Corpse Bride
Cover

20.03.2006 #369

Titel Corpse Bride
Studio Warner Bros. (2005)
Hersteller Warner Home Entertainment (2006)
DVD-Typ 9 (7,59 GB) Bitrate ø 7,39 max. 9,9
Laufzeit 77:03 Minuten Kapitel 24
Regionalcode 1 (USA/Kanada) Case Amaray I
Fernsehnorm NTSC
Bildformat 1.78:1 16:9 yes
Tonspuren Dolby Digital 5.1 Surround Englisch, Französisch, Spanisch, Musik
Untertitel Englisch, Französisch, Spanisch
Freigabe MPAA PG
Extras • Inside the two Worlds
• Danny Elfman interprets the two Worlds
• The Animators: The Breath of Life
• Tim Burton: Dark vs. Light
• Voices from the Underworld
• Making Puppets Tick
• The Voices behind the Voice
• Preproduction Galleries
• Theatrical Trailer
• Music-Only-Track

Der Film

Victoria Everglot und Victor van Dort haben sich noch nie im Leben gesehen, sollen aber nach dem Willen ihrer Eltern heiraten. Die Zweckgemeinschaft soll eine Fusion zwischen der verarmten Adelsfamilie Everglot, die auf der Suche nach einer Finanzspritze ist, und der reichen Fischhändler-Familie Van Dort, die gesellschaftliche Akzeptanz erreichen will, erbringen. Bei den ersten Hochzeitsproben sind sich Victoria und Victor doch ganz sympathisch, aber dann verliert Victor die Nerven und verläßt die Probe um allein im Wald seine Treueschwüre zu lernen. Als er dort den Hochzeitsring probehalber auf einen Ast steckt, stellt sich dieser als Finger einer Leiche auf, die promt wiederaufersteht - zuviel für den armen Victor, der in Ohnmacht fällt. Als er wieder erwacht, befindet er sich in der Unterwelt und erfährt zu seinem entsetzen, daß er eine Tote geheiratet hat...

 


The Amazing Mr. Burton

Als in den frühen achtziger Jahren die Kunst der Stopmotion-Animation in Hollywood praktisch ausgestorben war und praktisch nur noch für Spezialeffekte eingesetzt wurde, drehte ein junger Filmemacher namens Tim Burton einen kleinen Kurzfilm komplett in dieser seltenen Technik. Eigentlich in der Zeichentrick-Abteilung von Disney beschäftigt hatte Burton außer der Arbeit an den traditionellen Trickfilmen auch die Möglichkeit ein paar eigene Projekte zu realisieren, die jedoch für den Konzern mit der Maus eigentlich viel zu düster waren.

Tim Burtons erster und für längere Zeit einziger Stopmotion-Trickfilm hieß Vincent und war eine schlichte, aber geniale Hommage an Vincent Price, der sogar das Voiceover für den schwarzweißen Kurzfilm sprach. Vincent und sein späterer Real-Kurzfilm Frankenweenie waren sicherlich die Gründe weshalb Tim Burton Mitte der achtziger Jahre Disney als Animator verließ und sich als Filmemacher verselbstständigte. Mit Pee-Wee's Big Adventure drehte er 1986 seinen ersten abendfüllenden Kinofilm und konnte 1988 mit Beetlejuice das erste Mal seinen schaurig-schönen gruseligen Stil ausgiebig in Szene setzen.

Warner vertraute Tim Burton daraufhin die große Batman-Neuverfilmung an, der er auch seinen ganz besonderen Stempel aufdrückte und damit einen riesigen Erfolg hatte. Sein Ruf als ungewöhnlicher, aber kompetenter Regisseur war damit entgültig zementiert, wodurch Burton 1990 Edward Scissorhands drehen konnte, einen seiner mehr persönlichen und leiseren Filme. Aufgrund des Erfolgs von Batman wurde Tim Burton aber wieder für einen Fortsetzung des Fledermaus-Spektakels engagiert, konnte aber gleichzeitig auch ein Projekt in Bewegung setzen, daß ihn an die Anfänge seiner Karriere zurückbrachte.

Die Rückkehr der Stopmotion-Technik

Spätestens seit die englischen Stopmotion-Spezialisten von Aardman mit den Wallace & Gromit-Kurzfilmen auch in Hollywood mit Preisen überschüttet wurden, dämmerte es auch anderen Filmemachern, daß die alte Technik nicht nur für Effekte, sondern auch für komplette Filme taugt. Mehr als halbstündige Kurzfilme hatte es aber bisher noch nie gegeben – etwas, was Tim Burton unbedingt ändern wollte.

Praktisch parallel zu Batman Returns entstand in zusammenarbeit mit Regisseur Henry Selick The Nightmare before Christmas, ein Trickfilm-Musical-Meisterwerk der Extraklasse, das der Inbegriff von Tim Burtons einzigartigem genüßlichem Grusel-Stil war. Relativ billig für nur 18 Millionen Dollar produziert (Batman Returns kostete 80 Millionen) wurde The Nightmare before Christmas wegen des eigenwilligen Stils nicht sofort zum großen Erfolg, konnte aber über die Jahre hinweg viele Fans gewinnen und wurde schnell zum Geheimtipp und Klassiker.

Digital gegen Analog

Mit dem Aufkommen der digitalen Animation Mitte der neunziger Jahre geriet die Stopmotion-Technik wieder etwas in Vergessen, obwohl The Nightmare before Christmas doch sehr großen Eindruck hinterlassen hatte. Erst als Aardman in Zusammenarbeit mit Dreamworks mit Chicken Run noch einmal bewies, daß auch Stopmotion-Filme in Kinolänge machbar waren und die Zuschauer immer noch begeistern konnten. Auch an Tim Burton ging diese Entwicklung natürlich nicht vorbei, aber vorerst war der Regisseur noch mit anderen Projekten beschäftigt.

Nach einer Reihe von großen Erfolgen und ein paar kleineren Flops war Tim Burton zehn Jahre nach The Nightmare before Christmas zu einem der gefragtesten Filmemacher Hollywoods geworden. Obwohl seine letzten Projekte, unter anderem Big Fish und die Neuverfilmung von Planet of the Apes nicht ganz die Klasse seiner früheren Werke hatten, war es wieder Warner, die ihn auf eine heikle Neufassung von bekanntem Stoff ansetzten: Tim Burton sollte Roald Dahls Charlie and the Chocolate Factory verfilmen, was erstaunlich gut gelang und kaum den Charakter eines Remakes hatte, sondern wie eine völlig neue Version von Dahls Buchvorlage.

Im Windschatten von Charlie hatte Tim Burton aber ein ganz anderes Projekt in Angriff genommen: ein neuer Stopmotion-Trickfilm, der auf den Spuren von The Nightmare before Christmas wandelte, aber keine Fortsetzung oder Remake war, sondern etwas völlig neues. Basierend auf einer Idee von Joe Ranft, einem Freund von Tim Burton, die wiederum an ein osteuropäisches Märchen angelehnt war, entstand die Geschichte von einem jungen Mann, der versehentlich mit einer Leiche den Bund der Ehe schließt - perfektes Material für den schräg-gruseligen Stil des Filmemachers.

A Tragic Tale of Romance, Passion and Murder most Foul

Die makabere Grundidee wurde nicht zu einem knallharten Horrorthriller ausgebaut, sondern in eine gruselig-lustige romantische Komödie in Tim Burtons mittlerweile wohlbekanntem Stil umfunktioniert. Die Szenerie wurde in eine nicht genau definierte Zeit und in ein ungenanntes Land gelegt, das aber ungefähr die Atmosphäre des düsteren viktorianischen England hat. Für die Corpse Bride und ihren unfreiwilligen Angetrauten wurden ausführliche Hintergründe erdacht, die eine im Grunde genommen aus einer traurigen Geschichte über eine arrangierte Heirat und einen mordenden Heiratsschwindler bestehen.

Ganz so düster und depressiv ist die burtonsche Version dieser Erzählungen dann aber natürlich nicht, sondern mehr eine humorvolle Hommage an alte Horror- und Gruselfilme aus den fünfziger und sechziger Jahren. Die Corpse Bride ist kein schreckliches Monster, und auch das Totenreich ist hier kein Gruselkabinett – ganz im Gegenteil, denn die Welt der Lebenden wirkt düster und unheilvoll, während die Unterwelt bunt, lustig und unbeschwert ist. Der Humor ist zwar deutlich auf der dunkleren und sarkastischeren Seite angesiedelt, aber kaum von Holzhammer-Natur. Ein paar kleinere Schenkelklopfer gibt es zwar schon, aber wie bei Tim Burton üblich ist der Witz doch relativ feinfühlig und intelligent.

Hochzeit mit einer Leiche

Das Drehbuch wurde von Autoren verfaßt, die sich größtenteils sehr gut mit Tim Burtons besonderem Stil auskennen: John August hatte bereits mit ihm bei Charlie and the Chocolate Factory und Big Fish zusammengearbeitet und Caroline Thompson war maßgeblich an seinen früheren Filmen beteiligt, darunter sogar The Nightmare before Christmas und Edward Scissorhands. Einflüsse aus diesen Filmen blieben natürlich unvermeidlich, besonders aus Nightmare zitiert Corpse Bride sehr gerne, aber dennoch ist das Drehbuch durch und durch originell.

Die Story ansich ist nicht sonderlich komplex, wurde aber gekonnt ausgearbeitet und mit erstklassigen Texten ausgestattet. Für einen Trickfilm hat Corpse Bride überdurchschnittlich viel Dialog, der auch zum größten Teil dafür zuständig ist die Handlung voran zu treiben. Trotzdem ist der Film nicht eine bloße Aneinanderreihung von einzelnen Sequenzen, sondern erzählt auf brilliante Weise eine fortlaufende Geschichte in mehreren Akten, die nahtlos ineinander übergehen. Die Erzähldichte ist enorm hoch, in der kurzen Laufzeit wurde überdurchschnittlich viel Handlung untergebracht, die den Zuschauer so auf Trab hält, daß an Langeweile erst gar nicht zu denken ist. Obwohl die Geschichte ein wenig vorhersagbar ist, mangelt es nicht an Spannung und es gibt die eine oder andere Überraschung im Laufe des Films.

Die Reichen, die Adeligen und die Toten

Genauso wie die Story von Corpse Bride sind auch die Charaktere auf den ersten Blick etwas oberflächlich, stellen sich im Laufe des Films dann aber als bemerkenswerte Persönlichkeiten heraus, die viel mehr als nur animierte Puppen sind. Das ist einerseits der bemerkenswerten Gestaltung der Figuren zu verdanken, aber auch ihren hochkarätigen Sprechern, die den Film erst so richtig zum Leben erwecken. Die Stimmenbesetzung liest sich wie ein Who-is-Who der Hollywood-Elite, aber wenn man genauer hinschaut wird man bemerken daß es sich größtenteils um alte Bekannte von Tim Burton handelt, die dem Film ihre Stimmen geliehen haben und dies nicht hauptsächlich wegen der Gage, sondern um dem Regisseur einen Gefallen zu tun taten.

Victor van Dort ist ein schüchterner junger Mann, der gerne zeichnet und Klavier spielt und am liebsten von seinem Schicksal in Ruhe gelassen werden möchte. Seine Stimme kommt von dem wandlungsfähigen Johnny Depp, einem guten Freund von Tim Burton, der zuletzt Willy Wonka in Charlie and the Chocolate Factory gespielt hatte und in Corpse Bride wieder einen völlig neuen Charakter zu seinem Repertoire hinzugefügt hat. Victor van Dort ist so weit von Depps üblichen Charakteren entfernt, daß man ihn in Corpse Bride kaum an seiner Stimme erkennen kann und hört sich trotz seiner amerikanischen Staatsbürgerschaft wie ein waschechter Engländer an.

Die Corpse Bride, deren wirklicher Name Emily nur gegen Ende des Films erwähnt wird, ist eine abenteuerlustige junge Dame, die trotz ihres tragischen Tods ein erstaunlich lebendiger und charmanter Charakter mit einer starken Persönlichkeit ist. Emily ist weder wirklich böse noch unsympathisch und entspricht damit so gar nicht der traditionellen Vorstellung einer Untoten. Gesprochen wird sie von Helena Bonham-Carter, die nicht nur Tim Burtons Freundin ist, sondern gleichzeitig auch eine Haupt-Sprechrolle in Wallace & Gromit, dem zweiten großen Stopmotion-Film des Jahres 2005 hatte.

Victoria Everglot ist die lebendige Braut des Films, die längst nicht so draufgängerisch wie ihre verstorbene Konkurrenz ist und sich zwar anfänglich ihrem Schicksal still und leise ergibt, sich aber dann doch kräftig durchsetzen kann und es schafft, im Laufe der Geschichte ein wenig über ihren eigenen Schatten zu springen. Victoria wird von Emily Watson als braves Mädchen mit sanfter Stimme gesprochen, die sich ähnlich schüchtern wie Johnny Depps Victor anhört, aber mit der Entwicklung ihres Charakters auch deutlich forscher wird.

Die Eltern des verhinderten Brautpaars sind bissige Parodien auf zwei verschiedene soziale Schichten: der verarmten Adel und die reichen Geschäftsinhaber, die sich gleichzeitig hassen und dringend brauchen. Maudeline und Finis Everglot sind der Inbegriff der hochnäsigen Reichen, die sich selbst für die Krone der Schöpfung halten und nicht einmal Respekt für ihre eigene Tochter haben. Die Stimmen des gräßlichen Paars kommen von zwei englischen Schauspielern der Extraklasse: Joanna Lumley und Albert Finney schaffen es mühelos Victorias unsympathische Eltern richtig schön fies zum Leben zu erwecken, bleiben dabei aber auch nicht immer völlig ernst und bringen einigen bissigen Humor in die Figuren.

Nell und William van Dort sind das ungefähre Gegenteil der Everglots und bedeutend sympathischer, aber ein bißchen simpel und ordinär. Während William van Dort ein stiller Mensch ist, wird er von seiner Frau Nell regelrecht erdrückt, die in der Ehe deutlich diejenige ist, die die Hosen anhat. Für diese Rolle wurde die englisch-amerikanische Schauspielerin und Entertainerin Tracy Ullmann ausgesucht, die mit ihrem knackigen britischen Akzent genau den richtigen Ton für die durch und durch bürgerliche Madame Everglot hat. Ihr Mann William wird dagegen richtig kleinlaut, aber nicht weniger beeindruckend von dem weniger bekannten englischen Schauspieler Paul Whitehouse gesprochen.

Lord Barkis Bittern ist eigentlich der einzige wirkliche Bösewicht des Films und der Verursacher der ganzen Misere. Der elegante Gentleman geht wörtlich über Leichen um sein Portemonnaie aufzubessern und läßt dagegen alle anderen Charaktere unglaublich sympathisch erscheinen. Der mordende Heiratsschwindler wird eisig und düster von dem britischen Schauspieler Richard E. Grant gesprochen, der genau den richtigen Biß in die eigentlich undankbare Rolle bringt.

Corpse Bride wird von einer ganzen Menge weiteren Charakteren bevölkert, von denen jeder eine ganz besondere Persönlichkeit ist. Pastor Galswells ist der dragonische Geistliche, der die Fusion zwischen den van Dorts und den Everglots auf Teufel komm raus über die Bühne bringen will – für ihn hätte es keinen besseren Sprecher als Christopher Lee gegeben, der hier schon das dritte Mal in einem Film von Tim Burton eine kleine Nebenrolle übernommen hat. Elder Gutknecht, der alte Gelehrte des Totenreichs, wird mit Michael Gough von einem noch älteren Bekannten des Regisseurs gesprochen, der nicht nur in Burtons beiden Batman-Filmen mitspielte, sondern wie Christopher Lee auch in Sleepy Hollow mit dabei war.

Obwohl die Charaktere von Corpse Bride größtenteils ziemlich exotisch sind, befinden sich nur drei nicht-menschliche Figuren unter ihnen. Einer davon ist Victors wieder zum Leben erweckter Hund Scraps, der natürlich eine Anspielung auf Jack Skellingtons Gefährten Zero aus The Nightmare before Christmas in knöcherner Form ist und auch keine Sprechrolle hat.

Sehr geschwätzig ist dagegen die schwarze Witwen-Spinne, die Victor und Emily ins Gewissen reden will, aber eigentlich nur das Gegenteil bewirkt und hautpsächlich schlaue Kommentare zum Geschehen abgibt. Gesprochen wird die achtbeinige Tratschtante von der englischen Schauspielerin Jane Horrocks, die schon eine ganz ähnliche Rolle in Aardmans Chicken Run hatte, dort allerdings in gefiederter Form. Mehr für die jüngeren Zuschauer gedacht ist offenbar die Made, die im Körper der Corpse Bride haust und eigentlich nur spöttische Kommentare abgibt. Erwachsene und Filmkenner werden aber an dieser Figur trotzdem ihre Freude haben, denn sie ist eine wundervolle Hommage an Peter Lorre, der gekonnt von Enn Reitel imitiert wird ohne ihn lächerlich zu machen.

Die Meister der Puppen

Corpse Bride war einer der ersten Produktionen der aus den Will Vinton Studios hervorgegangenen Laika Entertainment, allerdings wurde der Film nicht in den Laika-Studios in Portland, sondern in den englischen 3 Mills-Studios gedreht. Als Co-Regisseur engagierte Tim Burton nicht Henry Selick, der mit ihm schon The Nightmare before Christmas inszeniert hatte und auch mit den Laika-Studios verbunden war, sondern Mike Johnson, einen Animator der an Nightmare und James and the Giant Peach mitgearbeitet hatte. Da Burton fast gleichzeitig an Corpse Bride und Charlie and the Chocolate Factory arbeitete, war eine Arbeitsteilung unumgänglich.

Während die größte Arbeit bei der Entstehung eines Stopmotion-Films die sehr mühsahmen Dreharbeiten sind, ist das Design der Figuren und Sets und ihre Fertigung nicht minder kompliziert. Die Charaktere wurden nach den Designvorlagen von Tim Burton, Huy Vu und Carlos Grangel von der britischen Firma Mackinnon and Saunders gefertigt und bestanden nicht wie bei den Kollegen von Aardman aus Plastilin, sondern aus einem mit Silikon überzogenem Stahlskelett.

Statt auswechselbare Köpfe oder Münder zu verwenden, wurden die Figuren mit einem komplizierten Mechanismus ausgestattet, der vielfältige Gesichtsausdrücke möglich machte. Kleine Imperfektionen wie Fingerabdrücke oder ähnliches gibt es bei Corpse Bride auf den Figuren nicht - sie sehen so perfekt aus, daß nach der Veröffentlichung des ersten Trailers darüber spekuliert wurde ob es sich wirklich um einen Stopmotion-Realfilm handelt oder doch alles im Computer animiert wurde. Dennoch hatte der fertige Film ein erstaunlich organisches und gar nicht digitales Aussehen.

Stopmotion Digital

Corpse Bride war der erste Stopmotion-Trickfilm, der nicht mehr mit herkömmlichen Filmkameras gedreht wurde, aber auch nicht mit HD-equipment. Stattdessen kamen hochauflösende digitale 13-Megapixel-Kameras von Canon zum Einsatz, mit denen die einzelnen Filmbilder unkomprimiert aufgenommen und direkt in Macintosh-Computern weiterverarbeitet wurden. Der Filmschnitt wurde mit Apples FinalCut Pro gemacht, es war das erste Mal daß diese Software für eine Produktion dieses Ausmaßes verwendet wurde.

Kritiker beschwörten bei diesen Methoden schon das Ende des traditionellen Stopmotion-Trickfilms herauf, und tatsächlich widmen sich immer mehr Animatoren heute auch volldigitalen Methoden, die aber das ganz besondere Aussehen von Stopmotion-Film nie wirklich erreichen können. Die Verwendung von digitalen Fotokameras bei der Produktion von Corpse Bride ist jedoch nichts weiter als ein Wechsel der Aufnahmeweise, die jahrzehnte alte Methoden mit moderner Technik zusammengebracht hat. Corpse Bride hat die neue Digitaltechnik auf jeden Fall große Vorteile gebracht, denn die Animation sieht so flüssig und sauber wie noch nie zuvor aus.

Mr. Bonejangles

Corpse Bride ist zwar kein komplettes Musical wie The Nightmare before Christmas, aber trotzdem voll mit wundervoller Musik und einigen hervorragenden Songs, die – wie sollte es bei Tim Burton auch anders sein – von Danny Elfman komponiert wurden. Der Filmmusiker, der gleichzeitig an Burtons Charlie and the Chocolate Factory gearbeitet hatte, schrieb eine prächtige Filmmusik, die schaurig-schöne Melodien mit ohrwurmverdächtigem Jazz mischt und unüberhörbar auf den Pfaden von Nightmare wandelt, aber den Vorgänger allerhöchstens stilistisch imitiert.

Der musikalische Höhepunkt des Films ist eine fantastische Jazz-Nummer im besten Cab Calloway-Stil mit einem tanzenden und singenden Skelett als Entertainer. Dessen Stimme sollte ursprünglich von einem professionellen Sänger übernommen werden, aber auch nach einem intensiven Castingprozess hatte Tim Burton noch keine Stimme gefunden, die ihm wirklich gefiel. Stattdessen wandte er sich wieder an Danny Elfman selbst, der schon alle Songs in Charlie and the Chocolate Factory selbst gesungen hatte und nun auch die Stimme des singenden Skeletts Bonejangles übernahm.

Tim Burtons neuer Klassiker

Corpse Bride ist zusammen mit dem fast gleichzeitig entstandenen Wallace & Gromit-Film der lebendige Beweis, daß man auch heute noch mit der eigentlich veralteten Stopmotion-Technik immer noch wunderbare Filme machen kann. Corpse Bride ist zwar keine wirkliche Fortsetzung vom inzwischen zum Klassiker gewordenen The Nightmare before Christmas, aber durch den ganz ähnlichen Stil kann man Tim Burtons neuestes Stopmotion-Werk schon als Semi-Sequel bezeichnen, dem vielleicht auch noch ähnliche Filme folgen werden.

Natürlich ist Tim Burtons verschrobene Grusel-Komödie nicht gerade etwas, was den Geschmack aller Kinozuschauer trifft, aber dieses besondere Genre hat in den letzten zehn Jahren doch soviele Fans gewonnen, daß der Film doch ein ganz ansehnlicher Erfolg wurde und auch großes Lob von Kritikern erntete. Sogar für einen Oscar als bester Trickfilm wurde Corpse Bride nominiert, verlor aber gegen den populäreren Wallace & Gromit-Kinofilm. Allerdings hätten durchaus beide Filme diese Auszeichnung verdient, auch wenn sie inhaltlich sehr unterschiedlich sind – beide sind aber durch ihre gemeinsame Hommage an das Horrorfilm-Genre irgendwie miteinander verwandt.

Die DVD

Warners DVD-Veröffentlichung von Corpse Bride kam relativ schnell nach der Kinopremiere und hatte eine ähnliche Ausstattung wie Charlie and the Chocolate Factory zu bieten. Eine kleine Sammlung von Featurettes sind die größten Extras auf dieser Singe-Disc-Release, die zwar leider kleine kompressionsbedingte Defizite beim Bild hat, aber dafür ausgezeichnete Tonspuren. Ob die gleich ausgestattete deutsche DVD ein besseres Bild hat ist mir unbekannt, ich habe mir wegen des drohenden PAL-Speedup aber sowieso lieber die hier rezensierte US-DVD bestellt.

Bild

Obwohl Corpse Bride mit Digitalkameras gefilmt (oder besser gesagt fotografiert) und ein Digitales Master verwendet wurde, ist die Bildqualität der DVD nicht so gut wie man es erwarten sollte. Ähnlich wie bei Charlie and the Chocolate Factory ist dafür aber nicht das Master, sondern die schluderige Konvertierung ins DVD-Format verantwortlich.

Auf den ersten Blick sieht das Bild dieser DVD so ordentlich aus, wie man es von einem Film gewöhnt ist der nie Zelluloid gesehen hat - Schärfe, Detailtreue und Farben sind auf einem ausgezeichneten Niveau. Bei genauerer Betrachtung fallen allerdings einige Probleme auf, die nicht hätten sein müssen, denn das Authoring der DVD hat die guten Eigenschaften des Bilds etwas in Mitleidenschaft gezogen.

Schon beim Warner-Logo fällt auf, daß die Kompression trotz der relativ hohen Bitrate deutliche Spuren hinterläßt. Unscharfe Hintergründe neigen zu wolkenförmigen Blockrauschen und um viele scharfe Kanten kräuseln sich typische MPEG-Artefakte. In dunkleren Szenen neigen schwarze Bildteile dazu wegzubrechen und werden von einem feinen digitalen Rauschen begleitet, das schon auf mittelgroßen Bilddiagonalen sehr störend wirkt.

Da ganz ähnlich Artefakte auch schon auf der amerikanischen DVD von Charlie and the Chocolate Factory zu sehen waren, liegt die Vermutung nah, daß das Problem in dem  verwendeten MPEG-Encoder liegt, der auch bei hohen Bitraten mit anspruchsvollem Material Probleme hat. Glücklicherweise machen sich die Artefakte nicht deutlich störend bemerkbar, aber schade ist es doch – und es drängt sich der Verdacht auf, daß Warner sich bei DVDs nicht mehr viel Mühe gibt um die zukünftigen HD-Formate besser aussehen zu lassen.

Ton

Im Gegensatz zur nicht ganz perfekten Bildqualität kann der Ton dieser DVD richtig begeistern, zumindest wenn man kein ohrenbetäubendes Spektakel erwartet, sondern sich mit einer leisen, feinfühligeren Abmischung zufrieden geben kann. Auf DTS-Ton müssen Sound-Enthusiasten verzichten, aber die Dolby Digital-Tracks machen ihre Sache auch ganz gut.

Die Abmischungen der englischen, französischen und spanischen 5.1-Tonspuren scheinen bei einem oberflächlichen Vergleich bis auf die Stimmen identisch zu sein, komplett angehört habe ich aber nur die englische Fassung. Während sich die Stimmen und die Geräuschkulisse hauptsächlich auf die vordere Soundstage beschränken, aber dort ein sehr breites Stereo-Spektrum haben, sorgt die Musik dafür, daß der Raumklang richtig ausgefüllt wird.

Danny Elfmans Score, die fast den gesamten Film ohne Pause begleitet, hat einen sehr angenehmen warmen Klang, eine sehr ausgeprägte Dynamik und einen riesigen Frequenzumfang, der von tiefsten Bässen bis zu hohen, aber nicht unangenehmen Tönen reicht. Obwohl die Musik ziemlich druckvoll klingt, wurde sie gut in den Mix integriert und macht den Griff zum Lautstärkeregler nicht mehr nötig.

Die Stimmen sind klar und unverzerrt und beschränken sich nicht nur auf den Center, sondern verteilen sich deutlich über die vorderen drei Kanäle – auf extreme rechts/links-Sprünge wurde verzichtet, aber die Sprecher wandern schon gelegentlich auf der vorderen Soundstage umher, was die Abmischung sehr realistisch und natürlich macht. Knallige Surroundeffekte kommen nicht zum Einsatz, aber gelegentlich werden die Rear-Kanäle für das eine oder andere Geräusch verwendet.

Die vierte 5.1-Tonspur dieser DVD enthält die Filmmusik in einer Lautstärken-angepaßten Abmischung, bei der leider nicht nur Geräusche und Dialoge, sondern unsinnigerweise auch die Gesangsparts weggelassen wurden. Qualitativ ist diese Tonspur aber identisch mit dem normalen 5.1-Mix und hört sich einfach ausgezeichnet an.

Bonusmaterial

In Sachen Extras enttäuscht die Corpse Bride-DVD ein klein wenig. In den stimmungsvoll gestalteten Menüs befinden sich nur neun Featurettes mit einer Laufzeit von knapp einer dreiviertel Stunde – viel zu wenig um vernünftig über die Produktion des Films zu berichten, aber immerhin etwas. Ein Audiokommentar hätte dies vielleicht wieder gutmachen können, aber weder Tim Burton noch sein Co-Regisseur Mike Johnson haben sich die Mühe gemacht einen aufzunehmen.

Inside the two Worlds (4:02) ist ein kurzes allgemeines Featurette über den Film und mehr ein Werbe-Making-Of. Mit viel zu vielen Filmausschnitten und viel zu kurzen Interviewausschnitten von Filmemachern und Schauspielern wird hier das ganz offensichtliche unnötig erklärt und ist kaum noch interessant, wenn man den Film schon gesehen hat.

Danny Elfman Interprets the two Worlds (4:56) gibt dagegen trotz der besonders knappen Laufzeit einen kurzen Einblick in die Entstehung der Musik von Corpse Bride, die wie immer bei Danny Elfman besonders interessant ausfällt und außer Interviews mit dem Filmmusiker und seinen Kollegen auch ein paar kurze Aufnahmen von den Orchesteraufnahmen zu bieten hat.

The Animators: The Breath of Life
(6:37) wirft einen Blick auf die Technik der Stopmotion-Animation. Filmemacher, Animatoren und Schauspieler erklären und loben die Vorteile der Technik gegenüber Computer-Tricktechnik und man bekommt einige sehr interessante Videoaufnahmen von den Dreharbeiten zu sehen, die deutlich machen wie kompliziert die Arbeit an Corpse Bride tatsächlich war.

Tim Burton: Dark vs. Light (3:38) dreht sich um Tim Burtons besonderen Stil, seine Arbeitweise und seine Ideen. Filmemacher und Schauspieler erzählen von ihrer Arbeit mit dem Regisseur und loben ihn nicht nur grundlos in den Himmel, sondern wissen Burtons Fähigkeiten wirklich zu schätzen.

Voices from the Underworld (5:58) stellt die Sprecher der Charaktere vor, die nicht nur in Interviews zu Wort kommen sondern auch bei der Arbeit im Tonstudio zu sehen sind. Hier bemerkt man wieviel den Schauspielern an ihren Rollen liegt und wieviel Spaß sie bei den Dialogaufnahmen hatten.

Making Puppets Tick (6:32) zeigt auf eine sehr interessante Weise wie die Figuren von Corpse Bride gestaltet und gefertigt wurden und wie ihre innere Mechanik funktioniert. Wer immer schon einmal sehen wollte, wie einer Puppe ein Lächeln auf die Lippen gezaubert wird, indem man ihr einen Schraubenzieher ins Ohr steckt, sollte hier genauer hinschauen!

The Voices behind the Voice (7:35) enthält noch mehr Aufnahmen von den Schauspielern bei der Arbeit im Tonstudio, die gleichzeitig mit dem fertigen Film in zwei kleinen Fenstern zu sehen sind. So etwas bekommt man als Extra einer DVD nicht sehr oft zu sehen und hier ist es ausnahmsweise einmal genau richtig gemacht worden.

Die Pre-Production Galleries (13:27) sind in Form eines fast viertelstündigen Films mit Musikuntermalung dabei, weil es sich eigentlich gar nicht um eine Sammlung von Bildern handelt, sondern um Testanimationen für praktisch alle vorkommenden Charaktere, die von einem kurzen Storyboard-Realfilm-Vergleich abgerundet werden.

Auch im Bonusmaterial-Menü befindet sich die Möglichkeit die Music-Only Track einzuschalten, die (wie weiter oben erwähnt) hervorragend klingt und nur den Nachteil hat, daß bei den Songs die Gesangsstimmen ebenfalls herausgemischt wurden.

Als letztes Extra befindet sich noch der Trailer (1:55) in bester anamorpher Bildqualität, aber nur mit 2.0-Surroundton auf der DVD.









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