Der Film
Nachdem Universal 1953 mit Jack Arnolds It came from Outer Space gleichzeitig sehr erfolgreich in den Markt der Science-Fiction-Filme und 3D-Produktionen eingestiegen war, wollte das Studio schnell mehr von dieser Art. Ein nicht zu unterschätzender Beitrag kam von Produzent William Alland, der schon It came from Outer Space in die Wege geleitet hatte und eine Idee hatte, die sich zum letzten originalen Universal-Monster der Studiogeschichte entwickeln sollte.
Alland begann seine Karriere in den dreißiger Jahren als Schauspieler in New York und traf dort als Mitglied der Mercury Theatre Player Group auch Orson Welles, mit dem er 1938 an der berühmten, panikerzeugenden Radio-Hörspielversion von War of The Worlds zusammenarbeitete. Alland wurde ein guter Freund von Orson Welles und trat in einigen seiner Filme auf, darunter auch Citizen Kane. Zu dieser Zeit war Alland bei Welles einmal zu einem Abendessen eingeladen und hörte vom mexikanischen Kameramann Gabriel Figueroa die unheimliche Geschichte einer im Amazon lebenden Halb-Fisch-Halb-Mensch-Kreatur, der einmal im Jahr an Land kommt um sich eine menschliche Frau zu entführen.
Jahre später wurde William Alland Produzent bei Universal und war zuerst für eine Reihe von Western und sogar einen Film mit Horror-Koryphäe Boris Karloff zuständig, bis er 1953 erstmals mit Jack Arnold zusammenarbeitete. Zu dieser Zeit suchte Alland auch ein völlig neues Konzept für einen Monster-Horrorfilm und erinnerte sich an die Folklore-Geschichte des Kiemenmanns, die er vor Jahren von Gabriel Figueroa gehört hatte. Er schrieb ein kurzes, dreiseitiges Konzept mit dem Titel The Sea Monster, daß von der Universal-Führungsetage sofort dankend angenommen wurde.
Während Alland für It came from Outer Space den Science-Fiction-Autor Ray Bradbury für die Entwicklung des Drehbuchs gewinnen konnte, war er bei seinem neuen Projekt auf studioeigene Leute angewiesen. Maurice Zimm war der erste, der sich an dem Stoff versuchte, wurde aber nach nur einem 57-seitigen Draft, nun mit dem Titel Black Lagoon, kurzzeitig durch Leo Liebermann ersetzt – aber das Drehbuch war noch so schlecht, daß Universal das Projekt ablehnte. William Alland gab aber nicht auf und setzte Arthur Ross auf das Drehbuch an, der es schaffte die Geschichte richtig in Form zu bringen.
Ross bemerkte, daß die Idee des Kiemenmanns nichts weiter als eine Fortsetzung der traditionellen Monster aus den dreißiger und vierziger Jahren war, für die Universal berühmt geworden war. Tatsächlich verwandelte Ross das Drehbuch mehr oder weniger unbewußt in eine Unterwasser-Version von King Kong – Jahre später gab William Alland sogar zu, daß dies genau seine Absicht gewesen war. Während die oberflächliche Story wirklich sehr an den 1933 gedrehten King Kong erinnert, ist das titelgebende Monster ein hundertprozentiges Original, das weder in der Literatur noch auf der Leinwand zuvor sein Unwesen getrieben hatte.
Es war aber wieder Harry Essex, der sich wie bei It came from Outer Space mit einer minimalen Bearbeitung des Scripts den alleinigen Drehbuch-Credit verschaffte, denn Universal war Arthur Ross’ sehr weit ausgearbeitete Version der Geschichte noch nicht genug, so daß sie einen “professionellen” Screenwriter auf den Plan rufen. Tatsächlich war es aber Ross, der die schwache Geschichte in einen packenden Horrorthriller verwandelte und praktisch alle einschlagenden neuen Ideen hatte.
Der zentrale Punkt von Arthur Ross Geschichte war, daß sich das Monster (nach King Kong-Vorbild) in die Freundin des Wissenschaftlers verguckt und sie entführt, angereichert mit etwas Krach im Forscherteam, von denen einer die Kreatur nur studieren, der andere aber kaltblütig um die Ecke bringen will. Eine weitere Besonderheit des Konzepts war, daß das Monster nicht völlig unsympathisch war - der Kiemen-Mann sollte das eigentliche Opfer der Geschichte sein und nur gewalttätig wird, wenn er angegriffen wird oder sein Revier verteidigt.
Als Regisseur suchte sich William Alland natürlich Jack Arnold aus, der den Produzenten mit seiner handwerklich soliden und originellen Inszenierung von It came from Outer Space begeistert hatte und auch für das Studo die beste Wahl war. Arnold hatte bewiesen, daß er sowohl mit Science-Fiction als auch dem 3D-Filmformat sehr gut umgehen konnte, aber für Alland hatte Jack Arnold noch einen weiteren Vorteil: der Regisseur verstand ganz genau, was sein Produzent von ihm erwartete – was zu dieser Zeit in Hollywood eigentlich eine Seltenheit war.
Universal hatte kurze Zeit überlegt Creature from the Black Lagoon, wie der Titel letztendlich hieß, in Farbe und 3D zu drehen, aber weil dies einen Aufpreis von mindestens 100.000 Dollar bedeutet hätte und man auf das 3D-Format nicht verzichten wollte, wurde nur in Schwarzweiß gedreht – nicht unbedingt eine künstlerische, sondern eine rein finanzielle Entscheidung. Außerdem brachte der Film noch ein weiteres Problem mit sich: eine nicht geringe Anzahl von Szenen sollte sich unter Wasser abspielen und bisher hatte noch niemand wasserdichte Gehäuse für eine 3D-Kamera-Vorrichtung gebaut, geschweige denn damit unter Wasser gefilmt. Es mußte also eine entsprechende technische Ausrüstung entwickelt werden, die auch noch kräftig aufs Budget schlug, wodurch an Farbfilm gar nicht mehr zu denken war.
Die Auswahl der Schauspieler war jedoch kein großes Problem – der erste Charakter, die gecastet wurde, war die weibliche Hauptrolle, weil diese den Studio-Chefs am allerwichtigsten war – schließlich mußte man dem Monster einen besonderen Anreiz geben. Ausgewählt wurde schließlich Julie Adams, die seit den frühen fünfziger Jahren bei Universal unter Vertrag stand und schon in mehr als zwanzig Filmen, hauptsächlich Western, mitgewirkt hatte, bevor sie die zweifelhafte Ehre hatte für einen Horrorfilm eingeteilt zu werden. Die junge Schauspielerin war davon nicht besonders begeistert, stellte aber dann doch fest daß sie nicht in einem drittklassigen B-Movie, sondern in einer sehr aufwendigen und anspruchsvollen Produktion gelandet war, in der sie weit mehr zu tun hatte als nur gut auszusehen und herzhaft zu schreien.
Für Julie Adams wurde zwar extra ein neuer, damals ziemlich gewagter neuer Badeanzug entworfen, aber ihre dunkle Haarfarbe bewahrte sie offenbar davor als typische blonde Scream Queen gecastet zu werden. Kay Lawrence, ihr Charakter, war weitaus intelligenter als so manche andere Horrorfilm-Nebenrolle und hatte genauso viel Dialog wie ihre männlichen Kollegen. Für den smarten Wissenschaftler David Reed wandte sich Jack Arnold wieder an Richard Carlson, der schon in It came from Outer Space eine ganz ähnliche Rolle gespielt hatte und die erste Wahl des Regisseurs war. Auch in Creature from the Black Lagoon schaffte Carlson es wieder, eine gewisse Seriösität auszustrahlen – was relativ ungewöhnlich war, denn bisher waren in den Universal-Horrorfilmen die Wissenschaftler immer die verrückten Bösewichte.
Wenn es einen Bösewicht in Creature from the Black Lagoon gibt, dann ist es nicht das Monster, sondern David Reeds Kollege Mark Williams, der ziemlich machohaft und deftig von Richard Denning gespielt wird. Seine Rolle ist mehr die des Großwildjägers als des Wissenschaftlers und damit ein perfekter Gegensatz zum rationalen Reed, denn Williams würde die Kreatur am liebsten abknallen und ihren Kopf über seinen Kamin hängen. Als humorvolle Abwechslung zu den ernsten Charakteren wurde der Schiffkapitän Lucas in die Geschichte integriert, der mit seinen schlauen Weisheiten und der typisch südländischen Verschlagenheit eine dringend benötigte Lockerheit in die Geschichte bringt. Gespielt wird Lucas von dem Hollywood-Veteranen Nestor Pavia, der trotz seiner spezialisierung auf südländische Charaktere eingeborener Kalifornier war und besonders lateinamerikanische Akzente perfekt nachahmen konnte.
Auf der Suche nach einem idealen Drehort für die schwarze Lagune stieß Produzent William Alland auf Wakulla Springs in Florida, ein wunderschönes Flußgebiet das seit Jahrzehnten im Privatbesitz und praktisch im Urzustand gebieben war. Die Touristenattraktion war besonders für ihr klares Wasser und die hervorragenden Tauchmöglichkeiten bekannt, es wurden sogar schon einige Filme dort zuvor gedreht. Wakulla Springs wurde aber nur für die Unterwasser- und Hintergrundaufnahmen des zweiten Drehstabs ausgesucht - die Dreharbeiten mit den Hauptdarstellern fanden dagegen ausschließlich in Kalifornien in den Universal-Studios und im Park Lake, einer Missisippi-Nachahmung in Universals Vergnügungspark, statt. Die Rita, das Boot auf dem die Forscher unterwegs sind, war ein echtes Boot das auf dem Park Lake fuhr, aber das Deck wurde auch im Studio für bequemere Innenaufnahmen nachgebaut.
Eine große Herausforderung war das Design des Monsters, das von Grund auf neu erschaffen werden mußte. Das Aussehen des Kiemenmanns wurde von der Zeichnerin Milicent Patrick entworfen, die als stille Mitarbeiterin in Universals Produktionsdesign-Abteilung arbeitete, aber selten namentlich anerkannt wurde. Dafür sorgte Universals Makeup-Chef Bud Westmore, der sich genauso wie Screenwriter Harry Essex gerne unverdienten Ruhm auf Kosten seiner Mitarbeiter verschaffte – er organisierte zwar seine Abteilung, war aber künstlerisch nur selten beteiligt. Die wirkliche Arbeit machten Milicent Patrick, Robert Hickman, Jack Kevan und Chris Mueller, die den Monster-Anzug gestalteten und herstellten – nicht nur ein Exemplar, sondern zwei, weil die Dreharbeiten gleichzeitig in Kalifornien und Florida stattfanden und die Kreatur zwei Darsteller hatte.
Als sich Jack Arnold und Kameramann Scotty Welbourne in Florida Wakulla Springs ansahen, wurden sie von einem jungen Studenten namens Ricou Browning herumgeführt, der gelegentlich auch Wasser-Shows in der Gegend produzierte und ein sehr guter Taucher war. Mit ihm machten sie auch die ersten Testaufnahmen, und einige Wochen später fragten sie ihn, ob er das Monster in den Unterwasser-Szenen spielen wollte. Ricou Browning sagte zu und begann damit eine äußerst erfolgreiche Film- und Fernsehkarriere, wurde aber trotz Protest nicht in den Credits genannt. Seine Arbeit unter Wasser war nicht leicht, denn der Monster-Anzug hatte keine Sauerstoff-Behälter und Browning mußte zum Luftholen einen Sauerstoff-Schlauch benutzen – zum Glück beherrschte er diese Technik als professioneller Taucher sehr gut.
Das Monster – von den Filmemachern liebevoll „The Beastie“ genannt – hatte in den Szenen, die in Kalifornien gerdeht wurden, jedoch einen anderen Darsteller. Wegen den parallel stattfindenden Dreharbeiten an der West- und Ostküste war schon von vorneherein geplant, einen zweiten Schauspieler für die Kreatur zu engagieren, den die Filmemacher mit dem fast zwei Meter großen Ben Chapman durch Zufall auch schnell fanden. Chapman, der bisher nur kleine Nebenrollen gespielt hatte bevor er für den Koreakrieg eingezogen wurde, war begeistert davon den Kiemenmann spielen zu können, obwohl ihm genauso wie Ricou Browning keinerlei namentliche Anerkennung zuteil wurde. Trotzem
Das schaurigste Monster kann seine Wirkung aber nur mit der entsprechenden musikalischen Untermalung richtig entfalten, aber bei Universal war es in den fünfziger Jahren nicht üblich namhafte Komponisten zu beschäftigen. Stattdessen hatte das Studion eine Menge von Musikschreibern unter Vertrag, die je nach Bedarf einzelnen Projekten zugewiesen wurden. Für Creature from the Black Lagoon wurden drei Komponisten beschäftigt: Herman Stein schrieb die Titelmusik, die berühmte dreinotige Creature-Fanfare und einige Hintergrundmusik, Henry Mancini war für die romantischeren Melodien zuständig und Hans Salter schrieb handfeste Horrormusik.
Universals Experiment, nach den großen Film-Monstern der dreißiger und vierziger Jahre noch eine ganz neue Figur ins Spiel zu bringen, war geglückt: die Fans hatten großen Spaß am Film, der mit einer großen Werbeaktion in den USA anlief. Die Kritiker waren zwar anfänglich nicht so begeistert, mußten aber auch zugeben daß es sich um einen der besseren Gruselfilme der fünfziger Jahre handelte, der mehr als nur billige Schockeffekte bot. Obwohl der Film zu seiner Premiere besonders wegen den plastischen Unterwasseraufnahmen begeisterte, ist Creature from the Black Lagoon auch in ganz normalem Schwarzweiß auch ziemlich beeindruckend und effektiv – auch fünfzig Jahre nach der Entstehung.
Die DVD
Als Universal 2004 in den USA begann die Legacy Collections der klassischen Horrorfilme herauszubringen, erschienen einige der DVDs auch in Deutschland, darunter eine Einzel-Version von Creature of the Black Lagoon alias Der Schrecken vom Amazonas. Obwohl die Extras von der amerikanischen DVD komplett übernommen wurden, ist die deutsche Ausgabe eine Enttäuschung, weil die Bildqualität um einiges schlechter als auf der US-DVD ist. Wenn man nicht auf die deutsche Fassung angewiesen ist, sollte man unbedingt auf die sehr preisgünstige amerikanische Legacy Collection ausweichen, die nicht nur den ersten Film in einer sehr viel besseren Qualität, sondern auch die beiden Fortsetzungen enthält.
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