Chicken Run
Cover

27.02.2006 #367

Titel Chicken Run (Hennen Rennen)
Studio Dreamworks / Aardman / Pathé (2000)
Hersteller BMG Video (2001)
DVD-Typ 9+5 (5,78 & 4,31 GB) Bitrate ø 8,96 max. 9,9
Laufzeit 81 Minuten Kapitel 24
Regionalcode 2 (Deutschland) Case Superjewel
Fernsehnorm PAL
Bildformat 1.85:1 16:9 yes
Tonspuren Dolby Digital 5.1 Surround Englisch, Deutsch, Musik/Geräusche 5.1 Surround Kommentar Dolby Digital 6.1 Surround ES 754,5 kbit/s Englisch, Deutsch
Untertitel Englisch, Deutsch
Freigabe FSK 6
Extras • Audiokommentar
• Making Of Chicken Run
• Hatching of Chicken Run
• Produktions-Featurettes
• "Hinter den Kulissen"-Beiträge
• Trailer und TV-Spots
• Statements und Biographien von Cast & Crew
• Lustiges Chicken Run Quiz

Der Film

Ginger, Babs, Bunty und ihre Freundinnen sind Insassen einer düsteren englischen Hühnerfarm. Ihr Job ist die Eierproduktion, eine ungenügende Legequote wird mit dem Kochtopf bestraft – die einzige Waffe, die das wehrlose Federvieh besitzt, ist die Flucht. Zahlreiche Ausbruchsversuche scheitern und Ginger landet ständig in Einzelhaft – bis ein fliegender Hahn namens Rocky in der Farm abstürzt und den Hennen neue Hoffnung auf eine Flucht durch die Luft macht...

 


Das englische Stopmotion-Trickstudio Aardman Animation feierte in den achtziger und neunziger Jahren große Erfolge mit detailreichen Kurzfilmen, von denen Nick Parks drei Wallace & Gromit-Abenteuer wohl die bekanntesten sind. Nachdem Aardman drei Oscars gewonnen hatte, begannen sich viele Hollywood-Giganten für die erstaunlichen Knetfiguren-Spezialisten aus Bristol zu interessieren, und beinahe hätte Disney das Studio sogar aufgekauft - schließlich kam es aber doch viel besser für Aardman.

Rettung durch die Traumfabrik

Die lang erwartete finanzielle Unterstütung, ohne die Aardman nie einen abendfüllenden Spielfilm produzieren könnte, kam aus einer unerwarteten Richtung. Nachdem Verhandlungen mit vielen anderen Hollywood-Giganten meist daran scheiterten, daß die Konzerne zuviel Kontrolle ausüben wollten, wurden die Aardman-Leute 1996 nach der US-Premiere des dritten Wallace & Gromit-Films A Close Shave auf dem Sundance Filmfestival überraschenderweise von Jeffrey Katzenberg zu einem Gespräch eingeladen. Der Chef der Trickfilm-Abteilung des neuen und unabhängigen Studios Dreamworks, an dem auch Steven Spielberg und David Geffen beteiligt waren, hatte großes Interesse an den Fähigkeiten von Aardman und akzeptierte gleichzeitig die Unahängigkeit des relativ kleinen englischen Studios.

Dreamworks und Aardman schmiedeten schließlich einen gemeinsamen Pakt, der die Zufriedenheit beider Beteiligter in den Vordergrund stellte - Jeffrey Katzenberg legte großen Wert darauf, daß Aardman in kreativen Sachen weitgehend unabhängig blieb. Dreamworks sollte nur als Geldgeber, Mitproduzent und Vertrieb agieren und den Knetfiguren-Experten aus Bristol soviel Freiheiten wie möglich lassen - etwas, was sich ein anderes Studio nicht hätte bieten lassen. Jeffrey Katzenberg, der Leiter der Trickfilm-Abteilung von Dreamworks, setzte aber volles Vertrauen in Aardman und machte dem Studio nicht allzuviele Vorschriften. Auch die Idee für das erste gemeinsame Projekt kam alleine von Aardman.

Die Hühner sind los

Natürlich war man darauf bedacht, mit dem weiterzumachen was den meisten Erfolg gebracht hatte, aber bei Aardman war man der Meinung daß die Zeit noch nicht reif war Wallace und Gromit auf die große Leinwand zu bringen. Stattdessen brachten Nick Park und Peter Lord eine völlig neue Idee ins Spiel, die sie schon einige Zeit in der Schreibtischschublade liegen hatten: einen Ausbruchsfilm nach der Art von The Great Escape, nur mit Hennen anstatt mit Menschen als Hauptdarsteller. Jeffrey Katzenberg gefiel die Idee sehr gut, aber Steven Spielberg, der selbst eine kleiner Hühnerfarm besaß, war vollends begeistert.

Statt Wallace & Gromit sollte nun der erste Aardman-Kinofilm Chicken Run heißen und bekam von Dreamworks und dem englischen Partner Pathé ein großzügiges Budget von über vierzig Millionen Dollar zur Verfügung gestellt - nicht ganz soviel, wie Dreamworks den eigenen Zeichentrickfilmen spendiert hatte, aber für Aardman doch mehr als genug. Diese enormen finanziellen Mittel waren natürlich nicht nur alleine für die Stopmotion-Produktion da, sondern sollten auch garantieren daß gute Schauspieler für die Stimmen der Charaktere engagiert werden konnten.

Das Buch der Federn

Die Story des Films wurde von Nick Park und Peter Lord erdacht, die Ausarbeitung des kompletten Drehbuchs überließen sie aber einem Profi-Autor. Karey Kirkpatrick wurde wahrscheinlich von Dreamworks vorgeschlagen und war als Amerikaner sicher nicht die erste Wahl von Aardman, hatte aber immerhin schon mit James and the Giant Peach einmal ein Drehbuch für einen Stopmotion-Trickfilm geschrieben. Die befürchteten anglo-amerikanischen Kulturdifferenzen traten erst gar nicht ein, denn Karey Kirkpatrick erwies sich als richtiger Aardman-Kenner und wußte zum Glück genau, wie man mit britischem Humor umgeht.

Die grundlegende Idee, eine Mischung aus Gefangenenlager-Ausbruchsfilmen wie The Great Escape oder Stalag 17 mit Knetfiguren-Hennen umzusetzen wurde gut durchdacht sehr detailreich ausgearbeitet. Es sollte keine platte Satire oder Parodie werden, sondern eine mehr oder weniger ernst gemeinte Hommage, die ihre Ursprünge respektieren und nicht veralbern sollte. Vom Drehbuch aus sollte die Geschichte außerdem als ganz normaler Realfilm behandelt werden - das bedeutete richtige Charakterisierungen, viel Dialog und einer spannenden Story. Die simple Geschichte wurde zu einem originellen Ausbruchs-Abenteuer umfunktioniert und mit zahlreichen Überraschungen und Wendungen ausgestattet - ein weites Stück entfernt von den dagegen vergleichsweise simplen Drehbüchern der Wallace & Gromit-Kurzfilme.

Hühner mit Charakter

Bei der Besetzung der Stimmen bestand Dreamworks natürlich auf große Hollywood-Stars, um den Film den amerikanischen Zuschauern attraktiver zu machen, aber Aardman wollte natürlich auf englische Schauspieler setzen. Schließlich ergab sich durch das Drehbuch aber ein fairer Kompromiß, denn der Film spielte natürlich in England, hatte aber mit Rocky, dem fliegenden Hahn, einen Amerikaner mit an Bord, den man auch entsprechend besetzen konnte. Ironischerweise wurde nach langer Suche schließlich ausgerechnet jemand ausgesucht, der zwar in den USA geboren war, aber in Australien aufwuchs.

Das Rennen machte Mel Gibson, für den Dreamworks und Aardman vergleichsweise günstige eine Million englische Pfund lockermachten - eine Summe, für die ein Star wie er normalerweise keinen Finger rühren würde. Angeblich waren es Gibsons Kinder, die ihn als große Fans von Wallace und Gromit überzeugen konnten, aber wahrscheinlich war der Schauspieler selbst, der auch von der Idee begeistert war. Allerdings nahm Mel Gibson seinen Dialog komplett in Los Angeles auf, weil er keine Zeit hatte extra zu Aardman nach Bristol zu fliegen. Wirklich ungewöhnlich war dies nicht, denn üblicherweise stehen bei Trickfilm-Produktionen die Schauspieler sowieso nur selten gemeinsam im Studio.

Rocky ist allerdings trotz der prominenten Besetzung nicht der alleinige Hauptcharakter in Chicken Run, sondern teilt sich diese Position mit Ginger, der Anführerin der Hennenclique. Für deren Stimme suchten Nick Park und Peter Lord eine Schauspielerin mit einer typisch britischen Durchschnittsstimme, fanden dann mit Julia Sawalha jemandem mit genau dem richtigen bestimmenden, aber trotzdem freundlichen und sympathischen Tonfall. Julia Sawalha und Mel Gibson standen zwar nie zusammen im Tonstudio, aber ihre Konversationen wirken durch geschickte Technik genau so als ob sie bei den Dialogaufnahmen nebeneinander standen. Obwohl ihre Charaktere nur Knetfiguren sind, schaffen es Julia Sawalha und Mel Gibson sie zu richtigen lebendigen Persönlichkeiten zu machen.

Those English Chicks

Die weiteren Nebenrollen wurden ausschließlich mit englischen Schauspielern besetzt und sind nicht nur unwichtiges Beiwerk, sondern voll entwickelte Charaktere, von denen jeder seine ganz individuelle Note hat. Von den vielen Hühnern die die Farm bevölkern stehen aber nu vier wirklich im Vordergrund: Babs, Bunty und Mac sind drei von Gingers "Kolleginnen" und liebevolle Parodien auf die englische Durchschnittsbevölkerung. Babs, gesprochen von Jane Horrocks, genaus wie Julie Sawalha den meisten Engländern aus der Sitcom Absolutely Fabulous bekannt, ist naiv, weltfremd und ein bißchen dumm, während Bunty, mit der Stimme von Imelda Staunton, resolut, aber sehr konservativ ist. Mac ist die schottische Henne des Vereins und ist als technisches Genie das, was man im allgemeinen als Geek bezeichnen würde. Den passenden Akzent hat sie von Lynn Ferguson, die als eingeborene Schottin gar nicht groß dazu übertreiben mußte.

Das letzte Federvieh in der Besetzungsliste ist Fowler, der alternde Hahn der Farm, der sich wie ein leicht übergeschnappter General benimmt und einen deutlichen Militär-Tick hat. Benjamin Withrow brüllt als Stimme von Fowler nicht nur einfach herum, sondern schafft es aus dem Hahn eine wunderbare Parodie auf die Kommandanten der Filmgeschichte zu machen und ist wahrscheinlich der einzige Schauspieler, der ein "Cock-a-doodle-doo!" mit einem "What, what!" überzeugend abschließen kann.

Von Ratten und Menschen

Die beiden Ratten Nick und Fetcher sind eine kleine Hommage an Laurel und Hardy, aber die beiden Einzelhandel-Experten, die die Hennen mit Werkzeug und anderen nützlichen und unnützlichen Sachen beliefern, beziehen ihren Humor nicht in erster Linie aus dem Slapstick, sondern aus den witzigen Dialogen. Die beiden Nagetiere werden von Timothy Spall und Phil Daniels in bester Standup-Comedy-Manier gesprochen und sind nicht nur für den Spaßfaktor dabei, sondern spielen auch im Plot des Films eine kleine, aber wichtige Rolle.

In manchen Trickfilmen in denen Tiere die Hauptprotagonisten sind, kommen Menschen oft nur am Rand vor, aber in Chicken Run sind sie ein wichtiger Bestandteil der Geschichte - die Inhaber der Hühnerfarm sind hier die gefürchteten Lagerkommandanten, die auch vor kaltblütigen Mord nicht zurückschrecken. In Chicken Run treten sie in der etwas ungewöhnlichen Form von Mr. und Mrs. Tweedy auf, einer Henkerin und ihrem paranoiden Assistent. Während Mrs. Tweedy das personifizierte Böse ist, kann einem ihr Mann fast schon wieder leid tun. Miranda Richardson und Tony Haygarth sind die Stimmen des hühnerquälenden Duos und bringen genau den richtigen bösen Unterton in den Film.

Der Bau des Hühner-Imperiums

Nach einer knapp zweijährigen Vorbereitungsphase, in der der gesamte Film unzählige Male auf Storyboards gezeichnet wurde und das Drehbuch viele Verwandlungen durchmachte, fiel schließlich Ende 1998 in den Aardman-Studios in Bristol die erste Klappe für Chicken Run - die zahlreichen Sets des Films waren so groß, daß zu den eigentlichen Studioräumen noch ein zweites Gebäude angemietet werden mußte.

Die Modelle, Figuren und Kulissen wurden wie bei Aardman üblich in mühsamer Handarbeit gefertigt. Die Hühner sehen natürlich alles andere als realistisch aus, weil sie in dem unnachahmlichen Aardman-Knetfiguren-Stil gestaltet wurden. Als Vorbild dienten die Hühner, die in Nick Parks Creature Comforts bereits kurz zu sehen waren, aber noch etwas verändert wurden - so wurden die Köpfe von den menschlichen Aardman-Figuren fast unverändert übernommen und lediglich mit Schnäbeln ergänzt.

Weil im Grunde genommen alle Knetfiguren auf dem gleichen Grunddesign basieren, wurden den Hauptcharakteren einige unverwechselbare Merkmale verpaßt. Jede Henne bekam einen ganz bestimmten Farbton, indem verschiedenfarbige Knete in einem industriellen Kaugummi-Mixer gemischt wurde - eine bei Aardman altbewährten Verfahren, daß schon seit langem zum Einsatz kam. Die Hühner-Figuren für Chicken Run bestanden jedoch nur an den Köpfen und Armen aus Knete, die unbeweglichen Torsos wurden aus latexüberzogenem Silikon hergestellt. Um die Übergänge zwischen Rumpf, Armen und Kopf zu verstecken bekamen die Figuren einen für jeden Charakter individuell gestalteten Federsaum und ein Halstuch oder einen Schal umgehängt.

Obwohl sich fast der ganze Film auf der Hühnerfarm abspielt, gab es eine ganze Menge verschiedene Sets - von der großen Hauptkulisse für die "Außenaufnahmen" über das Innere der Hühnerställe bis zum aus der Tweedys und der großen maschine ist der Film voll mit Szenerien, die oftrealer aussehen als die Knetfiguren, die die Sets bevölkern. Die Sets wurden mit sehr viel Liebe zum Detail gestaltet und sind voll von kleinen und großen Anspielungen, von denen man die meisten nur bei ganz genauer Betrachtung entdecken kann.

Poultry in Motion

Die Stopmption-Animation ist hervorragend gelungen, was für Aardman natürlich kein Kunststück ist, denn nach fast dreißig Jahren Erfahrung ist die Tricktechnik absolut perfekt geworden. Den besonderen Charme der Stopmotion-Technik ist dabei aber nicht verloren gegangen, denn auf digitale Unterstützung wurde weitgehend verzichtet. CGI-Technik kam nur in einer handvoll Szenen ergänzend zum Einsatz, der Film wurde ansonsten Bild für Bild in buchstäblicher Handarbeit gedreht.

Trotz der aufwendigen und arbeitsintensiven Stopmotion-Technik wurde die Story des Films nicht außer Acht gelassen, denn die Aardman-Animatoren sind nicht nur technisch brilliant, sondern auch hervorragende Geschichtenerzähler, die ihr Können im Rahmen eines Kinofilms nun viel besser einsetzen konnten als in einem halbstündigen Kurzfilm. Es bleibt genug Zeit um die Charaktere ausführlich vorzustellen und alleine im Vorspann wird die ganze Ausbruchs-Vorgeschichte erzählt, die schon ganz zu Anfang eine sehr hohe Erzähldichte deutlich macht. Für das was in den knappen 80 Minuten Netto-Laufzeit passiert, brauchen andere Filme zwei Stunden oder mehr.

Obwohl der Film durchaus den Eindruck machen kann, ist Chicken Run nicht in erster Linie ein Film für jüngere Zuschauer. Die mögen zwar an dem Federviel aus Knete auch ihren Spaß haben, aber wie die meisten Aardman- und Dreamworks-Filme funktioniert Chicken Run auf zwei verschiedenen Ebenen. Kinder werden sich einfach nur an den lustigen Hühnern aus Knete und der spannenden Geschichte erfreuen, während ältere Zuschauer die vielen Anspielungen zu schätzen wissen werden - allerdings muß man schon einige filmhistorische Kenntnisse haben um wirklich alles zu verstehen, zumindest The Great Escape sollte man schon gesehen haben.

Musik fürs Federvieh

Nick Park und Peter Lord wollten für die Filmmusik von Chicken Run eigentlich Julian Nott engagieren, der schon für die drei Wallace & Gromit-Kurzfilme komponiert hatte und damit ein alter Bekannter von Aardman war. Nott stellte sogar einige Temp-Tracks zur Vefügung, aber Jeffrey Katzenberg bestand darauf die Filmmusik von Komponisten aus dem Dreamworks-Pool schreiben zu lassen. Schließlich einigten sich Aardman und Dreamworks auf Harry Greggson-Williams und John Powell, die bereits für Antz eine hervorragende Score komponiert hatten und sich auch für Chicken Run als ausgezeichnete Wahl erwiesen.

Harry Greggson-Williams und John Powell blieben den Ursprüngen von Aardman treu und komponierten eine richtig ohrwurmverdächtige Musik, deren Hauptthema natürlich an Elmer Bernsteins The Great Escape angelehnt ist. Zwar gehören die beiden Komponisten mit zu Hans Zimmers Media Ventures-Verein, aber von dem gefürchteten Baukasten-Schema ist bei Chicken Run überhaupt nichts zu hören. Die brilliante Mischung aus voll orchestrierter klassischer Filmmusik mit kräftigen Melodien und verspieltem Jazz, ergänzt durch zwei Oldie-Popklassiker, wandelt auf den Pfaden ihrer Vorbilder, ohne sie einfach nur zu imitieren. Musikalisch ist die Score von Chicken Run auf einem überraschend hohen Niveau und durch die clever arrangierten Ohrwürmer mit oft ungewöhnlichem Instrumenteneinsatz ein riesiges Vergnügen.

Erfolg aus Plastilin

Aardmans erster Schritt auf die große Leinwand ist nicht von ungefähr ein großer Erfolg geworden, der sogar die Kritiker vollends begeistern konnte. Die Kooperation zwischen Aardman und Dreamworks erwies sich als seltener Glücksfall, der den englischen Stopmotion-Veteranen eine ganz neue Zukunft bescherte und Nick Park seinem größten Wunsch einen Wallace & Gromit-Kinofilm ein großes Stück näherbrachte. Auch wenn Chicken Run eigentlich nur ein Testballon für zukünftige Aardman-Kinoproduktionen war, ist der Film hervorragend gelungen und zeigt auf beeindruckende Weise, daß Stopmotion-Tricktechnik immer noch aktuell ist und für einzigartige Unterhaltung sorgen kann.

Die DVD

Nachdem die amerikanische DVD von Chicken Run im November 2000 und die englische Ausgabe im Dezember erschienen war, ließ die deutsche DVD noch bis zum Februar 2001 auf sich warten. Weil der europäischen Rechte des Films nicht bei Dreamworks und Universal lagen, erschien die deutsche DVD von Universum Film, die damals noch BMG Video hießen. Obwohl als Deluxe Widescreen Edition auf zwei DVDs vermarktet, ist die DVD eine Enttäuschung weil BMG einen neuen Bildtransfer in Eigenregie gemacht hat, der nicht einmal ansatzweise die brilliante Qualität des digitalen Masters von den anderen DVDs erreicht, und auch die Extras sind gegenüber den anderen Ausgaben auch nur Füllstoff. Wenn man nicht auf den deutschen Ton angewiesen ist, sollte man von dieser DVD unbedingt Abstand halten und unbedingt auf die englische oder am besten amerikanische Ausgabe ausweichen.

Bild

Für die deutsche Chicken Run-DVD hatte BMG leider nicht das digitale Master der amerikanischen und englischen DVDs verwendet, sondern aus unklaren Gründen einen Transfer von einer deutschen Kinokopie gemacht. Dafür war das deutsche Masteringstudio Digital Images zuständig, die schon zuvor für DVDs von zweifelhafter Bildqualität zuständig waren und auch hier so ziemlich alles falsch gemacht hatten, was man falschmachen konnte.

Zuerst bleibt natürlich die Frage offen, warum BMG unbedingt einen eigenen Transfer gemacht hatte, wo doch ein viel besseres Master existiert – an den Lizenzen wird es wohl nicht gelegen haben, aber vielleicht war ein eigener Transfer billiger oder man war der Meinung es besser machen zu können. Leider ist genau das Gegenteil eingetreten, denn die Filmvorlage muß eine nicht besonders gut erstellte Kopie gewesen sein, bei deren Abtastung auch noch das Bild viel zu stark eingezoomt wurde und erheblich weniger vom Filmbild zeigt als die US-DVD. Der Transfervergleich zeigt die Unterschiede sehr deutlich.

Grobe Beschädigungen, Kratzer oder Aktwechselmarkierungen sind zwar nicht zu sehen, aber es sind trotzdem einige kleinere Fussel sichtbar. Es fällt außerdem eine sehr deutliche grobe Körnigkeit auf, die massiv mit einem Rauschfilter bekämpft wurde, aber gerade dadurch eine Menge matschige digitale Artefakte hinterlassen hat - dadurch macht das Bild einen stark überfilterten Eindruck. Enttäuschend ist auch der unruhige Bildstand, der das Filmbild immer leicht hin- und herwackeln läßt und so dem starken Rauschfilter noch mehr Probleme bereitet.

Sehr seltsam ist auch das Farbtiming, das aus den sorgfältig abgestimmten, etwas gedämpften Farbtönen des Dreamworks-Masters quietschbunte Bonbonfarben gemacht hat. Offenbar war BMG der Meinung mit dem Farbtiming herumpfuschen zu müssen, um den Zuschauern möglichst knallige Farben bieten zu können – das Resultat ist sieht nicht nur im direkten Vergleich mit der US-DVD ziemlich seltsam aus, sondern ist auch alleine keine Augenfreude mehr, weil die Farben viel zu überzogen und völlig unnatürlich wirken.

Letztlich ist auch die Schärfe sehr enttäuschend, obwohl auch noch ein kräftiger Schärfefilter zum Einsatz kam – Rauschfilter, schlechte Kinokopie und andere Faktoren verhindern einfach, daß hier die gleiche Detailtreue wie bei der US-DVD zu sehen ist. Aber auch für einen normalen Filmtransfer ist die Schärfe einfach nicht gut genug und zeigt die üblichen Defizite, die fast alle damaligen Transfer von Digital Images hatten. Hinzu kommen auch noch einige Kompressionsprobleme, die sich in teils massivem Blockrauschen und zahlreichen Kantenartefakten zeigen, da die DVD mit so vielen Tonspuren überfrachtet wurde daß nicht mehr viel Bitrate fürs Bild übrigblieb.

 

Ton

Die deutsche Chicken Run-DVD ist mit noch mehr Tonspuren als die amerikanische DVD ausgestattet worden, von denen die meisten deutlich überflüssig sind weil die Abmischung nicht gerade Demomaterial ist – da kann man noch soviel Werbung für Dolby Digital EX und DTS ES Discrete machen. Ausgestattet mit jeweils zwei englischen und deutschen Tonspuren in DD 5.1 mit 448 kbit/s und DTS 5.1 mit 754,5 kbit/s sowie einer isolierten Musik/Effekt-Spur in 5.1 mit 384 kbit/s und dem Audiokommentar in 192 kbit/s gehen auf dieser DVD fast 3 Mbit alleine für den Ton drauf. Mangels passendem Verstärker habe ich wie immer die DTS-Spuren links liegengelassen und nur die Dolby Digital-Spuren angehört.

Die englische DD-Spur entspricht leider nicht genau der Abmischung auf der US-DVD. Außer dem leider wie bei den anderen Tonspuren dieser DVD nicht korrigierten PAL-Speedup ist die Klangkulisse künstlich geöffnet worden, indem ein ganz leichter Hall auf die Surroundkanäle gelegt wurde, aber gleichzeitig ist auch die vordere Soundstage viel enger gemischt worden – viele Geräusche, die sich eigentlich über die Frontkanäle erstrecken sollten sind nur in Mono aus dem Center zu hören, der gelegentlich direktionale Dialog blieb allerdings erhalten.

Die deutsche Fassung und die isolierte Musik-Effekt-Tonspur entsprechen dagegen ungefähr der Abmischung, die man auch auf der amerikanischen DVD zu hören bekommt - dafür sind jedoch die Stimmen der deutschen Fassung nur in Mono zu hören. Dynamik und Frequenzumfang sind auch hörbar besser als bei der englischen Tonspur.

Warum die englische Fassung hier nur in einer verstümmelten Version vorhanden ist, ist völlig unverständlich. Ob die DTS-Tracks besser sind kann ich leider nicht feststellen, aber da schon der DD-Mix auf der amerikanischen DVD völlig anders klingt, sieht es so aus als ob die englische Fassung dieser DVD mit Absicht schlechtgemacht wurde, um die deutsche Synchronfassung besser aussehen zu lassen.

Bonusmaterial

BMGs “Widescreen Deluxe Edition” von Chicken Run hat im Prinzip auch nicht viel mehr zu bieten als die US-DVD, nur wurde hier noch mehr Promotion-Material zusammengesucht – wirklich neu produziertes ist auch hier nicht zu sehen, aber immerhin wurden alle wichtigen Extras übernommen. Das Menüdesign ist nicht einfach schlicht, sondern ziemlich billig gemacht und hat überhaupt keine Abwechslung vom primitiven Eier-Motiv zu bieten. Alleine die 08/15-Aufmachung im Bootleg-Look kostet die Wertung des Bonusmaterials aber einen vollen Punkt, auch wenn der Inhalt stimmt.

Die Kommentarspur mit Nick Park und Peter Lord ist die erste für die beiden Aardman-Regisseure, aber schon gleich zu Anfang erweisen sie sich als äußerst gesprächig und machen in der knapp anderhalbstündigen Laufzeit des Films kaum einmal eine Pause. Der Audiokommentar ist stark szenenspezifisch und die Entstehung des Films wird auf eine sehr sympathische und unterhaltsame Weise geschildert, ohne daß es dabei zu technisch zugeht. Nick Park und Peter Lord erzählen viel mehr von der menschlichen Seite des Filmemachens und gewähren dadurch einen tiefen Einblick in die Arbeitsweise bei Aardman und auch die Leistungen der vielen Mitarbeiter bleiben nicht unerwähnt. Gegenüber der amerikanischen DVD wurde die Kommentarspur hier anders abgemischt, die beiden Sprecher sind aus dem rechten und linken Kanal zu hören anstatt etwas in die Mitte gemischt worden zu sein. Positiv ist hingegen, daß der Kommentar deutsch untertitelt wurde.

Die isolierte Musik-Effekt-Tonspur ist nicht ganz die Sensation, für die sie ausgegeben wird: hierbei handelt es sich eigentlich um ein Abfallprodukt der Synchronarbeiten, die nichts halbes und nichts ganzes ist – als isolierte Musikspur taugt diese Tonspur nicht, weil die Lautstärkepegel der normalen Tonspur übernommen wurden und die Geräusche stören, als Effekt-Spur kann man sie auch nicht ausgeben, weil die Geräusche in der Musik untergehen.

Auf Disc 1 befinden sich lediglich drei Filmausschnitte aus Chicken Run als Sound-Demos in den vier Tonspuren des Hauptfilms, der Rest der Extras wurde auf eine zweite DVD ausgelagert. Eigentlich hätten die Extras auch noch auf die erste DVD gepaßt, wenn der Film nicht mit so vielen Tonspuren überfrachtet worden wäre.

Im Menü Entstehung des Films befindet sich das deutsche Making of Chicken Run (22:40), das von der RC1-DVD übernommene The Hatching of Chicken Run (14:55) und drei Featurettes mit den Titeln Die Story (2:43), Die Produktion (2:50) und Die Animation (0:43). Bei diesen Making-Ofs handelt es sich wie bei denen auf der US-DVD um reines Promotion-Material, die Featurettes sind eigentlich sogar nur kurze Trailer.

Unter Hinter den Kulissen ist noch mehr Werbematerial zu finden, daß anscheinend aus dem Pressematerial entnommen wurde. Ingolf Lück im Tonstudio (4:20), Synchronarbeiten mit Mel Gibson (7:56), Besuch am Set (7:17) und Die Musikaufnahmen (2:04) sind aber wenigstens einigermaßen interessant, weil man diese kurzen Featurettes hier ungeschnitten und ohne weiteren Kommentar zu sehen bekommt.

Macher & Sprecher enthält Filmographien und Biographien von Filmemachern und Schauspielern untergebacht, die teilweise von kurzen Interview-Statements begleitet werden, die allerdings nur jeweils eine Minute lang sind und aus dem üblichen Pressematerial stammen, das auch schon in den anderen Featurettes zu sehen ist.

Das Chicken Run Quiz ist lediglich ein sehr einfaches Frage-und-Antwort-Spiel, bei dem man mit ein paar mehr oder weniger wissenswerten Details zur Entstehung des Films belohnt wird.

Die Sammlung von Trailern & TV-Spots ist etwas ausführlicher als auf der US-DVD, allerdings ist die Bildqualität hier nicht so gut und keiner der folgenden Trailer wurde anamorph abgetastet:
• Ginger & Rocky - Teaser Deutschland (1:20)
• Chicken Run - Teaser England (1:29)
• Chicken Run - Trailer Deutschland (2:07)
• Chicken Run - Trailer USA (2:19)
• Chicken Impossible - Trailer USA (1:23)
• Wallace & Gromit - Videotrailer England (0:39)
• Der tapfere Held - TV-Spot Deutschland (0:21)
• The Good, the Bad and the Plucky - TV-Spot England (0:20)
• Believe – TV-Spot USA (0:31)
• Breakout – TV-Spot USA (:30)
• Voices – TV-Spot USA (0:30)








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