House Calls
Cover

25.7.2005 #341

Re-Write vom 26.4.2009
von Guido Bibra

Titel House Calls
Studio Universal Pictures (1978)
Hersteller Universal Home Video (2005) EAN 7-15515-01032-0
DVD-Typ 5 (4,26 GB) Bitrate ø 5,78 max. 8,5
Laufzeit 97:33 Minuten Kapitel 16
Regionalcode 1 (USA/Kanada) Case Amaray I
Fernsehnorm NTSC
Bildformat 1.85:1 16:9 ja
Tonspuren Dolby Digital 2.0 Mono 192 kbit/s Englisch, Französisch, Spanisch
Untertitel Englisch, Französisch, Spanisch
Freigabe MPAA PG
Extras • Trailer

Der Film

Nach dem Tod seiner Frau beginnt Chirurg Charley Nichols (Walter Matthau) sein Liebesleben neu zu ordnen und geht zum Erstaunen seines Kollegen und Freunds Norman (Richard Benjamin) ausgiebig auf Schürzenjagt. Nebenbei haben Charley und Norman die Verrücktheiten ihres senilen Chefarztes Amos Willoughby (Art Carney) zu ertragen, während Charlies Kurzbeziehungen ein jähes Ende finden, als er Ann Atkinson (Glenda Jackson) erst als Patientin und dann in einer Talkshow begegnet. Zuerst können sich die Käsekuchen-Meisterin und alleinerziehende Mutter und der Arzt nicht leiden, aber als Charly nach einem One-Night-Stand mit einer anderen Frau wegen seines nicht mehr anspringenden Wagens bei Ann strandet, beginnt sich zwischen den beiden doch noch eine ganz besondere Beziehung zu entwickeln...

 


Es gibt Filme, die heutzutage gar nicht mehr gedreht würden. House Calls ist einer davon und mit seinem Entstehungsjahr 1978 eigentlich noch gar nicht so alt - aber schon zu dieser Zeit war so eine Art von romantischen Komödien schon lange nicht mehr in Mode. Trotzdem wurde Howard Zieffs ungewöhnliche ein überraschender Erfolg, der einem ungewöhnlich spritzigen Drehbuch und einer ausgezeichneten Besetzung zu verdanken ist - eine Mischung, die an die alten Screwball-Komödien der dreißiger und vierziger Jahre erinnert. House Calls ist gleichermaßen eine romantisch-lustige Liebesgeschichte als auch eine gewitzte Parodie auf Krankenhaus-Dramen, die es schafft, die Genres erstaunlich gut miteinander zu verschmelzen.

House Calls wandelt zwar auf den Spuren von Neil Simon, wurde aber nicht von ihm geschrieben, sondern basierte lose auf Henri-Pierre Rochés Roman Les Deux Anglaises et le Continent, der von einem relativ großen Autorenteam adaptiert wurde. Julius Epstein, der sich schon in den vierziger Jahren mit Klassikern wie Casablanca oder Arsenic and Old Lace einen Namen gemacht hatte, entwickelte die Geschichte zusammen mit dem Satiriker Max Shulman, während das eigentliche Drehbuch von Alan Mandel und Charles Shyer geschrieben wurde, die ein Jahr zuvor mit Smokey and the Bandit einen großen Kassenschlager für Universal geschrieben hatten und sehr gut mit dem Stoff umzugehen wußten.

House Calls lebt aber nicht nur von seinem cleveren Drehbuch, sondern hauptsächlich von den Darstellern. Walter Matthau und Glenda Jackson als Liebespaar zu besetzen ist schon eine sehr gewagte Wahl gegen alle üblichen Hollywood-Konventionen, aber die beiden Schauspieler "mittleren Alters" (tatsächlich ist Matthau sechzehn Jahre älter als Jackson) passen ganz hervorragend zueinander. Mit der genau gleichen Art von trockenem Humor drücken sie ihren Allerweltsrollen ihren ganz persönlichen Stempel auf, ohne sich aber nur selbst zu spielen - Glenda Jackson und Walter Matthau gehen ganz in ihren Charakteren auf und machen sie zu realistischen und glaubwürdigen Figuren. Die beiden Schauspieler hatten so viel Spaß an den gemeinsamen Dreharbeiten, daß sie zu guten Freunden wurden und zwei Jahre später noch einmal in der Agenten-Komödie Hopscotch zusammnen vor der Kamera standen.

Auch die Nebenrollen wurden genauso hervorragend besetzt. Art Carney hat einen wundervollen Auftritt als seniler Klinikchef Amos Willoughby, der zwischen einem harmlosen alten Mann und einem gefährlichen Giftzwerg hin- und herschwankt und damit fast Walter Matthau die Show stiehlt. Richard Benjamin, der mit Walter Matthau schon einige Jahre zuvor in The Sunshine Boys zusammengespielt hatte, ist als Charleys Kollege Norman zu sehen und hat zwar mit der Beziehungkiste nicht viel zu tun, hat aber dafür im satirischen Krankenhaus-Subplot einen größeren Part. In einer kleinen Nebenrolle als Sohn von Glenda Jacksons Charakter ist niemand anders als Walter Matthaus eigener Sohn Charlie zu sehen.

Die Inszenierung ist völlig unspektakulär und verzichtet auf jegliche Special-Effects, rasante Kamerafahrten oder andere Tricks. Stattdessen haben Regisseur Howard Zieff und Kameramann David M. Walsh die völlig alltägliche Szenerie mit einer soliden Kamera-Arbeit in Szene gesetzt, die ganz unauffällig, aber effektiv wirkt und den Kulissen den Eindruck gibt, als ob die Filmproduktion nie ein Studio von innen gesehen hätte. Ein großer Teil des Films spielt sich mit extrem langen Takes und ausführlichen Dialogen fast wie ein Theaterstück ab, was in heutigen Zeiten, wo eine Filmminute aus einer fast dreistelligen Anzahl von Schnitten bestehen muß, eine absolute Seltenheit ist.

Musik spielt in House Calls wie in fast jedem Film, in dem Walter Matthau auftritt, eine zentrale Rolle. Henry Mancini hat für den Klassik-Liebhaber Matthau entsprechend verspielte, aber für seine Verhältnisse deutlich zurückhaltende Melodien komponiert, die von genau zwei Songs ergänzt wurden: einmal dem Beatles-Song Something, der leider in späteren Versionen des Films aus rechtlichen Gründen durch ein fremdes Instrumental ersetzt wurde, und natürlich Frankie Lanes On the Sunny Side of the Street im Abspann, der schon zu Beginn als von Henry Mancini arrangiertes Instrumental zu hören ist.

House Calls hätte nur eine kleine, harmlose und flache Liebeskomödie sein können, aber durch die hervorragenden Schauspieler bekam der Film den dringend notwendigen Biß, der ihn von anderen Filmen seiner Art deutlich unterscheidet. Schon vor dreißig Jahren war diese Art von Film deutlich altmodisch, aber das Drehbuch geht damit sehr selbstironisch um und macht House Calls zu einem enorm charmanten und humorvollen Film, der nie in Kitsch oder dumme Gags verfällt.

Trotz des altmodischen Stoffs wurde der Film zu einem ansehnlichen Erfolg und konnte eine Menge Kinozuschauer nicht nur in den USA begeistern. Der halboffene Schluß der Geschichte lud natürlich zu einer Fortsetzung ein, die aber nicht auf die Kinoleinwände kam, sondern in Form einer recht erfolgreichen Fernsehserie mit Ex-MASH-Darsteller Wayne Rogers in der Hauptrolle, die drei Staffeln lang lief, aber nicht wirklich an das Original heranreichen konnte.

Die DVD

Filme wie House Calls geraten oft schnell in vergessen und sind allerhöchstens alle Jubeljahre einmal im Fernsehen zu sehen. House Calls war in Europa nie auf Video oder Laserdisc erschienen und es sah auch nicht aus, als ob es eines Tages einmal eine DVD-Veröffentlichung geben würde.. Überraschenderweise wurde im Mai 2005 dann doch eine DVD des Films in den USA herausgebracht, die zwar außer einem Trailer keine Extras besitzt, aber eine erstaunlich gute Bild- und Tonqualität bietet. Veröffentlicht wurde die Disc unter dem Banner Focus Features, hinter dem sich allerdings kein Billig-Anbieter, sondern lediglich Universal selbst verbirgt. Eine DVD-Veröffentlichung außerhalb USA und Kanada hat es leider bisher noch nicht gegeben.



Cover

Bild

Wenn Universal einen älteren, nicht besonders populären Film das erste Mal als DVD veröffentlicht, waren die Chancen auf eine gute Bild- und Tonqualität früher nicht besonders gut, aber seit einiger Zeit schafft es das Studio auch bei älteren Filmen immer wieder sehr ordentliche Abtastungen zu machen. House Calls gehört auch dazu, obwohl es ein Film ist, der in alten TV-Ausstrahlungen immer besonders schlecht aussah.

Die Filmvorlage ist erstaunlich gut in Schuss und wurde von praktisch allen Verschmutzungen und Beschädigungen befreit. Die Körnigkeit wurde nicht gewaltsam entfernt und ist nur gelegentlich ein wenig sichtbar. Die Schärfe hinterläßt auch einen sehr guten Eindruck und zeigt für einen Film vom Ende der siebziger Jahre erstaunlich viele Details, ohne einen zu starken Schärfefilter zu verwenden. Auch die Farben sehen für einen Film dieses Alters nicht übel aus und haben nur einen ganz leichten typischen 70er-Jahre-Touch. Vom Grün-Braunstich der alten TV-Transfer ist hier absolut nichts mehr zu sehen, das Farbtiming hätte nicht besser gemacht werden können.

Diese neue Abtastung macht einen hervorragenden Eindruck und läßt kaum erkennen, daß House Calls schon mehr als 25 Jahre alt ist - sogar viele neuere Filme haben als DVD oft eine deutlich schlechtere Bildqualität.

Ton

Obwohl schon ein Jahr vor der Kinopremiere von House Calls das Dolby-Stereo-Tonsystem eingeführt wurde, bekam der Film noch eine Mono-Abmischung, was angesichts der Dialoglastigkeit eigentlich eine logische Entscheidung war. Auf der DVD wurde die Mono-Tonspur beibehalten und kein Remix oder Upmix gemacht - aber dafür sorgt ein richtig gutes Master für eine hervorragende Qualität.

Die englische Tonspur ist in Sachen Dynamik und Frequenzumfang zwar nicht überragend, aber für einen Film dieses Alters mehr als zufriedenstellend. Die Musik hat einen angenehm satten Klang und auch die Dialoge hören sich sehr natürlich und lebendig an, haben aber gelegentlich den typisch dünnen Klang von vielen Produktionen aus den siebziger Jahren. Vermutlich wurde ein Teil direkt auf dem Set aufgenommen und nicht im Studio nachsynchronisiert - trotzdem sind die Stimmen immer perfekt verständlich. Auch an der sonstigen Qualität ist nichts zu beanstanden, denn Störgeräusche sind hier überhaupt kein Problem.

Leider ist die englische Tonspur Opfer einer Musik-Ersetzung geworden: etwa nach einer Stunde war ursprünglich der Beatles-Song "Something" hinter einer Szenen-Montage zu hören, der schon in englischen und amerikanischen Videofassungen in den achtziger Jahren gegen ein schmalziges orchestrales Stück ersetzt wurde, das nicht einmal vom Filmkomponisten Henry Mancini zu stammen scheint. Diese Ersetzung wurde natürlich aus rechtlichen Gründen gemacht, aber wieso dies auf der DVD beibehalten wurde, ist völlig unverständlich weil der Song auf den spanischen und französischen Tonspuren immer noch zu hören ist. Am besten schaltet man an der betreffenden Stelle kurz auf eine der anderen Tonspuren um, auch wenn diese nicht ganz so gut wie die Originalfassung klingen - wenigstens ist der Musik-Austausch dadurch nicht ganz so ärgerlich.

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