Der Film
David Pollock (Gregory Peck) ist ein unterbezahlter, aber
zufriedener englischer College-Professor, dessen Spezialgebiet arabische
Hieroglyphen sind. Seine Fähigkeiten werden ihm zum Verhängnis,
als er vom Premierminister eines Landes im mittleren Osten gebeten wird
auf die Einladung des mysteriösen Beshraavi (Alan Badel) einzugehen,
für den er einen Zettel mit ägyptischen Hieroglyphen entziffern
soll. Pollock wird von Beshraavi herzlich, aber bestimmt empfangen und
macht sich sofort an die Arbeit – bis plötzlich Beshraavis
Geliebte Yasmin (Sophia Loren) auftaucht und der ahnungslose David Pollock
in ein Durcheinander von Intrigen und Spionage verwickelt wird...
Regisseur Stanley Donen und Drehbuchautor Peter Stone hatten 1963 mit
Charade eine der besten Thrillerkomödien der sechziger Jahre
inszeniert und gezeigt, daß es möglich war einen Film im Stil von Alfred
Hitchcock zu drehen ohne wie ein billiges Imitat zu wirken. Nach dem großen
Erfolg von Charade war besonders Stanley Donen daran interessiert
ein ähnliches Nachfolgeprojekt in Angriff zu nehmen. Zuerst schrieb Peter
Stone das Drehbuch für Mirage, einen Mystery-Thriller mit Gregory
Peck in der Hauptrolle, der allerdings von Edward Dmytryk inszeniert wurde
und Stanley Donen außen vorließ – allerdings waren mit Walter Matthau
und George Kennedy auch zwei Nebendarsteller aus Charade dabei,
so daß man Mirage schon als indirekten Nachfolger sehen konnte.
I nzwischen hatte Stanley Donen Gordon Cotlers Roman The Cipher
als Vorlage für einen Charade-Nachfolger entdeckt und nicht nur Peter
Stone, sondern mit Julian Mitchell und Stanley Price noch zwei weitere
Autoren für die Drehbuchumsetzung ausgesucht. Ursprünglich wurde Arabesque,
so der neue Titel in Anlehnung an den Vorgänger Charade, für Cary Grant
und Sophia Loren geschrieben, einem Schauspieler-Paar das schon Ende der
fünfziger Jahre in Houseboat zusammen gespielt hatte und seitdem
eng miteinander befreundet war. Aber Cary Grant, inzwischen immerhin Anfang
60, hielt sich inzwischen zu alt und sagte verständlicherweise dankend
ab.
Stanley Donen hatte jedoch schon eine ausgezeichnete Idee, wer in die
Fußstapfen von Cary Grant treten sollte – jemand, der auch ein bekannter
Star in Hollywood war und schon zuvor eine ähnliche Rolle gespielt hatte:
Gregory Peck, etwa zehn Jahre jünger als Cary Grant und damals zwar auch
nicht mehr der allerjüngste, aber für einen komödiantisch angelegten Thriller
noch lange nicht zu alt. Ein gewisses Alter war jedoch Voraussetzung für
die Rolle, denn genauso wie in Charade war ein deutlicher Altersunterschied
zwischen den beiden Hauptdarstellern ein Bestandteil des Plots.
Als weibliche Hauptdarstellerin war von Anfang an Sophia Loren ausgesucht
worden, da Audrey Hepburn 1966 schon in der Gaunerkomödie How to steal
a Million neben Peter O'Toole spielte und außerdem einen Charade-Nachfolger
nur gemeinsam mit Cary Grant drehen wollte. Eine gemeinsame Arbeit von
Gregory Peck und Audrey Hepburn wäre aber nicht so ungewöhnlich gewesen,
denn die beiden Schauspieler standen schon mehr als ein Jahrzehnt vorher
in Roman Holiday vor der Kamera. Die Kombination von der betörenden
Sophia Loren und dem etwas zerknitterten, aber dennoch attraktiven Gregory
Peck erwies sich in Arabesque jedoch als genauso aufregend und
erfolgreich.
Jeder Thriller braucht einen charismatischen Bösewicht, Arabesque
ist da keine Ausnahme – allerdings macht es sich der Film etwas einfacher
als in Charade. Statt die Identität des wirklichen Schurken bis zum Schluß
zu verschleiern, wird er in Arabesque gleich von Anfang an vorgestellt
– dafür aber mit ordentlichem Stil, der sogar die Halunken der James-Bond-Filme
ganz blaß aussehen ließ. Der relativ unbekannte britische Schauspieler
Alan Badel spielt Beshraavi, den Nahost-Industriellen mit kriminellem
Hintergrund, mit einer wundervollen Reserviertheit, die ihn nicht nur
vom Aussehen an ähnliche Rollen von Peter Sellers erinnern läßt.
Der Plot hat eigentlich überhaupt nichts mit mit seinen Vorgängern zu
tun, denn die Filme haben weder Geschichte noch Charaktere gemeinsam.
Ein ähnliches Grundthema läßt sich allerdings nicht verleugnen: in jedem
Film wird ein ahnungsloser Protagonist in ein verschwörungsartiges Geschehen
plötzlich hineingerissen. Eine Idee, die Alfred Hitchcock schon in The
Wrong Man und später in North by Northwest meisterhaft in
Szene gesetzt hatte und Peter Stone auf die Idee zu Charade brachte. Dort
war es eine junge Witwe, die in die Machenschaften ihres verstorbenen
Manns hineingezogen wird und Hilfe von einem mysteriösen Fremden bekommt.
In Arabesque wurden die Rollen jedoch umgedreht: ein gemächlicher,
ahnungsloser College-Professor wird in eine politische Verschwörung hineingezogen
und von einer unbekannten Schönen unterstützt, die nicht das ist, was
sie am Anfang zu sein scheint.
Als Stanley Donen 1963 Charade gedreht hatte, hatten rasante
Actionfilme mit Geheimagenten und anderen Superhelden gerade den ersten
Durchbruch und eine relativ altmodische Inszenierung mit weniger Action
und mehr Köpfchen war für das interessierte Publikum durchaus noch akzeptabel.
Drei Jahre später bedurfte es aber einer etwas rasanteren Inszenierung,
um der Konkurrenz standhalten zu können – dabei orientierte sich Stanley
Donen aber mehr in die Richtung der wirklich intelligenten Spionagethriller
à la John LeCarre oder Len Deighton und verwendete nur einen kleinen Schuß
Ian Fleming.
Die Verwandschaft zu den Harry-Palmer-Verfilmungen machte sich hauptsächlich
in der trockenen, fast sarkastischen Inszenierung und der unkonventionellen
Kameraarbeit bemerkbar. Zusammen mit Kameramann Christopher Challis plante
Stanley Donen fast jede einzelne Einstellung detailgenau mit Blicken durch
Objekte und Spiegel, wodurch eine noch interessantere Bildkomposition
als z.B. in The Ipcress File entstand. Die besondere Atmosphäre
des Films wurde auch noch durch die originellen Vorspann-Animationen von
Maurice Binder und Henry Mancinis stimmungsvoller Musik erzeugt , einer
Mischung aus jazzigen Rhythmen und romantischen Melodien. Beides waren
bewährte Stilmittel, die Stanley Donen vom Arabesque-Vorgänger
Charade übernommen hatte und damit die Ähnlichkeit der beiden
Filme deutlich machte.
Arabesque hatte damals wie auch heute das Problem im Schatten
seines brillianten Vorgängers zu stehen und schafft es daher beinahe,
aber nicht ganz an Charade heranzureichen. Trotzdem bleibt Arabesque
eine der ungewöhnlichsten Thriller-Komödien der sechziger Jahre, die mit
glänzenden Darstellern und einer packenden Inszenierung auch vierzig Jahre
nach der Entstehung immer noch für hervorragende Unterhaltung garantiert.
Die DVD
Arabesque hat zu den wenigen bekannten Hollywood-Filmen
gehört, die auch fast ein Jahrzehnt nach der Einführung des
Formats immer noch nicht als DVD veröffentlicht wurden. Universal
tut sich leider immer noch mit solchen Katalog-Klassikern sehr schwer,
aber immerhin hat es das Studio nach den Veröffentlichungen von Charade
in den letzten Jahren auch endlich geschafft Arabesque auf DVD herauszubringen.
Zur Zeit ist Arabesque nur in Europa als PAL-DVD ohne jegliche
Extras zu bekommen, dafür aber mit überraschend guter Bild-
und Tonqualität und zu einem fairen Preis von deutlich unter zehn
Euro. Eine US-Veröffentlichung wurde zum Zeitpunkt dieser Review
noch gar nicht angekündigt, wann und in welcher Form dies passieren
wird ist daher noch überhaupt nicht klar – deshalb kann man
vorerst bedenkenlos zu der hier rezensierten Region 2/4-Veröffentlichung
greifen.
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Bild
Obwohl Arabesque nur als extralose DVD im unteren Preissegment veröffentlich wurde, hat Universal trotzdem eine neue Abtastung machen lassen, die einen erstaunlich guten Eindruck macht. Richtig restauriert wurde der Film nicht, aber es ist ein sauberer Transfer von gut erhaltenen Filmelementen - und zum ersten Mal nach langer Zeit ist Arabesque wieder im vollen 2.35:1-Panavision-Bildformat zu sehen.
Der Transfer sieht von der technischen Seite her aus, als ob er gerade erst gemacht wurde – Universal hat deutlich erkennbar kein steinaltes Master aus dem Regal geholt, sondern die gut erhaltenen Filmelemente neu abtasten lassen, wahrscheinlich sogar gleich in HD-Auflösung. Große Restaurationsbemühungen haben wohl nicht stattgefunden, so daß man mit ein paar kleinen altersbedingten Problemen leben muß, die jedoch nicht allzu störend ausfallen. Für einen vierzig Jahre alten Film macht dieser Transfer sogar noch einen ausgezeichneten Eindruck.
Die Filmvorlage ist nicht völlig sauber, es sind noch einige kleinere punktuelle Fussel und Dropouts zu sehen, die allerdings zum größten Teil in den Details des Filmbilds untergehen. Vermutlich wurde beim Transfer ein rudimentäres digitales Cleanup durchgeführt, das die meisten, aber nicht alle Verschmutzungen auf der Filmvorlage ausbügeln konnte. Immerhin sieht dieser Transfer viel sauberer aus als manche andere unrestaurierte DVD eines Films aus dieser Zeit, was sicher auch an der besser erhaltenen Vorlage liegt. Der Bildstand ist nicht völlig ruhig, aber das gelegentliche leichte Schwanken macht sich nur bei genauer Betrachtung bemerkbar.
Richtig vorbildlich ist dagegen das Farbtiming, das sich exakt an die typischen Technicolor-Töne der sechziger Jahre hält und nicht versucht den Film künstlich bunt zu machen. Die Vorspann-Animation läßt knallige Farben vermuten, aber dann bekommt man ein warmes, pastellartiges Farbtiming geboten, das in den Hauttönen genau richtig liegt und auch sonst sehr natürlich und frisch aussieht – von Verblassen keine Spur. Kontrast und Helligkeit sind ebenfalls sehr gut ausgeglichen, was besonders in den vielen dunklen Szenen auffällt, in denen jede Menge Details sichtbar sind.
Die Schärfe ist ausgezeichnet, auch wenn der Transfer auf den ersten Blick etwas weich aussieht. Trotzdem ist die Detailzeichnung auf einem überdurchschnittlichen Niveau für einen vierzig Jahre alten Panavision-Film, der weiche Eindruck entsteht nur weil nur ganz wenig zusätzlich nachgeschärft wurde. Dadurch tritt auch die Filmkörnigkeit kaum in Erscheinung, obwohl auch mit einem Rauschfilter nur sehr vorsichtig umgegangen wurde.
Fast ungewöhnlich für eine extralose DVD ist, daß der Film nicht auf einen Disc-Layer gequetscht wurde, sondern eine sehr hohe Bitrate bei der MPEG-Kompression verwendet wurde und gemessen an der Filmlänge die Platzausnutzung fast optimal ist. Dadurch sind auf dieser DVD praktisch keine Kompressionsartefakte zu sehen.
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Ton
Auch an den Tonspuren gibt es gemessen am Alter des Films
nicht viel auszusetzen – Universal hat dafür gesorgt, daß
die ursprünglichen Mono-Abmischungen in bester Qualität auf
die DVD gekommen sind – und das in gleich sechs Sprachen, von denen
allerdings nur die englischen und deutschen Versionen wirklich gut klingen.
Die englische Originalfassung hat den soliden Klang, den man von einem
Film dieses Alters erwarten kann. Dynamik und Frequenzumfang sind nicht
überragend, aber durchaus akzeptabel, da die Tonspur einen anständigen
Baß und auch ordentliche Höhen bietet, wodurch besonders Henry
Mancinis Musik erstaunlich gut klingt. Die Stimmen klingen ein wenig dünn,
was aber bei einer Tonspur aus dieser Zeit nicht ungewöhnlich ist
und lediglich an der damaligen Aufnahmetechnik liegt – die Dialoge
bleiben trotzdem perfekt verständlich.
Auch die deutsche Tonspur hört sich nicht so schlecht an, wie es
oft bei Synchronfassungen aus dieser Zeit ist: statt einer dumpfen, kratzenden
Lichttonspur bekommt man hier eine überraschend klaren Klang geboten,
der sich nur wenig von der englischen Tonspur unterscheidet. Lediglich
die Stimmen klingen in den ersten paar Minuten des Films etwas kratzig,
werden dann aber schnell besser. Tatsächlich ist die deutsche Fassung
von den fünf Synchronisationen diejenige, die am allerbesten klingt.
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