L'Aile ou la Cuisse
Cover

2.8.2004 #278

Titel L'Aile ou la Cuisse (Brust oder Keule)
Studio Films Christian Fechner (1976)
Hersteller Universum / Tobis / UFA (2004)
DVD-Typ 9 (5,70 GB) Bitrate ø 7,4 max. 9,2
Laufzeit 101 Minuten Kapitel 15
Regionalcode 2 (Deutschland) Case Amaray I
Fernsehnorm PAL
Bildformat 2.35:1 16:9 yes
Tonspuren Dolby Digital 2.0 Surround 224 kbit/s Französisch, Deutsch
Untertitel Französisch, Deutsch für Hörgeschädigte
Freigabe FSK 6
Extras • Trailershow

Allgemeines

Charles Duchemin (Louis de Funès) ist in Frankreichs Restaurants ein gefürcheter Gast, denn er ist nicht nur Feinschmecker, sondern auch der gnadenlose Chef vom größten Restaurantführers des Landes. Er ist der Herr über Sterne und das Schicksal vieler Gaststätten, die er mit selbst und mit Hilfe seines Sohnes Gérad (Michel Coluche) und seiner Helfer unermüdlich abklappert und testet. Es ist aber nicht alles eitel Sonnenschein im Hause Duchemin: sein Sohn führt ein Doppelleben als Zirkusclown und ein Klemptner stellt sich als Spion von Duchemins größtem Widersacher, dem Fastfood-König Jacques Tricatel (Julien Guiomar) heraus....


L'Aile ou La Cuisse (wörtlich übersetzt "Flügel oder Keule") gehört zu den besten Filmen des französischen Starkomikers Louis de Funès, der nicht nur tumbe Schenkelklopfer, sondern hauptsächlich bissige Satire zu bieten hat. Es wird das heiligste der französischen Nation auf die Schippe genommen: die Gastronomie, wobei sowohl die Feinschmecker als auch die Fastfood-Branche ihr Fett wegkriegen. Der "Guide Duchemin" ist unschwer zu erkennen der Michelin-Führer, der aber bestimmt nicht so geführt wird wie es Duchemin mit seinem Verlag macht. Der Fastfood-Industrielle Tricatel, mit viel Gusto von Julien Guiomar dargestellt, geht fast wörtlich über Leichen - die Parallele zu McDonalds und Co. ist hier genauso deutlich. Tricatels Fastfood-Herstellungsmethoden mögen 1976 noch Fiktion gewesen sein, heute sind sie aber von der Realität praktisch eingeholt worden.

Für Louis de Funès war Brust oder Keule die Rückkehr auf die Kinoleinwand nach einer dreijährigen Pause, in der er sich von einem Herzinfarkt erholte. Zum ersten Mal drehte er hier mit dem Komödien-Spezialisten Claude Zidi, der zwei Jahre später auch noch La Zizanie mit ihm inszenierte. De Funès weicht in diesem Film vielleicht das erste Mal von seiner üblichen hyperaktiven Routine ab, aber natürlich ohne seine Markenzeichen ganz sein zu lassen. Mehr als je zuvor merkt man aber in Brust oder Keule, daß in ihm mehr als nur ein einfacher Clown steckt.

In der Rolle von Duchemins Sohn ist leider nicht Louis de Funès Sohn Oliviér zu sehen, der nach einigen Auftritten in Filmen seines Vaters in den sechziger Jahren seine Schauspielerkarriere an den Nagel hängte und Pilot wurde, sondern der Komiker Michel Coluche, der mit seiner ruhigen und unbedarften Art ein idealer Gegenpol zum hektischen de Funès ist. Die Nebenrollen sind in diesem Film überhaupt genauso sehenswert wie Louis de Funès selbst - Duchemins Entrouage neben seinem Sohn sind Ann Zacharias als seine Aushilfssekretärin und Raymond Bussières als sein Chauffeur, die seine Hyperaktivität mit einem Lächeln oder einem Kopfschütteln wohlwollend ertragen. Richtig diabloisch dagegen ist Julien Guiomar als Tricatel, der Duchemins kleine Wutausbrüche geradezu harmlos erscheinen läßt und fast schon ein Bösewicht im klassischen Sinn ist.

Der Humor des Films reicht von der unterschwelligen Satire über die erwartungsgemäßen Einlagen von Louis de Funès bis zu sorgfältig inszenierten Slapstick-Szenen, die Claude Zidi eindeutig von anderen Regisseuren wie Blake Edwards abgeguckt, aber nicht einfach nur kopiert hat: die Nummer mit den zwei Hotelzimmern und den drei Koffern ist unbezahlbar. Aber Brust oder Keule besteht nicht nur aus Humor, sondern versucht sich auch einigermaßen erfolgreich in Sachen Spannung und Drama. Der Duchemin'sche Vater-Sohn-Konflikt bekommt eine besondere Wendung, als de Funès im Moment der Wahrheit nicht auf seine übliche Art explodiert, und zwischen Gérad und Marguerite bahnt sich sogar so etwas wie Romantik an.

Brust oder Keule wurde in Deutschland ein wenig ein Opfer der Blödelsynchro-Welle, die 1972 mit der Synchronisierung der englischen Krimiserie "The Persuaders" durch Rainer Brandt begann, der auch für die deutsche Fassung dieses Films verantwortlich war. An den Synchronstimmen selbst gibt es nichts auszusetzen: Gerd Martienzen war Louis de Funes bester deutscher Sprecher, der dem Original so nah kam wie kein anderer und wurde auch von seinen beiden Kollegen Klaus Miedel und Peter Schiff nicht übertroffen. Die guten Sprecher hatten jedoch mit einem Dialogbuch zu kämpfen, das in bester Rainer-Brandt-Manier geschrieben war und massiv Dialog hinzudichtete, der im Original gar nicht vorhanden war. Stellenweise wirkt das ganz lustig, aber öfter wirken Louis de Funes kleine Albernheiten besser, wenn er dabei nicht knurrt, gluckst oder dumme Sprüche abgibt - denn selten sind diese hinzugefügten Späße auch heute noch wirklich witzig.


Brust oder Keule gibt es schon seit längerem in Deutschland als DVD, allerdings nur von der Billigfirma MCP, die einen alten TV-Transfer verwendete und natürlich auch keinen Originalton anbot. Universum, ehemals BMG Video, hat nun zusammen mit Tobis und der UFA diesen Film zusammen mit sechs anderen neu herausgebracht und dabei das absolute Optimum einer DVD-Veröffentlichung erreicht: ordentliche anamorphe Transfer im Kinoformat samt Originalton. Zu verdanken sind diese DVDs hauptsächlich den Franzosen, denn in Louis de Funes' Heimatland wurden diese Filme schon sorgfältig restauriert. Obwohl man an Bonusmaterial bis auf eine Trailershow gar nichts geboten bekommt, sind diese DVDs wegen der erstaunlich guten Qualität und des niedrigen Preises äußerst empfehlenswert.

Bild

Das Bild dieser DVD ist eine äußerst angenehme Überraschung, denn üblicherweise ist man von europäischen Filmen aus den siebziger Jahren keine großartige Bildqualität gewöhnt. Vermutlich basiert dieser Transfer genauso wie die anderen De-Funes-DVDs von Universum auf den bereits restaurieren französischen Mastern, in die die deutschen Titelübersetzungen nahtlos eingesetzt wurden - allerdings nur die Titel selbst, ansonsten sind Vor- und Abspann im französischen Original belassen.

Die Filmvorlage wurde anscheinend mit großem Aufwand gesäubert, so daß der Schmutzanteil des Bilds praktisch gegen Null geht. Der Transfer ist bemerkenswert sauber, wirklich finden kann man hier Fussel oder Kratzer allerhöchstens noch mit der Lupe. Auch die Körnigkeit des Filmmaterials ist praktisch nicht erkennbar, was einerseits einem gut eingesetzten Filter und andererseits der guten Vorlage, die sehr nah am Originalnegativ dransein muß, zu verdanken ist. Die Schärfe ist keine Sensation, aber genau auf dem Niveau, daß man bei einem Film dieses Alters erwarten sollte.

Etwas gewöhnungsbedürftig ist jedoch das Farbtiming, das etwas zu sehr in die Richtung rosa-bonbonfarben tendiert. Möglicherweise ist dies aber auch auch absicht, denn auf früheren Transfern sah der Film immer sehr blaß und dunkel aus, während hier die Farben viel lebendiger und moderner wirken. Es ist bemerkenswert, was aus diesem mittlerweile fast dreißig Jahre alten Film noch herausgeholt werden konnte - anscheinend wird die Lagerung von Filmmaterial in der französischen Filmindustrie schon seit langem gut gehandhabt, denn wenn man hier nur einen abgenudelten deutschen Kinoprint zur verfügung gehabt hätte, wäre das Ergebnis sicher nicht so gut gewrden.

Ton

In den ersten Ankündigungen war der Ton der De-Funes-DVDs immer mit 2.0 ohne weitere Details angegeben, so daß man eigentlich mit Mono gerechnet hatte. Universum hat aber nicht nur die französische Originalfassung mit auf die DVD gepackt, sondern auch beide Tonspuren in Dolby Surround neu abgemischt. Die Originalfassung wurde wahrscheinlich von der französischen DVD übernommen, während der Remix der deutschen Synchronfassung bei diesem Film komplett neu gemacht wurde und sich drastisch vom Original unterscheidet.

Der französische Upmix basiert auf den ursprünglichen Mono-Tonspuren und ist nicht wirklich diskret. Musik, Geräusche und sogar Dialoge wurden elektronisch aufgeblasen, was beim ersten reinhören etwas gewöhnungsbedürftig ist, aber letztendlich doch sehr gut gelungen ist. Die Musik wurde teils sehr breit abgemischt und hört sich fast schon wie eine echte Stereo-Aufnahme an. Die Geräusche beschränken sich nicht auf den Center, sondern sind erstaunlich räumlich zu hören und machen auch gelegentlich gebrauch vom Surroundkanal. Die Stimmen wurden den jeweiligen Umgebungen angepaßt und haben oft ein leichtes Echo zur Erzeugung des Raumklangs, was aber trotzdem erstaunlich natürlich klingt. Genauso wie die Geräusche sind auch die Dialoge stark direktional gemischt worden und machen ausführlichen gebrauch von der gesamten vorderen Soundstage. Die Qualität ist ansonsten bemerkenswert gut, aber natürlich nicht ganz auf Hollywood-Niveau. Die Stimmen klingen sehr natürlich und warm, während Geräusche und Musik unter leichten Defiziten beim Baß und in den Höhen leiden, die aber nicht wirklich störend ausfallen. Trotz des Upmixes macht der Ton einen sehr sauberen und unverzerrten Eindruck.

Für die Synchronfassung wurde ein komplett eigener Upmix auf Basis der fertig gemischten deutschen Mono-Fassung gemacht - offenbar lagen hier keine getrennten Dialog/Musik/Geräusche-Bender mehr vor. Das spiegelt sich deutlich in der Tonqualität wieder, die gegenüber der französischen Fassung enttäuschend ist. Die gesamte Tonspur klingt sehr dumpf, verzerrt und rauscht stark, worunter nicht nur die Musik leidet, sondern auch besonders die Stimmen, die bei jedem S-Laut deutlich zischen. Bei der Surroundabmischung hat man versucht sich an der französischen Fassung zu orientieren, aber aus einer einzigen Mono-Track läßt sich nicht mehr viel machen - sobald Stimmen zu hören sind, kollabiert alles auf den Center-Kanal zusammen. Die Beschränkungen sind hier nur allzu deutlich hörbar, es wäre wohl besser gewesen in den sauren Apfel zu beißen und die deutsche Synchronfassung in Mono zu belassen.

Wo Major-Studios wie MGM mittlerweile den Rotstift angesetzt haben, liefert Universum weiter: diese DVD besitzt nicht nur deutsche Untertitel, sondern auch französische. Die deutschen Untertitel sind allerdings "für Hörgeschädigte", geben als den Inhalt der Synchronfassung wieder und sorgen in Verbindung mit der französischen Tonspur für einen deutlichen Überraschungseffekt, denn so merkt man wie viel bei der deutschen Fassung dazusynchronisiert wurde.

Bonusmaterial

Die Extras bestehen lediglich aus einigen Trailern (von La Soupe aux Choux (3:12), La Zizanie (3:37), Samba in Mettmann (1:32) und La Boum (2:34), wobei allerdings ausgerechnet der Trailer des Films selbst nicht dabei ist - der ist dafür auf den DVDs von La Zizanie und La Soupe aux Choux drauf und auch ein nettes Zeitdokument, da er mit anderen Sprechern als im Film selbst synchronisiert wurde. Originalton haben diese Trailer allerdings leider nicht.
 
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