Der Film
Professor Farnsworths Sohn-Klon Cubert und seine Freunde haben Dungeons und Dragons als Zeitvertreib entdeckt - zum großen Erstaunen von Bender, der mit seiner noch unterentwickelten digitalen Phantasie zuerst gar nichts damit anfangen kann. Bald beginnt sich der Roboter aber in die Phantasiewelt immer mehr hineinzusteigern, bis er Realität und Fiktion nicht mehr auseinanderhalten kann und schließlich in der Klapsmühle landet. Auch Leela hat mit den Nerven zu kämpfen, nachdem sie Professor Farnsworths Raumschiff beim Demolition Derby zerdeppert und von ihm einen Schock-Halsband umgelegt bekommt, damit sie ihre Aggressionen unter Kontrolle bekommt. Aber ein noch größeres Problem hat die Planet Express-Crew mit den ständig steigenden Treibstoff-Preisen, denn Mom ist die alleinige Herstellerin von dunkler Materie. Alleine Professor Farnsworth hat durch seine gemeinsame Vergangenheit mit der Industrie-Matriarchin den Schlüssel zur Sprengung des Sprit-Monopols in der Hand...
2007 war Matt Groenings und David X. Cohens Trickfilmserie Futurama nach fast einem halben Jahrzehnt Tiefschlaf in Form von neuen, abendfüllenden Filmen wiederauferstanden - Bender's Big Score und The Beast With A Billion Backs lieferten als übermütiges Zeitreisespektakel und Science-Fiction-Horrorparodie ein grandioses Comeback, aber es waren nur die ersten zwei von insgesamt vier geplanten Filmen. Nach diesen beiden völlig unterschiedlichen Geschichten wurden die nächsten Futurama-Abenteuer mit Spannung erwartet und viele fragten sich, ob noch mehr originelle Einfälle aus dem Hut gezaubert werden könnten. Im Herbst 2008 konnte Bender's Game diese Zweifel aber beseitigen, denn den Autoren war es gelungen, wieder eine völlig andere Richtung einzuschlagen und die Fans noch einmal mit frischen Ideen zu begeistern.
Rückkehr zu den Klassikern
Die Fortsetzung der Kreativität zeigt sich schon in der Titelsequenz, die zwar wieder nichts direkt mit dem Plot selbst zu tun hat - aber der traditionellen Crash ins Jumbotron in eine Comicwelt à la Yellow Submarine im Groening-Stil macht deutlich, daß die Animatoren und Autoren immer noch genauso verspielt sind wie früher. Bender's Game läßt den Roboter zwar schon das zweite Mal in einem Filmtitel vorkommen, aber die Geschichte ist genausowenig auf ihn zentriert wie Bender's Big Score, sondern wieder ein ausgewachsenes Ensemblestück. Im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern baut die neue Story aber viel mehr auf die Ereignisse der Serie auf und verwendet ausschließlich bekannte Figuren, denn auf die Einführung neuer Charaktere wurde diesmal komplett verzichtet.
Dafür haben sich die insgesamt fünf Autoren aber auch eine Menge einfallen lassen und einige alte Ideen aus der Serie wieder aufgegriffen. Ein großer Teil des Plots beschäftigt sich mit der dunklen Materie, die im Futurama-Universum als Raumschiff-Treibstoff dient. Mit der dunklen Materie kommt auch gleich Mom ins Spiel, die ihr Imperium inzwischen von ihrem Roboter-Konzern auf die Spritbranche ausgedehnt hat und damit der eigentliche Anlaß für die Geschichte von Bender's Game ist - auch ihre frühere Beziehung zu Professor Farnsworth wurde natürlich nicht ignoriert und spielt ebenfalls eine zentrale Rolle. Damit ist Futurama praktisch zu den Wurzeln zurückgekehrt, aber das hat die Autoren nicht davon abgehalten, trotzdem etwas völlig neues auszuprobieren.
Kerker und Drachen
Der zusammen mit The Beast With A Billion Backs veröffentlichte Trailer machte schon unmißverständlich deutlich, was die Filmemacher sich für Bender's Game ausgedacht hatten. Mit dem titelgebenden Element erfüllten sie sich einen lang gehegten Wunsch und brachten ihre alte Jugendleidenschaft Dungeons & Dragons ein und ließen ihre Charaktere nicht nur dem beliebten Rollenspiel verfallen, sondern warfen sie auch in der zweiten Hälfte der Geschichte in eine mittelalterliche Fantasy-Welt. Die Umstände des Szeneriewechsels sind natürlich etwas an den Haaren herbeigezogen, denn die beiden Plots wurden wie schon so oft zuvor ziemlich mit der heißen Nadel aneinandergestrickt - aber bei Futurama und auch den Simpsons gehört so etwas schon immer zum ganz besonderen Charme der Serien und in Bender's Game klappt die Überleitung eigentlich sogar recht gut.
Bender's Game ist besonders in der zweiten Hälfte mit Anspielungen auf Dungeons & Dragons nur so vollgestopft und macht auch da nicht halt, sondern nimmt sich auch noch die Welt von Lord of the Rings vor, so um ein futuramaisiertes Fantasy-Szenario zu erschaffen. Auch die Charaktere wurden entsprechend umgewandelt, so daß die Geschichte fast genauso wie eine Anthology of Interest-Episode funktioniert - mit dem Unterschied, daß diesmal nicht nur ein Drittel einer halbstündigen Serienfolge, sondern fast eine dreiviertel Stunde Zeit für eine ausführliche und sehr verspielte Ausarbeitung der Story da ist und auch ausführlich genutzt wurde. Eine nostalgischen Touch bekam diese Dungenons & Dragons-Hommage im Nachhinein, als Schöpfer Gary Gygax überraschend im Frühjahr 2008 kurz vor der Fertigstellung starb - Bender's Game wurde deshalb ihm gewidmet und eine kurze Szene von seinem Auftritt in einer früheren Serien-Episode an den Film angehängt.
Der Humor bleibt insgesamt auf dem hohen Niveau, das man von Futurama gewohnt ist, allerdings gibt sich Bender's Game oft noch um einiges frecher und sarkastischer, ohne dabei auf dumme Witze unterhalb der Gürtellinie abzusinken. Ausnahmen bestätigen die Regel, denn manchmal geht es doch ganz schön deftig zu - aber völlig geschmacklos wird es eigentlich nie. Überraschend ist, daß es keine direkte Verbindung mehr zum vorherigen Film und auch kein offenes Ende gibt, denn der nach den lose zusammenhängenden Bender's Big Score und The Beast With A Billion Back vermutete rote Faden wurde nun doch nicht konsequent weiterverfolgt. Wirklich tragisch ist das nicht und gibt Bender's Game die Freiheit, weitgehend für sich alleine zu stehen.
Ein eingespieltes Team
Inszeniert wurde Bender's Game wieder von Dwayne Carey-Hill, der parallel auch für Bender's Big Score zuständig war. Diesmal waren allerdings mehr Drehbuchautoren als zuvor beteiligt, denn die Filmemacher hatten sich die vier einzelnen Episoden der Geschichte untereinander aufgeteilt. Die Story wurde ursprünglich von David X. Cohen und Eric Horsted entwickelt, der nach dem Ende der Serie nur für Bender's Game noch einmal ins Team zurückkehrte und auch die ersten zwei Teile des Drehbuchs schrieb. Für Teil 3 waren Mike Rowe und Eric Kaplan zuständig und um den letzten Teil kümmerten sich David X. Cohen und Patric Verrone - alle zusammen bildeten ein Team aus Veteranen der allerersten Stunde und besaßen so genau das richtige Gespür für eine waschechte Futurama-Story.
Visuell hat sich Bender's Game gegenüber seinen beiden Vorgängern nicht viel verändert, hat aber durch die Fantasy-Sequenzen im zweiten Teil einen völlig anderen Stil, der die Animatoren vom Rough Draft Studio wieder vor ganz neue Herausforderungen stellte. Während die altbekannten Kulissen wie das Planet Express-Hauptquartier, Professor Farnsworths Raumschiff oder die Umgebung von in New-New-York in altbekannter Weise dargestellt werden, kamen die Designer und Animatoren bei Mom's neu gestaltetem Hauptquartier und einigen anderen neu hinzugekommenen Schauplätzen erst richtig zum Zug. Noch viel bemerkenswerter ist natürlich die mittelalterliche Fantasy-Szenerie, gegen die der Rest des Films geradezu alltäglich wirkt - hier konnten sich die Zeichner so richtig austoben und haben eine Welt geschaffen, die so zuvor nur selten in Futurama zu sehen war.
Nur die Stammbesetzung
Futurama ist schon lange nicht mehr ausschließlich die Fry & Bender & Leela-Show, was Bender's Game besonders gut demonstriert, denn hier kommen fast alle regulären Charaktere auf die eine oder andere Weise auf ihre Kosten. Die heimliche Hauptrolle hat diesmal nicht Bender inne, sondern niemand anders als Mom, die die eigentlich treibende Kraft der Geschichte ist und eine hervorragende Antagonistin abgibt und nun ganz besonders fies und gemein sein darf. Auch ihre drei Söhne Larry, Walt und Igner sind diesmal nicht nur Statisten, sondern besitzen im Plot eine wichtige Funktion. Die Nibblonier sind nach ihrem plötzlichen Verschwinden in Bender's Big Score ebenfalls wieder mit dabei, denn als "Produzenten" von dunkler Materie sind sie direkt von Moms Machenschaften betroffen.
Fry hat dagegen zu Beginn der Geschichte nur eine kleine Rolle, denn sein Auftritt beginnt erst in der Fantasy-Sequenz an Bedeutung zu gewinnen um im Finale schließlich ein Teil eines großen Showdowns zu werden. Professor Farnsworth bleibt auch ein passiver, aber ständig präsenter Charakter, dessen gemeinsame Vergangenheit mit Mom allerdings nochmals erweitert wird. Leela haben die Autoren auch einen kleinen Subplot spendiert, der sich mit ihrer Impulsivität beschäftigt, während Hermes, Amy und Zoidberg eigentlich nur in der zweiten Hälfte der Geschichte überhaupt richtig in den Plot eingebunden wurden - Abstriche, die einfach nötig waren, da nicht immer sämtliche Charaktere die gleiche Bedeutung haben können.
Die Stimme macht die Figur
Zwar sind die Charaktere visuell diesmal besonders detaileich gestaltet worden, aber ihr wirkliches Leben bekommen sie nur durch ihre Stimmen eingehaucht. Die Sprecher laufen in Bender's Game zu neuen Höchstleistungen auf und überraschen wieder mit einer hervorragenden Dialoginterpretation, bei der es kaum auffällt, daß ein großer Teil der Schauspieler mehr als ein halbes Dutzend Rollen gleichzeitig spricht. Tress MacNeille fällt diesmal besonders positiv auf, da sie außer ihren vielen anderen Charakteren als Mom diesmal eine viel größere Rolle als sonst hat und eine Menge aus der fiesen Monopolistin machen kann.
Katey Sagal, Billy West und John DiMaggio bilden wie schon zuvor das Rückgrat der Stimmakrobatik und werden dabei tatkräftig von Maurice LaMarche, Phil LaMarr, Lauren Tom, David Herman und Kath Soucie unterstützt. Cartoon-Voiceover-Legende Frank Welker leiht außerdem wieder Nibbler seine Stimme und ist für diverse tierische Laute zuständig, während sich die Flut der Gaststars in Grenzen hält: lediglich George Takei und Rich Little haben zu Beginn zwei kleine selbstironische Auftritte.
Musikalisch hält sich Bender's Game weitgehend unauffällig im Hintergrund, aber Christopher Tyng hat die in der Serie früher hauptsächlich als Zwischenmusik genutzte Score zu einer vollständigen Filmmusik ausgebaut, die teilweise schon richtige Blockbuster-Ambitionen hat. Besonders melodiös geht es dabei nicht zu, aber der Komponist weiß bestens wie man eine passenden Stimmung erzeugt und scheut dabei auch nicht vor bisher ganz fremdem Material zurück, um die besondere Atmosphäre der Fantasy-Szenerie zu erreichen. Popsongs werden nur äußerst sparsam an zwei Stellen mit Kathy McCartys verrücktem, aber äußerst passendem Rocket Ship sowie dem Oldie Chewy Chewy in einer nicht wirklich angebrachten Stelle eingesetzt.
Ye Olde Future
Bender's Game beweist als erster der neuen Filme, daß eine gelungene Futurama-Geschichte auch völlig ohne Neuzugänge auskommen kann und die bekannten Charaktere einen Plot ganz alleine bestreiten können. Der Ausflug in die Welt von Dungeons & Dragons mag eine seltsame Wahl sein, aber die liebevolle Hommage an das Rollenspiel-Genre hat sich als willkommene Abwechslung erwiesen und gezeigt, daß Futurama nicht immer nur aus Science-Fiction bestehen muß. Dadurch ist es den Filmemachern gelungen, aus Bender's Game einen ganz frischen und originellen Film zu machen, der nicht schlechter oder besser als seine beiden Vorgänger, aber eben wieder völlig anders geworden ist.
Die DVD
Nach den hervorragenden europäischen DVDs von Bender's Big Score und The Beast With A Billion Backs hat Fox jetzt eine Kehrtwende gemacht und Bender's Game und auch Into The Wild Green Yonder bildtechnisch völlig in den Sand gesetzt: statt die PAL-DVDs von den HD-Mastern zu konvertieren, wurde das NTSC-Master hochinterpoliert, was eine besonders schlechte Bildqualität zur Folge hatte, die an die ersten zwei DVDs der Futurama-Filme noch nicht einmal ansatzweise heranreichen kann.
Betroffen ist nicht nur die hier rezensierte britische DVD, sondern sämtliche PAL-Versionen und damit auch die deutsche Disc, da nur ein Bildmaster für alle PAL-Ausgaben erstellt wurde. Wegen der schlechten Bildqualität sind die DVDs allerhöchstens als Untersetzer brauchbar - hinzu kommen zumindest bei den britischen Ausgaben auch noch schlechte Pressungen, die die DVDs auf einigen Playern nur schlecht abspielbar machen. Alternativen sind die amerikanischen DVDs, die die gewohnt brilliante Qualität besitzen, oder die Blu-Rays, die allerdings nur in den USA und England, aber nicht in Deutschland veröffentlicht wurden. Wer sich wie ich an die europäischen Futurama-DVDs gehalten hat, weil die Stimmen in der NTSC-Version zu tief klingen, hat jetzt ein Problem - denn die PAL-Ausgaben haben allesamt das schlechte Bildmaster und die Blu-Rays laufen mit 24fps.
Trotz der Probleme mit der Bildqualität ist die englische DVD von Bender's Game natürlich inhaltlich nicht zu beanstanden - die Gesamtwertung von 0 Punkten bezieht sich in diesem Fall lediglich auf die schwerwiegenden Bildprobleme und soll von einer ausführlichen Kritik der DVD nicht abhalten.
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Bonusmaterial
Das Bonusmaterial von Bender's Game bietet gegenüber seinen beiden Vorgängern keine großen Überraschungen mehr, denn die DVD enthält außer dem traditionellen Audiokommentar wieder eine kleine, aber feine Sammlung von Featurettes und anderem Material. Das Menüdesign orientiert sich stark am Schema der vorherigen DVDs, sallerdings
sind Filmausschnitte als Hintergrund im Hauptmenü kein wirklich origineller Einfall.
Der Audiokommentar ist wie bei Futurama und den Simpsons üblich der Star des Bonusmaterials und schafft es mühelos eine Dokumentation oder anderes Material, das man sonst vermissen würde, zu ersetzen. Außer Matt Groening und David X. Cohen sind diesmal Regisseur Dwayne Carey-Hill, Co-Autor Mike Rowe, Produzentin Claudia Katz und die Sprecher Billy West, John DiMaggio und Tress MacNeille dabei - eine Kombination, die wie immer beste Unterhaltung, aber auch jede Menge Informationen garantiert. Mit acht Leuten vor den Mikrofonen ist die Kommentarspur gut besetzt, wodurch erst gar keine Pausen entstehen und immer jemand etwas zu erzählen hat. Dabei geht es gerade durch die Anwesenheit der drei Schauspieler sehr humorvoll zu, aber trotzdem kommt der Informationsgehalt dabei nicht zu kurz.
Das Storyboard Animatic (21:43) enthält das erste Viertel des Films in einer grob animierten Storyboard-Fassung, die nicht nur wegen der Konzeptzeichnungen, sondern auch der unbearbeiteten, temporären Tonspur sehr interessant ist.
Im Futurama Genetics Lab kann man per Knopfdruck eine Reihe von Charakteren miteinander kreuzen - dabei werden natürlich nur fertige Zeichnungen aufgerufen, die aber wirklich gelungen sind und sehr witzig aussehen.
Dungeons & Dragons & Futurama (7:02) läßt David X. Cohen, Eric Kaplan und Mike Rowe über ihre Dungeons&Dragons-Vergangenheit erzählen - natürlich nehmen sie sich dabei überhaupt nicht richtig ernst.
In How To Draw Futurama In 83 Easy Steps (7:50) zeigen Derek Thompson, Rich Moore und Crystal Chesney-Thompson sowie Dwayne Carey-Hill wie man Zoidberg, Leela und Bender zeichnet - auch nicht ohne etwas ausgelassenen Blödsinn.
3D Models with Animator Discussions (5:01) stellt die für die Demolition-Derby-Sequenz gestalteten Raumschiffe mit einem kurzen Kommentar der Animatoren vor.
Die Deleted Scene - Cup or Nozzle? (1:02) liegt nur als grobes Animatic vor und wirkt ziemlich redundant - man merkt sofort, warum diese Szene erst gar nicht fertiggestellt wurde.
Blooperama 2 - Outtakes from Bender's Game (1:49) zeigt die Schauspieler Maurice LaMarche, John DiMaggio, Billy West, Katey Sagal, Phil LaMarr, Tress MacNeille bei der gemeinsamen Arbeit im Tonstudio - davon hätte es noch viel mehr geben sollen, denn die sechs Sprecher sind auch in Person enorm unterhaltsam.
Bender's Anti-Piracy Warning (1:06) ist eine etwas holperige Parodie auf die nervigen Raubkopier-Spots, mit denen auch diese DVD verseucht ist.
Futurama: Into the Wild Green Yonder Sneak Peek (1:12) ist der Trailer des nächsten und vorerst letzten Futurama-Films.
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