MGM - When The Lion Roars
Cover

22.2.2009 #448

von Guido Bibra

Titel MGM - When The Lion Roars
Studio Turner Pictures / Point Blank Productions (1992)
Hersteller Warner Home Video (2009) EAN 8-83929-03632-5
DVD-Typ 2x9 (7,19 & 7,31 GB) Bitrate ø 5,35 max. 7,5
Laufzeit 366 Minuten Kapitel 12/13/15
Regionalcode 1,2,3,4 (USA/Kanada) Case Amaray I
Fernsehnorm NTSC
Bildformat 1.33:1 16:9 nein
Tonspuren Dolby Digital 2.0 Stereo 192 kbit/s Englisch
Untertitel Englisch, Französisch
Freigabe Not Rated
Extras • Keine

Die Dokumentation

85 Jahre nach der Gründung ist von dem einst größten Hollywood-Giganten Metro-Goldwyn-Mayer nicht mehr viel übrig geblieben, aber die lange Geschichte des Studios hat unzählige Filme hervorgebracht, die als einzigartige Klassiker in die Filmgeschichte eingegangen sind. Auch heute brüllt der Löwe immer noch manchmal auf der Kinoleinwand, aber die glorreichen Tage von MGM kann man eigentlich nur noch im eigenen Wohnzimmer erleben. Seit Mitte der achtziger Jahre sind die Heimvideo-Rechte der meisten älteren MGM-Produktionen in der Hand des Turner-Konzerns, der damit einen der größten und wertvollsten Filmbibliotheken der Welt besitzt. Spätestens seit der Einführung der DVD hatte sich Turner in Form der Home-Entertainment-Sparte von Warner Bros. verstärkt um die Klassiker im Archiv gekümmert, aber auch schon lange zuvor wußte der Konzern mit seiner TV-Abteilung das MGM-Archiv zu nutzen.

Bei dem 1988 gegründeten Fernsehsender TNT wurden zwar zuerst hauptsächlich Konserven gezeigt, aber bald begann Turner auch Eigenproduktionen zu senden. Den Anfang machte nicht etwa ein Spielfilm oder eine Serie, sondern eine Dokumentation über den Filmemacher John Houston, die zum Anfang einer langjährigen Tradition wurde, denn schon bald sollte Turner Pictures noch mehr Programme dieser Art produzieren. 1991 folgten die Studio-Doku Here's Looking at You, Warner Bros sowie Myrna Loy - So Nice To Come Home To, die aber verglichen mit der nächsten Dokumentation von Turner Pictures noch relativ kleine Fische waren.

Filmemacher Frank Martin, der für Turner schon The Man, the Movies, the Maverick über John Houston produziert hatte, wagte sich an ein noch viel größeres Projekt: eine allumfassende Dokumentation über Metro-Goldwyn-Mayer, die die Geschichte des Studios vom Beginn in den zwanziger Jahren bis in die nahe Gegenwart erzählen sollte. Für Turner war es ein ideales Thema, denn die benötigten Filmrechte mußten nicht erst teuer eingekauft werden, sondern waren größtenteils durch den Besitz der MGM-Filmbibliothek schon vorhanden. Dadurch mußte das Budget nicht für Filmausschnitte und andere Dinge ausgegeben werden, sondern konnte für die eigentliche Produktion zum Einsatz kommen.

Mit der Unterstützung von Turner konnten Frank Martin und Produzentin Joni Levin eine der größten und aufwendigsten Dokumentationen realisieren, die je über ein Hollywood-Studio gedreht wurde. When The Lion Roars sollte keine trockene und langweilige Produktion werden, sondern genauso glamourös, spannend und aufregend wie damals bei MGM selbst zugehen. Dafür sorgte ein ganz besonderes Konzept, daß die Dokumentation als ausgewachsene Show präsentierte - es wurde eine aufwendige, stilisierte Kulisse mit vielen Elementen aus MGMs Studiogeschichte gebaut, die nicht nur von einem Erzähler, sondern auch von vielen Statisten in einer Art Rahmenhandlung bevölkert wurde. Ungewöhnlich war auch die von Steven Goldstein eigens für die Dokumentation komponierte Musik, die nicht nur im Vor- und Abspann zu hören war, sondern auch nahtlos mit der Score der Filmausschnitte zusammenfloß.

Als Gastgeber konnten die Produzenten den britischen Schauspieler Patrick Stewart gewinnen, der seit Ende der achtziger Jahre durch seine Rolle als Captain Picard in Star Trek: The Next Generation in den USA zu einem Fernsehstar geworden war, aber eigentlich seine Wurzeln auf den englischen Theaterbühnen hatte. Mit seiner großen Vielseitigkeit und seiner unverkennbaren Stimme war er als Präsentator genau richtig für When The Lion Roars und verlieh der Dokumentation eine ganz besondere Klasse. Patrick Stewart war nicht nur die anonyme Stimme im Hintergrund, sondern mit seinem eleganten Auftreten in zahlreichen verschiedenen, zur jeweiligen Zeitperioden passenden Anzügen ein phantastischer Showman, der es problemlos schafft, den manchmal etwas holperigen Texten viel Leben einzuhauchen.

When The Lion Roars hat aber nicht nur eine glitzernde Oberfläche zu bieten, sondern auch einen genauso bemerkenswerten Inhalt. Die Dokumentation erzählt in drei zweistündigen Episoden die gesamte Geschichte von Metro-Goldwyn-Mayer von der Gründung im Jahr 1924 bis zum Verkauf des Studiogeländes 1986 und legt dabei nicht nur Wert auf die Filme, sondern auch auf die Menschen und Machenschaften hinter ihnen. Die zahlreichen Ausschnitte aus fast allen wichtigen Produktionen des Studios machen When The Lion Roars zu einer Fundgrube für Filmliebhaber, während in neu für die Doku geführten Interviews mehr als dreißig Schauspieler und Filmemacher zu Wort kommen, die oft aus erster Hand über ihre eigenen Erfahrungen oder die ihrer Freunde und Kollegen berichten. Ergänzt werden diese durch jede Menge seltenes Archivmaterial, das von weiteren Interviews über Trailer und Promotionmaterial bis zu gelegentlichen Behind-the-Scenes-Aufnahmen reicht.

Durch die geballte Flut von Informationen, sei es durch Patrick Stewarts Mitwirken, die Filmausschnitte oder die Zeitzeugen, ist When The Lion Roars ein bemerkenswertes Zeitdokument geworden, das die goldene Ära von Hollywood aus der Sicht des damals größten und erfolgreichsten Studios erzählt. Zwar werden die Schattenseiten nicht allzu oft angesprochen, aber die Dokumentation läßt trotzdem die Höhen und Tiefen der Geschichte von MGM nicht aus. Von typisch amerikanischem Kitsch ist nur wenig zu spüren, stattdessen wechselt die Stimmung zwischen Bewunderung, Ehrfurcht und auch ein wenig Wehmut über die längst vergangenen Zeiten. Letztendlich kommt When The Lion Roars aber zu dem Schluß, daß vom Studio zwar nur noch der Name übrig geblieben ist, aber Metro-Goldwyn-Mayer in Form seiner Filme ewig in Erinnerung bleiben wird.

Die DVD

When The Lion Roars wurde nicht nur in den USA bei TNT gesendet, sondern war Mitte der neunziger Jahre auch öfter bei dem europäischen Ableger des Senders zu sehen, der sogar in Deutschland über Satellit unverschlüsselt empfangbar war. Es gab auch eine amerikanische und englische VHS-Veröffentlichung, aber mit einer DVD dieser hervorragenden Dokumentation hat kaum noch jemand gerechnet, weil es offenbar einige rechtliche Probleme mit den vielen Filmclips und Interviews gab. Ende 2008 kündigte Warner aber zur Freude aller Filmliebhaber doch noch eine DVD-Veröffentlichung von When The Lion Roars an, die im Januar 2009, fast pünktlich zum 85. Geburtstag von MGM, erschienen war.

Technisch darf man von dieser DVD natürlich keine Wunder erwarten, denn When The Lion Roars wurde 1992 auf Video produziert und hat daher eine altersbedingt eingeschränkte Bildqualität - was aber nicht allzuviel ausmacht, denn bei dieser Dokumentation zählt viel mehr der Inhalt als die Oberfläche. Um die drei zweistündigen Episoden auf zwei DVDs unterzubringen, wurde die zweite Folge in der Mitte geteilt - eine vernünftige und unproblematische Lösung, die sich kaum störend auswirkt. Warner hat für eine den Umständen entsprechend ordentliche Bildqualität gesorgt und sogar ein sehr gelungenes Cover gestaltet, aber Extras gibt es natürlich keine - der Inhalt dieser DVD ist ja praktisch gleichzeitig auch das Bonusmaterial.

Ob When The Lion Roars auch in anderen Regionen außerhalb der USA erscheinen wird ist fraglich, da die Dokumentation außer bei TNT Europe nie woanders zu sehen gewesen war und außerhalb englischsprachigen Ländern praktisch unbekannt ist. Die hier rezensierte US-DVD hat allerdings die Regionalcodes 1, 2, 3 und 4 und ist damit auch auf Playern abspielbar, die nicht codefree sind.

Cover

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Bild

Wie viele andere TV-Produktionen der neunziger Jahre wurde auch When The Lion Roars zwar größtenteils auf Film gedreht, aber die Postproduktion im Videobereich durchgeführt, so daß es nur ein Videomaster, in diesem Fall offenbar ein D2-Composite-Band, existiert und die Bildqualität daher technisch bedingt deutlich eingeschränkt, aber nicht völlig unanschaubar ist.

Die Filmausschnitte können sich als wichtigster Teil der Dokumentation überraschenderweise qualitativ noch einigermaßen gut behaupten, wenn man bedenkt, daß es sich um unrestauriertes, teilweise mehr als ein halbes Jahrhundert altes Filmmaterial von damaligen Videomastern handelt. Kratzer, Staub, Fussel und manchmal auch größere Beschädigungen sind hier besonders bei den älteren Filmen ganz normal, aber dafür ist die Schärfe den akzeptabel - hier wurden keine drittklassigen VHS-Master verwendet, sondern das Beste, was 1992 zu bekommen war. Positiv anzumerken ist außerdem, daß fast alle Filmclips im Originalformat belassen wurden, was besonders im dritten Teil öfter Letterbox-Material und zum Glück kein Pan&Scan bedeutet - eine handvoll Open-Matte-Ausschnitte sind allerdings doch dabei.

Die Interviews machen zumeist einen besseren Eindruck als die Filmausschnitte, aber da auch hier verschiedene Quellen von neu für die Dokumentation gedrehten Aufnahmen über älteres Archivmaterial bis zu Talkshow-Auftritten alles dabei ist, ist die Qualität natürlich auch etwas wechselhaft, aber technisch durchaus zufriedenstellend. Am besten sehen natürlich die Studioaufnahmen mit Patrick Stewart aus, die nur mit den Einschränkungen des Composite-Masters zu kämpfen haben, aber trotzdem den Umständen entsprechend ganz solide aussehen. Insgesamt macht sich der befürchtete Video-Look auf dieser DVD natürlich sehr stark bemerkbar, aber immerhin läßt sich das Bild mit sauberen 24fps abspielen und die Video-Artefakte halten sich bis auf das leicht weiche Aussehen und das typische Composite-Kantenkräuseln bei den Texteinblendungen in erfreulichen Grenzen.

Eine komplette Neuabtastung des Filmmaterials wäre nicht möglich gewesen, da zwar ein großer Teil der Dokumentation auf Film gedreht wurde, aber manche Interviews nur als Videomaterial vorlagen und die unzähligen Filmausschnitte komplett neu abgetastet werden müßten - das käme einer komplett neuen Postproduktion gleich und wäre unbezahlbar teuer geworden. Mit fast drei Stunden auf jeder DVD hat die Kompression zwar schon fast die Schmerzgrenze überschritten, aber durch die geringe Schärfe treten trotzdem keine Nennenswerten Artefakte auf.

Unter diesen Gesichtspunkten kann man mit der Bildqualität dieser DVD ganz zufrieden sein, denn mehr gibt das Quellmaterial einfach nicht her - wobei man aber auch daran denken muß, daß die Dokumentation für die Fernsehbildschirme von 1992 produziert wurde und auf mittelgroßen Bildröhren gar nicht so schlecht aussieht.

Ton

Deutlich besser als das Bild gibt sich die Tonspur dieser DVD, denn When The Lion Roars hat eine sehr solide Abmischung zu bieten, die erstaunlich viel zu bieten hat.

Als Dokumentation mit einer eigenen Musikkomposition kommt When The Lion Roars natürlich nicht mit einfachem Mono aus, sondern gönnt der Musik eine sehr breite und bombastische Stereo-Abmischung, die sich auch in ProLogic sehr gut anhört, obwohl die Tonspur nicht explizit als Dolby Surround ausgewiesen ist. Patrick Stewarts Stimme beschränkt sich natürlich auf die Mitte der Soundstage, hat aber eine sehr gute Präsenz und ist genauso wie die Interviews immer glasklar verständlich.

Eine völlig andere Sache ist natürlich der Ton der Filmausschnitte, der genauso wie beim Bild stark vom Alter und Zustand des jeweiligen Films abhängig ist. Da keine großen Restaurationsbemühungen stattgefunden haben, sind besonders bei den frühen Filmen Knistern, Rauschen und Knacksen keine Fremdworte, aber letztendlich bleiben trotz aller altersbedingter Störungen die meisten Filmausschnitte durchaus anhörbar und werden im Laufe der Dokumentation immer besser - im dritten Teil ist bei eingen Filmen sogar Stereo-Ton zu hören, während die Filmausschnitte der älteren Filme natürlich alle nur in Mono sind. Der Filmton wurde aber so gut in die Abmischung integriert, daß auch die Aufnahmen älteren Datums nicht wie ein Fremdkörper wirken.

Untertitel gibt es lobenswerterweise auf Englisch und Französisch und nicht nur als Closed-Captions.

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