The Fortune Cookie
Cover

6.2.2012 #533

Original vom 2.7.2002
von Guido Bibra

Titel The Fortune Cookie
Studio United Artists (1966)
Hersteller MGM Home Entertainment (2001) EAN 0-27616-85893-1
DVD-Typ 9 (6,64 GB) Bitrate ø 7,1 max. 8,0
Laufzeit 125:32 Minuten Kapitel 16
Regionalcode 1 (USA/Kanada) Case Amaray I
Fernsehnorm NTSC
Bildformat 2.30:1 16:9 ja
Tonspuren Dolby Digital 2.0 Mono 192 kbit/s Englisch, Französisch
Untertitel Spanisch, Französisch
Freigabe Not Rated
Extras • Original Theatrical Trailer

Der Film

Der Fernseh-Kameramann Harry Hinkle (Jack Lemmon) hat es nicht leicht: bei einem Footballspiel wird er aus Versehen von Spieler "Boom Boom" Jackson (Ron Rich) umgerannt und landet im Krankenhaus. Obwohl ihm eigentlich nichts fehlt, kommt sein Schwager Willie Gingrich, ein Rechtsanwalt im schlimmste Sinne des Wortes, auf die Idee den Fernsehsender, das Footballteam und den Spieler auf eine Million Dollar zu verklagen - und das klappt nur, wenn Harry den eingebildeten Kranken spielt und diverse Lähmungen und andere Beschwerden vortäuscht. Hinkle gelingt es sogar Harrys Ex-Frau Sandy (Judi West) zurückzuholen, um bei diesem groß angelegten Schwindel zu helfen. Harry wird von Ärzten durchleuchtet, gepiesackt und sogar von der Versicherungsgesellschaft belauscht und beobachtet...

 


Niemand beherrschte die Kunst der Komödie besser als Billy Wilder, der aber trotz seines Rufs als Gag-König der fünfziger und sechziger Jahre sich mehr auf die romantische und manchmal auch dramatische Komödie konzentriert hatte. Einer hatte ihm dabei in seiner Karriere besonders geholfen: Jack Lemmon, der für Billy Wilder das erste Mal 1959 gemeinsam mit Tony Curtis in Some Like It Hot vor der Kamera gestanden hatte und danach in The Apartment und Irma La Douce (beide Male mit Shirley MacLaine) noch zweimal mit ihm zusammengearbeitet hatte. 1964 wollte Billy Wilder ihn auch in Kiss Me, Stupid neben dessen Frau Felicia Farr casten, aber Lemmon war schon mit Blake Edwards' The Great Race beschäftigt und wurde zuerst von Peter Sellers und dann nach dessen durch Streß ausgelöstem Herzinfarkt durch Ray Walston ersetzt. Es wurde trotzdem einer von Wilders frechsten Filmen - zu frech für Amerika, weshalb Kiss Me, Stupid kein großer Erfolg wurde.

Billy Wilder und sein Drehbuchautor I.A.L. Diamond erholten sich daraufhin mit einem etwas harmloseren Thema, der Versicherungsbetrugs-Farce The Fortune Cookie. 1965 hatte Jack Lemmon wieder einen freien Terminkalender und war sofort bereit, die Rolle des falschen Unfallopfers Harry Hinkle zu spielen, aber sein Partner war noch nicht gecastet worden. Für Harrys Schwager, den windigen Anwalt "Whiplash" Willy Gingrich, hatten Billy Wilder und die Mirisch Corporation zuerst einen gleichwertigen Star wie Frank Sinatra oder Jackie Gleason vorgesehen, aber Jack Lemmon hatte eine viel bessere Idee: Walter Matthau, der in vielen kleinen und großen Nebenrollen im Kino der fünfziger und sechziger Jahre durch leicht komödiantisch angelegte linkische und schmierige Charaktere bekannt geworden war und gerade am Broadway in Neil Simons The Odd Couple auf der Bühne stand.

Auch Billy Wilder hatte das enorme Potential zwei so brillianter Schauspieler erkannt und hatte damit das erste Mal das wahre Odd Couple, das seltsamste Paar der Filmgeschichte zusammengebracht. Die Kombination des mehr romantischen, verträumten und komischen Jack Lemmon und dem schlunzigen, zwielichtigen und verschlagenen Walter Matthau war das perfekte Rezept für The Fortune Cookie, aber tatsächlich wurde der Film noch mehr von den Solo-Auftritte der beiden Schauspieler getragen als ihren gemeinsamen Szenen. Das Drehbuch war haargenau auf die beiden Hauptdarsteller abgestimmt worden, um so eine mögliche Überdosis von Lemmon und Matthau zu vermeiden, denn verglichen mit den späteren gemeinsamen Filmen des Duos war The Fortune Cookie keine komplett ausgeprägte Komödie.

Wie schon manche ihrer vorherigen Filme hatten Billy Wilder und I.A.L. Diamond die Geschichte mehr als eine Tragikkomödie als einen Nonstop-Gagfilm konzipiert, ein Fach in dem sich die Filmemacher, die mit The Fortune Cookie ihren siebten gemeinsamen Film geschrieben hatten, allerbestens auskannten. Die feine Balance zwischen Drama und Humor wurde mit einem detailreich ausgeklügelten Drehbuch abgestimmt und auch der für Wilder überraschend deutliche moralische Zeigefinger wirkt durch die humorvoll-zynischen Elemente nicht so kitschig und amerikanisch, wie man vermuten sollte. Man bekommt fast den Eindruck, als ob Wilder und Diamond ihre beiden "Helden" mit ihrem Versicherungsschwindel davonkommen lassen wollten, ihnen diese Variante aber möglicherweise Probleme mit den Zensoren beschert hätte. Für einen Film von Billy Wilder war der Schluß von The Fortune Cookie besonders im Vergleich zu seinen vorherigen Filmen erstaunlich unoriginell und vorhersagbar - das haben Wilder und Diamond schon viel besser hinbekommen.

Billy Wilders Gespür für eine exzellente Besetzung der Nebenrollen war auch in The Fortune Cookie deutlich zu spüren, allerdings mit einer Ausnahme: Ron Rich als Football-Spieler Luther Jackson hinterließ überhaupt keinen bleibenden Eindruck und wirkte manchmal geradezu gelangweilt. Die ebenfalls kaum bekannte Judi West brillierte dagegen als Harrys Ex-Frau Sandy, einer von Wilders und Diamonds leicht verruchten, aber dennoch nicht völlig unsympathischen weiblichen Charakteren, die von der Schauspielerin auf erstaunlich ehrliche und natürliche Weise gespielt wurde. Cliff Osmond, der zuvor schon in Wilders Irma La Douce und Kiss Me, Stupid dabei war, hat einen wundervoll komischen und sogar recht ausfürlichen Auftritt als verhinderter Detektiv Purkey, der von den beiden Schwindlern an der Nase herumgeführt wird.

Lurene Tuttle als Mama Hinkle ist zwar nicht mehr als ein Wilder-typischer Running Gag, aber keine andere Schauspielerin hätte so schön auf Kommando in Tränen ausbrechen können wie sie. Als Kontrast zu Willy Ginrich mit seinem vollgemüllten Büro sind Harry Holcombe, Les Tremayne und Lauren Gilbert als die mächtigen Anwälte O'Brien, Thompson & Kincaid auch nicht mehr als einer von Wilders aufwendigen Gags, aber mit ihrer Entrüstung über die Methoden ihres Kollegen nicht wegzudenken sind. Unter den weiteren vielen Nebenrollen fällt hauptsächlich ein kleiner Gastauftritt besonders ins Auge: der deutsch-amerikanische Schauspieler Sig Ruman in einer seiner letzten Rollen als der einzige von den Ärzten, der Harry als Simulant bezeichnet - keine zufällige Besetzung, denn er war schon zuvor in Wilders einziger Schmonzette The Emperor Waltz und in Stalag 17 dabei gewesen. Als Arzt ist außerdem in einer kurzen Szene zu Beginn des Films ein junger William Christopher zu sehen, der einige Jahre später als Father Mulcahy in der TV-Fortsetzung von Richard Altmans MASH lange Zeit zu einem Dauergast auf den amerikanischen Fernsehbildschirmen wurde.

Billy Wilder war Mitte der sechziger Jahre noch einer der wenigen Regisseure, die ihre Filme mit voller Absicht in Schwarzweiß drehten. Der Regisseur hatte zwar gemeinsam mit seinem Kameramann Joseph LaShelle, mit dem er schon seit 1960 fast exklusiv zusammenarbeitete, schon lange das Scope-Breitwandformat für sich entdeckt und war zu einem Meister der Bildkomposition geworden. Wilder wußte Farbfilm da einzusetzen, wo es wirklich Sinn machte, aber er verwendete das Medium im Gegensatz zum Breitwandfilm nur sehr sparsam und verließ sich wie bei The Fortune Cookie lieber auf eine solide, stimmungsvolle Schwarzweiß-Inszenierung, die oft effektiver als jedes knallige Technicolor-Spektakel war. Musikalisch blieb The Fortune Cookie auch sehr bodenständig, denn Wilder hatte sich wieder an den jungen Komponisten Andre Previn gewandt, der unter anderem ein solides, fanfarenartiges Hauptthema und ein wundervoll zwielichtige Jazz-Melodie schrieb.

Beinahe wäre Billy Wilder aber vom gleichen Fluch heimgesucht worden wie bei seinem vorherigen Film: mitten in den Dreharbeiten erlitt Walter Matthau einen Herzinfarkt, aber im Gegensatz zu Kiss Me, Stupid ersetzte der Regisseur seinen Hauptdarsteller nicht durch jemand anderen, sondern setzte die Dreharbeiten fünf Monate lang aus. Als sich Matthau schließlich wieder erholt hatte, war er so abgemagert, daß er sein geändertes Aussehen unter einem Mantel verstecken mußte - letztendlich blieb die Entscheidung von Billy Wilder, die Rolle nicht neu zu besetzen, aber die richtige und führte letztendlich zum großen Erfolg des Films. The Fortune Cookie konnte deshalb erst im Herbst 1966 in die Kinos gebracht werden, aber immer noch früh genug für die Academy Awards im nächsten Jahr, bei denen Walter Matthau trotz starker Konkurrenz als bester Nebendarsteller mit einem Oscar ausgezeichnet wurde.

The Fortune Cookie mag zwar entgegen seines späteren Rufs keine richtige Vollblut-Komödie sein, aber trotzdem bleibt der Film direkt nach The Apartment eins von Billy Wilders besten Komödien-Drama-Hybriden, obwohl der Schluß ganz untypisch für den Filmemacher deutliche Schwächen hat. Seinen besonderen Touch hatte Wilder aber dennoch nicht verloren und die Premiere der phänomenale Kombination von Jack Lemmon und Walter Matthau haben The Fortune Cookie zurecht zu einem zeitlosen Klassiker gemacht, der ohne sie nur halb so interessant geworden wäre.

Für Lemmon und Matthau war The Fortune Cookie ein riesiger Karrieresprung und der Beginn einer langen Zusammenarbeit und Freundschaft, während der sie noch mehr als zehnmal gemeinsam auftraten. Billy Wilder hatte sich dagegen nach The Fortune Cookie eine längere Pause verordnet und sich ganz seinem Magnum Opus The Private Life of Sherlock Holmes gewidmet, aber Lemmon und Matthau nicht vergessen und sie noch zweimal in The Front Page und seinem letzten Film Buddy, Buddy vor die Kamera geholt. The Fortune Cookie war aber einer seiner letzten wirklich großen Erfolge, an die er zumindest finanziell nie mehr wirklich anknüpfen konnte - das hielt ihn aber nicht davon ab, noch viele weitere gelungene Filme zu drehen.

Die DVD

The Fortune Cookie war 2001 zusammen mit einigen anderen Filmen von Billy Wilder von MGM zuerst in den USA und auch später im Jahr weltweit erschienen. Die durchweg extralosen DVD-Veröffentlichungen hatten außer halbwegs soliden Abtastungen und einem Trailer nicht besonders viel zu bieten, aber es war schon ein Segen, daß Wilders Filme überhaupt als DVD erschienen waren. Gerade bei The Fortune Cookie durfte man in Sachen Bildqualität nicht allzuviel erwarten, aber als einzige Ausgabe bleibt die Veröffentlichung von 2001 auch heute noch durchaus akzeptabel.

Die hier rezensierte DVD ist die im März 2001 erschienene amerikanische Ausgabe, die weitgehend mit der etwa ein halbes Jahr später in Deutschland als Der Glückspilz veröffentlichte Disc identisch ist. Ärgerlich ist allerdings, daß die US-Ausgabe keine englischen Untertitel hat, aber auch die deutsche DVD hat diese nicht zu bieten. Angesichts des niedrigeren Preises der Region 2-Ausgabe kann man aber durchaus auf die US-DVD verzichten und die europäische Version empfehlen.



Bild

The Fortune Cookie war von MGM für die DVD-Veröffentlichung nicht großartig restauriert worden, sah aber schon viel besser aus als der zur gleichen Zeit erschienene The Apartment. Der Zustand der Vorlage macht diese DVD allerdings dann doch nicht ganz unproblematisch.

Der Vorspann erschrickt mit einer fast VHS-mäßig unscharfen Schrift und sogar das neu angefügte United-Artists-Logo, aber danach hat das Bild eine ganz solide Schärfe, der aber deutlich sichtbar elektronisch nachgeholfen wurde. Weiter herumgefiltert wurde an der Abtastung allerdings nicht, denn es ist jede Menge Filmkorn zu sehen - manchmal sogar etwas zuviel, denn einige Teile des Films scheinen von einen mehrfacheren Kopiegeneration als andere abgetastet worden zu sein. Unangenehm bemerkbar macht sich das auch am Zustand der Filmvorlage, die über weite Strecken bis auf ein paar kaum bemerkbare kleinere Fussel und Kratzer sauber ist, aber besonders im zweiten Akt von großflächigen Beschädigungen, Flecken und sogar Laufstreifen geplagt wird. Aktwechselmarkierungen sind auch regelmäßig zu sehen, anscheinend wurde der Film tatsächlich von einer Vorführkopie abgetastet.

Auch der Bildstand ist nicht ruhig, denn das Filmbild schaukelt und schwankt fast die ganze Zeit unangenehm herum. Ein großer Pluspunkt ist allerdings der solide ausbalancierte Kontrast und die gut angepaßte Helligkeit, die die bei Schwarzweiß-Filmen aus dieser Zeit oft zu sehenden Überstrahlungen vollkommen vermeidet. Gelungen ist auch die perfekte Wiedergabe der Graustufen, die The Fortune Cookie praktisch zu einem Farbfilm ohne Farbe machen.

Wäre da nicht die angeschlagene Filmvorlage und das wackelige Bild könnte man mit diesem Transfer trotz des Alters sehr zufrieden sein - aber leider hatte MGM nicht mehr in The Fortune Cookie investiert. Wie gut ein Film ähnlichen Alters aussehen kann, hatte Paramount schon vor der Veröffentlichung dieser DVD mit The Odd Couple vorgemacht - warum MGM das nicht auch mit der ersten Welle von Billy Wilders Filmen geschafft hatte, bleibt bis heute unverständlich.

Ton

Im Gegensatz zur Bildqualität kann der Ton dieser DVD viel besser überzeugen, denn offenbar hatte MGM sich etwas mehr Mühe mit der Überarbeitung gegeben oder eine besser erhaltene Quelle zur Verfügung gehabt. Ein Mehrkanal-Remix wurde zum Glück erst gar nicht versucht und war auch gar nicht nötig.

Die englische Tonspur hört sich an, als ob sie von einer gut erhaltenen Magnetton-Vorlage digitalisiert wurde. Außer einem altersbedingt in den Höhen etwas gedämpften Frequenzgang und einer leicht eingeschränkten Dynamik hat der Ton einen erstaunlich sauberen Klang und kaum Nebengeräusche, ohne einen zu stark gefilterten Eindruck zu machen. Sogar die Musik hört sich erstaunlich solide an und besonders die Dialoge sind kaum so blechern, wie man es von Filmen dieses Alters oft gewohnt ist.

Die französische Fassung stammt dagegen offenbar von einer Lichttonspur und wurde zwar auch überarbeitet, hat aber hauptsächlich bei der Musik einen deutlich dünneren und kratzigeren Klang als die englische Fassung, ist aber erstaunlicherweise immer noch halbwegs anhörbar. Untertitel gibt es auf dieser DVD leider nur auf Französisch und Spanisch, englische Untertitel sind nur als Closed-Captions vorhanden.

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