Der Film
Steve Walker (Dean Jones) soll als neuer Trainer des Leichtathletik-Teams
vom verschlafenen Godolphin-College die kleine Uni vor den Klauen eines
Geldhais retten, der auch ein altes Gasthaus, eine ehemalige Residenz
des Piraten Blackbeard, in eine Spielhölle verwandeln will. Bei einer
Auktion der Töchter der Freibeuter, die das Gasthaus erhalten wollen,
kauft Steve ahnungslos einen alten Bettwärmer und findet ein seltsames
Schriftstück darin, das sich als antiker Fluch erweist. Steve liest
die magischen Worte laut, durch die Blackbeard (Peter Ustinov) von seiner
Ex-Frau Aldetha verflucht wurde – und plötzlich steht der Geist
des berüchtigen Piraten vor ihm, aber nur er selbst kann ihn sehen.
Blackbeard muß wenigstens eine gute Tat tun, um von seinem Geister-Dasein
erlöst werden, und Steve kann ihn überzeugen ihm bei seiner
schwierigen Aufgabe zu helfen, das Gasthaus zu retten und dem College
zum Erfolg zu helfen...
Mitte der sechziger Jahre konnten die Zeichentrick-Filme der Disney-Studios
immer noch regelmäßige Erfolge verbuchen, aber die in den fünfziger Jahren
eröffnete Realfilm-Abteilung stand immer noch im Schatten der gezeichneten
Werke. Der 1966 verstorbene Walt Disney legte auf beide Studiozweige großen
Wert, aber trotzdem entstanden nur wenige Realfilme, die die Beliebtheit
von 20.000 Leagues under the Sea oder Mary Poppins ereichen
konnten. Einige der letzten Filme, die Walt Disney noch persönlich in
die Wege geleitet hatte, erwiesen sich aber als gar nicht so schlecht
– darunter unter anderem The Love Bug und der kaum bekannte Blackbeard's
Ghost, einer der wenigen Disney-Filme mit Piraten-Thema.
Schon 1950 entstand in den Disney-Studios eine Realverfilmung von Robert
Louis Stevensons klassischer Piraten-Geschichte Treasure Island,
aber ansonsten standen Piraten bei Disney trotz der Pirates of the
Caribbean-Attraktion in Disneyworld nicht besonders hoch im Kurs.
Auch Blackbeard's Ghost war überhaupt kein traditioneller Piraten-Film,
sondern spielte in der Gegenwart und war als familientaugliche, harmlose
Komödie konzipiert. Der Plot wurde aus verschiedenen Versatzstücken früherer
Disney-Filme zusammengeschustert und ist eine ganz herkömmliche und nicht
besonders originelle Slapstick-Komödie – trotzdem wurde der Film dank
der Darsteller sehr spannend und unterhaltsam.
Jemand bei Disney hatte nämlich den großartigen Einfall, Captain Blackbeard
mit einem der wandlungsfähigsten Schauspieler der sechziger Jahre zu besetzen:
Peter Ustinov, Autor, Schauspieler, Filmemacher und Allround-Entertainer
war mit seinem manchmal bissigen und unberechenbaren Humor war zwar nicht
der offensichtliche Kandidat für einen Disney-Film, aber mit Sicherheit
die beste Wahl für die Rolle. Wer sonst hätte schon aus dem blutrünstigen
Captain Blackbeard einen beinahe symphathischen, humorvollen Charakter
machen können ohne dabei lächerlich oder kindisch zu wirken?
Die Geschichte veralbert den Piraten natürlich nach Strich und Faden,
aber Peter Ustinov läßt trotz der scriptbedingten Verharmlosung immer
noch durchschimmern, daß mit Blackbeard nicht zu spaßen ist. Aber die
schlimmsten Sünden, die sich der Pirat in der Disney-Version gönnen darf,
ist sich mit seinem geliebten Rum zu betrinken und mit seinem Säbel herumzurasseln.
Beinahe wäre Blackbeard fast nur ein liebenswerter Trunkenbold gewesen,
wenn Peter Ustinov der Figur nicht noch seinen ganz besonderen Stil gegeben
hätte.
Die anderen Schauspieler gehören zwar größtenteils zur Disney-Standardtruppe,
können sich aber trotzdem ganz gut behaupten. Dean Jones war schon seit
Mitte der sechziger Jahre einer der größten Stars des Disney-Realfilmimperiums
und als netter junger Mann von Nebenan der beste Kandidat für familientauglige
Unterhaltung. Andere Schauspieler hätten sich vielleicht in dieser Rolle
lächerlich gemacht, aber Dean Jones schafft es hier genauso wie in seinen
anderen Disney-Auftritten genau zwischen Ernst und Blödsinn zu balancieren.
Als Partnerin bekam Dean Jones die Schauspielerin Suzanne Pleshette an
die Seite gestellt, denn wie bei vielen anderen Filmen gehört auch zu
Blackbeard's Ghost eine kleine, harmlose romantische Liebesgeschichte.
Die Schauspielerin war schon zuvor mehr auf humorvolle Rollen abonniert,
aber hier spielt sie eine der resoluten, halb-emanzipierten jungen Ladies
der späten sechziger Jahre, die fast immer am Ende des Films den Helden
heiraten dürfen. Dieser Stereotyp kann Suzanne Pleshette aber nicht davon
abhalten einen ziemlich bodenständigen Charakter zu spielen, der als Ausgleich
für die quirlige Rolle von Dean Jones gedacht ist.
Die Show stiehlt den beiden "Romantic Leads" abe eine Schauspielerin,
die schon in den dreißiger Jahren in Hollywood Furore machte: Elsa Lanchester
war die Bride of Frankenstein und hat in Blackbeard's Ghost
zwar die undankbare Rolle einer etwas übergeschnappen alten Lady, macht
aber genauso wie Peter Ustinov weitaus mehr aus dem Charakter, als auf
dem Papier steht. Die anderen Nebendarsteller verblassen gegen das Quartett
Ustinov-Jones-Pleshette-Lanchester jedoch etwas, obwohl sie sich Mühe
geben - besonders Joby Baker als Gangster Silky Seymour wirkt wie ein
Comedy-Act aus den Fernsehshows der fünfziger Jahre.
Die Story des Films, nach Ben Stahls Buchvorlage von den Disney-Hausautoren
Bill Walsh und Don DaGradi umgesetzt, hat eigentlich mit einem klassischen
Piratenfilm überhaupt nichts zu tun, sondern versetzt den Freibeuter kurzerhand
als Geist in die Gegenwart. Dafür ist die Geschichte aber relativ komplex
aufgearbeitet worden - der Grund für Blackbeards Erscheinen wirkt sogar
unnötig konstruiert für eine simple Disney-Komödie. Bis die Vorgeschichte
erst einmal erzählt ist und Blackbeard das erste Mal auftaucht, vergehen
schon gute zwanzig Minuten und auch ansonsten läßt sich der Film erstaunlich
viel Zeit.
An der Inszenierung gibt es aber nichts zu beanstanden. Regisseur Robert
Stevenson (nicht zu verwechseln mit Treasure Island-Autor Robert Louis
Stevenson) war seit The Absent-Minded Professor für fast
alle großen Disney-Realfilme zuständig und setzte auch Blackbeard's
Ghost sehr professionell, aber vorlagengemäß unspektakulär um. Während
die Story des Films relativ komplex ist, ist die episodenhafte Struktur
sehr einfach geraten und wirkt sogar ziemlich zusammengestückelt. Daß
man für den mittleren Teil nur auf eine Leichtatlethik-Meisterschaft zurückgegriffen
hat ist eigentich ein Wunder, aber mit der amerikanischsten aller Sportarten,
dem Baseball, hätte man nicht soviel Slapstick-Unsinn treiben können.
Den Humor bezieht Blackbeard's Ghost hauptsächlich daraus, daß
der Pirat nur von Steve Walker gesehen werden kann - ein schon lange erprobtes
Konzept, dessen Inszenierung zu vielen mehr oder weniger gelungenen physikalischen
Gags und Spezialeffekten führt, die hauptsächlich für die jüngeren Zuschauer
gedacht sind. Erwachsene dürften dagegen mehr Spaß an den Kapriolen von
Peter Ustinovs Blackbeard Spaß haben, dessen hintergründige Anspielungen
Kindern größtenteils verborgen bleiben. So funktioniert Blackbeard’s
Ghost wie die meisten Disney-Realverfilmungen aus den sechziger Jahren
gleich auf zwei Ebenen ganz ausgezeichnet – etwas was heutzutage bei Disney
kaum noch geboten wird.
Fast vierzig Jahre später ist Blackbeard's Ghost immer noch ein
kleiner, amüsanter Film, der zwar ein Relikt aus den sechziger Jahren
ist, aber dank seiner sympathischen Darsteller immer noch sehr gut unterhalten
kann. Letztendlich ist der Film immer noch um Meilen besser als die Massenware,
die heute aus den Disney-Studios kommt.
Die DVD
Blackbeard's Ghost wurde im Sommer 2003 von Disney in Deutschland
erstmals als DVD veröffentlicht, und das überraschenderweise sogar besser
als ein Jahr vorher in den USA: zwar enthält die deutsche DVD auch einen
Fullframe-Transfer, der aber nicht Pan&Scan, sondern Open-Matte ist und
keine Bildteile verliert. Es gibt keinerlei Extras, noch nicht mal einen
Trailer – aber um den Film inklusive seiner englischen Originalfassung
zu bekommen, reicht diese unspektakuläre DVD völlig aus.
Leider scheint die hier rezensierte deutsche Version der DVD unter dem
Titel Käpten Blackbeards Spukkaschemme schon einige Zeit out-of-print
zu sein und ist noch nicht einmal mehr bei Ebay zu bekommen. Wer nicht
auf die deutsche Synchronfassung angewiesen ist, kann aber auf die englische
oder australische Veröffentlichung zurückgreifen - hinter denen steckt
die gleiche Region 2/4-PAL-DVD, die zwar keinen deutschen Ton, aber das
gleiche Bildmaster wie die deutsche DVD hat.
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Bild
Blackbeard's Ghost ist in den USA nur in einer
ziemlich enttäuschenden Pan&Scan-Fassung auf DVD erschienen,
aber die europäischen und australischen PAL-Versionen verwenden ein
völlig anderes Bildmaster, das zwar auch kein Widescreen-Format bietet,
aber zumindest Open-Matte ist und daher kaum etwas vom Bild wegschneidet.
Die Bildkomposition sieht auch in 1.33:1 gut aus, aber am oberen und unteren
Bildrand ist fast immer etwas toter Raum sichtbar. Der Transfer scheint
etwas älteren Datums zu sein, hat aber trotzdem noch eine ganz akzeptable
Bildqualität.
Die verwendete Filmvorlage ist in einem mittelprächtigen Zustand
und wurde überhaupt nicht restauriert, wodurch noch diverse Filmartefakte
zu sehen sind. Kratzer, Fussel und andere Verschmutzungen tauchen auf,
halten sich aber in erfreulichen Grenzen und stören nur geringfügig
- die meisten gehen in den Details des Bilds unter. Von Aktwechselmarkierungen
oder anderen großflächigen Beschädigungen bleibt man allerdings
verschont, und auch der Bildstand ist überraschend stabil.
Die Schärfe ist für einen 35mm-Film noch gerade akzeptabel,
aber gerade dadurch zeigt sich daß der Transfer schon einige Jahre
auf dem Buckel haben muß - heute könnte man aus so einer Vorlage
noch viel mehr Details herauskitzeln. Auf einer ganz normalen Fernsehbildröhre
macht das Bild aber trotzdem einen durchaus scharfen und gar nicht schwammigen
Eindruck, Projektor-Material ist diese DVD allerdings nicht. Der Bildstand
ist bis auf ein paar kleine Ruckler einigermaßen ruhig und leistet
sich keine großen Ausfälle.
Das Farbtiming entspricht einem typischen Technicolor-Film aus dieser
Zeit: warm und etwas pastellfarben. Blackbeards Ghost ist ein sehr farbenfroher
Film, und das kommt auf dieser DVD ganz gut zur Geltung - lediglich manche
dunkle Sequenzen erscheinen ein wenig detailarm, weil Kontrast und Helligkeit
ein bißchen zu schwach ausgepegelt sind. Sonst gibt es an den Farben
aber nicht viel auszusetzen, auch wenn ein etwas ausgewogeneres Farbtiming
sicher möglich gewesen wäre.
Es ist ein bißchen Schade, daß Disney kein Interesse hat von
Filmen wie Blackbeards Ghost neue Abtastungen im Originalformat zu machen,
aber man kann schon froh sein daß es überhaupt einen halbwegs
ordentlichen Transfer des Films gibt - so kann man mit dieser Abtastung
doch ganz zufrieden sein.
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Ton
Genauso wie beim Bildtransfer wurde auch beim Ton nicht allzuviel
Aufwand betrieben, aber zumindest die englische Spur ist für ihr
Alter in einem ganz anständigen Zustand, wenn man bedenkt daß
keinerlei Restaurierungsarbeiten stattgefunden haben. Auch ein 5.1-Upmix
wie bei manchen anderen älteren Disney-Filmen wurde hier nicht gemacht,
so daß man die ursprünglichen Mono-Abmischungen geboten bekommt.
Die englische Originalfassung kann sich erstaunlich gut behaupten, offenbar
stand eine Magnetton-Quelle zur Verfügung. Zwar sind die üblichen
altersbedingten Einschränkungen nicht vermeidbar, aber Frequenzgang
und Dynamik sind auch nicht so schlecht als daß man sich die Ohren
zuhalten müßte. Die Musik ist etwas baßarm, aber in den
hohen Frequenzen dafür recht großzügig, ohne daß
dabei hörbare Verzerrungen entstehen. Dialoge und Geräusche
hören sich gelegentlich etwas dünn an, aber die Stimmen sind
immer klar und deutlich verständlich. Auffallen tut sonst nur noch
der etwas erhöhte Grundrauschpegel, dafür ist die Tonspur aber
auch nicht totgefiltert worden.
Die deutsche Synchronfassung stammt dagegen von einer Lichttonspur und
hört sich auch dementsprechend an. Deutliches Knistern, Rauschen
und der gelegentliche Knackser lassen die deutsche Tonspur wie eine alte
Schallplatte klingen, und auch der sonstige Klang ist sehr flach und gedrückt.
Die Stimmen sind zwar gut verständlich, klingen aber im Vergleich
zur englischen Fassung sehr pappig und S-Laute neigen manchmal zu deutlichem
Zischen. Trotzdem klingt die deutsche Fassung immer noch besser als die
italienische Version, die sich dagegen wirklich mieserabel anhört.
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