The Front Page
Cover

15.8.2005 #343

Update vom 5.3.2012
von Guido Bibra

Titel The Front Page
Studio Universal Pictures (1974)
Hersteller Universal Home Video (2005) EAN 0-25192-73292-8
DVD-Typ 5 (4,08 GB) Bitrate ø 5,27 max. 7,5
Laufzeit 104:32 Minuten Kapitel 18
Regionalcode 1 (USA/Kanada) Case Amaray I
Fernsehnorm NTSC
Bildformat 2.35:1 16:9 ja
Tonspuren Dolby Digital 2.0 Mono 192 kbit/s Englisch, Französisch
Untertitel Englisch, Französisch, Spanisch
Freigabe MPAA PG
Extras • Keine

Der Film

Hildy Johnson (Jack Lemmon) ist Journalist mit Leib und Seele, aber die Sucht zur perfekten Titelstory hört bei ihm auf, als er seine Verlobte Peggy (Susan Sarandon) endlich heiraten und seinen Job als Sensationsreporter aufgeben will. Seinem Chefredakteur Walter Burns (Walter Matthau) ist davon gar nicht begeistert, denn Hildy soll über die Hinrichtung von Earl Williams (Austin Pendelton) berichten. Walter versucht alles, um seinen Starreporter wieder zurückzuholen und schreckt dabei vor beinahe nichts zurück. Als er Hildy noch nicht ganz wieder hinter der Schreibmaschine sitzen hat, überschlagen sich die Ereignisse, als der inkompetente Sheriff Hartman (Vincent Gardenia) den eigentlich harmlosen Earl Williams aus Versehen entkommen läßt...

 


Als im Sommer 1928 Charles McArthurs und Ben Hechts The Front Page am Broadway eröffnete, ahnte noch niemand von dem erormen Erfolg und der Langlebigkeit des Theaterstücks. Die bissige Satire über die Zeitungsbranche in den späten zwanziger Jahren war schon damals hochaktuell und zog weniger über die Reporter als über die Gesetzeshüter her. Schon 1931 war das Stück unter seinem Originaltitel von Lewis Milestone mit Adolphe Menjou und Pat O'Brien das erste Mal verfilmt worden, aber es war Howard Hawks, der mit His Girl Friday 1940 die Geschichte erst richtig bekannt machte. In seiner Version wurde aus Hildy Johnson eine Frau, die von Rosalind Russell gespielt wurde und Walter Burns, dargestellt von Cary Grant, wurde zu Hildys Ex-Mann umfunktioniert, der die erneute Heirat seiner Star-Reporterin verhindern will.

Über dreißig Jahre und zahlreiche andere, meist vergessene Film- und Fernsehadaptionen später war es Billy Wilder, der sich den Stoff für sein nächstes Projekt ausgesucht hatte, nachdem er sich von seinem jahrelang geplanten und dann doch zum Mißerfolg gewordenen Magnum Opus The Private Life of Sherlock Holmes erholt hatte. Statt aber einfach eine Neuverfilmung der vorherigen Versionen zu drehen, hatten sich der Regisseur und sein langjähriger Co-Autor I.A.L. Diamond stattdessen am Original-Bühnenstück orientiert und aus dem Material das gemacht, was es ursprünglich einmal gewesen war: eine rasante, halsbrecherische Screwball-Komödie. Die Geschichte wurde ganz authentisch im Chicago Ende der zwanziger Jahre angesiedelt und der Plot für die Verfilmung zwar etwas erweitert, aber die Essenz des Bühnenstücks blieb mehr erhalten als bei den vorherigen Verfilmungen.

Wilder und Diamond blieben ihrem Ruf treu und ließen zwar die Geschichte intakt, schrieben aber einen großen Teil der Dialoge in ihrem unvergleichlichen Stil völlig neu und waren dabei nicht mehr durch die Zensur der dreißiger und vierziger Jahre eingeschränkt. Dadurch konnten die Texte deutlich frecher und realistischer ausfallen als früher möglich, wobei aber auch nicht zu sehr übertrieben wurde. Dem Versuch, die Geschichte zu modernisieren und in die Gegenwart zu verlegen, waren die beiden Filmemacher aber gar nicht erst erlegen und so blieb die nostalgische Patina von Ben Hechts und Charles Arthurs Bühnenstück vollends erhalten.

Für die beiden Hauptrollen kamen für Billy Wilder nur zwei Schauspieler in Frage: Jack Lemmon und Walter Matthau, die er 1965 selbst in The Fortune Cookie das erste Mal zusammengebracht hatte und die drei Jahre danach in Neil Simons The Odd Couple zum Komödianten-Dreamteam geworden waren. Das Drehbuch mußte erst gar nicht auf die beiden Schauspieler zugeschnitten werden, denn die Rollen von Hildy Johnson und Walter Burns eigneten sich auch schon in der Bühnenvorlage hervorragend für Jack Lemmon und Walter Matthau - nur diese beiden waren in der Lage, die rasanten Dialoge in der alten Screwball-Tradition wirklich gut herüberzubringen und kamen zwar damit nicht ganz, aber schon fast in die Nähe der Schlagfertigkeit von Rosalind Russell und Cary Grant.

Auch die große Ensemble-Besetzung der Nebenrollen wurde, wie bei Billy Wilder üblich, gekonnt ausgesucht. Die versammelten Reporter-Typen sind fast schon eine Anspielung an die The Odd Couple, mit Herb Edelman hatte sich sogar jemand aus Oscar Madisons Pokerrunde in der Reporter-Clique eingefunden, in der außerdem noch Charles Durning, David Wayne, Allen Garfield und John Furlong brillieren. Vincent Gardenia war perfekt als Sheriff Hartman, der zwischen Autorität und Wahnsinn schwankt und auch gerne mal überschnappt, während Harold Gould den korrupten Bürgermeister "Herbie" genüßlich zurückhaltend spielt.

Als Justizopfer Earl Williams war Austin Pendleton zu sehen, der sich zuvor als schnellredender Musikpatron Frederick Larrabee in Peter Bogdanovics What's Up, Doc? einen Namen gemacht hatte, aber seine Rolle in The Front Page erstaunlich zurückhaltend spielte und damit die Unschuld von Williams noch mehr unterstreichen konnte. In einer kleinen Nebenrolle als Gefängniswärter war außerdem Cliff Osmond, ein alter Bekannter von Billy Wilder, dabei. Fast ein Running Gag war der verrückte Psychiater Dr. Eggelhoffer, gespielt von Martin Gabel - dieser Charakter war eine persönliche Anspielung von Wilder an seine frühen Jahre in Wien, als er in einem seiner ersten Journalisten-Jobs erfolglos versucht hatte, Sigmund Freund persönlich zu interviewen.

Beinahe könnte man meinen, daß die Besetzung von The Front Page ein reiner Männerverein wäre, aber zwei der stärksten Rollen des Films waren weiblich: Susan Sarandon als Hildys frustrierte Verlobte Peggy Grant und Carol Burnett als gutherzige Prostituierte Molly Malloy. Während Susan Sarandon in The Front Page eigentlich keinen besonders bemerkenswerten Auftritt hatte, war Carol Burnetts Rolle viel mutiger, denn die sonst mehr auf brave und saubere Rollen abonnierte Theater- und Fernsehschauspielerin spielte nun schlicht und einfach eine Hure. Das gelang allerdings nur, weil die Frau mit dem unmoralischen Job eine der moralischsten und menschlichsten Charaktere in der Geschichte war und zur unbesungenen Heldin wird.

The Front Page war aber nicht Billy Wilders erster Film über einen Sensationsreporter gewesen. Schon 1951 hatte er Ace in the Hole gedreht, ein bitterböses, zynisches Drama über einen vor nichts zurückschreckenden Reporter, der die Rettung eines verschütteten Minenarbeiters zur Aufbesserung seiner Karriere mißbraucht. The Front Page hat zwar auch einen ernsten Hintergrund, denn immerhin geht es um die Hinrichtung eines potentiell Unschuldigen und die Unfähigkeit der Behörden, aber natürlich ist das Stück in erster Linie eine Komödie, wenn auch mit einem deutlich bissigen und satirischen Unterton.

Im Gegensatz zu Billy Wilders Gerichtsdrama Witness for the Prosecution findet in The Front Page die Verhandlung nicht im Gerichtssaal, sondern im Presseraum statt. So sensationslüstern die Journalisten sein mögen, die Obrigkeit mögen sie keinesfalls und sind immer froh, wenn sie den korrupten Behörden etwas anhängen können. Die Reporter sind bei Billy Wilder die Geschworenen, denn zumindest Hildy Johnson und Walter Burns wachsen über ihren eigenen Egoismus heraus und verbinden ihren eigenen Erfolg mit der Rettung des unschuldig Verurteilten.

Billy Wilders Inszenierung war natürlich makellos und machte aus dem einstigen Bühnenstück einen ausgewachsenen Film. Das Tempo war enorm, aber Billy Wilder hatte es geschafft, seinen Hochgeschwindigkeitszug nicht entgleisen zu lassen. Der Umstand, daß sich wie im Theaterstück der größte Teil der Handlung nur in einem einzigen Raum abspielt, wurde durch eingestreute Außenaufnahmen und ein paar ergänzende Szenen hervorragend kaschiert. Auch die Abwesenheit einer richtigen Filmmusik ist kaum zu bemerken – außer der jazzigen Titelmusik, Susan Sarandons Songeinlage an der Kino-Orgel und Hildys Abschiedsgesang mit seinen Kollegen gab es außer dem rhythmischen Klappern der Schreibmaschinen nichts zu hören.

Mitte der siebziger Jahre waren gerade Geschichten aus den Roaring Twenties sehr populär, aber Ende 1973 hatte George Roy Hills The Sting alle so begeistert, daß ein Jahr später kaum noch jemand wohlwollende Worte für Billy Wilders The Front Page übrig hatte. Sogar der Regisseur selbst hielt ihn für einen seiner weniger gelungenen Filme, aber der einzige wirkliche Fehler von The Front Page war, daß er einige Jahre zu spät kam. Eigentlich handelte es sich im einen waschechten Wilder-Film in der Klasse von Some Like it Hot oder One, Two, Three, der die Liebe des Filmemachers zur perfekt ausgeklügelten Komödie verkörperte und auch sein Gespür für Neuverfilmungen von Bühnenstücken unter Beweis stellte.

Die Kritiker mögen zur Premiere des Films nicht viel Positives über ihn zu sagen gehabt haben, aber entgegen vieler Gerüchte war The Front Page gar kein finanzieller Flop, sondern ein ganz ordentlicher Erfolg. Nach The Odd Couple hatten Jack Lemmon und Walter Matthau immer noch eine hohen Anziehungskraft an den Kinokassen und das Bedürfnis des Publikums, sie in einer Vollblut-Komödie erleben zu können, hatte Billy Wilder auf seine beste Art voll und ganz erfüllt. Ähnlich wie The Private Life of Sherlock Holmes wurde auch The Front Page in den achtziger und neunziger Jahren von den Kritikern rehabilitiert und gilt seitdem als Geheimtip in der Filmographie von Billy Wilder, Jack Lemmon und Walter Matthau.

Die DVD

Lange Zeit war The Front Page nur in einer schrecklichen Vollbild-Fassung in den USA als DVD erhältlich, was gerade bei diesem Film, der vollen Gebrauch vom breiten Scope-Bildformat macht, ein Verbrechen war. Im Frühjahr 2005 hatte Universal diese Jugendsünde aber gegen eine Neuauflage im Originalformat ersetzt, die zwar noch nicht einmal einen Trailer als Extras mitbrachte, aber dafür eine ganz hervorragende Bild- und Tonqualität besaß. The Front Page hätte eigentlich mehr verdient, aber man kann schon froh sein daß Universal den Film endlich in Widescreen und dazu noch guter Qualität herausgebracht hat.

Die hier rezensierte DVD ist die amerikanische Neuauflage von Universal, die auch heute noch zu bekommen ist. 2008 war The Front Page unter dem hiesigen Titel Extrablatt auch in Deutschland von Carol Media erschienen, die zum Glück das amerikanische Bildmaster und auch den Originalton lizensieren konnten, so daß bis auf den PAL-Speedup-Unterschied beide DVDs zu empfehlen sind.

Cover

Bild

Universals neuer Transfer von The Front Page war eine große Überraschung, denn es wurde nicht einfach nur eine neue Abtastung erstellt, sondern diese auch hervorragend restauriert. Obwohl der Film praktisch nur als Billig-DVD vermarktet wurde, hatte das Studio Lowry Digital mit der Überarbeitung beauftragt, die ganze Arbeit geleistet hatten.

Die Filmvorlage wurde so gut gesäubert, daß überhaupt keine Kratzer oder Fussel mehr zu sehen sind. Die Körnigkeit des Filmmaterials wurde allerdings nicht herausgefiltert und ist immer sichtbar, wirkt aber keineswege störend und verhilft der DVD zu einem sehr filmähnlichen und natürlichen Aussehen. Die Schärfe ist beeindruckend gut und wurde zwar mit einem leichten Filter erreicht, der aber sehr vorsichtig eingesetzt wurde und keine unangenehme Nebenwirkungen hinterlassen hat.

Die Farben wirken auf den ersten Blick etwas desaturiert, aber das sepia-artige Farbtiming mit ein paar bunten Farrbklecksen ist Absicht und gehört mit zum nostalgischen Charme des Films. Kontrast und Helligkeit sind perfekt ausbalanciert und das etwas düstere und dreckige Aussehen des Films wird auch durch den neuen Transfer perfekt wiedergegeben. Das Bild ist sehr ruhig, nur in einigen wenigen Szenen bewegt sich der Bildstand leicht vertikal, was allerdings auch eine leicht unruhige Kamera sein könnte und kaum auffällt.

Obwohl der 105 Minuten lange Film auf nur einen Layer gequetscht wurde und die Bitrate nicht gerade rekordverdächtig hoch ist, machen sich keinerlei Kompressionsartefakte bemerkbar - beim Authoring gibt es nichts zu beanstanden.

Ton

Überraschend gut ist auch die Tonqualität, was bei Filmen aus den siebziger Jahren nicht immer selbstverständlich ist. Universal hat aber pristine Tonelemente von The Front Page gefunden, die die unspektakuläre Tonspur des Films erstaunlich brilliant klingen lassen. Vernünftigerweise wurde der ursprüngliche Mono-Mix des zu neunzig Prozent aus Dialogenm bestehenden Films beibehalten.

Schon die Titelmusik überrascht mit einem sehr klaren Klang, der ordentliche Bässe und luftige Höhen mitbringt - es ist jedoch praktisch die einzige Musik, die im Film zu hören ist. Dafür hören sich die Dialoge genauso gut an und haben erst gar keinen typisch blechernen Siebziger-Jahre-Klang. Trotz des Bühnencharakters der Produktion sind die Stimmen kristallklar und nie muffelig oder schwer hörbar, auch wenn oft viel durcheinander geredet wird. Zu Verzerrungen kommt es nur ganz selten wenn jemand anfängt wirklich laut zu brüllen, aber auch das kann diese Tonspur nicht aus dem Konzept bringen.

Rauschen ist praktisch nicht zu hören und auch andere Störungen sind hier ein Fremdwort. Trotz der guten Qualität sind sehr akkuraten Untertitel wegen der enorm schnellen Dialoge oft sehr hilfreich um alle Texte verstehen zu können. Auch mit dabei ist eine französische Tonspur, die sich aber nur dazu eignet zu demonstrieren, wie schlecht die englische Fassung vielleicht hätte klingen können.

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