We're no Angels
Cover

23.12.2006 #406

von Guido Bibra

Titel We're no Angels (Wir sind keine Engel)
Studio Paramount Pictures (1955)
Hersteller Paramount Home Entertainment (2005) EAN 4-01884-530742
DVD-Typ 5 (4,33 GB) Bitrate ø 5,74 max. 9,9
Laufzeit 101:33 Minuten Kapitel 14
Regionalcode 2 (Deutschland) Case Amaray I
Fernsehnorm PAL
Bildformat 1.78:1 16:9 ja
Tonspuren Dolby Digital 2.0 Mono 192 kbit/s Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch
Untertitel Englisch, Englisch HoH, Deutsch, Arabisch, Bulgarisch, Dänisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Hebräisch, Holländisch, Isländisch, Italienisch, Kroatisch, Norwegisch, Polnisch, Portugiesisch, Rumänisch, Schwedisch, Slowenisch, Spanisch, Tschechisch, Türkisch, Ungarisch
Freigabe FSK 12
Extras • Keine

Der Film

Die drei Sträflinge Joseph (Humphrey Bogart), Albert (Aldo Ray) und Jules (Peter Ustinov) sind von der Teufelsinsel geflüchtet und kommen durch Zufall in den Kolonialwarenladen von Felix Ducotel (Leo G. Carrol), dem sie anbieten sein leckendes Dach zu reparieren. Natürlich haben die drei Gauner ganz anderes im Sinn, aber als sie die Sorgen der Ducotels mitkriegen, die unter der Fuchtel von Felix' Cousin Andre Trochard (Basil Rathbone) stehen, entschließen sie sich der Familie das Weihnachtsfest nicht zu vermiesen und ihnen auf ihre ganz eigene Weise zu helfen...

 


Weihnachtsfilme aus Hollywood sind meist eine sehr kitschige Angelegenheit, aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Michael Curtiz "We're no Angels" von 1955 bringt alle Voraussetzungen für eine schmalzige, tränenreiche Geschichte mit, ist aber tatsächlich eine rabenschwarze Komödie mit sehr bissigem Humor und einem kleinen Schuß Romantik. Der Anlaß für den Film war der Erfolg der Broadway-Komödie My Three Angels, die auf dem französischen Theaterstück La Cuisine des Anges von Albert Husson basierte und es mit Walter Slezak, Jerome Cowan und Darren Gavin in den Hauptrollen zwischen 1953 und 1954 auf stattliche 344 Aufführungen brachte. Für den Film wurde das ursprüngliche Theaterstück jedoch noch einmal adaptiert, um es auf die neue Besetzung anzupassen.

Für die Hauptrollen wurde eine Auswahl von Schauspielern getroffen, die auf den ersten Blick sehr seltsam wirkt: Humphrey Bogart, Peter Ustinov und Aldo Ray. Bogart hatte zu diesem Zeitpunkt den Höhepunkt seiner Filmkarriere schon lange hinter sich gelassen, bekam aber immer noch bemerkenswerte Rollen angeboten. Eigentlich mehr ein ernsthafter Schauspieler zeigte Humphrey Bogart erst seit John Hustons African Queen und Billy Wilders Sabrina erste Tendenzen als Komiker, wobei er jedoch seine zynische Art immer noch behielt. In We're no Angels spielt er fast eine Selbstparodie auf seine früheren Rollen, allerdings ohne seine Selbstachtung und seinen Stil zu verlieren. Für die Rolle des undurchsichtige, aber dennoch netten Betrügers war Humphrey Bogart genau der richtige - es war einer seiner letzten Filme, in dem er endlich einmal einen rundum sympathischen Charakter spielen konnte und sichtlichen Spaß daran hatte.

An Bogarts Seite standen zwei relativ unbekannte Schauspieler, die ihm Gegensatz zu ihm ihre Karrieren gerade erst begonnen hatten: Peter Ustinov und Aldo Ray. Ustinov hatte sich schon 1951 mit der brillianten Darstellung des Nero im Monumentalfilm Quo Vadis einen Namen gemacht, wartete aber immer noch auf seinen großen Durchbruch, den er erst einige Jahre später schaffen sollte - bis dahin war er hauptsächlich in Nebenrollen zu sehen, in denen er sein besonderes komödiantisches Talent entwickelte. Sein Auftritt als Jules, der kleine Verbrecher mit Herz, ist hier noch nicht ganz der klassische Ustinov wie man ihn aus seinen späteren Filmen kennt, aber trotzdem ist er hier der lustige kleine Schlemihl, dem man sogar einen Mord verzeihen kann.

Aldo Ray ist der dritte im Bunde und hatte erst wenige Jahre zuvor in George Cukors The Marrying Kind in einer Ehekomödie mit Judy Holliday seine erste große Filmrolle gehabt - seitdem war er ein sehr gefragter Schauspieler, der aber nicht gerade für Gaunerrollen bekannt war. Trotzdem spielt er hier den verschmitzten Mörder mit der Schlange im Handgepäck erstaunlich gut und bringt ein richtig bedrohliches Element zu den Charakteren. Während Joseph und Jules ganz harmlos wirken, macht Aldo Rays Albert einen richtig gefährlichen Eindruck, ist aber gleichzeitig auch der charmanteste der drei Gauner.

Als großzügiger, sanfter Kolonialwarenhändler Felix Ducotel der Schauspieler-Veteran Leo G. Carrol zu sehen, der trotz seines Alters nach We're no Angels noch fünfzehn Jahre sehr aktiv im Kino und im Fernsehen war und hier einfach einen netten, aber müden älteren Geschäftsmann spielt, der Angst vor seinem Cousin André hat - der der eigentliche Bösewicht des Films ist und mit einer genüßlichen Überheblichkeit von Basil Rathbone dargestellt wird. Rathbone war hauptsächlich für seine Rolle als Sherlock Holmes in den dreißiger und vierziger Jahren bekannt geworden und tat alles um diese Stempel loszuwerden - und spielte am liebsten fiese Charaktere wie in We're no Angels.

Die weiteren Nebendarsteller hinterlassen dagegen keine wirklich großen Eindrücke - Joan Bennett und Gloria Talbott spielen Mutter und Tochter Ducotel auf eine ganz nette und kompetente Art, aber das Drehbuch gibt ihnen nicht soviel zu tun als daß ihre Charaktere groß in Erinnerung bleiben. Auch John Baer als Andrés Neffe Paul hat nicht viel mehr zu tun als schön auszusehen - in We're no Angels sind die Nebenrollen halt nur Staffage, während die Hauptdarsteller den Film praktisch im Alleingang beherrschen.

Für Regisseur Michael Curtiz war We're no Angels der siebte und letzte gemeinsame Film mit Humphrey Bogart und eine der wenigen Komödien, die er inszeniert hatte. Curtiz war ein handwerklich brillianter Regisseur und ein Meister der Dramatik und Spannung, aber im Gegensatz zu seinem Kollegen George Cukor hatte er nicht allzugroße Erfahrung mit Komödien. Daher wirkt We’re no Angels gelegentlich etwas steif und der Film läßt sich bei der Entwicklung der Story sehr viel Zeit – zuviel für eine richtige Screwball-Komödie, die der Film mit einer noch strafferen Inszenierung durchaus hätte werden können. So bleibt das Tempo gemächlich, was dem Film aber nicht wirklich schadet - die Handlung wird dadurch nur etwas gemütlicher.

Das von Ranald MacDougall geschriebene Drehbuch ist an der Gemächlichkeit des Films natürlich nicht ganz unschuldig, aber die Geschichte benötigt auch ihre besondere Ruhe um die bedrohliche, aber auch liebevolle Stimmung zu entwickeln. We're no Angels ist keine so rabenschwarze Komödie wie z.B. Ladykillers aus dem gleichen Jahr - schon am Anfang des Films wird schon deutlich gemacht, daß es keinen Massenmord geben wird und die einzige Leiche des Films es verdient hat, ins Gras zu beißen. Tatsächlich ist die Geschichte gewissermaßen eine Art Weihnachtsmärchen, ohne dabei mit den üblichen Klischees zu nerven - außer vielleicht dem Umstand, daß die drei Hauptcharaktere ganz unmißverständlich die heiligen drei Könige sein sollen.

Die Schauspieler stehen in We're no Angels so deutlich im Vordergrund, daß die kleinen Schwächen von der Inszenierung und vom Drehbuch praktisch keine große Rolle mehr spielen. Humphrey Bogart, Peter Ustinov und Aldo Ray mit kräftiger Unterstützung von Leo G. Carrol und Basil Rathbone sind der Grund weshalb der Film auch heute noch nicht in Vergessenheit geraten ist. Es ist ein verfilmtes Theaterstück einer nicht ganz optimalen Vorlage, aber die Schauspieler verleihen der Geschichte ein erstaunliches Eigenleben und machen We're no Angels zu einem zeitlosen Klassiker, der nur in zweiter Linie ein Weihnachtsfilm ist und in erster Linie den Ruf als eine der gelungensten Hollywood-Komödien der fünfziger Jahre verdient hat.

Die DVD

Früher war We're no Angels unter dem deutschen Titel Wir sind keine Engel ein fester Bestandteil des deutschen Fernseh-Weihnachtsprogramm, aber zwischen der Mitte der neunziger Jahre bis vor ein paar Jahren war der Film fast wie vom Erdboden verschluckt. Im Herbst letzten Jahres wurde We're no Angels dann von Paramount endlich zuerst in den USA und dann auch in Deutschland als DVD herausgebracht - und gleichzeitig fingen auch plötzlich die deutschen Fernsehausstrahlungen wieder an.

Gesendet wurde aber nicht das neue DVD-Master, sondern ein uralter Transfer im katastrophal falschen Bildformat - der Vergleich, den ich schon voriges Jahr gemacht hatte, zeigt wieviel bei der TV-Version noch vom Bild übrigblieb und wie brillant die DVD dagegen aussieht. Deshalb kann ich jedem Raten, der diesen Film schon seit langem sucht, nicht auf die Fernsehausstrahlungen zu achten und stattdessen die DVD zu kaufen, die es inzwischen ja schon für knapp zehn Euro gibt. Paramount hat dem Film zwar keine Extras gegönnt, aber dafür einen wundervollen neuen Bildtransfer, der alleine schon den günstigen Kaufpreis wert ist.

Bild

VistaVision war eins der qualitativ besten Breitwand-Filmformate, die Mitte der fünfziger Jahre entwickelt wurden - das zeigt sich auch heute noch, wenn in diesem Format gedrehte Filme für eine DVD-Veröffentlichung digitalisiert werden. Manche VistaVision-Filme sehen auf DVD kaum besser aus als Filme im Normalformat, aber We're no Angels ist ein positives Beispiel, das zeigt daß ein fünfzig Jahre alter Film sogar mit einer minimalen Restauration ganz hervorragend aussehen kann, wenn man das Glück hat daß die Filmvorlage noch intakt ist.

Bemerkenswert ist vor allem, daß We're no Angels auf dieser DVD das allererste Mal im Originalformat zu sehen ist - alle früheren Videos und Fernsehausstrahlungen zeigten nur einen Bruchteil des ursprünglichen Filmbilds. Ein Vergleich der DVD mit einer deutschen TV-Ausstrahlung zeigt, daß sogar die angeblichen Widescreen-Versionen im 1.66:1-Format nur noch zusätzlich falsch gemattete 1.33:1-Pan&Scan-Versionen waren. Im Gegensatz dazu ist das Framing der DVD eine richtige Wohltat und dürfte fast das komplette Filmnegativ zeigen.

Die Filmvorlage macht einen erstaunlich guten Eindruck und ist bis auf ein paar ganz wenige Fussel völlig frei von Verschmutzungen oder Beschädigungen - sogar die Szenen mit den aufeinanderkopierten Matte-Paintings sind erstaunlich sauber. Der Bildstand schwankt manchmal ein ganz klein wenig vertikal, aber richtig auffallen tut dies nur im Vorspann. Filmkörnigkeit ist praktisch gar nicht zu sehen, was für das großformatige Filmformat auch ganz normal ist - viel gefiltert werden mußte hier also nicht und danach sieht der Transfer auch gar nicht aus. Negativ fällt lediglich ein gelegentliches leichtes Helligkeitsflackern auf, das nur selten deutlich zu sehen ist, aber gerade wegen des sonst fast perfekten Bilds etwas störend wirkt.

Die Schärfe ist nicht nur für einen Film von 1955 exemplarisch gut, sondern kann sich auch durchaus mit aktuellen Produktionen messen. Eine zusätzliche Aufschärfung ist nicht erkennbar, aber trotzdem ist das Bild enorm detailreich - viel mehr als die meisten 35mm-Produktionen aus dieser Zeit und sogar noch viel besser als bei manchen aktuellen Filmen. Tatsächlich kann man auf dem neuen DVD-Transfer zahllose Einzelheiten erkennen, die in den früheren Abtastungen erst gar nicht zu sehen waren.

Auch eine richtige Offenbarung sind die Farben, die hier erstmals wieder im vollen Technicolor-Glanz erstrahlen und natürlich ein wenig altmodisch wirken, aber für die Farbverfahren der fünfziger Jahre völlig authentisch sind. Warme, pastellartige Farben sind hier die Regel, von dem grün-gelblichen verblaßten Bild der alten TV- und Videoversionen ist zum Glück überhaupt nichts mehr zu sehen. Obwohl der über 100-minütige Film auf einen einzigen DVD-Layer gequetscht wurde und die Bitrate nicht allzu hoch ist, sind dank einer sehr gut ausbalancierten Kompression keinerlei Artefakte zu sehen.

Trotz der minimalen Probleme durch das gelegentliche Flackern hat We're no Angels sicher seit der Kinopremiere in den fünfziger Jahren nicht mehr ausgesehen - eine so brilliante Bildqualität hat man bei diesem Film gar nicht mehr erwartet, aber bei VistaVision sind eben doch manchmal richtige Wunder möglich wenn sich das Studio einigermaßen Mühe gibt.

Ton

Ganz unspektakulär, aber trotzdem in ganz ordentlicher Qualität sind die Tonspuren, wobei sich nur die englische Fassung wirklich optimal anhört - bei älteren Katalogtiteln gibt sich die europäische Abteilung von Paramount immer noch nicht sehr viel Mühe mit den Synchronfassungen. Auf einen Mehrkanal-Upmix wurde hier natürlich verzichtet und die ursprünglichen Mono-Abmischungen verwendet.

Die englische Tonspur kann sich für einen Film dieses Alters hören lassen, ist aber keine große Sensation. Die Musik klingt am Anfang des Films erschreckend blechern und dünn, aber da der Film ansonsten fast keine Score besitzt, macht dies nicht allzuviel aus. Die Stimmen klingen dann auch gleich viel besser, alle Dialoge haben einen überraschend sauberen und perfekt verständlichen Klang. Auffällig ist nur, daß die Tonspur sehr stark gefiltert wurde und deshalb zwar einen sehr rauschfreien, aber auch leichten dumpfen und belegten Klang hat. Generell ist die Tonqualität aber für einen fünfzig Jahre alten Film gar nicht schlecht.

Die deutsche Synchronfassung ist dagegen praktisch ungefiltert, hat aber auch eine ganze Barrage von unangenehmen Nebengeräuschen zu bieten: ein überdeutliches Grundrauschen und gelegentliches Knistern sind die größten Probleme der Tonspur. Erstaunlicherweise klingen die (etwas sterilen) deutschen Stimmen nicht so schlimm wie erwartet - etwas kratziger als die Originalfassung, aber zischende S-Laute sind trotzdem nicht zu hören. Trotzdem macht die deutsche Fassung mehr den Eindruck einer unbearbeiteten Lichttonspur, die französischen, italienischen und spanischen Fassungen sind da sogar noch um einiges schlechter dran.

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