Der Film
Colonel Mortimer (Lee van Cleef) ist ein edler Kopfgeldjäger,
der mit perfektem Handwerk seine Gegner kaltstellt. Als er hinter dem
brutalen und halb wahnsinnigen Banditen El Indio (Gian Maria Volonté)
her ist, bekommt er unerwartet Konkurrenz: ein namenloser, jüngerer
Kollege (Clint Eastwood) ist hinter dem gleichen Mann her. Zuerst bekämpfen
sich die beiden Berufskiller gegenseitig, sehen dann aber ein daß
sie den Banditen nur mit vereinten Kräften erwischen können.
Aber während es dem jüngeren Jäger hauptsächlich um
die Belohnung geht, hat Colonel Mortimer ganz private Gründe El Indio
den Garaus zu machen...
Als Sergio Leones erster Western A Fistful of Dollars 1964 ein
großer Erfolg wurde und viele Nachahmer mit sich zog, waren fast alle
Beteiligten sehr zufrieden weil sie plötzlich in Europa zu bekannten Stars
geworden waren. Nur Sergio Leone selbst war unzufrieden, da er vom finanziellen
Erfolg seines Films kaum etwas hatte und sich von seinen Produzenten betrogen
fühlte. Eigentlich wollte Leone so schnell keinen Western mehr machen
und als nächstes eine kleine autobiographische Geschichte über seine Jugend
drehen, aber der Drang zu beweisen daß sein erster eigener Film nicht
nur ein Zufallserfolg war, ist zu groß – und Leone sah die Chance, an
einem neuen Film diesmal selbst auch etwas zu verdienen.
Ein neuer Produzent
Mit Arrigo Colombi und Giorgio Papi, den Produzenten von A Fistful
of Dollars, wollte Sergio Leone verständlicherweise nichts mehr zu
tun haben, aber zum Glück hatte Alberto Grimaldi, ein Rechtsanwalt und
Filmproduzent aus Neapel, großes Interesse daran einen Film mit Sergio
Leone zu drehen. Grimaldi war von A Fistful of Dollars begeistert
und traute Leone zu, einen noch viel besseren und größeren Spaghetti-Western
auf die Beine stellen zu können. Mit Arturo Gonzalez und der Constantin
Film konnten wieder Spanien und Deutschland als Co-Produzenten gewonnen
werden, die eine Verdreifachung des Budgets gegenüber A Fistful of
Dollars ermöglichten – umgerechnet 600.000 Dollar waren damals eine
stattliche Summe in der Filmbranche.
Diesmal ging Leone nicht das Risiko ein, wieder ein Remake von einer existierenden
Geschichte zu drehen und entwickelte lieber einen völlig eigenen Plot
- als leidenschaftlicher Geschichtenerzähler für ihn kein großes Problem.
Unter dem Arbeitstitel The Bounty Hunter entstand so die Geschichte
von zwei Kopfgeldjägern, die beide hinter dem gleichen Banditen her sind,
aber verschiedene Motive haben. Aus dem einfachen Grundgerüst entwickelte
Sergio Leone zusammen mit Luciano Vincenzoni und einigen anderen Autoren
eine komplexe Handlung, die diesmal auf mehreren Ebenen stattfand und
noch mehr als in A Fistful of Dollars die Spannung im Laufe des
Films langsam entwickelte.
Ein Namenloser, ein Neuer und ein Psycho-Bandit
Auch die Charaktere wurden nun viel komplizierter gestaltet und waren
längst nicht mehr so eindimensional wie zuvor. Obwohl der Film keine direkte
Fortsetzung seines Vorgängers sein sollte, stand die Figur des namenlosen,
mysteriösen Revolverhelds wieder im Vordergrund und wurde schon von Anfang
an mit Clint Eastwood im Sinn geschrieben, der die Rolle letztendlich
auch übernahm. Sein Charakter hatte ein ähnliches Motiv wie im ersten
Film, nur spielte er jetzt nicht mehr zwei Gangsterclans gegeneinander
aus, sondern es wurde ihm ein würdiger Gegenspieler und Partner an die
Seite gestellt – Colonel Mortimer, ein zweiter Kopfgeldjäger, der aber
im Gegensatz zu Eastwoods Charakter statt Geld ein persönliches Motiv
und eine Vergangenheit hat.
Auch die Fraktion der Bösewichte ist deutlich besser ausgeprägt - statt
zwei rivalisierenden Gruppen konzentrierte sich Sergio Leone auf einen
ganz besonderen Banditen: El Indio sollte nicht nur ein einfacher Bösewicht,
sondern ein ausgewachsener Psychopath werden, der sogar für italienische
Maßstäbe ziemlich extrem angelegt war. Doch der Wahnsinn des Banditen
hatte seinen Zweck, denn so mußte man seine Grausamkeiten erst gar nicht
moralisch rechtfertigen. Um Indios Verhalten noch zu intensivieren, machte
Leone aus ihm auch noch den vermutlich ersten kiffenden Banditen der Filmgeschichte,
der mit den damit verbundenen Flashbacks die Figur zu viel mehr als nur
einem oberflächlichen Banditen macht, der nur einfach aus Spaß Unschuldige
tötet.
Die Rückkehr des Mr. Eastwood
Eine der beiden Hauptrollen war schon zu Anfang ausgemacht – Sergio Leone
wollte unbedingt wieder Clint Eastwood engagieren, der nach dem überraschenden
Erfolg von A Fistful of Dollars sofort zusagte und gerne wieder
den namenlosen Revolverhelden spielte. Eastwood nahm diesmal seine Rolle
etwas ernster als zuvor, weil er sich seines gewachsenen Publikums und
des sicheren Erfolgs bewußt war. Er brachte aber auch mehr Ironie und
Humor in den Charakter, angeregt durch die mittlerweile legendären einzeiligen
Sprüche, die teilweise von Eastwood selbst eingebracht wurden, ihm aber
auch von Drehbuchautor Luciano Vincenzoni in den Mund gelegt wurden. Der
zuvor recht grimmige Charakter bekam so eine dringend notwendige zynisch-humorvolle
Seite, die auch später zum größten Markenzeichen von Clint Eastwood wurde.
Für Colonel Mortimer, den zweiten Kopfgeldjäger, wollte Leone jedoch wieder
einen bekannten Hollywood-Schauspieler anwerben, was ihm aber immer noch
nicht gelang – Charles Bronson, Henry Fonda und andere lehnten immer noch
ab oder ignorierten Leones Anfragen völlig. Kurz vor Beginn der Dreharbeiten
hatte Lee Marvin schon fast zugesagt, sprang aber im letzten Moment doch
noch ab, um in den USA in Cat Ballou mitzuwirken. Dann erinnerte
sich Sergio Leone aber an einen amerikanischen Schauspieler, der im Hollywood
der fünfziger Jahre auf Nebenrollen-Bösewichte abonniert war: Lee van
Cleef hatte sein Leinwanddebüt als stummer Killer in Fred Zinnemanns High
Noon und spezialisierte sich danach auf kleine Nebenrollen.
Der Mann mit dem eisernen Blick – und noch eine Rückkehr
Anfang der sechziger Jahre war Lee van Cleef jedoch kaum noch als Schauspieler
tätig und hatte im Westernepos How the West was won seinen letzten
Auftritt. Sergio Leone mußte ihn in Los Angeles aufspüren und engagierte
ihn wegen seines stählernen Blicks sofort vom Fleck weg. Lee van Cleef
hielt seine Karriere als Schauspieler eigentlich für beendet, aber Sergio
Leones Enthusiasmus konnte ihn doch noch zu einer Rückkehr überzeugen.
Für den Regisseur war Lee van Cleef die Quintessenz des eleganten Killers
der Hollywood-Western, dessen Rolle er in For a few Dollars more
mit sichtlichem Vergnügen wieder aufnahm und durch sein verschmitztes,
manchmal etwas altkluges Auftreten beim Zuschauer viele Sympathiepunkte
gewinnen konnte.
Für die Rolle des wahnsinnigen Banditen El Indio kam nur einer in Frage:
Gian Maria Volonté, der schon in A Fistful of Dollars den charismatischen
Bösewicht Ramon Rojo gespielt hatte und damit bestens für die darstellerisch
recht anspruchsvolle Rolle geeignet war. Volonté war als klassisch ausgebildeter
Theaterschauspieler sogar fast schon überqualifiziert und ging sogar dem
in dieser Beziehung selbst sehr ausgeprägten Sergio Leone mit seinem Perfektionismus
ziemlich auf die Nerven. Der Regisseur versuchte Volonté mit vielen Takes
zu ermüden, aber die Rolle des El Indio zeichnet sich trotzdem noch durch
ein deutliches Overacting aus – das machte den Charakter sehr intensiv
und in Verbindung mit den Traumsequenzen durchaus auch etwas surreal.
Indios leicht brüchiger Akzent in der englischen Fassung entstand, weil
Gian Maria Volonté vertraglich dazu verpflichtet war, seine englischen
Dialoge diesmal selbst zu sprechen, obwohl er die Sprache kaum verstand
– er mußte die Texte phonetisch lernen.
Eine paneuropäische Besetzung
Da die Produktion wieder durch italienische, spanische und deutsche Firmen
finanziert wurde, wurden die weiteren Nebenrollen auch wieder sehr europäisch
besetzt. El Indios Gang wurde hauptsächlich von Italienern dargestellt
– Stuntkoordinator Benito Stefanelli spielte einen der Gangster, Mario
Brega war schon in A Fistful of Dollars mit dabei und der Theaterschauspieler
Luigi Pistilli hatte auch eine bemerkenswerte Rolle.
Während weitere Nebenrollen hauptsächlich von Spaniern wie Luis Rodriguez,
Roberto Camardiel oder Aldo Sambrell gespielt wurden, waren deutsche Schauspieler
in der Minderzahl, hatten aber auch die auffallensten Rollen inne: Klaus
Kinski war in einer seiner ersten internationalen Auftritte als Bandenmitglied
von El Indio zu sehen, und die Hoteliersfrau Mary wurde als lustige Karikatur
von Mara Krupp gespielt. Der greise Österreicher Josef Egger, der in A
Fistful of Dollars den Sargmacher gespielt hatte, war in einer kurzen
Szene als alter Prophet auch wieder kurz zu sehen.
Filmtourismus in Spanien
Viele der Außenaufnahmen fanden wieder in Spanien in Almeria und Umgebung
statt, wo diesmal dank des Budgets viel zahlreichere und aufwendigere
Sets aufgebaut werden konnten. Statt auf nur einen Ort konnte die Handlung
gleich auf mehrere Städte ausgedehnt werden – Produktionsdesigner Carlo
Simi baute eine ganze Handvoll Sets in Spanien auf, die die Tucumcari,
El Paso, Agua Caliente, White Rocks und Santa Cruz repräsentierten.
Die Set-Dekorationen konnten viel aufwendiger und detailreicher sein,
weil nun deutlich mehr Zeit und Geld zur Verfügung standen – sogar einen
waschechten Western-Zug samt Dampflok konnte Leone diesmal vor die Kamera
bekommen. Die meisten Innenaufnahmen, wie etwa der wundervoll
authentische und gar nicht Hollywood-typische Saloon, wurden allerdings
in den römischen Cinecitta-Studios gedreht, wo Carlo Simi noch viel mehr
gestalterische Möglichkeiten hatte und so den Kulissen ein sehr reales,
aber auch schon fast überstilsiertes Aussehen geben konnte.
Die Dreharbeiten fanden fast genau ein Jahr nach A Fistful of Dollars
statt, und inzwischen war in Almeria ein ganzer Western-Tourismus im Fahrwasser
von Sergio Leones Film entstanden. Während der Dreharbeiten von For
a Few Dollars More fanden in Almeria eine ganze Menge andere Produktionen
statt, und es gehörte einige Kunst dazu sich nicht gegenseitig in die
Quere zu kommen. Diesmal war es jedoch Sergio Leones Film, der im Vordergrund
stand und nicht mehr wie zuvor auf die Ressourcen anderer angewiesen
war.
Der Leone-Stil nimmt Form an
Leone arbeitete wieder mit Kameramann Massimo Dallamano zusammen, mit
dem er in A Fistful of Dollars begonnen hatte einen ganz besonderen
visuellen Stil zu entwickeln, der sich nun noch viel weiter entfalten
konnte. Leone und Dallamano entdeckten, daß das billige Techniscope-Filmformat
mit dem nur zwei Perforationslöcher hohen Filmbild nicht nur Nachteile
hatte, sondern sich bei Weitwinkel- und Nahaufnahmen besonders gute Ergebnisse
erzielen ließen.
Mit den damals in den USA fast ausschließlich eingesetzten Scope-Linsen von Panavision wäre so etwas nicht möglich gewesen - die beiden Filmemacher hatten sich diesen Vorteil zu Nutze
gemacht und planten jede Kameraeinstellung detailgenau durch. Obwohl ohne Storyboards
gearbeitet wurde, hatte Sergio Leone ganze Bilder im Kopf und verwendete
manchmal sogar als Referenz klassische Gemälde, um eine ganz bestimmte Bildkomposition
zu erreichen.
Der Morricone/Leone-Sound entsteht
Musikalische Unterstützung bekam Sergio Leone wieder von Ennio Morricone,
der am liebsten die Musik schon vor dem Beginn der Dreharbeiten geschrieben
hätte, wofür aber wieder keine Zeit war. Dafür arbeiteten Leone und Morricone
schon während der Dreharbeiten eng zusammen und planten die Musikkomposition
bis ins kleinste Detail. Obwohl Sergio Leone gänzlich unmusikalisch war,
gelang es ihm seinem Filmkomponisten und Freund seine Ideen perfekt verständlich
zu machen. Die Melodien wuchsen nun über ihren Kinderlied-Charme hinaus
und waren deutlich weiter entwickelt als zuvor, und zum ersten Mal borgte
Morricone mit Bachs Orgel-Fuge ein Element aus der klassischen Musik.
Die Instrumentierung wurde diesmal noch abenteuerlicher und war weit entfernt
von einem klassischen Filmorchester - stattdessen wurden die menschliche
Stimme und einfaches Pfeifen als Instrumente eingesetzt und als Begleitung
viele Folklore-verwandte Instrumente wie Gitarren und eine Maranzano,
die Maultrommel, verwendet. Aber auch ein kleines Orchester mit dem Schwerpunkt
auf Blechbläsern ist zu hören, so daß die typisch spanisch angehauchten
Trompetensolos ebenfalls nicht zu kurz kommen. Als Kontrast dazu waren
aber auch wieder die knackigen Stratocaster-Gitarrensolos und ein recht
großer Chor mit dabei. Hand in Hand mit der Filmmusik ging auch wieder
die Gestaltung der Geräusche, an denen ausgiebig herumgeschraubt wurde.
Gewalt und Verbrechen
Während in A Fistful of Dollars nicht lange gefackelt wird und
die Geschichte sofort beginnt, läßt sich For a few Dollars more viel Zeit
um die beiden Hauptcharaktere und deren Beziehung zueinander vorzustellen.
Erst nach einer knappen halben Stunde beginnt der eigentliche Plot des
Films, als der manisch lachende Bandit El Indio zum ersten Mal auftaucht
– zuvor wird der Zuschauer nur mit den beiden Kopfgeldjägern ausführlich
bekannt gemacht. Mit der zynischen Darstellung von korrupten Sheriffs
und einem zusammengebrochenen Justizsystem bekommen die beiden Berufskiller
diesmal eine Legitimation für ihr Handeln.
Während man diese Art von Gewalt durchaus als rechtens ansehen kann, sind
die Verbrechen von El Indio umso schockierender, und Sergio Leone schreckt
auch nicht davor zurück dies deutlich in Szene zu setzen. Im Kontext der
Geschichte machen die Gewaltdarstellungen allerdings durchaus einen Sinn,
weil sie ungewohnt realistisch sind – im Gegensatz zu amerikanischen Western
studiert Leone die Gewalt ausführlich und macht keinen Hehl daraus, was
passiert wenn jemand zusammengeschlagen wird.
Ein komplexer Western-Plot
Wenn die eigentliche Story des Films erst einmal begonnen hat, spaltet
sich der Plot auf verschiedene Ebenen auf. Die Rivalität zwischen den
beiden Kopfgeldjägern spielt nur noch eine untergeordnete Rolle, gleichzeitig
entwickelt sich aber eine Verbindung zwischen Colonel Mortimer und El
Indio. Deren wahren Grund erfährt an erst am Ende des Films, aber es werden
Hinweise in Form von einer mysteriösen Taschenuhr gestreut, deren Klingelmelodie
in Morricones Musik den ganzen Film hindurch eine Rolle spielt. Ein dritter
Handlungsstrang, der die meiste Zeit für die Vorantreibung der Geschichte
zuständig ist, dreht sich um die Machenschaften der Indio-Gang und ist
beinahe eine konventionelle Western-Story, wenn sie nicht von den anderen
Elementen des Films begleitet werden würde.
Erzählerisch machte For a Few Dollars More einen riesigen Schritt
nach vorne und zeigte, wie gut sich Sergio Leones einzigartiger Stil weiterentwickelt
hatte. Von der einfachen Story von A Fistful of Dollars zum mehrschichtigen
Plot von For a Few Dollars More war ein weiter Weg, und sowohl
Sergio Leone als auch Clint Eastwood waren in ihrem zweiten gemeinsamen
Film viel sicherer und bodenständiger. Ohne beschränkendes Budget und
unfreundliche Produzenten im Nacken konnte sich Sergio Leone endlich alles
das machen, was ihm mit A Fistful of Dollars noch nicht so richtig
gelungen war.
Während sein erster Western noch mehr ein Prototyp war, ist For
a Few Dollars More eine ausgewachsene Produktion mit allem Drum und
Dran, die sich in Sachen Ausstattung und Inszenierung nicht vor seinen
amerikanischen Vorbildern verstecken brauchte. Die einzigartige Kombination
aus klassischen Western-Elementen, Drama und Komödie mit zwei brillianten
Hauptdarstellern und einem erstklassigen Bösewicht konnte nur Sergio Leone
so bemerkenswert in Szene setzen, während viele Nachahmer des gleichen
Rezepts daran scheiterten.
Die Tür zum Erfolg
Erwartungsgemäß wurde For a Few Dollars More nach seiner italienischen
Premiere im Dezember 1965 im Laufe des nächsten Jahres in ganz Europa
ein großer Erfolg. In englischsprachige Länder schaffte es der Film
jedoch erst zwei Jahre später und wurde dann auch noch geschnitten, weil
besonders die englischen und amerikanischen Verleihe die Gewaltdarstellungen
als problematisch ansahen. Während der Erfolg von Leones zweiten Westerns
in Europa garantiert war, ließen sich die Amerikaner immer noch nicht
wirklich begeistern – für Sergio Leone hatte dies aber keine großen Auswirkungen,
denn er hatte seinen Ruf als fähiger Regisseur nun entgültig begründen
können.
Die DVD
For a Few Dollars More erschien bereits vor einiger
Zeit in den USA und in England als extralose DVD mit recyceltem Laserdisc-Transfer,
dessen Qualität aber noch viel schlechter als bei A Fistful of Dollars
war. Einige Jahre später begann der englisch-amerikanische Rechteinhaber
MGM seine vier Sergio-Leone-Western aufwendig zu restaurieren und brachte
die Filme ab 2003 wieder in die Kinos, aber eine DVD-Veröffentlichung
verzögerte sich noch bis zum Frühjahr 2005.
Zuerst waren nur in England und Australien luxuriöse Special-Editions
der vier Filme erschienen, von denen For a Few Dollars More erstaunlicherweise
fast die beste Bildqualität besaß und wie alle anderen mit ausführlichem
Bonusmaterial bestückt wurde. Einen kleinen Makel hatte die britische DVD
des Films jedoch: am Schluß der Indio-Prügelszene fehlte eine kurze Sequenz,
die während der Restauration wegen fehlendem Filmmaterial unter den Tisch
gefallen war und nur im Bonusmaterial in einer schlechter aussehenden
Version zu sehen ist. MGM hatte erst lange nach der Filmrestauration das
Negativ der Szene finden können, als es schon zu spät war diese wieder
für eine DVD-Veröffentlichung zurück in den Film zu integrieren.
Im Herbst 2005 erschien For a Few Dollars More zusammen mit A
Fistful of Dollars auch in Deutschland, allerdings von Paramount,
die die Filme vom deutschen Rechteinhaber Tobis/Rialto erhielten und Zugriff
auf das MGM-Bonusmaterial und deren Master hatten. Paramount ließ die
MGM-Restaurationen aber noch zusätzlich von TLE-Films überarbeiten, weil
die Bildqualität als zu schlecht empfunden wurde – außerdem wurden zusätzlich
die deutschen und englischen Mono-Tonspuren restauriert und die auf der
englischen DVD fehlende Szene ergänzt. Die potentiell besten Veröffentlichungen
der beiden Filme wurden jedoch wie bei den Nobody-DVDs von Paramount durch
ein fehlerhaftes MPEG-Encoding verschlechtert, das auf progressiven Displays
sehr problematisch werden kann.
For a Few Dollars More macht trotz des schlechten Encodings auf der
deutschen DVD keine schlechte Figur, allerdings sind die Unterschiede
in der Bildqualität zwischen den beiden Versionen viel geringer als bei
A Fistful of Dollars. Die 12-sekündige wiedereingesetzte Szene
ist keine wirklich große Sensation und die englische Mono-Tonspur bringt
durch die fehlende Tonhöhenkorrektur kaum etwas. Das Coverdesign ist fast
noch besser gelungen als bei der britischen DVD, allerdings ist es etwas
seltsam, daß als dritter Hauptdarsteller Klaus Kinski neben Clint Eastwood
und Lee van Cleef zu sehen ist, obwohl Gian Maria Volonté die weitaus
größere und wichtigere Rolle im Film hat.
Wenn man die englische DVD schon besitzt und nicht unbedingt auf die deutsche Tonspur angewiesen ist, sollte man sich die deutsche DVD nur kaufen, wenn man sie wirklich günstig bekommt – bei einem Neukauf sollte man besser zur MGM-Veröffentlichung greifen, solange das Encoding der Paramount-Version noch fehlerhaft ist.
For a Few Dollars More ist 2007 auch in den USA als DVD erschienen, 2010 folgte außerdem eine Blu-Ray.
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Bild
Während MGM-Archivist John Kirk bei der Materialbeschaffung
für die Restauration von A Fistful of Dollars keinen großen Erfolg
hatte und auf ältere Interpositive zurückgreifen mußte, war die Situation
bei For a few Dollars more umso besser: von Produzent Alberto
Grimaldi bekam MGM ein brandneues Techniscope-Interpositiv aus Italien,
das direkt vom Original-Kameranegativ kopiert wurde. Triage Labs übernahm
wie bei den anderen Leone-Western von MGM auch hier die filmbasierte Restauration,
deren Ziel nicht nur eine Aufbereitung für die DVD-Veröffentlichung, sondern
auch die Herstellung eines neuen Kinoprints war.
Da die Filmvorlage viel näher am Kameranegativ war als bei A Fistful
of Dollars ist die Bildqualität auf dieser DVD noch ein ganzes Stück
besser geworden, was aber auch einer etwas sorgfältigeren digitalen Nachbearbeitung
zu verdanken ist. Die Anzahl der Verunreinigungen auf der Filmvorlage
konnte hier fast auf Null gesenkt werden, die wenigen Dropouts die noch
sichtbar sind verstecken sich meistens in den Details des Bilds und fallen
nur ganz selten deutlich auf. Großflächige Beschädigungen sind gar nicht
zu sehen, nur ein paar tanzende Flecken in der ersten Szene sind noch
da, die aber in den früheren Versionen noch viel schlimmer waren.
Für die Paramount-Version wurde das MGM-Master noch zusätzlich digital bearbeitet, aber die Unterschiede der beiden Versionen sind längst nicht so groß wie bei A Fistful of Dollars und in manchen Bereichen sieht die Paramount-DVD sogar etwas schlechter aus. Die wenigen noch vorhandenen Dropouts wurden noch retuschiert, gelegentlich findet sich aber noch der eine oder andere vergessene punktuelle Kratzer. Die Kombination von Rausch- und Schärfefilter von der MGM-DVD wurde hier weggelassen, aber das Bild sieht deswegen nicht viel unschärfer aus, lediglich die typische Techniscope-Filmkörnigkeit ist viel deutlicher zu sehen, was besonders in dunklen Szenen sehr deutlich auffällt. Das Framing der Paramount-Version zeigt noch einen Hauch mehr vom Bild als die MGM-Fassung, weil die schwarzen Balken an den Bildseiten im Overscan-Bereich weggelassen wurden.
Richtig knackig und brilliant sind die Farben, die sehr natürlich und
gut ausgewogen wirken und durch die zahlreicheren Drehorte viel abwechslungsreicher
sind als bei A Fistful of Dollars. Was auf der alten DVD noch
ausgewaschen und verblaßt gewirkt hat, strahlt nun in einer Intensität,
die man nur selten bei einem Film dieses Alters sieht. Gleichzeitig wurde
aber auch darauf geachtet mit den Farben nicht zu sehr zu übertreiben,
um die typische 60er-Technicolor-Farbpalette genau zu treffen. Auch hier
wurde das Farbtiming genauso wie bei A Fistful of Dollars gegenüber
der MGM-Version überhaupt nicht verändert, was aber auch gar nicht nötig
war.
Das Bild ist äußerst stabil und leistet sich weder Ruckeln noch Flattern, nur in ein paar Sekunden ist einmal ein leichtes Flackern zu sehen, was aber auch schnell wieder verschwindet. Die Ausnahme ist der Vorspann, der natürlich nicht vom italienischen Master genommen werden konnte und deshalb ein ganz klein wenig schlechter als der restliche Film aussieht, was man aber auch nur bei sehr genauer Betrachtung entdecken kann – diesen kleinen Qualitätsunterschied konnte auch die zusätzliche Restauration der Paramount-DVD nicht ausgleichen. Die Kompression macht sich nicht negativ bemerkbar und produziert keinerlei sichtbare Artefakte.
Für die Paramount-Ausgabe wurde die kurze Sequenz zwischen 1:37:50 und 1:38:02 wieder in den Film eingesetzt, die auf der MGM-Version gefehlt hatte, weil das Filmmaterial zu spät für die DVD-Veröffentlichung wiedergefunden wurde. TLE-Films hat die 12-Sekunden Sequenz von einem Tobis/Rialto vorliegenden Filmprint entnommen und so gut wie möglich integriert. Wenn man genau hinschaut bemerkt man eine sehr viel schlechtere Detailzeichnung und auch der Ton wird in der englischen Fassung kurz dumpfer, aber der Übergang ist schon sehr gut gelungen und stört nicht wirklich.
Insgesamt macht die Bildqualität einen hervorragenden Eindruck, und das
nicht nur im Vergleich mit der wirklich katastrophalen alten englischen
DVD – MGMs Restauration und der digitale Transfer lassen For a Few
Dollars More nicht wie einen Film von 1965, sondern mehr von 1995
aussehen, der sogar neueste Produktionen locker in die Tasche stecken
kann. Leider hat die zusätzliche Bearbeitung auf der deutschen DVD kaum
positive Auswirkungen auf die Bildqualität und das hervorragende MGM-Master
stellenweise sogar etwas verschlimmbessert. Hinzu kommt noch, daß auch
diese DVD wieder von dem schlechten Authoring der Firma HSG betroffen
ist und auf progressiven Wiedergabegeräten problematisch sein kann – abgesehen
von der wieder eingesetzten Szene hat die MGM-DVD daher trotzdem die Nase
vorn.
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Ton
Wie bei A Fistful of Dollars wurde auch hier der
ursprüngliche Mono-Ton in eine 5.1-Spur umgewandelt. Die deutsche Paramount-DVD
enthält neben dem 5.1-Upmix von MGM (nur in Dolby Digital, nicht auch
in DTS) auch englische und deutsche Mono-Fassungen, die von Eurosync unter
der Leitung von TLE-Films restauriert wurden aber qualitativ nicht mit
der 5.1-Version mithalten können.
Die Materialsituation war noch schlechter als beim ersten Film, MGM-Archivist
John Kirk konnte von der englischen Fassung nur eine vollständige komplett
zusammengemischte Spur und einige Teilstücke der Musik/Effekt- und Dialogbänder
finden - trotzdem wurde For a Few Dollars More deutlich agressiver
neu gemischt, was zu einem etwas gewöhnungsbedürftigen, aber dennoch gelungenen
Raumklang geführt hat. Wie bei A Fistful of Dollars wurde der 5.1-Upmix
wieder tonhöhenkorrigiert, so daß man die Auswirkungen vom PAL-Speedup
nur noch in der Geschwindigkeit, aber nicht in der Tonhöhe hat.
Qualitativ ist am 5.1-Mix nichts auszusetzen. Am Anfang klingt die Titelmusik
noch etwas dünn und blechern, aber im Rest des Films hört sich die Musik
viel voller und kräftiger an. Natürlich sind Dynamik und Frequenzumfang
hörbar eingeschränkt, aber das starke Klirren und Kratzen von den alten
Mono-Versionen ist hier verschwunden und sogar die höchsten Töne klingen
fast sauber. Die Dialoge haben den gleichen leicht blechernen Klang wie
bei A Fistful of Dollars, was aber schlicht und einfach an der
Aufnahmetechnik der englischen Fassung lag und sich auch auf den Mono-Tracks
so anhört.
Die Abmischung wurde diesmal deutlich auf Raumklang getrimmt, was man besonders an der sehr stark stereoisierten Musik bemerkt, die teilweise nicht nur die ganze vordere Soundstage in Beschlag nimmt, sondern sich auch auf die Surroundkanäle ausbreitet. Die dafür eingesetzten Filter sind so gut, daß man die Musik fast für eine diskrete Stereo-Abmischung halten könnte - künstlich klingt das erstaunlicherweise gar nicht, denn auf ein schlechtes Echo wurde hier zum Glück verzichtet. Auch die Geräuschkulisse ist sehr aktiv, wobei auch die Surroundkanäle gelegentlich mit wohlplatzierten Effekten zum Einsatz kommen, die aber nie übertrieben oder unnötig klingen.
Etwas kontroverser ist die Dialogabmischung, bei der man merkt daß der Mix eigentlich für eine sehr große Kinoleinwand gedacht ist. Die Stimmen beschränken sich nicht nur auf den mittleren Kanal, sondern wechseln die Position je nachdem wo sich der Sprecher gerade auf der Leinwand befindet. Das mag zuerst etwas irritierend sein, weil es manchmal mitten im Satz passiert, aber mit einer gut kalibrierten 5.1-Anlage sollte der Effekt durchaus gut wirken und den Raumklang noch verbessern. Wenn man sich einmal dran gewöhnt hat, wird man diese Art der sehr realistischen Abmischung zu schätzen wissen.
Die zusätzliche englische Mono-Tonspur kann sich leider nicht ganz mit
dem 5.1-Upmix messen, denn obwohl die massiven Knackser, Kratzer und andere
Störungen von den früheren Mono-Fassungen entfernt wurden, ist der allgemeine
Klang enttäuschend und hört sich zu sehr nach einer abgenutzten Lichttonspur
an. Frequenzgang und Dynamik sind schlechter als bei der 5.1-Version –
obwohl der Baß fast genauso gut ist, sind die Höhen drastisch eingeschränkt
und neigen auch bei den hohen Pfeiftönen der Musik zu leichtem Klirren,
außerdem macht sich ein kräftiges Grundrauschen bemerkbar. Das wäre alles
noch erträglich, wenn sich die Tonspur nicht durch eine Sache völlig disqualifizieren
würde: TLE hat vergessen hier eine Tonhöhen-Korrektur zu machen, wodurch
die englische Mono-Abmischung gegenüber dem 5.1-Upmix einen viel zu hohen
Klang hat und damit praktisch völlig wertlos ist.
Auch die deutsche Synchronfassung - wie bei A Fistful of Dollars
wieder die ältere Version von 1966 und nicht die Neufassung aus den achtziger
Jahren – konnte auch durch die Restaurationsbemühungen nicht richtig gut
wiederhergestellt werden. Zu den Problemen der englischen Mono-Tonspur
kommt noch ein starkes Kratzen bei manchen Frequenzen, das wie eine beschädigte
Schallplatte klingt – anscheinend war die verwendete Lichttonspur in einem
sehr schlechten Zustand, woran auch das Remastering nicht mehr viel ändern
konnte. Leider wurde auch bei dieser Tonspur keine Speedup-Korrektur durchgeführt.
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Bonusmaterial
Das Bonusmaterial von Paramounts For a Few Dollars
More-DVD wurde bis auf eine fehlende Bildergalerie komplett von MGMs
englischer Special-Edition übernommen und enthält einen hervorragenden
Audiokommentar und eine guten Stunde Extras auf der zweiten DVD, in der
mehr Informationen stecken, als oberflächlich ersichtlich ist. Klein,
aber fein heißt hier wieder das Rezept, mit dem MGM schon sehr viele hervorragende
Special-Editions produziert hat und auch hier wieder Bonusmaterial der
Extraklasse bietet. Lediglich die stimmungsvollen Menüs wurden durch ein
sehr mißlungenes, amateurhaft aussehendes Design ersetzt. Alle Extras
inklusive dem Audiokommentar sind englisch und deutsch untertitelt.
Christopher Fraylings Audiokommentar ist das einzige
Extra auf der ersten Disc, enthält aber auch den Löwenanteil an Information
und ist eine hervorragende Fortsetzung der Kommentarspur von A Fistful
of Dollars. Im gleichen Stil erzählt der Leone-Biograph Frayling hier
wieder von der Entstehung des Films und erwähnt dabei eine unschätzbare
Menge an Hintergrundinformationen, ohne dabei jedoch zu akademisch oder
technisch zu werden. Obwohl Frayling in zwei Stunden kaum einmal eine
Pause macht, kommt nie Langeweile auf – der Filmhistoriker ist ein sehr
guter Erzähler und schafft es problemlos szenenspezifische Bemerkungen
mit allgemeinen Informationen zu verknüpfen.
A New Standard (19:24) ist Christopher Fraylings kleine
Dokumentation über die Entstehung von For a Few Dollars More,
die wie schon bei der DVD des ersten Films ein guter Begleiter zum viel
ausführlicheren Audiokommentar ist. Hier werden nur die wichtigsten Themen
angesprochen, aber die Auswahl ist so gut gelungen daß man nicht das Gefühl
hat etwas zu verpassen.
Back for More (6:49) ist der zweite Teil des 2003 aufgezeichneten
Interviews mit Clint Eastwood, der von den Dreharbeiten von For a
Few Dollars More, aber auch allgemein von seiner Karriere in Sergio
Leones Western erzählt. Zwar ist auch hier in etwas über fünf Minuten
sehr viel untergebracht worden, aber es ist schade daß Clint Eastwoods
ungewohnte Gesprächigkeit hier nicht für ein längeres Interview genutzt
wurde.
Tre Voci / Three Voices (10:36) bringt zum zweiten Mal
Produzent Alberto Grimaldi, Drehbuchautor Sergio Donati und Übersetzer
Mickey Knox in einem kurzen Featurette zusammen, die wieder über ihren
alten Kollegen Sergio Leone und die Entstehung seines zweiten Westerns
plaudern.
In Restoration Italian Style (4:41) gibt MGM-Archivist
John Kirk wieder einen kurzen, aber interessanten Überblick über die Restauration
des Films und welche ungewöhnlichen Mittel dafür eingesetzt wurden.
The American Release Version – Extended Scenes
(5:04) demonstriert in drei gekürzten Szenen, wie stark die amerikanische
Erstfassung geschnitten war. Allerdings hat dieses Featurette den Namen
"Extended Scenes" tatsächlich verdient, da hier ein Teil der Prügelszene
dabei ist, die wegen fehlendem Filmmaterial auf der ersten DVD nicht zu
sehen ist. Die Szenen werden von erklärenden Texttafeln eingeleitet und
sind zwar im Originalformat, haben aber allerhöchstens VHS-Qualität.
Die Location Comparisons (11:45) von Donald S. Bruce
und Marla J. Johnson zeigen in eindrucksvollen Vorher-Nachher-Vergleichen,
wie die spanischen Drehorte heutzutage gegenüber 1965 aussehen.
Im Menü Promotional Material befinden sich zwölf Radio
Spots (6:59), der Original Theatrical Trailer (3:38)
und der Double Bill Trailer (1:57), wobei letzterer der
gleiche wie auf der A Fistful of Dollars-DVD ist.
Die vierzigteilige Bildergalerie der MGM-DVD fehlt bei dieser Paramount-Ausgabe
leider, stattdessen gibt es nur die DVD Promo Trailers The Dollar
Movies on DVD (1:50) und Nobody on DVD (1:32),
sowie noch den Menüpunkt About the Transfer and the Mastering,
die auf acht Bildschirmseiten die Pressemeldung von TLE-Films über die
DVD reproduziert.
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