Der Film
Ein riesiger Riß im Universum, ausgelöst durch die unsachgemäße Anwendung von Zeitreisen in den Ereignissen von Bender's Big Score, verheißt nichts gutes - aber einige Monate passiert erstmal überhaupt nichts. Fry hat inzwischen seine Romanze mit Leela schon wieder vergessen und Colleen getroffen, die er sich aber mit ihren anderen zahlreichen Freunden teilen muß. Bender ist von Frys Verliebtheit so enttäuscht, daß er sich in die nächste Selbstmordzelle begibt, aber dann nicht im Roboter-Himmel, sondern in einem Kindheitstraum landet. Derweil versuchen Professor Farnsworth und sein alter Erzfeind Dr. Wernstrom in einer widerwilligen Kooperation mehr über die Anomalie herauszufinden, aber als sie keine großen Erfolge bringen können, startet Präsident Nixon eine militärische Offensive unter der Leitung von Zapp Brannigan...
Die wundersame Wiederauferstehung von Matt "The Simpsons" Groenings
anderer Trickfilmserie Futurama war Ende 2007 eine phantastische
Überraschung für alle Fans. Mit Bender's Big Score, dem ersten
von vier anderthalbstündigen DVD-Filmen, konnte die Serie ein grandioses
Comeback feiern, auf das schon ein dreiviertel Jahr später die Fortsetzung
The Beast with a Billion Backs folgte. Nach dem furiosen Auftakt
kehrt Futurama wieder etwas mehr zu den Ursprüngen der Serie
zurück, aber trotzdem ist das zweite abendfüllende Abenteuer der Planet
Express-Crew nicht nur eine bloße Aneinanderreihung von vier Serienepisoden,
sondern ein ausgewachsener Spielfilm mit allem Drum und Dran.
Back to the Roots
Schon die Titelsequenz verrät, daß The Beast with a Billion Backs
nicht ganz so verrückt und überdreht wie sein Vorgänger ist, denn der
längere Vorspann des ersten Films wurde nicht noch einmal verwendet. Stattdessen
hatten sich die Autoren aber trotzdem einen phantastischen Gag ausgedacht,
der in einer kleinen Hommage an die Urahnen des Zeichentricks den altbekannten
Vorspann auf richtig originelle Weise erweitert. Eine ganz neue Dimension
bekommt die enorm detailreiche Titelszene natürlich auch, weil sie nun
in 16:9 zu sehen ist und noch einmal komplett neu animiert wurde - und
im Gegensatz zu Bender's Big Score nun ohne Unterbrechungen zu
sehen ist.
Drehbuchautor Ken Keeler wurde diesmal von Eric Kaplan abgelöst, einem
Futurama-Veteran der allerersten Stunde, der in fast allen Episoden
in der einen oder anderen Funktion dabei war und einige der allerbesten
Folgen geschrieben hatte. Kaplan hatte zusammen mit Serien-Mitbegründer
David X. Cohen die grundlegende Story erdacht, aus der dann das Drehbuch
entstand. Natürlich waren noch viel mehr Leute an der Entstehung des Scripts
beteiligt, die dafür gesorgt haben, daß The Beast with a Billion Backs
genauso wie sein Vorgänger mit vielen brillianten Ideen, gelungenen Gags
und sogar etwas Tiefgang ausgestattet wurde.
All you need is Love
Die Geschichte ist diesmal nicht ganz so verworren, denn auf komplizierte
Zeitreise-Verstrickungen wurde nun verzichtet und mehr auf eine lineare
Story gesetzt. Diesmal wurde die Geschichte in sich abgeschlossen und
hat entgegen aller Erwartungen kein offenes Ende, das in den nächsten
Film überleiten könnte - trotzdem haben sich Eric Kaplan und sein Autorenteam
nicht auf einen einzigen Handlungsstrang beschränkt, sondern gleich eine
ganze Menge davon eingebaut. Das titelgebende Monster bewohnt nämlich
nur einer von insgesamt den vier ineinander verzahnten Plots, die eigentlich
überhaupt nichts miteinander zu tun haben, aber sich im Laufe des Films
irgendwann mal treffen. Dort zeigt sich auch die einzige wirkliche Schwachstelle,
denn anders als in Bender's Big Score ist die Verknüpfung der
einzelnen Geschichten nicht ganz so nahtlos gelungen und erinnert an die
manchmal etwas abrupten Handlungssprünge einiger Serien-Episoden.
Trotzdem zeigen die einzelnen Plots, daß die Futurama-Autoren
immer noch frische Ideen haben. Was auf den ersten Blick den Eindruck
eines typischen Monster-der-Woche macht, entwickelt sich im Laufe des
Films zu einer erstaunlich vielschichtigen Story, die von einer Science-Fiction-Horrorparodie
à la Invasion of the Bodysnatchers über eine reichlich ungewöhnliche
Liebesgeschichte bis zu einer bissigen Religions-Satire reicht. The
Beast with a Billion Backs geht erfolgreich typischen Klischees aus
dem Weg, indem sie gnadenlos parodiert werden, ohne dabei das intelligente
und satirischen Niveau zu verlieren, mit dem sich Futurama schon früher einen Namen gemacht hat. Humor unterhalb der
Gürtellinie wird wie üblich nur gelegentlich angewendet und während
der Witz zwar nicht immer hundertprozentig gelungen ist, zündet doch die
Mehrheit der Gags erstaunlich gut.
Die Science-Fiction-Elemente sind natürlich wieder so übertrieben, unglaublich
und verrückt wie eh und je, aber die Autoren nehmen die zwischenmenschlichen
Beziehungen dagegen geradezu ernst, verzichten aber auch dabei nicht ohne
eine große Portion Ironie. Schon in der Serie und im ersten Film sind
die romantischen Verstrickungen der Charaktere immer ein großes Thema
gewesen, das diesmal ganz im Vordergrund steht und eigentlich sogar der
unterliegende Anlaß für sämtliche Plots ist: Fry hat so seine Probleme
mit seiner neuen Freundin Colleen, die sich nicht zwischen ihren vielen
Freunden entscheiden kann, Bender fühlt sich von seinem Buddy Fry vernachlässigt,
Kif und Amys Dauer-Romanze nimmt eine tragische Wendung und Yivo möchte
einfach nur lieben und geliebt werden.
Universum Gamma und das nette Biest
The Beast with a Billion Backs ist wieder ein richtiges Ensemble-Stück,
das aber den Schwerpunkt diesmal auf einige Charaktere legt, die in im
vorherigen Film nur am Rande auftauchten. Fry und Bender sind wieder zwei
der wichtigsten Protagonisten, und auch Professor Farnsworth hat zusammen
mit seinem Erzfeind Dr. Wernstrom eine ausgedehnten Auftritt. Leela ist
diesmal nicht so eng in die Geschichte verwickelt, hat aber trotzdem eine
nicht ganz unwichtige Funktion in der Handlung. Amy und Kif wurde dagegen
ein ganz eigener Subplot spendiert, in den auch Zapp Brannigan verwickelt
ist, der nun auch eine viel größere Rolle spielt. Die restliche Planet
Express-Crew ist nur am Rande vertreten, denn Hermes hatte in Bender's
Big Score schon eine Hauptrolle und Dr. Zoidberg wartet immer noch
auf seinen richtig großen Auftritt.
Die Schauspieler sind wie immer in Höchstform und sorgen für eine bemerkenswerte Stimmenakrobatik. Billy West, Katey Sagal, John DiMaggio, Maurice LaMarche, Tress MacNeille, Phil LaMarr, Lauren Tom und David Herman teilen sich insgesamt über sechzig kleine und große Rollen, denn die Autoren haben sich wieder große Mühe gegeben, praktisch alle der zahllosen Nebencharaktere in der Handlung unterzubringen. Mit Gastauftritten von neuen Charakteren ist The Beast with a Billion Backs allerdings sehr sparsam, denn davon gibt es diesmal nur zwei. Einer davon ist Frys neue Freundin Colleen, der die Schauspielerin Brittany Murphy die Stimme leiht und aus der recht eindimensionalen Figur eine richtige Persönlichkeit macht, die sich trotz der Kürze ihres Auftritts gegenüber den regulären Charakteren sehr gut behaupten kann.
Der andere Besucher des Futurama-Universums ist Yivo, das netteste
Alien-Monster der Filmgeschichte. Das planetengroße Tentakel-Biest ist
eigentlich eine groß angelegte Parodie auf sämtliche außerirdischen Ungeheuer,
der die Serien-Macher ihren ganz besonderen Stempel aufdrückten, indem
sie Yivo eine Stimme gaben und so für eine überraschende Wendung in der
Geschichte sorgten. Für die Rolle wurde der Comedian David Cross ausgesucht,
der die titelgebende Figur in einen richtig sympathischen Charakter verwandelt
und weit von dem Bösewicht entfernt, die es eigentlich hätte sein können.
Eine kleine Stippvisite macht außerdem Stephen Hawking, der schon in einer
früher in Futurama und auch bei den Simpsons dabei war und mit
Hilfe seines unverkennbaren Sprachcomputers als Head in a Jar
einen sehr selbstironischen Auftritt hat.
Sights and Sounds
Genauso wie Bender's Big Score kann auch The Beast with a Billion Backs mit einer Animation aufwarten, die weit über das hinausgeht, was früher in der Serie zu sehen war. Nicht nur durch das viel kinoähnlichere Bildformat ist nun alles eine Nummer größer und detailreicher. Tatsächlich wirken Szenerie und Charaktere durch die aufwendigere Animation und die nahtlos integrierten 3D-Sequenzen nun noch viel lebendiger und verspielter als früher - besonders die vielen Massenszenen und Yivos zahllose Tentakel sind äußerst beeindruckend. Verantwortlich dafür waren wieder die Rough Draft Studios unter der Leitung von Scott und Gregg Vanzo, Claudia Katz und Rich Moore mti dem gleichen Team von Zeichnern, Animatoren und Designern, das schon früher für das phantastische Aussehen von Futurama gesorgt hatte.
Während das Sound-Design wie bei Futurama üblich für eine Trickfilm-Serie
sehr komplex und einfallsreich ist, hält sich die musikalische Begleitung
von The Beast with a Billion Backs erstaunlich zurück. Statt
großen Musiknummern wie in Bender's Big Score bleibt Hauskomponist
Christopher Tyng bei einer reinen Hintergrundscore, die aber dafür eine
ziemlich bombastische Dimension angenommen hat und besonders bei der Tentakel-Invasion
eine herrliche Anspielung auf die typischen SF-Reißer der fünfziger Jahre
ist. Auch das neue romantische Thema wirkt wie eine Parodie, denn die
Ähnlichkeiten zu Maurice Jarres Lawrence of Arabia-Melodie sind unverkennbar.
Attack of the 50 ft. Planet-Monster
Futurama ist einfach nicht totzukriegen und The Beast with
a Billion Backs ist nach Bender's Big Score der beste Beweis
dafür. Trotz einiger Unkenrufen ist der zweite DVD-Film ein voller Erfolg
und mag vielleicht kein so großes Gag-Feuerwerk wie sein Vorgänger sein,
gehört aber immer noch zum Besten, was die Serie zu bieten hat. Es ist
einfach eine völlig anderer Film als sein Vorgänger und kaum mit ihm vergleichbar
- gerade das zeigt aber, daß Matt Groening, David X. Cohen und Co. noch
längst nicht die Ideen ausgegangen sind und die vierjährige Zwangspause
dafür gesorgt hat, daß die neue Inkarnation von Futurama die
Originalität der alten Serie bewahren konnte. Die Saga geht weiter - im
November mit Bender's Game und im Februar nächsten Jahres mit
dem Abschluß der Quadrologie Into the Wild Green Yonder.
Die DVD
The Beast with a Billion Backs ist am 24. Juni in den USA und schon eine Woche später in England als praktisch gleich ausgestattete DVDs erschienen, die wie schon bei Bender's Big Score eine brilliante Bildqualität und einige hervorragende Extras besitzen. Der Unterschied zwischen der amerikanischen und englischen DVD besteht hauptsächlich in der Verpackung, denn die US-Version kommt wieder in einem schicken, aber wackeligen Pappschuber, während sich die britische Ausgabe auf ein normales Keepcase beschränkt.
Wie bei Bender's Big Score habe ich mich auch bei The Beast
with a Billion Backs wieder für die PAL-Version entschieden, da ich
mich über die Jahre hinweg an den Klang der Stimmen mit PAL-Speedup gewöhnt
habe und die Schauspieler in der NTSC-Fassung für meine Ohren etwas zu
tief klingen. Letztendlich ist es aber Geschmackssache, welche DVD man
bevorzugt, wobei die britische Disc allerdings viel günstiger zu bekommen
ist als die US-Ausgabe. Die deutsche DVD erscheint erst am 29. Juli unter
dem schlecht eingedeutschten Titel Die Ära des Tentakels und
dürfte bis auf die zusätzliche deutsche Tonspur mit der hier rezensierten
britischen DVD identisch sein.
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Bonusmaterial
Das Bonusmaterial der zweiten Futurama-Film-DVD setzt wieder auf ein altbewährtes Rezept, das auf ellenlange Dokumentationen verzichtet, aber dafür den mittlerweile schon traditionellen Audiokommentar und einige andere sehr interessante Extras mitbringt. Das Menüsystem ist fast genauso aufgebaut wie auf der DVD von Bender's Big Score und wirkt daher gegenüber den sehr verspielten Menüs der Futurama-Serienboxen geradezu einfallslos.
Der Audiokommentar mit Matt Groening, Billy West, John
DiMaggio, Maurice LaMarche, Michael Rowe, Claudia Katz, Peter Avanzino
und Lee Supercinski ist natürlich wieder das Gelbe vom Ei dieser DVD.
Statt ernsten und technischen Vorträgen besteht diese Kommentarspur wie
bei Futurama üblich aus einer sehr humorvollen und lebendigen
Diskussion der Filmemacher und Schauspieler - lediglich Drehbuchautor
Eric Kaplan ist leider nicht dabei, wird aber von Co-Autor Mike Rowe sehr
gut vertreten. Die Mitwirkenden haben dabei manchmal soviel Spaß, daß
ein bißchen fröhliches Chaos entsteht, was aber eigentlich zum Stil der
Futurama- und Simpsons-Kommentare gehört und weniger störend
als unterhaltsam ist, weil besonders die Sprecher immer wieder jede Menge
Gags und Nonsense einbringen. Daher ist der Kommentar nicht immer richtig
szenenspezifisch, bietet dafür aber einen enormen Unterhaltungsfaktor,
der die Laufzeit der DVD gleich verdoppelt.
Futurama: The Lost Adventure
(30:11) wurde aus den Filmszenen des 2003 veröffentlichten Futurama-Spiels
zusammengeschnitten und kommt einer verlorenen Episode schon sehr nah.
Zwar ist die holperige 3D-Animation nicht mit der Serie vergleichbar,
aber dafür sind natürlich die bekannten Sprecher mit dabei und die Story
hat das Zeug zu einer richtigen Futurama-Episode. Mit dabei ist
außerdem ein Audiokommentar mit Matt Groening, Billy West, John DiMaggio,
Maurice LaMarche, Michael Rowe, J. Stewart Burns und Lee Supercinski,
der sich der Kommentarspur des Haupfilms nahtlos anschließt und genausoviel
Spaß macht. Enttäuschend ist lediglich die Bildqualität, weil die Original-Videodaten
nicht mehr gefunden werden konnten und die Filme direkt aus einer Xbox
überspielt werden mußten. Leider wurde das daraus resultierende Bildmaster
für die europäische DVD genauso wie alle anderen Extras nur von PAL nach
NTSC normgewandelt, wodurch sich die Qualität noch mehr verschlechtert
hat - sehenswert ist diese besondere Episode aber trotzdem.
Das Storyboard Animatic (21:42) enthält das erste Viertel
des Films als animiertes Storyboard mit einer temporären Tonspur, die
manchmal ein bißchen von der fertigen Version abweicht.
Die Deleted Scenes bestehen ausschließlich aus Material,
das aus Zeitgründen gekürzt wurde und nicht wirklich wichtig für die Handlung
ist, aber dennoch einen interessanten Eindruck macht:
Original Ending - Storyboard (0:53)
Fry and Colleen Meeting - Color (0:38)
St. Asimov Parade - Storyboard (0:24)
Zapp and Scientists - Layout Animatic (0:50)
Amy, Fry and Leela - Storyboard (0:27)
Scruffy the Janitor - Layout Animatic (0:32)
Im David Cross Featurette - Meet Yivo (2:01) stellt der
Comedian auf seine typisch desinteressierte Weise seinen Charakter vor.
Auf dem rückseitigen Cover wird dieser kurze Schnipsel nicht umsonst mit
David Cross Eating Popcorn beschrieben!
Blooperama (2:11) zeigt das erste Mal in der Geschichte
der Futurama-DVD die Schauspieler in Person bei der Arbeit -
leider nur sehr kurz, dafür aber unheimlich witzig und sympathisch. Da
kann man sich nur wünschen, daß es davon in Zukunft vielleicht noch mehr
zu sehen geben wird.
Die 3D Models with Animator Discussion (4:10) sind eine
sehr nüchterne und sachliche Vorstellung der neuen 3D-Modelle des Films.
A Brief History of Deathball (2:01) ist trotz des vielversprechenden
Namens nur eine Sammlung von Konzeptzeichnungen, die von Animator Peter
Avanzino vorgestellt werden.
Bender's Game (1:59) ist der vielversprechende Trailer
für den nächsten Futurama-Film.
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