Der Film
Ein Sanatorium ist in finanziellen Schwierigkeiten und es droht von einem Hotelier und Boß der benachbarten Rennbahn aufgekauft zu werden. Tierarzt Dr. Hugo Z. Hackenbush (Groucho Marx), wird aus Versehen von Hausfaktotum Tony (Chico Marx) als Retter des Sanatoriums herbeigerufen. Währenddessen hat Judy Standish (Maureen O'Sullivan), die Besitzerin der Klinik, alle Hände voll zu tun um eine der letzten zahlenden Patientinnen, die reiche Mrs. Upjohn (Margaret Dumont) zu behalten. Judys singender Freund Gil (Alan Jones) hat mit seinem ganzen Geld ein Rennpferd gekauft, mit dem er auf der Rennbahn des Bösewichts Morgan gewinnen und damit das Sanatoruim retten will. Mit Tonys Freund Stuffy (Harpo Marx), den Morgan gerade herausgeworfen hat, ist auch schon ein Jockey für das Glückspferd gefunden. Während Dr. Hackenbush mit seinen unkonventionellen Behandlungsmethoden die Patienten und Ärzte im Sanatorium verstört und dabei fast von Tony und Stuffy entlarvt wird, versucht Morgan zu verhindern, daß Gil mit seinem Wundergaul an den Start geht...
Obwohl die Marx Brothers mit ihrem letzten Paramount-Film 1933 einen kleinen Flop erlitten hatten, konnten sie mit ihrem Comeback A Night at the Opera zwei Jahre später einen großen Erfolg feiern. Das Rezept des jungen MGM-Produzenten Irving Thalberg, den Marx Brothers "ernste" Schauspieler zur Seite zu stellen und damit eine konventionelle Story mit ihrem wilden Humor zu mischen, hatte bestens funktioniert und damit Tür und Tor für weitere Filme geöffnet - die Marx Brothers waren in Hollywood wieder hoffähig geworden. Das nächste Filmprojekt sollte genauso sorgfältig vorbereitet werden wie sein Vorgänger und sogar im Doppelpack mit einem weiteren Film gedreht werden, wozu es aber letztendlich nicht kommen sollte.
A Day at the Races basiert ungefähr auf der gleichen Geschichte wie A Nght at the Opera: Marx Brothers help boy get girl and save the big financial enterprise! Das financial enterprise ist nun keine Oper, sondern ein Sanatorium, aber dennoch wirkt der Plot wie aus dem Baukasten zusammengesetzt und würde kaum funktionieren, wenn die Marx Brothers nicht mit im Spiel wären. Obwohl die Handlung einzig und allein als Aufhänger für die zahlreichen Skeche der Marx Brothers dient, wurden ihre Charaktere und ihre Comedy-Einlagen nun noch besser in die Handlung integriert. Natürlich entschwebt der Film beim ersten Auftreten von einem der Gebrüder sofort aller Realität - wer würde schon einen Quacksalber wie Dr. Hackenbush auch nur in die Nähe eines menschlichen Patienten lassen?
An Glaubwürdigkeit ist natürlich wie auch bei den anderen Filmen gar nicht zu denken, denn die Story ist eigentlich nur ein aufwendiger Vorwand um die Marx Brothers ihren Unsinn zelebrieren zu lassen. Die Besetzung der Nebenrollen ist unspektakulär - Maureen O'Sullivan als "Damsel in Distress" beeindruckt genauso wenig wie ihr Partner Alan Jones, der hier schon nach A Night at the Opera seinen zweiten Auftritt zusammen mit den Marx Brothers hat. Die undankbarste Nebenrolle ist jedoch diejenige, die am meisten Vergnügen macht: Margaret Dumot als eingebildete Kranke Mrs. Upjohn ist nur als Opfer für die Marx Brothers da und spielt ihre Rolle mit einer bemerkenswerten Ernsthaftigkeit, die schon seit den frühen Broadway-Shows der Brüder zu einer Legende geworden.
Die Skeche der Marx Brothers haben in A Day at the Races wieder mehr etwas von den ungebändigten, anarchistischen Ursprüngen. Während das Finale mehr eine konventionelle Action-Sequenz ist, haben die durch den ganzen Film verteilten Sketche geradezu Vaudville-artige Bühnenqualität und sind trotzdem bemerkenswert gut in den Film integriert und zu echten Klassikern geworden. Das Drehbuch macht einen erstaunlich frischen und originellen Eindruck, was offenbar hauptsächlich dem Umstand zu verdanken ist, daß die Filmemacher das Script den beiden Nachwuchs-Autoren Robert Pirosh und George Seaton anvertraut hatten.
Das Autoren-Duo hatte gerade erst bei MGM angefangen und die Marx Brothers durch ihre Mitarbeit am Drehbuch ihres vorherigen Films A Night at the Opera begeistert. Als Regisseur wurde allerdings wieder auf Sam Wood gesetzt, der als Perfektionist für die nicht ganz einfache Inszenierung des Films die beste Wahl war.
Unterbrochen wurde der Spaß auch diesmal wieder durch einige Gesangsnummern der Co-Stars, die eigentlich überflüssig waren und die Laufzeit des Films bis auf fast 110 Minuten brachten. Die Handlung tritt insgesamt fast eine Viertelstunde auf der Stelle - der Vorspann enhält sogar eine ganze Seite über das "Musical Program", und sogar eine Busby-Berkeley-artige bombastische Tanznummer wurde in den Film mit eingebaut.
Die Marx-eigenen Musiknummern sind in A Day at the Races keine wirklich große Überraschung sind, aber dennoch originell eingearbeitet worden. Nachdem Chico auf einer Party liebevoll das Klavier gestreichelt hat, zerstört Harpo es mit roher Gewalt - aber nur um auf den Überresten mit der gleichen Hingabe wie Chico Harfe zu spielen. Harpo ist auch noch in eine weitere Musiknummer verwickelt, die heutzutage unangenehm politisch unkorrekt wirkt: plötzlich tauchen eine Menge farbige Leute auf, die anscheinend die niedrigen Arbeiter der Reitställe samt ihrer Familien sein und den wilden, schwarzen Jazz repräsentieren sollen. Die kombinierte Tanz-Musiknummer ist zwar gut durchchoreographiert, die Musik aber so einfach und vorhersagbar arrangiert daß man letztendlich nur noch darauf wartet, daß die Handlung endlich weitergeht. Dem Publikum schien es aber gefallen zu haben, denn im übernächsten Marx Brothers-Film Go West wurde eine ganz ähnliche Nummer eingebaut.
Die Dreharbeiten von A Day at the Races wurden von einem tragischen Ereignis überschattet, daß nicht nur die Karriere der Marx Brothers nachhaltig beeinflussen sollte: Irving Thalberg, der junge, enthusiastische Produzent, der die Marx Brothers zu MGM holte und sie unter seine Fittiche nahm, starb unerwartet im Herbst 1936 und hinterließ ein großes Vakuum im Hollywood-Studiosystem. Nach Thalbergs Tod hatten es die Marx Brothers nicht leicht, weil ihr Chef nun der MGM-Boß Louis B. Mayer war, der sie nicht lustig fand und kaum Wert auf sie legte. Den erfolgreichen Abschluß der Dreharbeiten von A Day at the Races konnte dies zwar nicht verhindern, aber der ursprünglichen Plan, zwei Filme hintereinander zu drehen, wurde abgesagt.
Heute wird A Day at the Races als der letzte, echte Marx Brothers-Film gesehen und wurde zusammen mit A Night at the Opera von den Brüdern selbst als ihr Favorit bezeichnet. Der Film mag zwar das Ende einer Ära gewesen sein, aber noch lange nicht das Ende der Marx Brothers, die noch fünf weitere erfolgreiche Filme drehten - drei davon sogar bei ihrem alten Brötchengeber MGM.
Die DVD
A Day at the Races wurde 2004 von Warner in den USA im Rahmen eines 7-Film-Boxsets der Marx Brothers veröffentlicht, aber dieser Film ist zusammen mit A Night at the Opera der einzige, der auch eine richtige Special-Edition-Ausstattung bekommen hat. Hier bekommt man den Umständen entsprechend ordentliche Bild- und Tonqualität geboten, die mit einigen unterhaltsamen und informativen Extras mit dokumentarischen Charakter ergänzt wurden.
Die hier rezensierte DVD ist die amerikanische Ausgabe, aber in Deutschland ist A Day at the Races auch von Warner als identisch ausgestattete DVD eines 5-Disc-Set erhältlich, in dem allerdings nur die MGM-Filme der Marx Brothers enthalten sind.
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Ton
Auch die Tonqualität von A Day at the Races ist um einiges besser als bei seinem Vorgänger. Zwar muß man hier immer noch mit den Einschränkungen einer fast siebzig Jahre alten Lichttonspur leben, aber diese fallen hier nicht mehr ganz so drastisch aus.
Starke Verzerrungen und Klirren sind kein Thema mehr, aber dennoch sind Frequenzgang und Dynamik natürlich technisch bedingt immer noch stark eingeschränkt. Das starke Grundrauschen, das A Night at the Opera noch so geplagt hat, ist hier so niedrig, daß man es kaum noch bewußt bemerkt.
Die Musik hört sich den Umständen entsprechend recht gut an und hat sogar einen anständigen Baßanteil, aber in den Höhen hapert es ein wenig - dadurch treten allerdings auch weniger Verzerrungen im oberen Frequenzbereich auf. Alle Dialoge hören sich fast glasklar an und sind ausgezeichnet verständlich. Die gesamte Tonspur hat - ungewöhnlich für Lichtton - einen sehr warmen, angenehmen Klang, der wahrscheinlich das Ergebnis von vorsichtigen Remasteringbemühungen sind.
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Bonusmaterial
Genauso wie bei A Night at the Opera war Warner auch für den zweiten Marx Brothers-Film von MGM mit dem Bonusmaterial sehr großzügig und hat neben einer interessanten Kommentarspur und einer Dokumentation auch noch ein klein wenig seltenes Archivmaterial ausgegraben.
Den Audiokommentar dieser DVD hat wie bei A Night at the Opera wieder ein Marx Brothers-Liebhaber und Experte übernommen: Glenn Mitchell ist der Autor der Marx Brothers Encyclopedia und scheint in seinem Kommentar zwar hauptsächlich aus seinem Buch zu zitieren, tut dies aber auf eine weitaus lockerere und ungezwungenere Weise als sein Kollege Leonard Maltin und schafft es dabei, die gleiche riesige Menge an Informationen zu vermitteln. Auf eine unterhaltsame Weise offenbart Mitchell hier Anekdoten, Bemerkungen und Details zu fast jeder Szene und hat auch jede Menge Hintergrundinformationen zu Schauspielern und Filmemachern zu bieten.
On your Marx. Get, set go! (27:36) ist eine Fortsetzung der Remarx on Marx-Dokumentation auf der A Night a the Opera-DVD, in der in Interviews wieder Dom De Luise, Robert Weide, Irvin Brecher, Larry Gelbart, Anne Beatts und Robert Osborne zu hören sind - statt Kitty Carlisle wurde hier aber ein Archivinterview der 1998 verstorbenen Maureen O'Sullivan verwendet. Die Dokumentation hält sich bis auf eine kleine Lobpreisung der Marx Brothers nicht groß mit Einleitungen auf und kommt gleich zu der Entstehung von A Day at the Races, die aus den Interviews heraus ohne ein störendes Voiceover auf sehr sympathische Weise erzählt wird. Wie bei der ersten Dokumentation ist eine halbe Stunde auch hier etwas knapp, was durch die vielen gebotenen Informationen aber wieder wett gemacht wird.
A Night at the Movies (9:55) von MGM-Kurzfilm-Comedystar Robert Benchley hat nichts unmittelbar mit A Day at the Races zu tun, kam aber auch 1937 in die Kinos und wurde wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Marx Brothers-Film gezeigt.
Auch die Vintage Cartoons sind hier mehr oder weniger zusammenhanglos mit auf die DVD gekommen, haben aber eine erstaunlich gute Bildqualität. Old Smokey (1938, 7:34), Mamas New Hat (1939, 8:24) und Gallopin' Gals (1940, 7:26) sind von deutlich infantilerem Humor als die Marx Brothers je an den Tag gelegt hatten und eigentlich nur für Cartoon-Liebhaber von Wert.
Audio Vault enthält dagegen zwei interessante dokumentarische Überbleibsel aus den Archiven von MGM: A Message from the Man in the Moon Outtake (2:33) ist eine verschollen geglaubte Aufnahme eines Songs, den Alan Jones eigentlich im Film singen sollte, aber dann hinterher herausgenommen wurde und nur noch als Instrumental und in einer von Groucho gesungenen Reprise am Schluß des Films überlebt hat. Das Leo is on the Air Radio Promo (13:22) ist ein fast viertelstündiger Radio-Werbespot, der durch die Mitwirkung der Marx Brothers persönlich sehr unterhaltsam ist.
Der Trailer (2:53) ist ähnlich gut erhalten wie der Film selbst, aber längst nicht so unterhaltsam und tut den Marx Brothers keinen großen Gefallen.
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