Die Serie
Eigentlich war Futurama schon vor zehn Jahren totgesagt worden, als 20th Century Fox Matt Groenings futuristische <em>Simpsons</em>-Alternative mit schlechten Sendezeiten, ausgefallenen Episoden und anderen Tricks langsam zugrunde gehen ließ. Die Wiederauferstehung kam aber dank Comedy Central, die sich seit 2008 der Serie angenommen hatten und erst in einem waghalsigen, aber erfolgreichen Experiment vier DVD-Filme und dann wieder eine reguläre Serie ermöglicht hatte. Um den Druck von der aufwendigen Produktion von Futurama zu nehmen, wurden die Staffeln jedoch in zwei Hälften mit jeweils dreizehn Episoden geteilt, von denen 2010 und 2011 schon die ersten 26 gesendet wurden.
Noch bevor die Ausstrahlung der sechsten Produktionsstaffel beendet war, hatte Comedy Central aber schon im Frühjahr 2011 eine siebte Staffel bestellt, die wieder insgesamt 26 Episoden für die nächsten zwei Jahre umfaßte. Die Gerüchteküche lief auf Hochtouren und wurde hauptsächlich durch die Autoren, Regisseure und Schauspieler mit angefeuert, die mit großem Enthusiasmus über ihre Blogs und andere sozialen Medien Informationen über die neue Staffel unter die Leute gebracht hatten. Auch wenn Futurama im Vergleich zu den <em>Simpsons</em> immer noch ein Nischendasein führte, war die Serie durch die Bemühungen von Comedy Central fast noch bekannter geworden als zu den Zeiten, als noch bei Fox gesendet wurde.
Die Originalität konnte sich Futurama vor allen Dingen damit bewahren, daß immer noch ein eingespieltes Team von Autoren, Regisseuren und Animatoren am Werk war. Eric Horsted, Josh Weinstein, Patric Verrone, Dan Vebber, Eric Rogers, Michael Rowe, Ken Keeler und Serien-Mitbegründer David X. Cohen sind fast alle Futurama-Urgesteine der ersten Stunde, aber wegen des sparsamen Budgets konnten einige frühere Autoren nicht mehr zum Zug kommen. Die einzigen Neuzugänge in der ersten Hälfte der siebten Staffel waren mit Michael Saikin und Neil Mukhopadhyay in der finalen Non-Canon-Episode zu verzeichnen, aber das alte Team hatte sich nicht auf den Lorbeeren ausgeruht und zusammen mit den Regisseuren Stephen Sandoval, Raymie Muzquiz, Dwayne Carey-Hill, Edmund Fong, Frank Marino, Crystal Chesney-Thompson, Lance Kramer und Peter Avanzino die inhaltliche und optische Qualität der Serie auf dem höchsten Niveau gehalten.
Die Geschichten sind diesmal besonders verspielt und bringen gleichermaßen völlig neue Konzepte ins Spiel und machen auch ausführlichen Gebrauch von den Ereignissen der früheren Episoden, die oft bis an die ganz frühen Tage der Serie zurückreichen. Das Futurama-Universum war noch nie so vielfältig wie in den sechsten und siebten Staffeln, wobei sich die Episoden von 2012 wieder verstärkt auf die Charaktere konzentriert hatten. Besonders dominant ist dabei Bender, der in vier Episoden im Vordergrund steht und von einer Liebes- und Familiengeschichte, einem Versuch als Paparazzo, über die Suche nach dem Sinn des Lebens und als Schützer von Roboter-Tieren in vielen Dingen seine Finger drin hat. Auch Professor Farnsworth wurde nicht vernachlässigt und hat zwar keinen exklusiven Auftritt, mischt aber immmer ein bißchen mit und bleibt derjenige, der die meisten Plots in Bewegung bringt.
Auch Fry ist mehr als nur ein Mitläufer und nicht nur an allen Geschichten mehr oder weniger stark beteiligt, sondern auch der Star von einigen besonderen Episoden. Die Beziehung zwischen Fry und Leela ist ein oft eingesetztes Plotelement und wurde weiter ausgebaut, wobei sich allerdings ein paar unübersehbare Parallelen zu Homer und Marge Simpson eingeschlichen haben. Leela ist aber nach wie vor einer der stärksten Charaktere geblieben, wenn auch manchmal weitaus weniger vernünftig, als man es von ihr sonst gewohnt ist. Gemeinsam mit Amy hat sie in einer Sport-Episode eine große Hauptrolle und ist auch sonst fast immer ein nicht wegzudenkender Teil der Handlung. Hermes Conrad macht seinem Namen als Bürokrat vom Dienst auch alle Ehre und bekam genauso wie Dr. Zoidberg wieder eine besondere Episode für sich.
Klassische Ensemble-Geschichten waren in der ersten Hälfte der siebten Staffel allerdings ein wenig ins Hintertreffen geraten, aber dafür konnten es die Autoren nicht sein lassen und haben das besondere Jahr 2012 nicht nur für eine hochpolitische Satire über den Zirkus der Präsidentschaftswahl genutzt, sondern auch den Weltuntergangs-Wahnsinn genüßlich auf die Schippe genommen. Dadurch konnte es nicht nur ein Wiedersehen mit Richard Nixon, sondern auch mit Amys Eltern geben, die gleich in zwei Episoden im Vordergrund standen. Viele andere Nebencharaktere wurden auch zurückgeholt, darunter Soap-Star Calculon, die Roboter-Mafia und Leelas Eltern - und sogar für eine handvoll neue Kreationen war noch Platz. Praktisch abwesend sind in den dreizehn Episoden allerdings Professor Farnsworths jugendlicher Klon Cubert und Nibbler, die wahrscheinlich erst in der zweiten Hälfte wieder drankommen.
Absolut brilliant sind wie immer die Sprecher, die mit ihren Charakteren inzwischen so fest verbunden sind, daß ohne sie Futurama nicht mehr existieren könnte. Die Stimmenakrobatik von Billy West, John DiMaggio, Maurice LaMarche, Phil LaMarr, Lauren Tom, Tress MacNeille und Phil Lamarr ist nicht mehr wegzudenken und als einzige Sprecherin mit nur einem Charakter hat Katey Sagal einen ganz besonderen Platz in der Besetzung. Große Gaststars gibt es in der ersten Staffelhälfte nur zwei - die Komödiantin Wanda Sykes ist die Stimme des Getränkeautomaten in der ersten Episode und für das Finale konnten die Produzenten Patrick "Captain Picard" Stewart gewinnen, der aber in einer ganz untypischen, aber originellen Rolle zu hören ist.
Optisch hat Futurama nie besser ausgesehen wie in den neuen Episoden, obwohl bedingt durch das kleinere Budget die Animation natürlich nicht mehr ganz so aufwendig und detailreich ist. Aber auch mit den etwas eingeschränkteren Möglichkeiten schafft Rough Draft es immer noch, Futurama frisch und interessant aussehen zu lassen - während bei der Schwesterserie The <em>Simpsons</em> das Design kaum noch im Vordergrund steht, ist es bei Futurama eins der wichtigsten Elemente. Besonders die nahtlose Kombination aus traditioneller 2D-Animation und computergerenderten 3D-Modellen ist immer noch beeindruckend und die Umstellung auf das 16:9-Bildformat und die Produktion in läßt auch die 22-minütigen Episoden wie kleine Kino-Kurzfilme aussehen.
Die besondere Atmosphäre von Futurama wird immer noch von der Musik geprägt, für die nach wie vor Christopher Tyng zuständig ist. Der Komponist mit dem ungewöhnlichen, sofort erkennbaren Sound bricht alle üblichen Science-Fiction-Konventionen und mischt futuristische Synthesizer-Sounds mit treibenden Drumloops und satten Orchesterklängen - und in der siebten Staffel sind dann gelegentlich auch ganz wundervolle Melodien zu hören, die zuvor noch nie dabei waren und zeigen, daß Futurama auch in Sachen Musik immer noch etwas neues zu bieten hat. An der inzwischen ikonischen Titelmusik wurde allerdings bis auf eine druckvollere Neuabmischung erst gar nicht herumgeschraubt, allerdings ist die erweiterte Version aus den DVD-Filmen, die Tyng ursprünglich für das Playstation-Spiel geschrieben hatte, nie mehr verwendet worden.
Die erste Hälfte der siebten Produktionsstaffel ist das, was man guten gewissens als Rückkehr zum klassischen Futurama bezeichnen kann. Sogar nach 26 neuen Episoden, die auf die vier DVD-Filme folgten, machen sich immer noch keine Ermüdungserscheinungen bemerkbar - die Autoren haben immer noch frische Ideen, die Schauspieler sind nie besser gewesen und die Animation kann immer noch beeindrucken. Futurama hat eine Zukunft - aber wie lange noch, ist zur Zeit noch unbekannt. Im Januar 2013 war noch nicht klar, ob Comedy Central noch weitere Episoden nach der siebten Staffel, deren zweite Hälfte im Sommer des Jahres laufen wird, bestellen wird - leicht gesunkene Einschaltquoten könnten zur Bedrohung werden, aber vielleicht wird der Sender Futurama trotzdem als eins seiner Flaggschiffe behalten.
Die Episoden
- The Bots and the Bees - Professor Farnsworth hat einen neuen Getränkeautomaten mit einer weiblichen Persönlichkeit angeschafft, die mit Bender eine Affaire beginnt.. mit drastischen Konsequenzen.
- A Farewell to Arms - Die Planet-Express-Crew findet in einer Höhle einen Kalender der Mars-Ureinwohner, der einen Erduntergang im Jahr 3012 zu prophezeien zu scheint...
- Decision 3012 - Leela managt die Kampagne des Nixon-Gegenkandidaten für die Präsidentenwahl, stößt aber auf unerwartete Probleme, als der Herausforderer keine Geburtsurkunde vorweisen kann...
- The Thief of Baghead - Bender wird zum Paparazzo und hat sich ein besonderes Ziel ausgesucht: ein Schauspieler, der nur mit einer Tüte über dem Kopf auftritt und dessen Gesicht noch niemand gesehen hat...
- Zapp Dingbat - Zuerst ist Leela zufrieden, daß Zapp Brannigan ihr nicht mehr dauernd hinterherläuft, aber als sie herausfindet, daß er sich stattdessen an ihre Mutter heranmacht, will sie unbedingt die Beziehung der beiden verhindern...
- The Butterjunk Effect - Amy und Leela werden zu Stars im Butterfly Derby, entdecken aber, daß wie in jeder Sportart gedopt wird was das Zeug hält...
- The Six Million Dollar Man - Hermes prüft die Mitarbeiter von Planet Express auf ihre Produktivität und kommt zu dem Schluß, daß er sich selbst gegen eine Maschine ersetzen muß...
- Fun on a Bun - Fry will sich auf dem Oktoberfest vergnügen, stellt aber zu seinem Ärger fest, daß es eine ganz brave und gesittete Sache ist und betrinkt sich hemmungslos. Als er mit Bender ein prähistorisches Mammut durch eine Wurstpresse dreht, um die beste Wurst des Oktoberfests zu schaffen, scheint es einen schrecklichen Unfall zu geben...
- Free Will Hunting - Bender wird nach einer Reihe von dummen Entscheidungen vor Gericht gestellt, wo sein Rechtsanwalt feststellt, daß er als Roboter keinen freien Willen hat...
- Near-Death Wish - Fry ist frustriert, daß sein einziger lebender Verwandte der an ihm uninteressierte Professor Farnsworth ist und erfährt, daß dessen Eltern auf dem Near-Death-Star in einem virtuellen Altersheim leben...
- 31st Century Fox - Auf der Suche nach neuen Uniformen kleidet sich Bender mit einem Jagdkostüm ein und drängt seine Kollegen dazu, bei einer Fuchsjagt mitzumachen. Leela findet das barbarisch, aber als sich der Fuchs als Roboter ausstellt, wird nicht sie, sondern Bender zum Roboter-Tierschutzaktivist...
- Viva Mars Vegas - Zoidberg kommt aus Versehen in den Besitz einiges Mafia-Gelds und verspielt es im Mars-Casino von Amys Eltern - mit katastrophalen Auswirkungen.
- Naturama - Im Halbseason-Finale abseits der regulären Geschichten wandelt sich Futurama diesmal in eine Naturdokumentation, in der die Tiere den Charakteren ähneln.
Die DVD
Genauso wie die sechste Staffel in den zwei vorhergehenden Jahren wurde auch die erste Hälfte der siebten Produktionsstaffel von Futurama im Dezember 2012 veröffentlicht und enthält unter dem Titel Volume 7 die dreizehn im Sommer des Jahres bei Comedy Central gesendeten Episoden. Wegen der HD-Produktion wurde wie immer parallel als Blu-Ray und DVD veröffentlicht, wobei beide Ausgaben von der Ausstattung her identisch sind. Enttäuschend ist aber nach wie vor die Verpackung, denn obwohl das Design wirklich gelungen ist, machen die Eco-Papptaschen keinen besonders haltbaren Eindruck und werden oft schon auf dem Weg vom Händler zum Kunden zerdrückt und verknickt.
Die hier rezensierte DVD ist die amerikanische Ausgabe, da eine Veröffentlichung außerhalb von Region 1 bisher noch nicht angekündigt wurde und die europäischen Ausgaben wegen den Authoring- und Preßproblemen schon lange nicht mehr zu empfehlen sind. Fox hat sich aber mit der amerikanischen Ausgabe sehr große Mühe gegeben und zeigt, daß es heutzutage immer noch richtig gut gemachte DVDs geben kann.
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