Who is killing the Great Chefs of Europe?
Cover

30.4.2012 #540

von Guido Bibra

Titel Who is killing the Great Chefs of Europe? (Die Schlemmerorgie)
Studio Lorimar / Bavaria / Geria Productions (1978)
Hersteller EuroVideo (2012) EAN 4-009750-205211
DVD-Typ 9 (7,46 GB) Bitrate ø 6,57 max. 9,9
Laufzeit 93:42 Minuten Kapitel 19
Regionalcode 0 (USA/Kanada) Case Amaray I
Fernsehnorm NTSC
Bildformat 1.78:1 16:9 ja
Tonspuren Dolby Digital 2.0 Surround 192 kbit/s Englisch, Kommentar 1+2
Untertitel Englisch
Freigabe MPAA R
Extras • Making-Of (in englischer Sprache)

Der Film

Die Dessertspezialistin Natasha O'Brien (Jacqueline Bisset) ist ein Teil eines Teams von Köchen, das ein von Restaurantkritiker und Kochmagazin-Verleger Maximilan Vanderveer (Robert Morley) organisiertes Staatsdinner für die britische Königin zubereitet. Als Louis Kohner (Jean-Pierre Cassel), einer von Natashas Kollegen, mit dem sie nach dem erfolgreichen Dinner eine kleine Affaire beginnt, am Morgen danach ermordet in seinem eigenen Backofen aufgefunden wird, beginnt sich ein Verdacht zu formieren - will jemand die größten Meisterköche Europas um die Ecke bringen? Nataschas Ex-Mann Robby (George Segal), ein Fastfood-Unternehmer, beschließt seine ehemalige Angetraute zu beschützen und mit ihr gemeinsam herauszufinden, wer der Mörder sein konnte...

 


Filme über Kochkunst und Essen im Allgemeinen sind überraschend selten. Bis zum Anfang der neunziger Jahre, als sich Kochen langsam von einer Hausfrauen-Pflicht zu einem richtigen Hobby gewandelt hatte und auch komplizierte Rezepte für jedermann populär wurden, hatten sich nur wenige Filmemacher dem Thema ausführlich gewidmet. Mitte der sechziger Jahre hatte Louis de Funès mit The Grand Restaurant eine seiner gelungeneren Komödien gedreht, während Marco Ferreris Schocker Le Grande Bouffe mehr mit der Konsumierung anstatt der Vorbereitung des Essens zu tun hatte. Zehn Jahre nach seiner Rolle als Restaurantbesitzer war Louis de Funès in Claude Zidis bissiger Satire L'Aile ou La Cuisse als Restaurant-Kritiker unterwegs und warf dabei einen zynischen Blick auf die Fastfood-Industrie. Zur gleichen Zeit war aber in den USA und in Europa ein ähnlicher Film mit leichten Parallelen in Vorbereitung, der aber einem Genre angehörte, das erst noch erfunden werden mußte: der Gourmet-Krimikomödie.

Angefangen hatte die Idee mit einem Kriminalroman über eine Mordserie von europäischen Meisterköchen, die sich das Autoren-Ehepaar Nan und Ivan Lyons ausgedacht hatten. Ihr erfolgreiches literarisches Debüt Someone is killing the Great Chefs of Europe war 1976 erschienen und hatte schnell das Interesse von William Aldrich, dem Sohn von Regisseur Robert Aldrich erweckt. Ihm gefiel das Buch so gut, daß er die guten Beziehungen der familieneigenen Aldrich Company zu Lorimar Productions nutzte, um die Rechte zu kaufen. Lorimar war eigentlich auf Fernsehserien wie Dallas oder The Waltons spezialisiert, hatte sich aber hin und wieder auch an Kinoproduktionen beteiligt und zuvor schon mit den Aldrichs zusammengearbeitet. Um ein vernünftiges Budget zu ermöglichen, konnten William Aldrich und Lorimar genauso wie bei der 1977er Produktion von Robert Aldrichs Twilight's Last Gleaming wieder die deutsche Geria Productions und Bavaria Film gewinnen, die nicht nur die Hälfte des Budgets von etwa 7 Millionen Dollar übernahmen, sondern auch ihre Studios in München-Geiselgasteig zur Verfügung stellten.

Nan und Ivan Lyons hatten ursprünglich vorgehabt, aus ihrem Buch selbst ein Drehbuch zu machen, aber William Aldrich konnte sie davon überzeugen, diese schwierige Aufgabe einem Profi zu überlassen. Dafür hatte der Produzent auch gleich den richtigen Autor gefunden: Peter Stone, der 1963 mit Stanley Donens einzigartiger Kriminalkomödie Charade seinen ersten großen Erfolg hatte und sich danach mit ähnlichen Filmen wie Mirage oder Arabesque einen Namen gemacht hatte, aber mit z.B. The Taking of Pelham One Two Three auch im Thriller-Genre unterwegs war. Aldrich hatte ihn vor allem wegen seines besonderen Gespürs für humoristische Kriminalgeschichten ausgewählt und ließ ihn eine ersten Drehbuch-Adaption schreiben, mit der das nächste Mitglied des Filmteams angeworben werden sollte: der Regisseur.

Die einfachste Lösung aus der Produktion ein Familienunternehmen zu machen und Robert Aldrich den Film inszenieren zu lassen, kam aus zwei Gründen nicht in Frage: der Regisseur hatte erstens gerade keine Zeit und zweitens wollte er seinem Sohn bei seinem ersten ganz alleine produzierten Film das Feld überlassen. Auch ein Versuch, Alfred Hitchcock, den Master of Suspense und ein großer Gourmet, anzuwerben, schlug fehl - der Meisterregisseur hatte mit Family Plot seinen letzten Film 1976 gedreht und sein Agent war der Meinung, daß er spätestens in zwei Jahren wieder Zeit hätte. Tatsächlich war Hitchcocks gesundheitlicher Zustand nicht besonders gut und er konnte bis zu seinem Tod 1980 kein neues Filmprojekt mehr in Angriff nehmen. Leider war auch Stanley Donen, mit dem Peter Stone oft zusammengearbeitet hatte, nicht verfügbar, aber dann hatte William Aldrich doch noch Glück und fand einen idealen Regisseur für sein Projekt.

Es war der Kanadier Ted Kotcheff, der seine Karriere zuerst im kanadischen und dann im britischen Fernsehen begonnen hatte, aber seit Mitte der sechziger Jahren auch Kinofilme quer durch alle Genres inszeniert hatte. Sein letzter Film war die Komödie Fun with Dick and Jane mit George Segal und Jane Fonda in den Hauptrollen gewesen, die zuerst auch als Hauptdarsteller für Who is killing the Great Chefs of Europe? gehandelt wurden. Ted Kotcheff brachte aber außer seiner ausführlichen Expertise als Filmemacher noch eine ganz andere grundlegende Voraussetzung mit: seine Eltern besaßen ein Restaurant, in dem er als Jugendlicher oft mitgearbeitet hatte und so ganz profunde Kenntnisse von den Innereien einer Restaurant-Küche besaß. Deshalb war für Ted Kotcheff das unterliegende Gourmet-Thema besonders interessant und brachte ihn dazu, sofort in das Projekt einzusteigen.

Der Regisseur hatte mit George Segal und Jane Fonda auch gleich zwei hervorragend geeignete Hauptdarsteller mitgebracht, aber mit George Segal hatte nur einer von ihnen Zeit für Who is killing the Great Chefs of Europe - Jane Fonda war mit einer Vielzahl von anderen Projekten so stark eingebunden, daß sich kein Platz in ihrem Terminkalender fand. George Segal erwies sich mit seinem kernigen Humor aber als ideal für die Rolle des überschäumenden amerikanischen Fastfood-Vermarkters Robert Ross, denn obwohl er nie ein richtig großer Hollywoodstar geworden war, hatte er sich als solider Darsteller, dem auch lustige Rollen wie in The Hot Rock neben Robert Redford nicht fremd waren, einen Namen gemacht. Seine vorherigen beiden Filme waren Kotcheffs Komödie Fun with Dick and Jane und der etwas langweilige Katastrophen-Actionfilm Rollercoaster, aber er war auch in handfesten Thrillern wie The Terminal Man oder Russian Roulette zu sehen und hatte dabei eine ganz große Wandlungsfähigkeit bewiesen, die er in Ted Kotcheffs Film ebenfalls einsetzen konnte.

Für die weibliche Hauptrolle, die Dessert-Spezialistin Natasha O'Brien und Ross' Ex-Frau, konnten William Aldrich und Ted Kotcheff einen genauso großen Star wie Jane Fonda engagieren: die britische Schauspielerin Jacqueline Bisset, die mit dutzenden von Haupt- und Nebenrollen seit Mitte der sechziger Jahre zu einer Dauerpräsenz im englischsprachigen Kino geworden war und von vielen Filmemachern nicht nur wegen ihres wundervollen Aussehens, sondern auch wegen ihren schauspielerischen Fähigkeiten geschätzt wurde. Genauso wie ihr Kollege George Segal hatte auch sie in einer Vielzahl von verschiedenen Genres gespielt und war sowohl in Action-Thrillern, Komödien und Dramen gleichermaßen zu Hause. Who is killing the Great Chefs of Europe? gab ihr die Chance, ihre komödiantische Seite auszuspielen, ohne sich dabei zur völligen Ulknudel zu degradieren und konnte damit auf gelungene Weise in die Fußstapfen von Audrey Hepburn treten, die in Charade eine ganz ähnliche Rolle gespielt hatte.

Eine große Herausforderung wäre die Besetzung der Rolle des schwergewichtigen Restaurantkritikers Maximilian Vandeveer gewesen, wenn nicht Ted Kotcheff schon einen alten Bekannten im Sinn gehabt hätte: den britischen Schauspieler Robert Morley, der sich mit Ende sechzig schon fast aufs Altenteil zurückgezogen hatte, aber nach seiner über vierzig Jahre andauernden Karriere immer noch gelegentlich vor die Kamera trat - unter anderem auch in einer enorm populären Reihe von Werbespots für British Airways, die Ted Kotcheff inszeniert hatte. Max Vandeveer war ganz auf Robert Morleys Linie, denn pompöse, hochnäsige britische Snobs waren schon immer seine ganz besondere Spezialität gewesen und mit seinem Auftritt in Who is killing the Great Chefs of Europe? hatte er sich selbst übertroffen. Es steckte sogar mehr als nur eine lustige Figur in seinem Charakter, der einen leichten tragikomischen Unterton hatte und von Robert Morley wundervoll hintergründig dargestellt wurde. Charles Laughton oder Zero Mostel hätten diese Rolle nicht besser spielen können.

Ein besonderer Clou von Who is killing the Great Chefs of Europe war die Besetzung der um die Ecke zu bringenden Meisterköche. Die Filmemacher hatten sich nicht Lumpen lassen und für ihr Rezept nur die allerbesten Zutaten ausgesucht, denn ein großer Teil der eigentlich fast Cameo-artigen Nebenrollen wurde mit namhaften französischen und italienischen Schauspielern besetzt. In den etwas größeren Rollen sind Jean-Pierre Cassell als der quirlige Louis Kohner, Stefano Satta Flores als amouröser Fausto Zoppi und Phillipe Noiret als fatalistischer Moulineau zu sehen, während Jean Rochefort als nervöser und kulinarisch eifersüchtiger Auguste Grandvilliers wie ein Geier durch die Handlung schleicht. In der kurzen Versammlung der französischen Meisterköche waren unter anderem Jacques Marin, der nicht nur durch Charade, sondern auch viele andere englischsprachige Filme enorm geworden war, der chlienische Schauspieler Daniel Emilfork mit seinem unverkennbaren Gesicht sowie Jean Parédès und Jacques Balutin zu sehen, die zusammen eine wundervolle Szene voll mit explosiver kulinarischer Rivalität bestritten.

Natürlich waren auch die vielen kleineren Nebenrollen der überdurchschnittlich großen Besetzung mit einem besonderen Gespür für feine Details besetzt wurden. Als Maximilians leidgeprüfte Sekretärein Beecham ist die unerschütterliche Madge Ryan zu sehen, die zusammen mit Robert Morley nicht nur ein wenig an Charles Laughton und Elsa Lanchester in Witness for the Prosecution erinnert. Frank Windsor, der in den sechziger Jahren in der BBC-Krimiserie Softly Softly fünf Jahre lang den Chefinspektor John Watt gespielt hatte, war als wundervoll britischer Inspektor Blodgett ganz in seinem Element, nahm seine Rolle aber nicht ganz so ernst. In einer leider viel zu kleinen Rolle ist außerdem Joss Ackland als sarkastischer Chefkoch der britischen Queen zu sehen, der unvergleichliche John Le Mesurier hat einen kleinen Auftritt als Maximilians Arzt und sogar Peter Sallis, die Stimme des menschlichen Mitglieds von Aardmans Wallace & Gromit hat einen Mini-Auftritt als Fernsehproduzent St. Claire.

Peter Stone hatte zwar im Auftrag der Produzenten zuerst eine frühe Version des Drehbuchs alleine geschrieben, aber als Ted Kotcheff als Regisseur mit ins Team kam, hatte sich der Regisseur mit an der Adaption beteiligt und hatte vor allen Dingen einen großen Wunsch: Who is killing the Great Chefs of Europe sollte wie Charade eine locker-leichte Krimi-Komödie mit einer großen Portion schwarzem Humor werden und auch an die Screwball-Komödien der dreißiger und vierziger Jahre erinnern. Gerade das war eine der größten Spezialitäten von Peter Stone und so war der Drehbuch-Autor ganz in seinem Element: eine Handlung mit viel Spannung, an der Alfred Hitchcock seine Freude gehabt hätte, viele verspielte und kreative Charaktere und jede Menge rasanter und spritziger Dialoge. Die nicht nur von Hitchcock erprobte Mischung hätte leicht aus dem Ruder laufen können, aber Stone und Kotcheff hielten Humor und Drama in einer genau kalkulierten Balance und hatten gerade damit besonders großen Erfolg.

Ted Kotcheff war zwar kein Meisterkoch, aber mit seinen Kenntnissen über die Restaurant-Branche war er bestens geeignet, Who is killing the Great Chefs of Europe so realistisch wie nur möglich zu inszenieren. Nan und Ivan Lyons hatten ihre Romanvorlage, ganz ähnlich wie Johannes Mario Simmel in Es muß nicht immer Kaviar sein, mit detaillierten Kochrezepten ausgestattet und es ging kein Weg daran vorbei, diese Gerichte so exzellent wie nur möglich zuzubereiten - das hieß, es mußte wirklich gekocht werden. Ted Kotcheff hatte sich daher an den französischen Starkoch Paul Bocuse gewandt, um die kulinarischen Kreationen nicht nur zu kochen, sondern auch zu gestalten. Gerade diese Zusammenarbeit verhalf dem Film zu einer buchstäblich leckeren Atmosphäre, denn Bocuses Gerichte wurden nicht nur hinter den Kulissen, sondern teilweise auch vor der Kamera zubereitet, was insbesonders bei der Bombe Richelieu, der im Plot eine wichtige Rolle spielenden Eisbombe, sehr faszinierend anzusehen war.

Als Konsequenz aus der ganz realistischen Bekochung des Films wurden auch die Drehorte entsprechend ausgewählt. Während zwar die Bavaria-Studios in München-Geiselgasteig als Basis dienten und eine ganze Menge opulenter Kulissen von dem deutschen Produktionsdesigner Rudolf Zehetbauer dort aufgebaut wurden, kamen als Schauplatz für einen großen Teil des Films nur die Originalschauplätze in Frage. So ging das Filmteam auf Reisen und konnte in London, Venedig und Paris nicht nur ausführliche Außenaufnahmen drehen, sondern erhielt Dank der Unterstützung von Paul Bocuse und den Gorumet-Ruf von Ted Kotcheff auch Zugang zu vielen berühmten und hoch ausgezeichneten Restaurants.

Dort wurde nicht nur in den Speiseräumen gedreht, sondern dort, wo es möglich war, auch in den Küchen. Als Nebendarsteller agierten dort keine Schauspieler, sondern meist die Küche des Restaurants und der Küchenbetrieb fand wirklich statt und wurde nicht nur simuliert oder künstlich choreographiert. So haben gerade die Szenen in den Küchen eine ganz besondere Realität, bei der kein Zweifel besteht, daß dort gerade wirklich gekocht und nicht nur so getan wurde. Kameramann John Alcott, der vor allem durch seine Zusammenarbeit mit Stanley Kubrick einen guten Ruf gemacht hatte, verzichtete oft auf künstliche Beleuchtung und konnte so eine besonders warmes und gemütliches Aussehen erreichen, das die tatsächlichen Atmosphären der Restaurants bemerkenswert gut wiedergab. Weil im Herbst gedreht wurde, konnte Alcott außerdem die Außenaufnahmen in London, Paris und Venedig auf eine ganz besondere Art in Szene setzen - so wird Venedig einmal nicht in strahlenden Sonnenschein präsentiert, sondern in einem stimmungsvollen, fast schon unheilvollen Nebel.

Das Sahnehäubchen auf Who is killing the Great Chefs of Europe war die Musik, für die die Filmemacher Henry Mancini engagieren konnten. Mancini hatte nicht nur als Lieblingskomponist von Blake Edwards das Pink Panther-Thema geschrieben, sondern war auch für viele andere unvergessliche Filmmusiken und Songs verantwortlich - unter anderem auch für Stanley Donens Charade, dessen Parallelen zu Who is killing the Great Chefs of Europe die Filmemacher wahrscheinlich auf Mancini gebracht hatten. Der Komponist konnte seine große Vielseitigkeit unter Beweis stellen, indem er sein größtes Markenzeichen, den eleganten Jazz mit dem Stil der klassischen Tafelmusik aus dem siebzehnten Jahrhundert kombinierte. Wundervoll melodiöse Themen mit Ohrwurmqualitäten, aber auch enorm spannende und manchmal fast schon mysteriös-gruselige Hintergrundmusik welchselten sich in einer von Mancinis besten und kreativsten Kompositionen der siebziger Jahre nahtlos ab.

Who is killing the Great Chefs of Europe? war zwar schon Ende 1977 gedreht worden, aber die Filmemacher hatten sich mit dem Schnitt und der Postproduktion ausführlich Zeit gelassen und bis noch weltweite Vertriebe gefunden waren, verging noch fast ein Jahr. Die Weltpremiere fand ganz stilecht in Paris statt, aber bis zu den Filmfestspielen von Cannes im Mai 1978 war der Film nicht mehr fertig geworden und wurde stattdessen im September des Jahres unter dem Titel La Grande Cuisine gezeigt. Kurz danach folgte die kanadische Premiere auf dem Toronto Film Festival und in den USA und in England kam der Film Anfang Oktober in die Kinos. Der britische Verleih fand den Titel aber zu unhandlich und benannte Who is killing the Great Chefs of Europe? kurzerhand in Too Many Chefs um. In Deutschland war der Film erst im Frühjahr 1979 unter dem Titel Die Schlemmerorgie mit einer sehr bemühten und viel zu albernen Synchronfassung in die Kinos.

Die Reaktionen auf Who is killing the Great Chefs of Europe? waren gemischt und ein richtig großer Erfolg konnte der Film nie werden. Kritiker hatten abwechselnd einen zu komplizierten oder zu vorhersagbaren Plot bemängelt, aber zumindest die engagierte Schauspieler und die opulente Ausstattung gelobt. Obwohl es sich um eine amerikanisch-deutsche Produktion handelte, war der Humor mehr trocken und britisch, weshalb die europäischen Kritiker viel zufriedener mit Who is killing the Great Chefs of Europe? waren als ihre amerikanischen Kollegen.

Im Laufe der Jahres hatte sich der Film aber zu einem richtigen Geheimtip unter Filmkennern entwickelt, der durch eine sehr frühe amerikanische Fernsehpremiere im Jahr 1981 später noch begünstigt wurde. In den achtziger und neunziger Jahren war der Film zu einen regelrechten Dauerbrenner im Fernsehen geworden und hatte gerade dadurch einen enorm hohen Bekanntheitsgrad erreicht, der Ted Kotcheff den besonderen Ruf des Gourmet-Filmemachers eingebracht hatte. Über drei Jahrzehnte nach der Entstehung bleibt Who is killing the Great Chefs of Europe? aber genau das, was dem Regisseur im Herzen lag: eine brillainter Murder-Whodunit im Feinschmecker-Milieu, der sich vor seinen Vorbildern wie Alfred Hitchcock und Stanley Donen nicht verstecken zu braucht.

Die DVD

Who is killing the Great Chefs of Europe? war lange Zeit überhaupt nicht als DVD zu kriegen, bis der amerikanische Rechteinhaber Warner den Film 2009 in den USA herausgebracht hatte - allerdings nur als DVD-R im Rahmen des Archive-Programms. Das es besser geht, hat drei Jahre später exklusiv in Deutschland EuroVideo gezeigt, die im Frühjahr 2012 eine im Vorjahr von Mitproduzent Bavaria neu abgetastete und restaurierte Fassung hierzulande veröffentlicht haben und dabei sogar ein ganz besonderes Extra zu bieten haben.

Ausnahmsweise ist deshalb einmal die deutsche DVD eines Films die weltweit beste Fassung, denn die hier rezensierte EuroVideo-Veröffentlichung von Who is killing the Great Chefs of Europe? unter dem Titel Die Schlemmerorgie ist wirklich gut gelungen. Zwar hat der Transfer durch eine übereifrige Nachbearbeitung ein etwas zu glattes Bild, sieht aber immer noch besser aus als die früheren TV-Fassungen und die US-DVD. Die wundervolle einstündige Interview-Dokumentation mit dem Regisseur macht aber die leichten technischen Defizite wieder wett, so daß diese DVD sehr empfehlenswert bleibt, auch wenn das einfallslose und primitive Coverdesign abschreckend wirkt. Auf eine HD-Auswerdung hatte EuroVideo aber offenbar wegen des schwierigen Quellmaterials verzichtet.

Cover

Cover

Bild

Who is killing the Great Chefs of Europe? war schon im Jahr 2011 im Auftrag von Bavaria Media von der Berliner Firma CinePostproduktion neu abgetastet und digital restauriert worden. Das Ergebnis ist ganz ausgezeichnet, hat aber trotzdem ein paar Einschränkungen, die durch eine etwas zu eifrige Nachbearbeitung entstanden sind.

Der neue Transfer des Films, der früher nie wirklich gut ausgesehen hat, ist technisch sehr gut gelungen. Die Filmvorlage wurde sehr gründlich digital gereinigt und stabilisiert, denn es sind keinerlei Verschmutzungen oder Beschädigungen zu sehen und auch der Bildstand ist absolut ruhig. Lediglich ein ganz leichtes Flackern läßt gelegentlich noch Schäden am Filmmaterial erkennen, was sich aber nicht wirklich unangenehm bemerkbar macht. Das einzige wirklich große Problem des Transfers ist der sehr starke Rauschfilter, mit dem die Körnigkeit der Filmvorlage fast komplett entfernt und damit das Bild unnötig glattgebügelt wurde.

Als Konsequenz der starken Filterung ist die Schärfe auch nicht wirklich beeindruckend und nutzt noch nicht einmal die DVD-Auflösung richtig aus. Allerdings wurde auch auf einen zusätzlichen Schärfefilter verzichtet, wodurch das Bild immerhin noch ein einigermaßen natürlichen und nicht völlig digitalen Eindruck macht. Das Farbtiming ist recht gut gelungen, neigt aber in manchen Szenen zu deutlichen Pastell- und Bonbon-Tönen, die noch Artefakte von verblaßtem Filmmaterial zu sein scheinen, aber insgesamt nicht allzu unangenehm auffallen, da Helligkeit und Kontrast ordentlich ausbalanciert wurden.

Bei der Überarbeitung wurden leider Vor- und Abspann durch digital neu erstellte Versionen ersetzt, die aber, wie man in einem Vergleich mit einer alten TV-Aufnahme sieht, grafisch extrem originalgetreu aussehen, jedoch auf dieser DVD nur in deutscher Sprache zu sehen sind. Offenbar wurden während der Restauration mehrsprachige Versionen erstellt - eine englische Fassung ist kurz im Making-Of sichtbar, wurde im Hauptfilm aber nicht verwendet. Da es sich um eine deutsche Co-Produktion handelt, kann man dabei aber ruhig ein Auge zudrücken und sich nicht zu sehr darüber ärgern.

Wenn man von der starken Filterung absieht, ist dies ein bemerkenswert gelungener Transfer, der aber in HD-Auflösung wegen des extreme Rauschfilters eine viel größere Enttäuschung als auf dieser DVD sein dürfte - vermutlich wurde deswegen von Eurovideo auch keine Blu-Ray des Films veröffentlicht.

Ton

Leider war Who is killing the Great Chefs of Europe? 1978, als sich so langsam der analoge Mehrkanal-Lichtton durchzusetzen begann, noch in Mono produziert worden. Die deutsche DVD enthält sowohl die englische Originalfassung als auch die deutsche Synchronisation in den ursprünglichen Mono-Abmischungen - ein 5.1-Upmix wurde erst gar nicht versucht, dafür wurden die Tonspuren aber sehr gut überarbeitet.

Die englische Tonspur kann mit einem soliden Klang aufwarten, der darauf schließen läßt, daß eine gut erhaltene Magnettonspur als Quelle zur Verfügung gestanden hatte. Ordentliche Bässe und überraschend gute Höhen lassen den Ton nicht im mindesten muffig oder blechern klingen, was besonders Henry Mancinis Musik besonders zu Gute kommt. Die Stimmen sind einwandfrei verständlich - der Ton ist allerdings so gut, daß sich manchmal bei den Dialogen in einer Szene leichte Qualitätsunterschiede bemerkbar machen, weil einiges direkt auf dem Set aufgenommen und anderes im Tonstudio nachsynchronisiert wurde. Rauschen, Knistern oder Kratzen sind allerdings überhaupt nicht zu hören, allerdings macht der Ton auch keinen überfilterten Eindruck und klingt sehr natürlich.

Die deutsche Fassung ist etwas leiser und hat keinen ganz so ausgeprägten Baß wie die englische Originalversion, hat aber trotzdem einen fast genausoguten Klang. Die Stimmen haben jedoch eine so starke Tonstudioatmosphäre und klingen so steril, daß der Verdacht aufkommen könnte, daß es sich um eine Neusynchronisation handelt, aber tatsächlich ist es die ursprüngliche Version von 1978.

Untertitel wurden, typisch für Eurovideo, bei dieser DVD leider komplett eingespart.

Bonusmaterial

Eigentlich hätte man bei dieser DVD kaum Bonusmaterial erwarten können und auch die Cover-Auflistung von "Making-Of (in englischer Sprache)" ist nicht besonders vielversprechend, aber in den einfach gestalteten Menüs befindet sich doch ein ganz essentielles Extra, das alles andere praktisch überflüssig macht.

Ted Kotcheff's Gourmet Cinema: The Making of "Who is killing the Great Chefs of Europe" (59:36) war 2011 von Robert Fischer, dem Münchener Dokumentarfilmer von Fiction Factory im Auftrag der Bavaria produziert worden und ist gleichermaßen ein Making-Of, eine Dokumentation und ein Interview mit dem Regisseur. Ted Kotcheff erzählt eine knappe Stunde lang mit viel ehrlichem Enthusiasmus und einer Menge Humor nicht nur von der Entstehung des Films, sondern auch von seinen eigenen Hintergründen und seiner Karriere, so daß man seine Begeisterung richtig teilen kann. Aufgelockert wird das Interview mit einem gelungenen Schnitt, der nur wenig Gebrauch von Filmclips macht, aber eine ganze Menge wundervolle Fotografien von den Dreharbeiten verwendet.

Cover

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