den Titel des Films nicht im Text erwähnt, und wirklich konkurrieren kann You know my Name auch mit den wesentlich gelungeneren Songs von Tomorrow Never Dies und The World is not Enough nicht - aber es ist schonmal ein riesiger Schritt in die richtige Richtung.

Gunbarrel

Mit der schwarzweißen Eingangssequenz vor dem Vorspann wäre auch beinahe der berühmte Blick durch den Pistolenlauf wegrationalisiert worden, der bis jetzt jeden der zwanzig vorherigen Bond-Filme eröffnet hatte. Zum Glück wurde das größte Markenzeichen der Bond-Filme diesmal ausnahmsweise einmal direkt vor den Vorspann gesetzt und den Umständen entsprechend relativ intakt gelassen. Allerdings wurde die frühere abstrakte Form nun im Zuge der Modernisierung in die Realität katapultiert - früher wandte sich die Sequenz direkt an den Zuschauer, heute ist sie ein Teil der Handlung in der man sieht auf wen Bond da wirklich geschossen hat.

Auch nicht abgeschafft wurde die traditionelle Titelsequenz, die seit dem Tod von Maurice Binder von Daniel Kleinman gestaltet werden. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger setzt der nun hauptsächlich Computergrafik ein, ohne dabei jedoch auf den einzigartigen Binder-Stil zu verzichten. Casino Royale bietet einen genauso faszinierenden Vorspann wie die früheren Filme, verzichtet aber auf die leicht bis gar nicht bekleideten Mädchen und setzt stattdessen ein komplexes Geflecht aus Spielkarten-Symbolen und abstrakten Silhouetten ein. Für einen Bond-Film mag das eine radikale Änderung sein, aber der Casino Royale-Vorspann sieht trotzdem genauso faszinierend wie die Werke von Maurice Binder aus.

James Bond ist tot, es lebe James Bond?


Am Schluß von Die Another Day hieß es vier Jahre zuvor wie immer "James Bond Will Return", aber ob es wirklich Bond ist, der mit Casino Royale zurück auf die Kinoleinwände kam, ist zu bezweifeln. Nach dem komplett durchexerzierten Reboot haben Barbara Broccoli, Michael G. Wilson und Martin Campbell eins erreicht: James Bond ist tatsächlich nicht mehr wiederzuerkennen. Die Transplantation des Geheimagenten aus seinem eigenen Universum in die reale Welt hat James Bond von einem eleganten Spion zu einem brutalen Auftragskiller gemacht, der als Terroristenjäger in der Post-9/11-Welt fungieren soll und sich damit kaum noch von einem x-beliebigen Actionhelden unterscheidet.

Trotz aller vorhergehender Kritik hatte die massive Werbekampagne dazu geführt, daß Casino Royale ein genauso großer Kassenschlager wie seine Vorgänger wurde. Erstaunlicherweise ließen sich sogar die Kritiker von dem von Sony forcierten Hype über Daniel Craig blenden und feierten den neuen Bond als den besten aller Zeiten - nur wenige trauten sich ein kritisches Auge auf die radikalen Änderungen zu werfen, die von vielen einfach abgenickt wurden ohne sie zu hinterfragen. Ob es auf diese seltsame Weise mit James Bond weitergeht, bleibt abzuwarten - immerhin bietet das Ende von Casino Royale einen kleinen Hoffnungsschimmer, und Daniel Craig könnte vielleicht doch noch ein ganz ordentlicher Bond werden, wenn es die Filmemacher zulassen.

Die DVD

Im Gegensatz zu den Ultimate-Editions der alten Bond-Filme, die noch ganz unter der Regie von MGM entstanden, ist die DVD-Veröffentlichung von Casino Royale eine reine Sony-Disc - was leider deutlich zu spüren ist. Weltweit in einer extralosen Single-Disc-Version und einer 2-Disc-Collector's-Edition erschienen kann auch die Doppel-DVD nicht mit den anderen Bond-Discs konkurrieren und wirkt wie eine schnell und lieblos zusammengewürfelte Veröffentlichung, die nur dazu dient schnelle Kasse zu machen. Martin Campbell ließ in einigen Interviews die Katze aus dem Sack und bestätigte durch die Blume praktisch, daß es sicher noch eine weitere DVD des Films mit mehr Extras geben wird.

Die hier rezensierte DVD von Casino Royale ist die Hongkong-Ausgabe, die in NTSC vorliegt und Regionalcode 1, 3 und 4 besitzt. Der Grund, weshalb ich erstmals eine R3-DVD gekauft habe, ist natürlich der Preis - während die deutschen und amerikanischen Ausgaben um die zwanzig Euro kosten, ist die 2-Disc-Ausgabe der Honkong-Version schon um mindestens fünf Euro weniger zu haben. Außerdem hat die R3-DVD den Vorteil ungeschnitten zu sein und hat als derzeit weltweit einzige Disc des Films eine DTS-Tonspur - da kann man auch das schlichte Keepcase ohne Booklet und andere Annehmlichkeiten verschmerzen.

CoverCover

Bild

Casino Royale dürfte eine der am kritischsten beäugten DVD des Jahres sein, denn mit der fast parallel erscheinenden BluRay-Version bietet sich ein interessanter Vergleich der beiden Formate an. Aber auch ohne die HD-Fassung gesehen zu haben kann man der DVD von Casino Royale zumindest in der NTSC-Ausgabe keine wirklich optimale Bildqualität bescheinigen - da haben andere Studios in letzter Zeit erheblich besseres geleistet.

Als Super35-Produktion sollte man keine wirklich großen Ansprüche an diese DVD haben, obwohl andere Filme im gleichen Format gezeigt haben, daß Super35 trotz des erheblich kleineren Filmnegativs heutzutage durch das Digital-Intermediate-Verfahren nicht mehr unscharf und körnig sein müssen. In der schwarzweißen Pre-Credits-Sequenz von Casino Royale wurde aus stilistischen Gründen die Körnigkeit stark übertrieben, aber auch im Rest des Films ist immer noch ein wenig Restrauschen übriggeblieben, obwohl relativ stark gefiltert wurde.

Dementsprechend enttäuschend fällt die auf den ersten Blick ganz ordentliche Schärfe aus, die offenbar nicht nur durch einen agressiven Rauschfilter reduziert wurde - man bekommt außerdem den Eindruck als wären bei der Konvertierung vom Digitalen Interpositiv ins DVD-Format die obere Schicht Details weggefiltert worden. Sogar im komplett digital erstellten Vorspann lassen Schrift und Animation an Detailgenauigkeit vermissen. Während Nahaufnahmen meist nicht negativ auffallen, sehen viele Totalen deutlich schwammig und unscharf aus. Insgesamt bewegt sich die Schärfe auf einem noch akzeptablen Niveau, das aber die Möglichkeiten der DVD nicht völlig ausreizt.

Ganz unproblematisch verhalten sich dagegen Farbtiming, Helligkeit und Kontrast, die praktisch perfekt vom digitalen Bildmaster ohne erkennbare Manipulationen umgesetzt wurden. Nicht ganz perfekt ist dagegen die Kompression - da die drei Tonspuren fast 1.5 Mbit/s einnehmen, bleibt für das Bild bei einer Laufzeit von fast zweieinhalb Stunden nicht mehr viel übrig. Eigentlich sollte es mit den heutigen Kompressionstechniken kein Problem sein auch bei so einer niedrigen Bitrate eine gute Qualität zu erreichen, aber bei Casino Royale ist dies leider nicht gelungen - in vielen dunklen Szenen brechen schwarze Bildteile oft in Blockrauschen aus und manche komplizierte Sequenzen werden von deutlichen Artefakten geplagt. Möglicherweise ist die Kompression auch der Grund für die gefilterten Details: vermutlich wurde die Schärfe reduziert, um den Film besser auf eine DVD-9 komprimieren zu können.

Auf mittelgroßen CRT-Geräten fallen die Probleme dieser DVD praktisch nicht auf, aber Projektormaterial ist Casino Royale in dieser NTSC-Version leider nicht und macht auch auf hochauflösenden Computer-Displays nur bedingt Spaß. Das haben andere Studios schon besser hinbekommen, und im Hinblick auf die BluRay-Version fragt man sich ob die DVD mit Absicht auf ein unschärferes Bild getrimmt wurde.

Ton

Casino Royale hat als Actionfilm eine dementsprechende Soundtrack zu bieten, die wie bei allen neueren Bond-Filmen das Mehrkanal-Tonsystem ausführlich in Anspruch nimmt, aber es dabei auch nicht zu sehr übertreibt. Diese Region 3-Ausgabe der DVD dürfte bei Sound-Enthusiasten wegen der auf keiner anderen derzeitigen Veröffentlichung vorhandenen DTS-Tonspur sehr beliebt sein, aber mangels passendem Equipment habe ich mir wie üblich nur die Dolby Digital-Version angehört.

Die englische Dolby Digital 5.1-Tonspur ist mit den maximalen 448 kbit/s codiert worden und bietet eine solide Surround-Abmischung mit einem sehr ausgewogenen Klang, der zwar Actionfilm-typisch sehr kräftig, aber nicht übermäßig laut und agressiv abgemischt wurde. Die Musik macht wie üblich einen großen Teil des Raumklangs aus und ist sehr breit über alle Kanäle abgemischt worden und wird durch viele punktuelle Surroundeffekte sowie eine fast ständig präsente Hintergrund-Klangkulisse ergänzt. Die Räumlichkeit der vorderen Soundstage hält sich allerdings wegen der sehr konventionellen Dialogabmischung in Grenzen, wirkt aber auch nicht auffälig monoton.

Problematisch ist lediglich die Verständlichkeit der Stimmen, die erstaunlich dumpf und muffelig klingen. Wodurch das verursacht wurde ist nicht ganz klar ersichtlich, aber es hört sich so an als ob zuviel Baß und zuwenig Höhen in der Mischung hineingekommen wären. Ob dies bei der DTS-Spur genauso ist, kann ich allerdings nicht sagen - aber die thailändische Synchronfassung auf dieser RC3-Ausgabe hat dagegen deutlich hellere und nicht so dumpfe Dialoge. Die in manchen Reviews erwähnten Lautstärkeschwankungen von der deutschen DVD sind hier nicht bemerkbar. Untertitel gibt es auf Englisch, Chinesisch, Koreanisch und Thailändisch - allerdings alle in einer penetrant gelben Schrift.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial der 2-Disc-Collector's Edition von Casino Royale befindet sich ausschließlich auf der zweiten DVD und besteht zwar aus vier durchaus interessanten Dokumentationen und einem Musikvideo - essentielle Extras wie eine Kommentarspur oder Deleted Scenes sucht man in den einfallslos gestalteten Menüs allerdings vergeblich.

Becoming Bond (26:15) wurde von der britischen Firma Special Treats Productions produziert, die schon für die Dokumentationen von Die Another Day zuständig war und hier viel mehr als nur ein Werbe-Featurette produziert hat. Auch wenn es der Titel suggeriert geht es hier nicht nur um den Castingprozess für den neuen Bond, der in ein paar relativ kurzen Sätzen und Halbwahrheiten durchgeschleust wird, sondern hauptsächlich um die Entstehung des Films, die in der knappen halben Stunde sehr detailreich geschildert wird. In ausführlichen Interviews kommen die Produzenten Barbara Broccoli und Michael G. Wilson, Regisseur Martin Campbell, Casting Director Debbie McWilliams, Drehbuchautoren Robert Wade, Neal Purvis Paul Haggis und Schauspieler Daniel Craig, Caterina Murino, Eva Green, Judi Dench und Mads Mikkelsen zu Wort und wirken alle viel lebendiger und enthusiastischer, als sie es im fertigen Film sind.

James Bond: For Real (23:32) dreht sich um die aufwendigen Stunts des Films, die alle möglichst ohne den Einsatz von digitalen Effekten gedreht wurden, worauf in dieser ebenfalls von Special Treats produzierten Dokumentation sehr stolz hingewiesen wird. Ausführliche Behind-the-Scenes-Aufnahmen von den Dreharbeiten und einige Interviews mit den Filmemachern und Schauspielern demonstrieren sehr eindrucksvoll, mit welchem Aufwand und persönlichen Einsatz der Schauspieler und Stuntleute die Actionsequenzen des Films entstanden sind.

Bond Girls are Forever (13:28, 17:52, 17:35) wurde bereits 2002 zum vierzigjährigen Bond-Jubiläum produziert und war wahrscheinlich als Extra für die Die Another Day-DVD vorgesehen, aber aus Platzgründen weggelassen worden. Die für AMC von MGM produzierte Fernsehsendung wurde von Maryam D'Abo moderiert und geschrieben, die Interviews mit einigen ehemaligen Bond-Girls führte - was eigentlich belangloses Gelaber hätte werden können, ist trotz des TV-Formats eine gut gelungene Retrospektive, die die weiblichen Stars der Bond-Filme auf eine überraschend intelligente, sympathische und lockere Art über ihre Erlebnisse und Auswirkungen ihrer Rollen erzählen läßt.

Das Chris Cornell Music Video (4:08) des Titelsongs You Know my Name liegt in 4:3 vor und verwendet einen etwas anderen Mix des Songs als im Film selbst.

Trailer gibt es auf dieser DVD von Premonition, Spiderman 3, Rocky Balboa, The Pursuit of Happiness, The Holiday und Spiderman 2.1 - aber nicht von Casino Royale selbst.








GOWEBCounter by INLINE GOWEBCounter by INLINE