Die Serie
Die Romane von Jules Verne waren schon immer beliebte Vorlagen
für Film- und Fernsehproduktionen aller Art, obwohl es sich keineswegs
um einfach realisierbare Stoffe handelt. Besonders Vernes Weltreise-Geschichte
In 80 Tagen um die Welt gehört zwar zu seinen bekannteren Werken,
ist aber vergleichsweise wenig verfilmt worden - besonders nachdem Michael
Todd 1956 den Roman zu einem spektakulären Kinofilm gemacht hatte, verloren
andere Filmemacher schnell das Interesse an weiteren Verfilmungen und
wandten sich lieber Jules Vernes anderen Werken zu.
Nach sporadischen Versuchen in den sechziger und siebziger Jahren die
Geschichte unter anderem als Zeichentrickserie umzusetzen war das Interesse
an In 80 Tagen um die Welt auch in den achtziger Jahren zuerst
nur gering, bis durch Zufall zwei Projekte fast gleichzeitig begannen,
die jedoch völlig verschieden waren. Ex-Python Michael Palin wandelte
1988 für seine erste Reisedokumentation auf den Pfaden von Phileas Fogg
und schaffte es die Route tatsächlich in achtzig Tagen ohne Flugzeug zurückzulegen,
während ein weiterer Ex-Monty-Python an einer neuen Verfilmung des Romans
beteiligt war.
Für das amerikanische Fernsehen wurde Around the World in 80 Days
1988 als dreiteilige Miniserie mit einem Aufwand produziert, der fast
schon auf Kinofilm-Niveau war. Während bei der Umsetzung des Stoffs genauso
wie bei Michael Todds Version von 1956 wieder deutliche Freiheiten genommen
wurden, traf die Besetzung den Nagel haargenau auf den Kopf: Als Phileas
Fogg war Pierce Brosnan zu sehen, der gerade durch fünf Jahre Remington
Steele zu einem großen Fernsehstar wurde und für Phileas Fogg genau der
richtige Schauspieler war, der die stocksteife, unterkühlte britische
Art hervorragend herüberbringen konnte.
Statt Foggs Diener und Reisebegleiter Passepartout mit einem Franzosen
zu besetzen, wurde eine ungewöhnliche Wahl getroffen: Eric Idle, wie Michael
Palin auch (ehemaliges) Mitglied der britischen Komikergruppe Monty Python,
schlüpfte in die Rolle von Passepartout und legte sich einen nicht ganz
richtigen, aber auch nicht ganz falschen französischen Akzent zu, den
er schon früher im Flying Circus in diversen Sketchen ausprobiert
hatte. Idle spielt Passepartout nicht so übertrieben wie man es dem Komiker
eigentlich zugetraut hätte, sondern orientierte sich mehr an der schelmischen
Art des mexikanischen Schauspielers Cantinflas, der die Rolle in Mike
Todds Version gespielt hatte.
Prinzession Aouda, die in Michael Todds Version der Geschichte eine fast
ausschließlich passive Rolle hat, ist in dieser Version der Geschichte
wie im Buch Teil eines romantische und auch ganz amüsanten Subplots, in
der sie versucht die britische Reservierheit von Phileas Fogg zu durchbrechen.
Die englische-chinesische Schauspielerin Julia Nickson schafft es der
Rolle viel Eleganz, aber auch Selbstbewußtsein zu verleihen und sogar
die romantische Beziehung zu Pierce Brosnans Phileas Fogg wirkt nicht
so aufgesetzt wie man vermuten könnte. Bemerkenswert ist hier, daß der
sonst immer sehr nebensächliche Charakter in den Vordergrund gerückt und
sehr lebendig gemacht wurde.
Bei der Besetzung der Nebenrollen hielt sich die Fernsehserie deutlich
an das Vorbild von 1956 und brachte viele bekannte Stars ins Spiel. Einer
davon war Peter Ustinov, der zuvor schon mehrmals Agatha Christies Hercule
Poirot gespielt hatte und nun die Rolle von Wilbur Fix übernahm, dem Detektiv
den die Bank auf die Spur von Phileas Fogg ansetzt. Ustinov hatte besonderen
Spaß daran, Fix als urbritischen Tolpatsch darzustellen - eine Interpretation
die nicht gerade Vernes' ursprünglicher Idee des Charakter entsprach,
aber eine richtige Spezialität des Schauspielers war und auch gewisse
ähnlichkeiten mit typischen viktorianischen Detektiven und Polizisten
hatte.
Die weiteren Nebencharaktere wurden nur teilweise mit bekannten Schauspielern
besetzt, aber die Tradition der Cameos wie in der 1956er-Version wurde
auch hier wieder ausführlich gepflegt und sogar Verbindungen zum Original
konnten geschaffen werden: Robert Morley ist in einer seiner letzten Filmauftritte
in fast der gleichen Rolle zu sehen, die er schon über dreißig Jahre zuvor
gespielt hatte. Die anderen Reformclub-Mitglieder wurden zwar umbesetzt,
aber trotzdem von einigen bekannten Schauspielern gespielt, darunter Christopher
Lee, Patrick Macnee, John Mills und Roddy McDowall. In anderen kleinen
Rollen verstreut durch die ganze Serie sind Schauspieler-Veteranen wie
Jack Klugman, Henry Gibson, Lee Remick und John Hillerman als erinnerungswürdige
Charaktere zu sehen.
Weil eine wirklich originalgetreue Verfilmung von Jules Vernes Roman jedes
Budget sprengen würde und gerade bei einer Fernsehproduktion mehr aufs
Geld geachtet werden mußte, wurde zwar die grundlegende Handlung und die
wichtigsten Elemente beibehalten, aber eine teils völlig andere Geschichte
erfunden die nur wenig mit dem Original zu tun hatte. Drehbuchautor John
Gay sorgte aber dafür, daß die neu erdachten Teile der Geschichte wenigstens
die Atmosphäre von Jules Verne erhielten, obwohl die Reiseroute erheblich
von der Vorlage und auch von der Filmversion von 1956 abwichen. Auch einige
der Charaktere, die Phileas Fogg auf seiner Reise begegnet, wurden durch
heute bekannte Persönlichkeiten ersetzt und manche wurden auch hinzugefügt
- Fogg begegnet in John Gay's Version zum Beispiel Sarah Bernardt und
duelliert sich auf seiner Zugreise in den USA mit Jesse James. Diese Änderungen
wirken manchmal etwas aufgesetzt, schaden der Story aber im Prinzip nicht.
Inszeniert wurde die Serie von Buzz Kulik, einem Fernsehregisseur-Veteranen,
der seit den fünfziger Jahren TV-Serien und Filme aller Art gedreht hatte.
Around the World in 80 Days war eine seiner letzten Produktionen und man
merkt, daß sich Kulik viel Mühe gegeben hat das Drehbuch stimmungsvoll
in Szene zu setzen - die Größe der Inszenierung läßt trotz des Fernseh-Bildformats
mehr an einen richtigen Kinofilm erinnern und man wundert sich, was aus
der Serie geworden wäre, wenn sich ein großes Hollywood-Studio statt nur
einem Kabelsender für sie interessiert hätte.
Die Dreharbeiten konnten natürlich nicht an den Originalschauplätzen stattfinden,
aber es wurden trotzdem aufwendige Außenaufnahmen in England, Hongkong,
Macau, Thailand und Jugoslawien gemacht, die für die zahlreichen Schauplätze
von Phileas Foggs Reise Paten stehen mußten. Auf die Reisekatalog-artigen
Sequenzen von Michael Todds Version wurde hier größtenteils Verzichtet
und die dadurch freigewordene Zeit zum Erzählen der Geschichte verwendet,
aber trotzdem bekommt man eine Menge abwechslungsreiche Szenerien zu sehen,
die zwar nicht gerade zu dokumentarischen Zwecken taugen, aber immer noch
überzeugend genug aussehen.
Eigentlich ist die TV-Verfilmung von Around the World in 80 Days
mehr eine Neuinterpretation als ein Remake oder eine direkte Umsetzung,
schafft es aber dank der brillianten Darsteller und der soliden Inszenierung
die Atmosphäre von Jules Vernes Vorlage am besten von allen Versionen
einzufangen. Das viereinhalbstündige, dreitiligen Format bot viel mehr
Möglichkeiten zur Entwicklung der Geschichte und den Charakteren, ohne
sich dabei mit unnötigen Elementen lange aufzuhalten. Dadurch ist der
Unterhaltungs- und Spaßfaktor in dieser Version von Jules Vernes Geschichte
besonders groß - auch wenn es "nur" eine Fernsehproduktion ist, verdient
sie doch mittlerweile den Status eines Klassikers.
Die DVD
Around the World in 80 Days wurde in Deutschland
bereits vor einigen Jahren von e-m-s als DVD veröffentlicht und damals
als die erste deutsche DVD-18 gefeiert. Inzwischen sind die doppelseitigen
Discs wegen ihrer Empfindlichkeit aus der Mode gekommen und die meisten
Studios pressen stattdessen lieber zwei DVD-9. e-m-s hat die dreiteilige
Miniserie nun in einer Neuauflage veröffentlicht, die nun nicht nur auf
zwei doppelschichtige DVDs verteilt wurde, sondern jetzt auch eine viel
bessere Bildqualität hat, da ein neues, internationales Bildmaster verwendet
wurde.
Weggefallen sind aus nicht nachvollziehbaren Gründen die englischen Untertitel
und die Zusammenfassungen am Anfang der zweiten und dritten Folge, dafür
ist die Serie aber erstmals komplett ungeschnitten zu sehen - eine kurze
Stelle wurde in der deutschen Tonspur im Original mit Untertiteln belassen.
Extras sind nach wie vor Mangelware, aber e-m-s mit dem Verpackungsdesign
eine Menge Mühe gegeben - statt einem schnöden Superjewel-Case wird nun
ein edles, stabiles Digipack in einem laminierten Kartonschuber geboten,
der sogar das englische Logo der Serie trägt. Diese Veröffentlichung ist
eine hervorragende Neuauflage, die dank des niedrigen Preises von nur
knapp zehn Euro wirklich lohnt.
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Bild
Die alte deutsche DVD der Serie basierte noch auf dem Sendemaster
des ZDF, während für die neue Disc ein englisches Bildmaster
verwendet wurde, das zwar immer noch keine berauschende Qualität
hat, aber trotzdem viel besser als die alte Version aussieht.
Offenbar handelt es sich wieder um ein Videomaster und keine ganz frische
Neuabtastung des Filmmaterials, allerdings scheint dieser Transfer doch
etwas neueren Datums zu sein und leidet kaum unter typischen analogen
Videoartefakten - lediglich die nicht wirklich optimale Schärfe läßt
noch auf die Herkunft des Transfers schließen. Im Vergleich zum
früheren Transfer sind trotz der scheinbaren schlechteren Schärfe
trotzdem mehr Details sichtbar, da nun kaum noch künstlich nachgeschärft
wurde. Auch die Filmkörnigkeit tritt hier nicht mehr so stark hervor,
ist aber gelegentlich noch in einem normalen Maß sichtbar.
Die Filmvorlage hat einige produktionsbedingte Defizite, aber hier wurde
offenbar von einem 35mm-Master abgetastet und nicht von einer 16mm-Kopie
wie beim alten ZDF-Master. Das Bild hat immer noch ein paar wenige Kratzer
und Fussel, die sich aber noch im erträglichen Rahmen bewegen und
nicht sehr störend wirken. Der Bildstand ist nie ganz ruhig, schwankt
immer ein kleines bißchen umher und manche Schnitte werden von einem
kleinen Rucken begleitet - alles quellbedingte Probleme, die sich ohne
eine aufwendige Restauration nicht beseitigen lassen, aber auch nicht
zu sehr stören.
Sehr erfreulich wirken dagegen die Farben, die viel frischer und natürlicher
als auf der alten DVD wirken und vor allem nicht mehr so verrauscht und
verschmiert sind. Insgesamt kann man über die Verbesserung der Bildqualität
nur gutes sagen - wie ein Kinofilm aussehen wird diese Miniserie nie,
aber diese DVD ist auf dem besten Weg dahin und ist gegenüber der
alten Version eine riesige Verbesserung.
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Ton
Überraschenderweise wurde nicht nur die Bildqualität
bei dieser Neuauflage verbessert, sondern auch der Ton - und das nicht
nur bei der englischen Fassung, sondern auch bei der deutschen Synchronisation.
Zum Glück ist e-m-s nicht auf die Schnapsidee gekommen einen 5.1-Upmix
zu machen, worurch es bei den ursprünglichen Mono-Abmischungen geblieben
ist.
Die englische Originalfassung kann sich für eine TV-Produktion durchaus
hören lassen, macht aber doch mehr den Eindruck einer Abmischung
aus den frühen siebziger Jahren. Frequenzgang und Dynamik sind eingeschränkt,
aber nicht so deutlich als daß es wirklich auffallen würde
- insbesonders die Musik hat immer noch ganz anständige Höhen
und Bässe. Stimmen und Geräusche hören sich auch nicht
ganz so sauber an, wie man es bei Kinoproduktionen gewöhnt ist, aber
Dialoge sind trotzdem immer einwandfrei verständlich. Die deutsche
Synchronfassung hat einen ganz ähnlichen Klang, aber wie übliche
bei Synchronisationen hören sich die Stimmen viel steriler an und
der Soundmix ist etwas anders.
Die englischen Untertitel von der alten DVD sind bei der Neuauflage vermutlich
aus lizenzrechtlichen Gründen leider weggefallen, aber die deutschen
Untertitel, Übersetzungen der englischen Tonspur, sind noch dabei.
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