Der Film
Futurama ist die Serie, die nicht totzukriegen ist. Nach vier relativ erfolgreichen Jahren war Matt Groenings und David X. Cohens futuristischer Simpsons-Ableger vom Auftraggeber 20th Century Fox 2003 auf gemeinstmöglichste Weise gecancelt worden und für einige Jahre sah es tatsächlich so aus, als ob es nie wieder neue Futurama-Episoden geben würde. Dank eifriger Wiederholungen vom Cartoon Network und guten DVD-Verkaufszahlen behielt die Serie aber ihre Popularität und dann war es Comedy Central, die vier neue anderthalbstündige DVD-Filme in Auftrag gaben, die zwischen 2007 und 2009 entstanden waren und auch als jeweils vierteilige Mini-Episoden gesendet wurden.
Die kuriose Kombination - Fox Television produziert eine Serie, die von Comedy Central in Auftrag gegeben und gesendet wird - erwies sich für den US-Kabelsender als riesiger Erfolg und nachdem die vier DVD-Filme fertiggestellt waren, dauerte es nicht lange, bis die Zukunft von Futurama weiterhin gesichert war. Comedy Central und die Futurama-Produzenten hatten sich auf einen Fortbestand der Serie in der alten, bewährten halbstündigen Form geeinigt, aber um die Qualität auch weiter hochhalten zu können, sollten pro Jahr nicht mehr über zwanzig Episoden wie bei den Simpsons, sondern nur noch 13 Episoden gesendet werden. Die kreative Energie des Produktionsteams wurde damit sparsam genug eingesetzt, um schon die im Sommer 2010 gesendete erste Staffelhälfte zu allerbestem klassischen Futurama zu machen.
Nach der DVD- und Blu-Ray-Veröffentlichung der ersten dreizehn Futurama-Episoden der neuen Staffel Ende 2010 ging die Ausstrahlung im darauffolgenden Sommer planmäßig weiter. Die zweite Hälfte der sechsten Produktionsstaffel schloß praktisch nahtlos an die Episoden vom Vorjahr an, aber auf eine direkte inhaltliche Fortsetzung wurde diesmal kein Wert gelegt, da ganz bewußt wieder auf das Episodenformat umgestellt worden war. Aus Budgetgründen konnten zwar nicht alle der früheren Autoren aus den Staffeln 1-4 wieder eingestellt werden, aber besonders in die zweite Staffelhälfte wurde von Autoren-Veteranen wie Josh Weinstein, Lewis Morton, Ken Keeler, Dan Vebber, Eric Horsted und Michael Rowe dominiert, während die Inszenierung hauptsächlich in die Hände von Neuzugängen und beförderten Animatoren wie Crystal Chesney-Thompson, Raymie Muzquiz, Ray Claffey und Stephen Sandoval gelegt wurde.
Von Ermüdungserscheinungen ist auch nach über 100 Episoden bei Futurama kaum etwas zu spüren, denn die Ideen sind immer noch so frisch und unverbraucht wie über zehn Jahre zuvor beim Start der Serie. Allerdings haben die neuen Episoden nun den riesigen Vorteil, auf eine lang etablierte und weit ausgebaute Welt zurückgreifen zu können, was die Serien-Macher aber gleichzeitig auch nicht faul gemacht hat. Das Futurama-Universum wird fast in jeder Episode ein bißchen weiterentwickelt und das ursprüngliche Konzept einer Workplace-Sitcom wird kaum noch eingehalten. Gleichzeitig beschäftigen sich aber auch einige Episoden mit der Vergangeheit der Charaktere, wodurch wieder auf sehr elegante und oft erstaunlich ernstgemeinte und emotionale Art lang diskutierte Handlungslücken geschlossen wurden.
Es sind aber nicht nur gelungenen Meta-Episoden wie Möbius Dick, The Tip of the Zoidberg und Cold Warriors, die klassisches Futurama in Reinkultur sind, denn fast alle anderen Geschichten sind eigene Höhepunkte für sich. Praktisch alle wichtigen Haupt- und Nebencharaktere haben einen großen Auftritt, aber besonders auffällig an der sechsten Produktionsstaffel ist das große Bemühen der Autoren, auch aus Geschichten, die sich auf einen Charakter konzentrieren, gleichzeitig auch immer mit einem Ensemble-Plot zu verbinden. Die Drehbücher können durchgehend mit einer enorm hohen Erzähldichte aufwarten, durch die ganz epische Geschichten in nur 22 Minuten erzählt werden können - auf Mehrteiler wurde seit den vier DVD-Filmen vollständig verzichtet. Anstatt der Anthology of Interest-Episoden wird jetzt aber jede Halbstaffel mit einer dreizehnten Folge abgeschlossen, die drei kleine separate Geschichten in einer ganz besonderen Form erzählt - diesmal wurde die Episode Reincarnation getauft und zu einer Hommage an drei verschiedene Animationsstile gemacht.
Die Animation hat dank der Umstellung auf die Produktion in High-Definition und 16:9 ein richtiges Kinofeeling bekommen und ist zwar nicht mehr ganz so aufwendig wie bei den DVD-Filmen, aber der unnachahmliche Futurama-Stil ist viel detailreicher als zu den Zeiten, in denen Futurama noch in 4:3 und NTSC-Auflösung gezeichnet wurde. Die Kombination aus traditioneller handgezeichneter Animation und 3D-Elementen ist weiterhin beeindruckend, auch wenn die mit dem Computer gerenderten Sequenzen in der sechsten Staffel relativ sparsam eingesetzt werden.
In absoluter Hochform sind natürlich auch die Schauspieler, ohne deren Stimmen Futurama überhaupt nicht existieren könnte. Die Stammbesetzung der Stimmenakrobaten sind seit Stunde Null immer noch Billy West, Katey Sagal, John DiMaggio, Tress MacNeille, Maurice LaMarche, Lauren Tom, Phil LaMarr und David Herman, die den Hauptcharakteren auf fantastische Weise Leben einhauchen und auch die unwichtigsten Dialoge zu einer wahren Freude machen. Unterstützt werden sie wieder von Dauergästen wie Dawnn Lewis, Kath Soucie, Tom Kenny und Frank Welker, während richtige Gaststars sich mehr im Hintergrund halten. Comedian Patton Oswalt ist in einer Episode zu hören und auch Homer Simpson-Sprecher Dan Castellanetta hat wieder die Rolle des Robot Devil übernommen. Sich selbst spielende Gäste sind in der zweiten Hälfte von Staffel 6 selten, aber trotzdem haben Stephen Hawking und Buzz Aldrin kurze, aber denkwürdige Auftritte.
Futurama lebt, und das nicht einmal schlecht, denn die Serie konnte im Gegensatz zu den Simpsons ihre hohen Standards auch nach über einem Jahrzehnt immer noch aufrecht erhalten und ist besonders durch die Halbierung der Staffeln auf 13 Episoden pro Jahr nur noch besser geworden. Matt Groening und David X. Cohens ständiger Kampf, Futurama am Leben zu erhalten, ist auch mit der zweiten Hälfte der sechsten Staffel wieder einmal bestens gelungen. Auch für die Zukunft ist gesorgt, denn die siebte Produktionsstaffel ist schonin den USA bei Comedy Central angelaufen und zu Weihnachten 2012 und 2013 gibt es wieder ein Futurama-Geschenk für alle, die die Serie nicht im US-Fernsehen schauen können.
Die Episoden
- The Silence of the Clamps - Bender schleicht sich auf die Hochzeit der Tochter des Roboter-Mafiachefs Donbot ein und wird unfreiwillig Zeuge, wie Fernsehstar Calculon von der Mafia unsanft bearbeitet wird. Nicht durch sein Gewissen, sondern durch eine Belohnung gedrängt sagt er gegen den Donbot aus, aber weil er im Gerichtsverfahren erkannt wird, muß er ins Zeugenschutzprogramm...
- Möbius Dick - Beim Abholen einer Statue der ersten, vor fünfzig Jahren verschollenen Planet-Express-Besatzung macht Leela einen Umweg durch das berüchtigte Bermuda-Tetrahedon, wo sie das erste Planet-Express-Schiff in einem Raumschiff-Friedhof finden. Während die Crew das verlassene Schiff untersucht, werden sie von einem riesigen Weltraum-Wal angegriffen...
- Law and Oracle - Fry hat es satt, von seinen Kollegen dauernd auf den Arm genommen zu werden und quittiert seinen Dienst bei Planet Express, um sich bei der Polizei zu bewerben. Während seine früherne Mitarbeiter langsam merken, daß die Arbeit ohne Fry doch nicht ganz so angenehm ist, wird der frischgebackene Polizist Fry zur Future Crimes Division versetzt, die mit Hilfe eines hyperintelligenten Mensch-Roboter-Hybriden Verbrechen vorhersagen kann...
- Benderama - Professor Farnsworths neueste Erfindung, ein Replikator, der aus einer Sache zwei halb so große Exemplare klonen kann, ist ganz nach Benders Geschmack, der sich die Maschine einverleibt und gleich zwei Kopien von sich erstellt. Da die Duplikate aber genauso faul wie der originale Bender sind, nimmt das Unglück seinen Lauf...
- The Tip of the Zoidberg - Die Crew hat die Inkompetenz von Doktor Zoidberg satt und fordert den Professor auf, ihn zu feuern. Der erzählt ihnen von der Vergangenheit von Dr. Zoidberg und warum er ihn auf keinen Fall entlassen kann...
- Ghost in the Machines - Bender ist entsetzt, als er mitbekommt wie Fry eine Frau bei einem Unfall rettet und nicht den dabei zerstörten Roboter. Er wirft Fry vor, ein Menschenleben höher anzusehen als ein Roboterleben und verkriecht sich beleidigt in einer Selbstmord-Zelle, die sich aber als seine Ex-Freundin herausstellt und ihn kurzerhand abmurkst. Bender wird zum Roboter-Geist und ist dazu verdammt, seine Freunde zu bespuken...
- Neutopia - Um Planet Express vor dem Bankrott zu retten, wird das Liefer-Business in eine Fluggesellschaft umgewandelt. Der Jungfernflug wird aber zu einer Katastrophe, als das umgebaute Planet-Express-Schiff auf einem Planeten abstürzt, der nur aus Mineralien besteht und dessen Flüsse aus Quecksilber sind. Als es Streit zwischen den Frauen und Männern gibt, taucht einer der steinernen Bewohner des Planeten auf und ist von dem Konzept der Geschlechter so fasziniert, daß es herausfinden will, welches besser ist...
- Yo Leela Leela - Leela ist nach einem Besuch im Waisenhaus, in dem sie aufgewachsen ist, frustriert von ihrer Unfähigkeit, eine gute Geschichte zu erzählen und zieht sich auf einen geheimen Planeten in Hoffnung auf Inspirationen zurück. Als sie wiederkommt, hat sie zum Erstaunen aller großartige Ideen und beim nächsten Besuch im Waisenhaus wird ein Fernsehproduzent auf sie aufmerksam, der ihre Geschichten verfilmen will...
- Fry Am the Egg Man - Leela hat genug von dem ganzen Fastfood, den sie und die Crew ständig verschlingen und sorgt dafür, daß nur noch frisches und gesundes Essen auf den Tisch kommt. Fry kommt auf die Idee, eins der frischen - und fruchtbaren - Eier auszubrüten und wird mit einer seltsamen kleinen Kreatur belohnt, die Säure spuckt und auch sonst nicht gerade ungefährlich ist...
- All the Presidents' Heads - Fry arbeitet Nachts im Head Museum als Wärter und ist dort für die Köpfe der amerikanischen Präsidenten zuständig, die furchbar gelangweilt sind. Sie überreden Fry, eine Party zu schmeißen, der die ganze Planet-Express-Crew einlädt. Mitten in den Feierlichkeiten kommt Zoidberg auf die Idee, die Flüssigkeit aus den Kopf-Behältern zu trinken und findet sich plötzlich in einer anderen Zeit wieder...
- Cold Warriors - Fry hat eine Erkältung, eine Krankheit die eigentlich seit hunderten von Jahren ausgerottet ist und gegen die niemand mehr Widerstandskräfte hat. Planet Express wird von den Behörden in Quarantäne gesteckt und währenddessen erinnert sich Fry an seine mit Erkältungen geplagte Vergangenheit, in der der Schlüssel zur Beseitigung des Erkältungsvirus steckt...
- Overclockwise - Bender wird von Cubert übertaktet, um ein Online-Spiel zu gewinnen. Als Mom davon erfährt, läßt sie Cubert und Professor Farnsworth verhaften, weil sie Benders Lizenzbedingungen mißachtet haben, aber Bender kommt ihnen auf ungewöhnliche Weise mit seiner immer größer werdenden Intelligenz zu Hilfe...
- Reincarnation - In drei verschiedenen Stilen wird eine Trilogie von zusammenhängenden Geschichten erzählt, die sich um die Entdeckung eines Kometen dreht, der aus der härtesten Substanz des Universums besteht, für die Professor Farnsworth natürlich eine Verwendung hat...
Die DVD
Die zweite Hälfte der sechsten Produktionsstaffel war in den USA planmäßig wieder ein halbes Jahr nach der TV-Erstausstrahlung kurz vor Weihnachten 2011 erschienen. Die verwirrende Bezeichnung Volume 6 kommt von Fox' eigenwilliger Sortierung, die die ersten vier Produktionsstaffeln als Volume 1-4 bezeichnet, den vier DVD-Filmen gar keine Nummer gab und bei den neuen Episoden ab Volume 5 für jeden Halbstaffel weitermacht. Volume 6 entspricht daher den Episoden 14-26 der sechsten Produktionsstaffel, die in den USA von Juni bis September 2011 gesendet wurde.
Season 6.2 ist in den USA wieder gleichzeitig als DVD und Blu-Ray erschienen, aber auch bei der DVD-Ausgabe wurde an nichts gespart. Besonders die Bildqualität ist trotz NTSC-Auflösung immer noch perfekt und läßt keine Wünsche übrig, das Bonusmaterial in beiden Formaten ist auch komplett identisch. Wie bei den früheren Futurama-DVDs sind die Episoden wieder in Produktionsreihenfolge und nicht in der teils völlig anderen Sendereihenfolge enthalten. Problematisch ist aber nach wie vor die Verpackung, deren Design sehr gut gelungen ist, aber durch die komplett aus Pappe bestehende Hülle so instabil ist, daß sie schon einen Versand-Transport oft nicht unverknickt übersteht. Da wünscht man sich die stabilen Simpsons-Boxsets aus früheren Tagen wieder.
Die hier rezensierte Ausgabe ist die amerikanische DVD, die in Europa erst im Herbst 2012 erscheinen wird. In Deutschland hat Pro7 alle 26 Episoden der sechsten Produktionsstaffel bereits in synchronisierten Versionen ausgestrahlt und die Volume 5 ist schon im Mai erschienen, aber nach dem Bildqualitäts-Desaster bei den letzten zwei DVD-Filmen in Europa kann ich von den PAL-Versionen nur abraten und zu den günstigeren US-DVDs oder Blu-Rays raten, zumal die Serie in Deutschland auch nur als DVD erschienen ist.
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