Funeral in Berlin
Cover

24.8.2005 #345

Update am 10.11.2008
von Guido Bibra

Titel Funeral in Berlin
Studio Paramount (1966)
Hersteller Paramount Home Entertainment EAN 4-010884-524581
DVD-Typ 9 (6,71 GB) Bitrate ø 9,4 max. 9,9
Laufzeit 97:54 Minuten Kapitel 16
Regionalcode 2 (Deutschland Case Amaray I
Fernsehnorm PAL
Bildformat 2.35:1 16:9 ja
Tonspuren Dolby Digital 2.0 Mono 192 kbit/s Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch
Untertitel Englisch, Deutsch, Arabisch, Bulgarisch, Dänisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Hebräisch, Holländisch, Isländisch, Italienisch, Kroatisch, Norwegisch, Polnisch, Portugiesisch, Rumänisch, Schwedisch, Serbisch, Slowenisch, Spanisch, Tschechisch, Türkisch, Ungarisch
Freigabe FSK 16
Extras • Keine

Der Film

Harry Palmer (Michael Caine), Ex-Soldat mit Kleinkriminellen-Vergangenheit, arbeitet seine Strafe bei seinem Chef Colonel Ross (Guy Doleman) als Agent der Gegenspionage ab. Eines Tages wird Palmer vor seinen Chef zitiert – und das auch noch am Wochenende! - um nach Berlin abkommandiert zu werden. Dort soll er mehr über einen russischen General (Oskar Homolka) herausfinden, der angeblich in den Westen überlaufen will. Empfangen von seinem alten Bekannten Johnny Vulkan (Paul Hubschmid), der die Straßen von Berlin mit einem dicken Cadillac unsicher macht, beginnt Harry Palmer Kontakt mit dem Überläufer aufzunehmen, stößt aber nur auf Verwirrung und Mißtrauen...

 


Obwohl The Ipcress File, die erste Kino-Verfilmung von Len Deightons lakonischen Spionage-Romanen, sich nur als bescheidener Erfolg herausgestellt hatte, erkannte Produzent Harry Saltzman das große Potential des Konzepts und stellte schnell die Weichen für eine Fortsetzung. Nachdem Saltzman zusammen mit Albert R. Broccoli den vierten James-Bond-Film Thunderball erfolgreich auf die Leinwand gebracht hatte, konnte er sich erst einmal seinem anderen Geheimagenten widmen.

Len Deightons Fortsetzung von The Ipcress File, Horse under Water wurde als Vorlage für einen neuen Film übersprungen, weil die komplizierte Handlung um die Bergung eines U-Boots zu aufwendig zu inszenieren gewesen wäre und schon Thunderball eine Menge Unterwasser-Szenen auf die Leinwand gebracht hatte. Stattdessen wurde Deightons dritter Roman Funeral in Berlin ausgewählt, der eine ähnliche Atmosphäre wie The Ipcress File besaß und mit einem bezahlbaren Budget verfilmbar war. Auch der Schauplatz Berlin war gerade im Trend, denn Martin Ritt hatte 1965 John LeCarrés The Spy who came in from the Cold erfolgreich verfilmt, dessen Handlung sich zum größten Teil in der geteilten Stadt abspielte.

Weil Harry Saltzman bei den Dreharbeiten von The Ipcress File mit Regisseur Sidney J. Furie überhaupt nicht zurecht kam, suchte sich der Produzent mit Guy Hamilton einen Nachfolger aus, dem er voll und ganz vertrauen konnte. Hamilton hatte 1964 den dritten Bond-Film Goldfinger inszeniert und brachte damit genau das richtige Gespür für einen klassischen Agentenfilm mit, ohne so experimentierfreudig wie sein Vorgänger zu sein. Dennoch wußte der Regisseur genau, wie er Len Deightons Romannvorlage am besten in Szene setzen konnte - zusammen mit Kameramann Otto Heller, der auch schon The Ipcress File gedreht hatte, nahm er von der Bildakrobatik des Vorgängers größtenteils Abstand und setzte einen etwas konventionelleren Stil ein - der eine oder andere abenteuerliche Kamerawinkel konnte sich aber dennoch einschleichen.

Die Umsetzung der Romanvorlage ist durchaus gut gelungen und noch vorlagentreuer als bei The Ipcress File, bei dem viele Kompromisse zugunsten des Budgets gemacht werden mußten. Drehbuchautor Evan Jones konnte diesmal viel mehr von der ursprünglichen Geschichte erhalten, aber dennoch mußte die Handlung von Len Deightons Roman etwas zusammengestrichen werden. Funeral in Berlin blieb trotzdem ein sehr komplizierter Film, der die Aufmerksamkeit des Zuschauers extrem stark fordert. Für Liebhaber von realitätsnahen Spionagegeschichten war dies zwar eine richtige Fundgrube, für das typische Massenpublikum jedoch viel zu komplex und anspruchsvoll. Gerade das fand aber bei ernsthaften Filmliebhabern großen Anklang und die Harry Palmer-Rehe bekam dadurch zurecht den exzellenten Ruf, eine Art intelligenter James Bond zu sein.

In der Hauptrolle ist wieder Michael Caine zu sehen, der schon vor den Dreharbeiten von The Ipcress File einen Vertrag über fünf Filme mit Harry Saltzman abgeschlossen hatte und dadurch wieder zur Verfügung stand. Der Schauspieler, dessen Karriere durch seinen ersten Auftritt als Harry Palmer kräftig in Schwung gekommen war und der gerade zuvor in Lewis Gilberts Broadway-Verfilmung Alfie die Hauptrolle gespielt hatte, wirkte nun noch sicherer und erfahrener. Dadurch konnte Michael Caine die Rolle des unfreiwilligen Agenten sehr vorlagengetreu, ironisch und mit viel trocken-britischem Humor darstellen und so seinen ersten Auftritt in The Ipcress File noch kräftig verbessern.

Im Gegensatz zur Romanvorlage wird auf Harry Palmers Vergangenheit im Film nur ansatzweise eingegangen, aber es benötigt auch gar keine große Vorgeschichte um die Natur des Charakters deutlich zu machen, denn dafür sorgen schon alleine einige Anspielungen und Michael Caines gekonntes Auftreten. Um noch ein weiteres bekanntes Gesicht aus dem ersten Film einzubringen, kehrte Guy Doleman wieder als Palmers Chef Colonel Ross zurück, obwohl in der Chronologie der Bücher seit Horse under Water sein Chef nun ein gewisser Mr. Dawlish ist. Für das Drehbuch wurde dieser wieder durch Ross ersetzt, der von Guy Doleman wieder herrlich trocken-britisch gespielt wird.

Interessant sind für deutschsprachige Zuschauer die vielen deutschen Nebendarsteller - schließlich wurde schon in Berlin gedreht, wo sich Harry Saltzman gleich bei der zahlreichen lokalen Schauspielergarde bediente. Als Johnny Vulkan ist ein geschniegelter und gestriegelter Paul Hubschmid zu sehen, der eifrig versucht mit Michael Caine zu wetteifern, aber dabei etwas zu sehr übertreibt und schauspielerisch nicht wirklich an seinen englischen Kollegen herankommt. Eva Renzi, die damals gerade frischgebackene Schauspieler-Neuentdeckung, spielte die Rolle der undurchsichtigen Samantha Steele, deren Charakter weit über ein typisches Bond-Girl hinausgeht, obwohl Harry Palmer in dieser Geschichte ausnahmsweise einmal mehr mit einer Frau zu tun hat, als ihr ein gutes Essen zu kochen.

Einer stiehlt den anderen Schauspielern aber praktisch die Show: der gebürtige Österreicher Oskar Homolka hat einen wundervollen Auftritt als russischer General Stok. Er schwingt mit Gusto zwischen einem bösen Raubtier und einem lustigen älteren Mann hin- und her und versprüht damit mindestens genausoviel Charme, als es Michael Caine und seine Kollegen zusammen vermögen. Die weitere Besetzung der weiteren Nebenrollen liest sich fast wie ein Who is Who der deutschen Schauspielerbranche der damaligen Zeit - Heinz Schubert, später als Ekel Alfred in Ein Herz und eine Seele bekannt geworden, spielt einen schweigsamen Killer und auch Leute wie Wolfgang Völz, Herbert Fux und sogar Rainer Brandt, der deutsche Synchronstar der siebziger Jahre, tauchen hier kurz auf.

Regisseur Guy Hamilton gelang das, was Martin Ritt mit The Spy who came in from the Cold noch nicht möglich war: statt mit künstlichen Kulissen in britischen Studios zu drehen, wurde der Film zu einem großen Teil tatsächlich in Berlin vor Ort in Szene gesetzt und ermöglichte dadurch eine faszinierende Momentaufnahme der geteilten Stadt mitten in den sechziger Jahren. Es konnte natürlich nicht in Ost-Berlin gedreht werden, denn diese Szenen wurden teils im Studio nachgestellt oder in passende West-Orte verlegt. Trotzdem sind viele berühmte und nicht so berühmte Schauplätze aus den Zeiten des kalten Kriegs zu sehen - darunter sind auch der eine oder andere Blick nach "Drüben" über die Mauer und sogar auf den berüchtigten Checkpoint Charlie. Diese Aufnahmen waren nicht ganz einfach zu bewerkstelligen, weil die wachsamen DDR-Grenzer gerne mit Spiegeln in die Kameras blitzten.

Der einzige wirkliche Schwachpunkt des Films ist die Musik, denn nach John Barrys jazziger Score von The Ipcress File ist die Filmmusik des deutschen Komponisten Konrad Elfers eine große Enttäuschung. Die simplen Melodien, arrangiert mit einer steifen Jazzbesetzung, wirken sehr bemüht und wollen nicht so richtig zur Atmosphäre des Films passen - einzig die Titelmusik mit ihrem ironischen Sowjet-Marsch ist einigermaßen effektiv, aber leider geht es ähnlich klischeehaft im Rest des Films weiter. Allerdings steht die Musik im Gegensatz zum Vorgänger nicht sehr stark im Vordergrund und stört daher auch nicht allzusehr.

Funeral in Berlin gefiel natürlich der loyalen Fangemeinde von Harry Palmer besonders gut, aber diesmal ließen sich die Kritiker, die zuvor noch viel Lob über den ganz ähnlichen The Spy who came in the Cold ausschütteten, nicht immer positiv über den Film aus. Ein kleiner Erfolg blieb jedoch trotzdem nicht aus, denn viele wußten schon damals die Kunst des intelligenten Spionagethrillers als Alternative zu James Bond und Konsorten zu schätzen. Funeral in Berlin ist ein klassisches Kind des kalten Kriegs, das die damalige Situation auf eine sehr realistische Art und Weise aufarbeitet, ohne dabei eine gesunde Portion Ironie nicht zu vergessen.

Die DVD

Nachdem AnchorBay schon 1999 in den USA The Ipcress File als DVD veröffentlicht hatte, zog Paramount zwei Jahre später mit Funeral in Berlin nach. Die DVD besaß einen sehr ordentlichen anamorphen Transfer und akzeptable Tonspuren, aber leider keinerlei. Einige Zeit später erschien die DVD auch in Deutschland unter dem hiesigen Titel Finale in Berlin von Paramount mit der gleichen Ausstattung. Zur Zeit ist die DVD von Funeral in Berlin leider in den USA und in Deutschland nur noch gebraucht zu bekommen, in England gibt es die mit der deutschen Disc identische Ausgabe allerdings noch sehr günstig zu kaufen.

Bild

Paramount hat Funeral in Berlin als DVD das erste Mal im 2.35:1-Originalformat in einer ganz hervorragenden Abtastung veröffentlicht. Der Transfer hat zwar schon ein paar Jahre auf dem Buckel, denn die amerikanische DVD wurde bereits 2001 veröffentlicht – aber dennoch ist die Bildqualität für einen Film dieses Alters akzeptabel und hat nur ein paar kleine technische Einschränkungen.

Im Gegensatz zu The Ipcress File wurde Funeral in Berlin nicht mehr in Techniscope, sondern in Panavision gedreht und hat deshalb formatbedingt eine deutlich bessere Qualität. Die verwendete Filmvorlage war sehr gut in Schuß und weist dank einer digitalen Säuberung nur noch eine kleine handvoll Verschmutzungen und ein paar minimale Kratzer auf, die nur bei genauerer Betrachtung auffallen. Die Filmkörnigkeit wurde etwas mit einem Rauschfilter behandelt, der aber keine unangenehmen Nebenwirkungen hinterlassen und noch eine leichte Restkörnigkeit übriggelassen hat, die dem Transfer eine angenehme filmähnliche Textur gibt.

Auch auf einem überraschend guten Niveau ist die Schärfe, die sich fast durchgängig mit dreißig Jahre jüngeren Filmen messen kann. Der Einsatz eines Schärfefilters ist hier kaum erkennbar, denn die Detailtreue ist erstaunlich sehr hoch, ohne daß das Bild einen überschärften Eindruck macht. Nicht ganz perfekt ist der Bildstand, der sich galegentlich mit einem leichten horizontalen Zittern bemerkbar macht, aber trotzdem vertikal stabil bleibt. Die Kompression läßt sich durch die extrem hohe Bitrate nichts zuschulden kommen und arbeitet absolut unsichtbar.

Ähnlich wie The Ipcress File wird auch in Funeral in Berlin mit dem Farbtiming experimentiert, aber auf dieser DVD kommen die Farben sehr gut zur Geltung – sei des das kalt-blaue London, das bunte West-Berlin oder das bräunlich-graue Ost-Berlin. Die Farben wirken trotzdem immer frisch und lebendig und lassen nur selten das Alter des Films wirklich erahnen. Kontrast und Helligkeit sind perfekt ausgepegelt und lassen sogar in den vielen dunkleren Szenen des Films erstaunlich viel erkennen.

Ton

Viel mehr als am Bild hat an den Tonspuren der Zahn der Zeit genagt. Wie üblich bei pan-europäischen DVDs von Paramount bekommt man hier fünf Sprachen und Myriaden von Untertiteln geboten – qualitativ richtig überzeugen kann jedoch nur die Originaltonspur.

Die englische Fassung macht für eine nicht neu abgemischte Mono-Tonspur aus den sechziger Jahren einen recht guten Eindruck, kommt aber nicht so ganz an die Qualität von The Ipcress File heran. Dafür ist einfach der Frequenzgang zu eingeschränkt – die Höhen sind sehr schrill und der Baß nicht kräftig genug. Dadurch klingt die Musik etwas pappig und die meisten Geräusche hören sich ziemlich dünn an, aber zumindest die Stimmen haben einen ordentlichen Klang und sind immer gut verständlich.

Die deutsche Synchronfassung hat leider den unverwechselbaren Charakter einer kaum bearbeiteten Lichttonspur. Zwar halten sich Knistern und Rauschen in Grenzen, aber der dünne und schrille Klang der Tonspur macht keinen Spaß mehr und ist besonders bei der Musik sehr hart an der Schmerzgrenze. Noch schlimmer klingen allerdings die restlichen Tonspuren, die teilweise völlig unanhörbar sind. Immerhin gibt es in fast jeder mitteleuropäischen Sprache Untertitel, die man problemlos mit der besser klingenden Originaltonspur kombinieren kann.

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