Der Film
Das Tal des Friedens wird von den furiosen Fünf und dem frischgebackenen Drachenkrieger Po beschützt, in die Karate-Meister Shifu vollstes Vertrauen hat. Aber als Banditen das Tal angreifen und lauter Metall stehlen, wird Po, der schwergewichtige Panda, von einem seltsamen Symbol außer Gefecht gesetzt und erlebt einen mysteriösen Traum über seine Kindheit. Besorgt sucht er seinen Vater auf, der ihm eröffnet, daß er adoptiert wurde. Die Suche nach den Angreifern und nach seiner wahren Herkunft führt ihn zu dem mörderischen Pfau Shen, der mit Waffengewalt ganz China erobern und Kung Fu zerstören will...
Die Filmproduktion von Dreamworks Animation hat ihre Höhen und Tiefen - 2008 war der stärksten Konkurrenz zu Disney und Pixar mit dem überraschenden Kung Fu Panda ein erstaunlicher Wurf gelungen, der aus einem potentiell niveaulosen Stoff eine wundervolle Genre-Parodie und eine fantastische Fernost-Actionkomödie gemacht hatte. Der Film war ein so großer Erfolg geworden, daß die Dreamworks-Führungsebene schnell entschieden hatte, aus dem Panda ein Franchise zu machen und eine Fortsetzung in die Wege zu leiten. Die spannende Frage war, ob sich die verspielte Brillianz von Kung Fu Panda noch einmal wiederholen lassen würde.
Drei Jahre später läßt sich diese Frage allerhöchsten mit "ein bißchen" beantworten, denn die hohen Erwartungen an die Fortsetzung konnte Dreamworks nicht wirklich erfüllen. Ursprünglich unter Titeln wie Pandamonium oder The Kaboom of Doom gehandelt, wurde der neue Film schließlich einfach Kung Fu Panda 2 getauft. Auch das Thema war schon schnell ausgemacht, denn in der Geschichte des Vorgängers klaffte noch die große Lücke der Herkunft des Titelhelden, die offenbar mit Absicht für ein mögliches Sequel offengelassen wurde. Um daraus auch etwas zu machen, waren wieder Jonathan Aibel und Glenn Berger als Drehbuchautoren angeheuert worden, die schon das Script des ersten Films geschrieben hatten, damals allerdings mit einer Vorlage von einem anderen Autorenduo arbeiten konnten.
Aibel und Berger hatten nach Kung Fu Panda bei Dreamworks auch an dem recht gut gelungenen Monsters vs. Aliens mitgearbeitet, waren aber auch für die unsägliche Kleinkinder-Unterhaltung Alvin and the Chipmunks: The Squeakquel verantwortlich. Es war zu befürchten, daß sich die beiden Autoren für Kung Fu Panda 2 auf ein ähnliches Niveau begeben könnten, aber erstaunlicherweise war genau das Gegenteil passiert. Während der Vorgänger noch eine geradezu liebevolle Genre-Hommage mit einer verspielten und humorvollen Atmosphäre war, hatten die Autoren aus der Fortsetzung eine erstaunlich düstere, kitschige und brutale Geschichte gemacht, die beinahe alle parodistischen Elemente über Bord wirft und praktisch ein ernstes Kung-Fu-Drama sein will. Der nur notdürftig mit dem zuvor noch vorsichtig ausbalancierten Humor angereicherte Film hat dadurch den typischen lockeren Dreamworks-Touch verloren und nähert sich Disney und Pixar mehr an als alle anderen Filme des Studios.
John Stevenson und Mark Osborne, das Regisseur-Team, das den ersten Film inszeniert hatte, war aus unbekannten Gründen bei der Fortsetzung nicht mehr dabei und seitdem fast von der Bildfläche verschwunden. Für Kung Fu Panda 2 wurde wie bei Dreamworks üblich diesmal kein Außenseiter engagiert, sondern eine langjährige Mitarbeiterin aus dem Animations-Department: Jennifer Yuh hatte ihre Karriere in den neunziger Jahren als Designerin, Storyboard-Zeichnerin und auch Regisseurin begonnen und war seit 2002 bei Dreamworks dabei. Ursprünglich hatte sie kein Interesse daran, Kung Fu Panda 2 als Regisseurin zu übernehmen, aber ihre hervorragende Arbeit am Vorgänger, bei dem sie unter anderem die gesamten Traumsequenzen und viele Martial-Arts-Elemente inszeniert hatte, machte sie ideal für die Regie des neuen Films.
Po, der trotz seiner Pandaschaft im vorherigen Film zum Dragon Warrior gekürt wurde, ist diesmal zusammen mit den furiosen Fünf in eine Geschichte katapultiert worden, die geradezu größenwahnsinnig geworden scheint. Ging es im Vorgänger noch um den Frieden in der relativ kleinen Nachbarschaft eines Tals, ist nun plötzlich ganz China und damit auch Kung Fu in Gefahr - durch einen nebulösen Bösewicht, der eine Verbindung zu Pos Vergangenheit hat und nicht mit einer übernatürlichen Kraft, sondern schlicht und einfach mit Waffengewalt droht. Das Ergebnis ist ein verworrener, unorigineller Plot, der sich weniger auf die Charaktere oder die Handlung als auf die Actionszenen konzentriert, um die die Geschichte ganz nach Actionfilm-Manier herum konstruiert wurde. Einer der größten Kardinalfehler des Drehbuchs ist der Umstand, daß der Zuschauer schon von Anfang an praktisch über den gesamten Plot informiert wird und so die eigentlich immens wichtigen Spannung völlig verloren geht.
Die Leidtragenden dieser simplifizierten Mischung sind vor allen Dingen die Charaktere, die zwar fast wieder die Alten sind, aber im Laufe des Films kaum weiterentwickelt werden und größtenteils nur noch ein Schatten ihrer früheren Inkarnationen sind. Gerade bei Po hätte man nach den Ereignissen des ersten Films einen gewissen Reifeprozess erwarten können, aber obwohl man nun auch mehr über seine Vergangenheit erfährt, ist der Charakter noch flacher als zuvor. Der plumpe Panda wandelt zwischen aufgeregtem Fanboy und unerklärlich starkem Karate-Krieger - sein Humor wird hauptsächlich durch das Fisch-aus-dem-Wasser-Prinzip erzeugt und wird diesmal viel penetranter als zuvor eingesetzt, so daß aus dem vormals noch ganz originellen Charakter nun nur noch eine Witzfigur wird. Jack Black gibt sich zwar jede Menge Mühe und kann auch als Pos Stimme sehr witzig sein, aber leider gibt ihm das Drehbuch nur wenig Gelegenheit dazu.
Die furiosen Fünf waren zuvor noch fast die eigentlichen Hauptdarsteller, aber in der Fortsetzung wurden sie zu Pos Sidekicks degradiert und kaum noch auf ihre charakterisierung geachtet. Hier und da schimmern bei Tigress, Monkey, Mantis, Viper und Crane noch die früheren Figuren durch, aber auch die eigentlich gelungene Besetzung mit Angelina Jolie, Jackie Chan, Seth Rogen, Lucy Liu und David Cross kann nicht mehr viel ausrichten, da das Drehbuch bis auf ein paar kleine Momente fast gar nichts mehr mit ihnen anzufangen weiß. Statt einer sorgfältig ausbalancierten Ensemble-Besetzung steht nun nur noch Po mit seinem immer anonymer werdenden Anhang im Vordergrund.
Pos Ziehvater, der begeisterte Nudelkoch Mr. Ping, ist zwar auch wieder dabei, aber auch er hat in der Geschichte nicht viel mehr zu tun als in einer geradezu disneyesque Sequenz auf tränenreiche Weise von Pos wirklicher Herkunft zu berichten. Von dem zuvor so wundervoll verspielten Charakter ist nur noch ein trauriger Rest übriggeblieben, den auch James Hong mit seiner markanten Stimme nicht retten kann. Dustin Hoffmann als Master Shifu hat sogar noch viel weniger zu tun, denn sein Charakter wurde bis auf eine handvoll enttäuschend kurze Szenen am Anfang und Ende des Films praktisch aus der Handlung entfernt und ist kaum noch eine ausgewachsene Figur, sondern nur noch ein Plotelement, ein Mittel zum Zweck.
Der recht vorhersagbare Bösewicht der Geschichte, ein wahnsinniger Pfau namens Shen, kann auch mit keiner nennenswerten charakterlichen Tiefe aufwarten, aber dies konnte man von Tai-Long, dem Antagonisten des Vorgängers auch nicht behaupten. Shen profitiert aber von seiner Stimmenbesetzung, denn niemand besser hätte das durchgedrehte Federvieh besser interpretieren können als Gary Oldman, der natürlich schon viel Erfahrung in diesem Fach hat. Der auf dem Papier einfach nur übergeschnappt und gefährlich wirkende Pfau wurde von dem Schauspieler mit einer ganzen Menge von Nuancen ausgestattet, die ihn mit Leichtigkeit zu einem der interessantesten und auffälligsten Charaktere des Films machen.
Alle weiteren Charaktere sind allerhöchstens animationstechnisch interessant, werden vom Plot aber vernachlässigt. Am stärksten ist dies bei den drei "legendären Kung Fu Meistern" Master Ox, Croc und Rhino zu spüren, die plötzlich auftauchen und zwar an einer der wenigen wirklich humorvollen dialoglastigen Szenen beteiligt sind, aber danach wieder abrupt fallen gelassen werden. Warum man dann auch noch einen der Charaktere von Martial-Arts-Schauspieler Jean-Claude Van Damme hat sprechen lassen, bleibt völlig unverständlich, da das Drehbuch mit den Figuren praktisch nichts anzufangen weiß und ihr Auftritt für einen kurzen Gag viel zu aufwendig wirkt. Besser gelungen ist allerdings die kleine Nebenrolle der Wahrsagerin, die auf elegante Weise von einer anderen Martial-Arts-Legende gesprochen wird: Michelle Yeoh ist auch die Erzählerin des Vorspanns und umschließt damit die seltsam dramatische Geschichte.
Im völligen Gegensatz zu dem schwachen Drehbuch und den enttäuschenden Charakteren steht das wundervolle Design und die atemberaubende Animation, die noch fantastischer als beim Vorgänger wirken. Es ist deutlich zu bemerken, daß sich die Filmemacher diesmal noch mehr mit der fernöstlichen Architektur und Fauna beschäftigt haben, denn die Gestaltung der Kulissen ist nun noch lebendiger und realistischer als zuvor. Diesmal galt es unter anderem eine ganze mittelalterliche chinesische Großstadt, einen beeindruckenden Palast und eine Art Hochofen zu gestalten - eine Herausforderung, der die erfahrenen CGI-Designern mühelos gewachsen waren, auch obwohl die Animation diesmal in 3D inszeniert werden mußte.
Trotz der 3D-Produktion haben die Filmemacher wieder im Vorspann und sogar einigen Traumsequenzen auf eine wundervoll gelungene traditionelle Animation gesetzt, die als Mischung aus chinesischem Schattentheater und fast abstrakten Konzeptzeichnungen eine willkommene Abwechslung zu der CGI-Animation sind. Trotzdem kommt die Animation aus der Balance, da die übermäßig vielen Actionszenen sehr hastig und mit fast Kopfschmerzen erzeugenden Kameraführungen in Szene gesetzt wurden, wodurch die im Vorgänger deutlich spürbare innere Ruhe erst gar keine Chance hat, sich hier zu etablieren. Die viel zu rasante Art von Kung Fu Panda 2 macht es auch oft unmöglich, die wundervolle Animation richtig zu betrachten - oft wünscht man sich, manche Kulissen mehr als nur einen winzigen Augenblick anschauen zu können.
Nicht so schlimm wie befürchtet ist dagegen die musikalische Untermalung geworden, was offenbar wie im ersten Film wieder dem positiven Einfluß von John Powell zu verdanken, von dem die meisten gelungenen Melodien stammten, während Hans Zimmer sich mehr auf die Rolle des Produzenten zu konzentrieren scheint. Bahnbrechende neue Themen hat die Musik zwar nicht zu bieten, aber die Score macht auch nicht den Eindruck ein komplettes Recycling des Vorgängers zu sein und ist erst recht kein zimmerscher Verkehrsunfall wie bei Pirates of the Caribbean: On Stranger Tides. Ganz im Gegenteil kann sogar die Vertonung der Actionszenen überzeugen und überrascht mit einer sehr differenzierten und verspielten Musik, die genau wie im gesamten Film von der gelungenen fernöstlichen Instrumentierung unterstrichen wird.
Kung Fu Panda 2 hat genauso wie sein Vorgänger eine ganze Menge Stil, aber das grandiose Äußere kann diesmal nicht über den schwachen Inhalt hinwegtäuschen. Dieser Film ist einer der wenigen Fehltritte von Dreamworks, aber von den Kritiken, besonders aus den USA, war dies kaum abzusehen, denn die meisten Rezensenten hatten die Fortsetzung über den grünen Klee gelobt und nur wenige das mißlungene Drehbuch moniert. Action und Kitsch scheint in den Staaten offenbar mehr als Humor und Hommage zu zählen, aber erstaunlicherweise spielte der Film in seinem Heimatland etwa 50 Millionen Dollar weniger als sein Vorgänger ein, konnte aber durch ein besseres Übersee-Ergebnis unterm Strich dann doch einen weltweit leicht besseren Schnitt als sein Vorgänger machen.
Das Panda-Franchise ist aber trotz des etwas schwächeren amerikanischen Einspielergebnisses im vollen Schwung und in spätestens drei bis vier Jahren wird es auch einen dritten Film geben bekommen, dessen Plot schon am Ende von Kung Fu Panda 2 kräftig angedeutet wurde. Leider sieht es so aus, als ob Dreamworks weiter auf den dramatisch-kitschigen Pfaden der Konkurrenz wandeln wird, aber vielleicht kehrt ja der alte, satirische und parodistische Stil wieder zurück und läßt Kung Fu Panda 2 nur einen der seltenen Ausrutscher des Studios bleiben.
Die DVD
Kung Fu Panda 2 wurde erstaunlicherweise Ende Oktober 2011 zuerst in Deutschland als Blu-Ray und DVD veröffentlicht, während die englische Ausgabe Mitte November und die amerikanische Version sogar erst Mitte Dezember erscheint. Diese weltweit stark gestaffelte Veröffentlichung hatte seltsame Folgen, denn in Deutschland ist die Blu-Ray nur in Kombination mit einer DVD erschienen, die jedoch nicht identisch mit der gleichzeitig veröffentlichten Einzel-Disc ist.
Die hier rezensierte DVD stammt aus dem deutschen Blu-Ray/DVD-Combo-Pack und hat außer einer Digital Copy für Medienplayer im Gegensatz zur einzeln erhältlichen Version keinerlei Extras zu bieten und hat vermutlich auch eine etwas schlechtere Bildqualität. Die DVD wurde trotz der britischen und irländischen Freigabe-Logos und exklusiv für Deutschland hergestellt, da sich nur deutsche Menüs auf der Disc befinden und bei der Wiedergabe unabhängig von der Player-Einstellung standardmäßig die deutsche Tonspur eingestellt ist.
Diese Review ist in erster Linie eine Filmkritik und nur eine kurze technische Rezension der Disc, die nichts mit der normalen Einzel-Veröffentlichung zu tun hat.
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