Der Film
Ägypten 1914. Mitten in einer Ausgrabung landet ein außerirdisches Raumschiff, daß zwei Archäologen, die gerade mit einer Ausgrabung beschäftigt sind, fast zu Tode erschreckt. Die Mondoshawan wollen trotz ihres furchterregenden Aussehens der Menschheit nichts Böses - ganz im Gegenteil, sie haben eine Verteidigungsmöglichkeit gegen das ultimative Böse auf der Erde deponiert und wollen jetzt nur den Zündschlüssel in Form von vier Steinen und dem geheimnisvollen fünften Element abholen. Ihnen ist der Aufbewahrungsort nicht mehr sicher genug, aber sie versprechen wiederzukommen wenn in dreihundert Jahren das Böse die Erde angreifen wird. In der Zwischenzeit soll das Geheimnis des fünften Elements von den Nachfahren der Priester bewahrt werden.
Im 23. Jahrhundert ist es auch dann soweit - ein riesiger dunkler Klumpen fliegt auf die Erde zu und läßt sich nicht einmal durch die gewaltige Verteidigungsmaschinerie aufhalten. Die Mondoshawan sind mit dem fünften Element im Gepäck schon unterwegs, aber dummerweise wird ihr Raumschiff von den kriegerischen Mangalores abgeschossen und zerstört - nicht ohne Grund, denn im Auftrag von Zorg, einem irdischen Waffenhändler und Psychopathen, sollen sie die vier wertvollen Steine klauen. Ein paar Trümmer des Raumschiffs werden auf der Erde geborgen und durch Klontechnik kann das fünfte Element wieder zusammengesetzt werden - daß dabei ein schönes rothaariges Mädchen bei herauskommt, hätte allerdings niemand für möglich gehalten. Dieses scheinbar zerberechliche junge Frau bricht aus dem hermetisch abgeriegelten Labor aus und springt auf der Flucht vor der Polizei vom Hochhaus. Leelo, so der Name der Verkörperung des fünften Elements, landet mit einem großen Krach im Taxi des Ex-Soldaten Korben Dallas, der sie nach anfänglichem Zögern in Schutz nimmt...
Jeder Filmemacher hat einen ganz besonderen Traum, aber nur wenige können
ihn tatsächlich realisieren. Der französische Regisseur Luc Besson schaffte
es aber mit The Fifth Element, seinen sprichwörtlichen Kindheitstraum
in die Realität umzusetzen - es hatte fast zwanzig Jahre gedauert, aber
dann war der bunteste, ausgeflippteste und verrückteste Science-Fiction-Film
aller Zeiten fertig und wurde zu einem der größten Blockbuster der neunziger
Jahre.
A Boy and his Dreams
Angefangen hatte alles in der Jugend des Filmemachers - als Einzelkind
hatte Besson oft große Langeweile und ließ seine überaktive Phantasie
auf dem Papier freien Lauf. Geprägt vom Science-Fiction und Fantasy-Genre
der siebziger Jahre erdachte Besson ganze Welten und hatte mit 16 Jahren
schon die erste Version einer Geschichte namens Zaltman Bleros
geschrieben, die er im Laufe der Zeit zu einem vollständigen Roman erweitert
hatte, der aber nie veröffentlicht wurde. Ursprünglich wollte der Sohn
eines Tauchlehrer-Ehepaars Marinebiologe werden, aber ein Tauchunfall
im Alter von 17 Jahren machte dies unmöglich.
Stattdessen begann sich Besson kleine Jobs in der französischen Filmbranche
anzunehmen und zog für einige Jahre in die USA, kehrte dann aber nach
Frankreich zurück und gründete seine eigene Produktionsfirma, mit der
er 1981 einen Kurzfilm und zwei Jahre später seinen ersten Kinofilm Le
Dernier Combat, eine düstere postapokalyptische Geschichte, drehte.
In den folgenden Jahren begann Besson sich langsam mit Subway
und Le Grand Bleu als kompetenter Filmemacher mit einem ganz
besonderen Stil zu etablieren.
Zaltman Bleros, oder: Das fünfte Element
Schon Mitte der achtziger Jahre fing Luc Besson an, sein Science-Fiction-Epos
Zaltman Bleros in ein richtiges Filmdrehbuch umzuwandeln. Die
erste Version stellte er während den Dreharbeiten von Le Grand Bleu
fertig, aber das 400 Seiten dicke Script war praktisch unverfilmbar und
wäre nicht nur viel zu lang, sondern auch viel zu teuer geworden. Um seine
Vision auf ein kinokompatibleres Format zusammenzustreichen, knüpfte Luc
Besson einen Kontakt zum amerikanischen Drehbuchautor Robert Mark Kamen,
mit dem er Zaltman Bleros in die englische Sprache übertrug und
auf weniger als die Hälfte eindampfen konnte, ohne dabei seine eigentliche
Idee zu beeinträchtigen.
Ursprünglich sollte der Film, nun Le Cinquième Element oder The
Fifth Element umbenannt, schon Anfang der neunziger Jahre in Produktion
gehen, aber Luc Besson und sein Produzent Patrice Ledoux entschieden sich
mit den Vorbereitungen erst richtig zu beginnen, wenn sicher war daß die
nötigen aufwendigen Special-Effects auch wirklich realisiert werden konnten.
Deshalb zog Luc Besson nach seiner Meeresdokumentation Atlantis
erst einmal Léon - The Professional vor, eine vergleichsweise
kleine und einfache Produktion, die 1994 in die Kinos kam und den Ruf
des Filmemachers entgültig zementierte und damit die finanzielle Unterstützung
für The Fifth Element sichern konnte.
Vorbereitungen für eine Vision
Fast zehn Jahre nachdem Luc Besson ernsthaft begonnen hatte seine Science-Fiction-Geschichte
zum Filmdrehbuch zu machen, konnten die Vorbereitungen für eine Verfilmung
beginnen. Mit einem Budget von fast 100 Millionen Dollar sollte The
Fifth Element eine der bis heute größten europäischen Filmproduktionen
werden - produziert und finanziert wurde der Film hauptsächlich von Gaumont,
aber eigentlich war es eine vollständige französisch-britische Co-Produktion,
weil die Dreharbeiten fast ausschließlich in England stattfanden. Bevor
die eigentlichen Dreharbeiten begannen, lag aber noch ein über zwei Jahre
dauernder Preproduction-Prozess vor dem Film, in dem vor allem die enorm
wichtige Gestaltung des Films realisiert werden mußte.
Luc Besson hatte zwar seinen Film im Kopf schon fertig, aber für die visuelle
Umsetzung holte er sich erstklassige Hilfe - Jean-Claude Mézières und
Jean "Moebius" Giraud wurde die Erstellung von ausführlichen Konzeptzeichnungen
anvertraut, die mit einem kleinen Team über ein Jahr lang zusammen mit
Luc Besson die Welt von The Fifth Element zeichnerisch erschufen.
Besson hatte Mézières und Giraud nicht rein zufällig ausgewählt, denn
als großer Fan von ihren Comicbüchern war die Idee seiner Zukunftsvision
auch auf Basis ihrer Werke entstanden, so daß sie die Vorstellungen des
Filmemachers sehr genau umsetzen konnten. So wurde Luc Bessons Drehbuch
fast komplett illustriert, um ein Gefühl für das zukünftige Aussehen des
Films zu bekommen. Die Konzeptzeichnungen wurden später von den Produktionsdesignern
und Special-Effects-Grafikern als enge Vorlage eingesetzt, um den Films
exakt nach den Vorstellungen von Luc Besson gestalten zu können, der selbst
stark in jede Phase des Produktionsdesigns eingebunden war.
Science-Fiction auf Französisch
Luc Besson hatte nie behauptet, daß seine Science-Fiction-Geschichte besonders
anspruchsvoll wäre, denn ganz im Gegenteil versuchte er mit voller Absicht
seine jugendliche Phantasie in einen Film umzusetzen, ohne seine Ideen
viel zurückzuschrauben. Daher war The Fifth Element schon von
Anfang an erst gar kein ernstes Science-Fiction-Drama, sondern ein buntes,
lustiges und ausgelassenes Spektakel, das zwar eine ganz originelle Story
mit völlig eigenen Charakteren besitzt, aber insgesamt doch eine große
Hommage an seine Science-Fiction- und Fantasy-Vorgänger ist und sie oft
sogar ganz kräftig durch den Kakao zieht. Es steckt fast von jedem großen
SF-Franchise etwas in The Fifth Element: ein bißchen Star
Trek, sehr viel Star Wars, sogar etwas Dune und
auch ganz triviale Comic-Elemente à la Flash Gordon wurden so
dicht miteinander verzahnt, daß das Ergebnis weniger wie ein planloser
Mischmasch als eine solide eigene Szenerie wirkt.
Dank einer große Menge an vielfältigen Charakteren, überdurchschnittlich
vielen intelligenten Dialogen und einem nicht zu unterschätzender Anteil
an Satire und Parodie haben es Luc Besson und Robert Mark Kamen geschafft,
aus der eigentlich sehr simplen Gut- und Böse-Geschichte ein erstklassiges
Drehbuch zu machen. Das Verhältnis zwischen Handlung und Action und Handlung
ist sehr gut ausgewogen - natürlich baut sich der Film um ein paar große
zentrale Actionsequenzen auf, die aber so gut in die Handlung integriert
wurden, daß ein Baukastenschema kaum bemerkbar ist. Auch die opulente
visuelle Ausstattung hat Luc Besson nicht davon abgehalten, sich auf das
Erzählen der Geschichte zu konzentrieren und nicht nur eine Fassade um
eine leere Hülle aufzubauen.
Auf der Suche nach einem Helden
Für seinen Hauptdarsteller hatte Luc Besson von Anfang an nur einen im
Sinn: Bruce Willis, der sich seit Ende der achtziger Jahre als ironischer
Actionheld einen Namen gemacht hatte und in den Augen des Regisseurs genau
der richtige für die Rolle des heruntergekommenen Taxifahreres Korben
Dallas war. Durch die Präsenz von Bruce Willis wird dieser Charakter eigentlich
nur zu einer in den Weltraum verlagerten Variante von Willis' John McClane
aus den Die Hard-Filmen, ist aber weit davon entfernt ein bloßer
Abklatsch zu sein - er ist voll und ganz Luc Bessons eigener Charakter,
der aber von Bruce Willis auf seine ganz eigene Weise gespielt wurde.
Oft wurde The Fifth Element als seine erste komödiantische Rolle
bezeichnet, aber tatsächlich hatte Bruce Willis schon früher oft sehr
lustige Charaktere gespielt und hatte daher schon jede Menge Erfahrung
in diesem Bereich.
Das titelgebende fünfte Element in Form eines hübschen jungen Mädchens
mit knallroten Haaren war offenbar aus Luc Bessons damaliger jugendlicher
Phantasie entsprungen und sollte auch dementsprechend besetzt werden -
der Regisseur ließ hunderte von Models und Schauspielerinnen testen und
entschied sich schließlich für das ukraninisch-amerikanische Model Milla
Jovovich, die auch schon einige Schauspielerfahrung hatte und so bestens
für die nicht ganz unkomplizierte Rolle geeignet war. "Leelo", das "Supreme
Being" mag zwar äußerlich eine typische Comicfigur und eine undankbare,
fast sexistische Rolle für eine Schauspielerin sein, aber tatsächlich
hat Milla Jovovich viel mehr zu tun als nur gut auszusehen und durch die
Gegend zu turnen. Bemerkenswert ist die Rolle auch durch die von Luc Besson
erdachte und zusammen mit Milla Jovovich verfeinerte Divine Language,
die die Schauspielerin mit einer bestechenden Natürlichkeit verwendet
und sich dadurch nicht wie sinnloses Geplapper, sondern wie eine richtige
Fremdsprache anhört.
Priester, Gauner und Radiostars
Einen Schauspieler der alten Schule konnte Luc Besson für die Rolle des
Priesters Vito Cornelius gewinnen: den Engländer Ian Holm, ein rennomierter
Theater- und Filmschauspieler, der mit Alien sogar schon in einem
der berühmtesten Science-Fiction-Filme aller Zeiten mitgespielt hatte.
Seine Rolle in The Fifth Element war aber weitaus bodenständiger,
denn der etwas zerstreute und nervöse Priester ist für eine so ausladende
Science-Fiction-Geschichte eigentlich richtig konventionell, bringt aber
das notwendige irdische und fast normale in die Geschichte - und auch
einigen Humor, denn zusammen mit Charlie Creed-Miles als tolpatschigem
Lehrling David ist Ian Holm für einige hervorragende Situationskomik in
The Fifth Element verantwortlich, obwohl er seine Rolle trotzdem
erstaunlich seriös spielt.
Manchmal als gigantische Fehlbesetzung angesehen, aber eigentlich ist
die Besetzung des Industriellen-Gauners Jean Baptiste Emmanuel Zorg mit
Gary Oldman ein Geniestreich. Dessen exzentrische Darstellung des schmierigen
Waffenhändlers mag vielleicht völlig überzogen sein, ist aber eine gelungene
Satire auf alle typischen Comic-Bösewichte und wirkt gerade deshalb von
allen Charakteren des Films am meisten wie eine Comicfigur. Die Besetzung
der Rolle ist auch nicht rein zufällig, denn Luc Besson hatte Gary Oldman
schon bei den Dreharbeiten von Léon kennengelernt und ihm den
Charakter auf den Leib geschrieben, obwohl es eigentlich gar keine typische
Rolle für ihn ist.
Mit voller Absicht richtig auf den Nerv geht der völlig ausgeflippte Radiomoderator
Ruby Rhod, für den Luc Besson den Standup-Komiker Chris Tucker, berühmt
für sein "Motormouth", engagieren konnte. In der Story hat Ruby Rhod praktisch
überflüssig und ist im Prinzip nur Staffage, weshalb der Charakter auch
so auffällig wie nur möglich gemacht wurde. Auf dem Papier noch geradezu
harmlos wirkend hat Chris Tucker aus seinem Charakter eine wilde Mischung
aus Michael Jackson und Prince gemacht und erstaunlicherweise die rasanten
Quasseleien kaum improvisiert, sondern sich exakt an das Drehbuch gehalten.
Obwohl es sich um eine der größten Nervensägen der Kinogeschichte handelt,
ist Chris Tuckers Ruby Rhod eine beeindruckende Performance, die perfekt
zu der verspielten Art des Films paßt.
Professoren, Präsidenten und Überraschungen
Obwohl The Fifth Element von den Hauptcharakteren getragen wird,
haben die Filmemacher die zahllosen Nebenrollen genauso sorgfältig und
originell besetzt. Schon im Prolog des Films sind als Professor Pacoli
der englisch-polnische Schauspieler John Bluthal und der Ex-Fernsehstar
Luke Perry als sein Assistent Billy in zwei kurzen, aber eindrucksvollen
Rollen zu sehen. Später spielt der englische Schauspieler John Neville
einen kurzlebigen General, dessen Funktion in der Geschichte von Korbens
ehemaligem Vorgesetzten General Munro übernommen wird, der mit einem leichten
Schmunzeln von Brion James dargestellt wird.
Ganz ungewöhnlich besetzt hat Luc Besson die Rolle des Präsidenten, die
er an den zum Schauspieler gewordenen Ex-Wrestler Tommy 'Tiny' Lister
vergab. Das hätte potentiell sehr peinlich werden können, aber tatsächlich
ist Tommy Lister ein erstaunlich guter Schauspieler und schafft es, seine
Rolle irgendwo zwischen völliger Ernsthaftigkeit und deutlicher Ironie
anzusiedeln. Letztendlich hat Luc Besson in den Nebenrollen noch ein paar
Überraschungen versteckt - der französische Schauspieler Matthieu Kassovitz
hat einen Kurzauftritt als schwerbewaffneter Räuber vor Korbens Haustür,
der britische Komiker Lee Evans ist in einer Minirolle als Matrose dabei
und Mac McDonald, der Captain Hollister in der englischen SF-Comedyserie
Red Dwarf spielte, ist kurz als Streifenpolizist zu sehen, der sich gerade
bei McDonalds sein Mittagessen besorgt und damit praktisch zum doppelten
In-Joke wird.
Aliens, Aliens!
In Luc Bessons Welt des 23. Jahrhunderts sind Lebewesen von fremden Planeten
etwas ganz normales, aber trotz der vielen menschlichen Charaktere hat
sich der Filmemacher mit den Aliens erstaunlich zurückgehalten. Lediglich
eine handvoll verschiedene Außerirdische Rassen hat The Fifth Element
zu bieten, die aber dafür umso beeindruckender sind. Gleich zu Beginn
des Films bekommt man einen kurzen Eindruck von den mysteriösen mechanischen
Mondoshawn, deren komplexes Retro-Design und ihr organisch aussehendes
Raumschiff fast zu gut für einen nur so kurzen Auftritt sind.
Im direkten Kontrast dazu stehen die Mangalores, die eine breite Parodie
auf sämtliche halb-animalische Bösewichte des Science-Fiction- und Fantasy-Genre
sind. Die häßlichen Monster hätten wie simple Puppen aussehen können,
wenn sie geauso wie die Mondoshawn nicht von einem der besten Experten
der Branche gestaltet worden wären: Nick Dudman hatte Anfang der achtziger
Jahre als Lehrling von Stuart Freeborn am Yoda des zweiten Star Wars-Films
mitgearbeitet und war seitdem nicht nur für Lucasfilm-Produktionen zuständig,
sondern realisierte auch für viele andere Filme die sogenannten "Creature
Effects". In The Fifth Element bestanden diese aus einer komplizierte
Mischung aus Makeup und Animatronik, die von Dudmans 55-köpfigem Team
entworfen, gebaut und kontrolliert wurden.
Die französische Invasion
Die Dreharbeiten begannen mit dem Prolog, der in der beeindruckenden Wüstenlandschaft
von Mauretanien gedreht wurde. Es waren aber die einzigen Aufnahmen, die
unter freiem Himmel und natürlicher Umgebung stattfanden, denn der Rest
des Films wurde komplett im Studio inszeniert. Da sich in Frankreich keine
geeigneten Studioanlagen fanden, die groß genug waren, blieb den Filmemachern
nichts übrig als die Produktion nach England zu verlagern. Gedreht wurde
in den legendären Pinewood-Studios, wo nicht nur die riesige 007-Stage
komplett in Beschlag genommen wurde, sondern auch noch andere Bühnen auf
dem Studiogelände, auf denen Produktionsdesigner Dan Weil mit Hilfe der
erfahreren britischen Handwerker insgesamt neun riesige Sets gleichzeitig
aufgebaut hatte.
Eine Szene wurde allerdings nicht in Pinewood gedreht, sondern an einem
ganz irdischen Ort: die Opern-Sequenz wurde stilecht im Londoner Royal
Opera House mit einem voll besetzten Publikum gedreht und später per Bluescreen-Technik
in der Postproduktion ergänzt. Die Studio-Kulissen sind nicht alle so
futuristisch wie man bei einem Science-Fiction-Film annehmen würde - insbesondere
der Luxusliner Fhloston Paradise sieht zwar sehr edel, aber nicht übermäßig
fremd aus. Auch mit dem New York des 23. Jahrhunderts haben sich die Designer
nicht allzusehr ausgetobt, sondern trotz des fliegenden Autoverkehrs immer
noch sehr realistisch, weil auf eine klinisch reine Utopie verzichtet
und stattdessen die Stadt immer noch so dreckig und organisch wie in der
Gegenwart gestaltet wurde.
Die Dreharbeiten wurden nach etwas über 100 Tagen mit der größten und
kompliziertesten Szene abgeschlossen, dem großen Schlußkampf in der Lobby
des Luxusliners. Luc Besson inszenierte dieses Spektakel in bester Die
Hard-Manier mit viel Spannung, Action und einiger wohldosierter Ironie
inszeniert wurde - und einer der größten Explosionen der Filmgeschichte,
die zum Ende der Dreharbeiten stattfand, weil die Kulisse mit einer kontrollierten
Sprengung in die Luft gejagt wurde. Die Explosion war so heftig, daß die
Kulissen Feuer fingen, aber die früher schon öfter in Brand geratene 007-Stage
von der studioeigenen, gut vorbereiteten Feuerwehr geschützt werden konnte.
Taxis und Raumschiffe
Der Hauptgrund, weshalb Luc Besson die Produktion von The Fifth Element
erst Mitte der neunziger Jahre in Angriff genommen hatte, war die noch
nicht ganz perfekte digitale Special-Effects-Technik. Weil es in Europa
in den neunziger Jahren noch keine Firmen gab, die den komplizierten Anforderungen
der Filmemacher gerecht werden konnten, wandte sich Luc Besson schon sehr
früh an Digital Domain in Los Angeles, ein Unternehmen das von James Cameron
und Ex-ILM-Manager Scott Ross 1993 gegründet wurde und sich bald neben
ILM als eine der besten Special-Effects-Machern der Filmbranche etabliert
hatte. Geleitet wurde das Effects-Department von Mark Stetson, der schon
für den ersten Star Trek-Film, Ridley Scotts Blade Runner
und viele andere Filmen Miniatur-Effekte realisiert hatte und bei The
Fifth Element erstmals mit umfangreichen computergenerierten Grafiken
arbeitete.
Als ausgewachsener Science-Fiction-Film mußten für The Fifth Element
nicht nur jede Menge futuristische Kulissen gebaut, sondern auch viele
visuelle Effekte erstellt werden. Dabei ging es nicht nur um die typischen
Weltraum- und Raumschiff-Sequenzen, sondern um eine immens komplexe Sequenz
im futuristischen New York des 23. Jahrhunderts, in dem eine rasante Verfolgungsfahrt
mit fliegenden Autos stattfinden sollte. Vollständig im Computer entstanden
diese Szenen allerdings noch nicht, sondern wurden mit einer Kombination
aus traditionellen Modellaufnahmen und computergenerierten Kulissen umgesetzt,
konnten aber gerade deswegen sehr realistisch aussehen und mit einem enorm
hohen Detailreichtum begeistern.
Sphärenklänge im Weltraum
Luc Besson hat die Bezeichnung Weltraumoper so wörtlich genommen, daß
in einer der unvergesslichsten Szenen des Films tatsächlich eine Oper
im Weltraum gesungen wird. Diva Plavalaguna, dargestellt unter schwerem
Kostüm und Makeup von der französischen Schauspielerin Maïwenn Le Besco
und mit der Stimme der albanischen Opernsängerin Inva Mula-Tchako, singt
einen Auszug aus der Oper Lucia di Lammermoor von Gaetano Donizetti, der
in den neu komponierten Diva Dance nahtlos übergeht. Ursprünglich wollte
Luc Besson eine Aufnahme der Oper von Maria Callas aus den fünfziger Jahren
verwenden, die aber technisch nicht für die moderne Filmsoundtrack geeignet
war und so eine Neuaufnahme notwendig machte. Die Vokalakrobatik des Diva
Dance wurde erstaunlicherweise nicht durch digitale Trickserei erreicht,
sondern tatsächlich so von Inva Mula-Tchako gesungen.
Für die Filmmusik gab es für Luc Besson nur eine einzige Wahl - sein alter
Bekannter Eric Serra, der schon alle seine vorherigen Filme vertont hatte
und gerade zuvor für die Musik für den 17. Bond-Film Goldeneye verantwortlich
war. Seine Musik für The Fifth Element war eine völlige Abkehr
von der traditionellen Art der Science-Fiction-Scores, denn Eric Serra
setzte deutlich auf eine mittelöstliche Klänge als auf eine klassische
Orchestermusik. Synthesizer-Klänge, fremde Instrumente und ein Stück des
algerischen Musikers Kahled machen die Musik zu einer etwas gewöhnungsbedürftigen
Sache, die aber dadurch eine faszinierende und vielfältige Klangkulisse
erzeugt, die mit herkömmlichen Mitteln kaum hätte erreicht werden können.
Premiere einer Weltraumoper
1997 war das Jahr des Science-Fiction-Films schlechthin - George Lucas
brachte die Special-Editions seiner Star Wars-Trilogie erneut in die Kinos,
und mit Barry Sonnenfelds Men in Black kam die ultimative Science-Fiction-Parodie
auf die Leinwände, wodurch The Fifth Element gerade zur richtigen
Zeit kam. Nach der fast zweijährigen Filmproduktion unter höchster Geheimhaltung
wurde das Geheimnis um The Fifth Element auf den Filmfestspielen
in Cannes mit einer riesigen Werbekampagne enthüllt, wo Luc Bessons Traumprojekt
als Eröffnungsfilm lief. Die Reaktionen waren durchweg positiv, nur wenige
kritisierten den Film als zu aufdringlich, einfallslos oder überfrachten
- die meisten Kritiker waren der einhelligen Meinung, daß es Luc Besson
gelungen war großartiges Popcornkino der Extraklasse zu inszenieren und
lobten die besondere Optik, den gelungenen Humor und die engagierten Schauspieler.
Die fast 100 Millionen Dollar teure Produktion war ein enormes Risiko
für die europäischen Investoren, das Filmstudio Gaumont und letztendlich
auch für Luc Besson selbst gewesen - wäre The Fifth Element kein
Erfolg geworden, hätte dies praktisch das Ende seiner Karriere bedeutet.
Mit Hilfe eines brillianten Teams, großartigen Schauspielern und einem
von Anfang an soliden Drehbuch gelang es dem Filmemacher aber trotzdem
seine Vision erfolgreich auf die Leinwand zu bringen. Die Zuschauer dankten
es ihm mit vielen Kinobesuchen - in den USA war The Fifth Element
kein riesig großer Erfolg, aber die weltweiten Einspielergebnisse waren
so enorm, daß sie ein vielfaches der Produktionskosten wieder einspielen
konnten.
Zehn Jahre nach seiner Premiere ist The Fifth Element zu einem
modernen Klassiker des Science-Fiction-Genres geworden - eine SF-Produktion
dieser Art hatte es seitdem nicht wieder gegeben, nur der einzigartige
visuelle Stil wurde später gerne kopiert, aber nie wieder auf die gleiche
Weise eingesetzt. Trotz der etwas gewöhnungsbedürftigen lauten und knalligen
Art ist The Fifth Element einer der letzten großen Weltraumopern
der alten Schule, die noch nicht wie ein komplett digital produziertes
Computerspiel aussehen und sich vor allem nicht so furchtbar ernst nehmen.
Die DVD
The Fifth Element hat eine sehr bewegte Geschichte im Heimkino-Bereich hinter sich. Die erste DVD kam schon in den frühen Tagen des neuen Formats in den USA im Oktober 1997, eine deutsche DVD folgte im September 1998 von BMG. Diese Disc galt damals als Referenz, hatte aber einen stark überfilterten Transfer von einem deutschen Filmprint im falschen Bildformat und den englischen Ton nur als MPEG2-2.0-Spur. Im September 2001 brachte BMG dann die Remastered Deluxe Edition heraus, die noch mehr Extras, einen viel besseren Transfer sowie englischen und deutschen Ton in DD und DTS besaß - einen Monat später legte Columbia-Tristar in Region 1 mit der Superbit-DVD des Films nach, die ein noch etwas besseres Bild als die deutsche DVD bot, aber keinerlei Extras hatte.
Erst 2003 erschien in England von Pathé eine DVD von The Fifth Element, die erstmals eine wirklich gute Sammlung von Extras besaß: neben einem Audiokommentar mit der Special-Effects-Crew hatte Pathé eine eigene einstündige Dokumentation und einige Featurettes neu produziert. Allerdings wurde für diese DVD nicht das amerikanische Bildmaster, sondern der gleiche Transfer, der auch schon auf der UFA/BMG-Disc zum Einsatz kam - die hervorragenden Extras machten die leichen Einschränkungen der Bildqualität allerdings wieder wett und damit die Pathé-DVD zur bisher besten DVD-Veröffentlichung des Films. Daran konnte auch die 2005 von Sony in den USA veröffentlichte Ultimate Edition nichts ändern, die zwar das Superbit-Master verwendete, aber statt den Extras der britischen DVD lediglich eine zweite Disc mit vielen einzelnen Featurettes hatte.
Ende August 2007 veröffentliche dann Universum (Ex-BMG/Ufa) in Deutschland ein 3-Disc-Set mit dem seltsamen Titel Re-Remastered Edition, die eine dritte DVD mit dem Bonusmaterial der englischen DVD sowie den Audiokommentar enthält und scheinbar einen viel besseren Bildtransfer hat. Der entpuppte sich aber nach ersten berichten als die gleiche Abtastung wie bei der alten DVD heraus, lediglich mit einem an die Farbgebung der US-Version angepaßten Farbtiming.
Da die in dieser Kritik rezensierte Remastered Deluxe Edition inzwischen nicht mehr im Handel ist und die neue Re-Remastered-Version alle Vorzüge der britischen DVD bietet, kann man bei einem Neukauf durchaus die neue deutsche DVD empfehlen - wenn man allerdings mit der Bildqualität der Remastered Deluxe Edition zufrieden ist und keinen deutschen Ton benötigt, sollte man sich besser aus England die viel günstigere Pathé-Version importieren.
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