Die Serie
Jim Henson hatte es 1976 allen gezeigt – nach vielen Fehlschlägen und Ablehnngen war es dem Puppenspieler-Meister gelungen, seine zuvor nur in Kindersendungen richtig erfolgreich gewesenen Muppets eine eigene Show zu geben. Während die amerikanischen Fernsehsender Hensons Konzept für Kinderkram hielten, war der englische Fernseh-Magnat Lew Grade so begeistert, daß er den Muppets in seiner Produktionsgesellschaft ATV ein zweites Zuhause gab. Im Herbst 1976 ging die Muppet Show erstmals in England und in den USA auf Sendung und wurde trotz kleineren Startschwierigkeiten zu einem so großen Erfolg, daß die ersten 24 Episoden nicht die einzigen blieben. Lew Grade war es im Laufe des Jahres 1977 gelungen, die Serie in Länder auf der ganzen Welt zu verkaufen, wodurch das Interesse an neuen Episoden nicht nur in den USA und in England stark gewachsen war.
Once More with Feeling
Während in den frühen Episoden der ersten Staffel noch viel experimentiert wurde und einiges noch nicht ganz ausgereift war, konnten nun mit dem kräftig aufgestockten Budget eine ganze Menge Verbesserungen realisiert werden. Eine der größten Veränderungen war eine komplett überarbeitete Titelsequenz, denn statt nur fünfzehn Muppets waren nun im großen Finale fünfzig auf einmal zu sehen und brachten eine ganz neue Dimension in die Show. Fozzies Eröffnungswitz wurde zwar eingespart, aber dafür gegen einen kurzen Auftritt von Waldorf und Statler ausgetauscht und Gonzo schlägt nun keinen Gong mehr, sondern bläst in eine Trompete, wobei ihm aber genauso wie zuvor in jeder Episode ein besonderes Mißgeschick passiert.
Der Gaststar der Episode wurde zwar immer noch von dem im O des Muppet-Show-Logos sitzenden Kermit angekündigt, war aber noch vor der eigentlichen Titelsequenz im Cold Open zu sehen, in dem Scooter in der Ankleide des Gaststars vorbeischaut und Bescheid sagt, daß die Show bald beginnt. So kam die Interaktion der Gäste mit den Muppets, einem der wichtigsten Elemente der Show, schon gleich zu Beginn einer Episode zum Einsatz und wurde zu einer idealen Möglichkeit als Einleitung direkt einen Gag zu verwenden.
Wer reinkommt, ist drin
Nach der erfolgreichen ersten Staffel gab es sowohl hinter als auch vor der Kamera einige personelle Änderungen. Das ursprüngliche Autorenteam, das aus Jack Burns, Marc London, Jim Henson und Jerry Juhl bestand, mußte neu zusammen gestellt werden, denn Jerry Juhl löste Jack Burns als Chef-Writer ab und auch Marc London verließ die Muppet Show. Jerry Juhl und Jim Henson holten sich aber mit Joseph A. Bailey und Don Hinkley schnell zwei Neuzugänge ins Team, mit denen sie enorme Aufgabe 24 neue Episoden schreiben zu müssen gut bewältigen konnten.
Auch die Puppenspieler waren weniger geworden, denn John Lovelady und Eren Ozker verließen beide die Muppet Show. Dadurch bestand das Team nur noch aus Jim Henson, Frank Oz, Jerry Nelson, Richard Hunt und Dave Goelz, die nun ohne eine weibliche Puppenspielerin dastanden, was besonders bei Musiknummern ein Problem war. Deshalb engagierten sie Louise Gold, die das erste britischen Mitglied des sonst nur aus Amerikanern bestehenden Puppenspieler-Teams war und hauptsächlich Jim Henson bei komplizierteren Muppets assistierte, aber auch bald einige eigene Figuren wie die singene Schweinedame Annie Sue spielte.
Wegen des Weggangs von John Lovelady und Eren Ozker wurden einige ihrer Charaktere in den Ruhestand geschickt. Bei Hilda, der Garderobendame, Wayne und Wanda sowie dem gesamten Sketch mit den sprechenden Häusern nutzten Jim Henson und sein Autorenteam die Gelegenheit und ließen diese Charaktere seit der zweiten Staffel nicht mehr auftreten. Janice, die Electric Mayhem-Gitarristin, war jedoch so beliebt, daß sie an Richard Hunt übergeben wurde statt sie aus der Serie zu schreiben. Auch Crazy Harry, der Pyrotechniker (oder Pyromane) der Muppet Show, wurde von Richard Hunt übernommen
Aufgefrischt
Der Muppet Workshop in den USA und die extra für die Produktion der Muppet Show eröffnete Zweigstelle in England machten in der Pause zwischen der ersten und der zweiten Staffel viele Überstunden, denn fast alle Puppen wurden einem gründlichen Facelifting unterzogen. Besonders die Hauptcharaktere wurden noch einmal komplett neu aufgebaut - Miss Piggy hatte nun größere Augen und eine andere Kopfform, Fozzie ein helleres Fell und Gonzo bekam bewegliche Augenlider und sah dadurch nicht mehr ganz so traurig wie zuvor aus. Auch die vielen anderen Muppets wurden nach und nach umgebaut, was teilweise sogar während der laufenden Produktion geschah. Der einzige, der sein Aussehen kaum verändert hatte, war Kermit - eine der simpelsten Puppen, die auch gar keine große Verbesserung notwendig hatte.
Auch an der Kulisse wurde kräftig gearbeitet, denn es mußten nicht nur jede Menge neue Sketche ausgestattet werden, sondern auch bei vielen der alten Sets war eine dringende Renovierung notwendig. Da die Autoren nun einen nicht unbeträchtlichen Teil der Show in den Backstage-Bereich verlagerte hatten, wurde die gesamte Szenerie hinter den Theaterkulissen umgebaut und erweitert. Dazu gehörten auch die Umkleideräume, die nun hauptsächlich als Schauplatz für die Gespräche mit den Gaststars genutzt wurden und auch das erste waren, was der Zuschauer zu Beginn zu Gesicht bekam. Insgesamt machen die Kulissen der zweiten Staffel nun einen viel detailreicheren, verspielteren und geräumigeren Eindruck als zuvor und wurden der Dimension der Muppet Show nun erstmals richtig gerecht.
Das neue alte Ensemble
Inhaltlich hatte sich auf den ersten Blick nicht allzu viel verändert, aber da zwei Puppelspieler das Ensemble verlassen hatte, wurden einige Ideen, die sich als nicht wirklich erfolgreich herausgestellt hatten, nicht mehr weiterverwendet. Darunter waren unter anderem die sprechenden Häuser, die Diskussionsrunde und der Vend-A-Face-Automat, aber stattdessen kamen auch ein paar neue Ideen ins Spiel, die sich als sehr langlebig erweisen sollten. Pigs in Space, eine deftige Star Trek-Parodie mit Miss Piggy und den beiden neuen Charakteren Link Hogthrob und Dr. Julius Strangepork war einer der größten Neuzugänge, denn der Sketch wurde insgesamt zehnmal inszeniert. Auch die Muppet Labs wurden wieder geöffnet und Dr. Bunsen Honeydew bekam nun einen Assistenten namens Beaker, der im Laufe der Zeit zu einer der beliebtesten Muppet-Persönlichkeiten wurde.
Obwohl die einzelnen Episoden nicht mit einer längeren Hintergrundgeschichte miteinander verbunden waren, zeigen sich in der zweiten Staffel erstmals bei den Hauptfiguren unübersehbare Weiterentwicklungen, die oft in kleinen Geschichten erzählt werden. Miss Piggys Verwandlung zur Diva der Show schreitet immer weiter fort, denn die amouröse Schweinedame ist nicht nur hinter ihrer großen Liebe Kermit hinterher, sondern macht sich auch immer öfter an die männlichen Gaststars heran. Kermit hingegen läßt sich hingegen nur selten aus der Fassung bringen, während Fozzie nicht nur gelegentlich mit seinen Auftritten herumexperimentiert, sondern auch immer öfter in die Geschehnisse hinter der Bühne verwickelt ist und neben dem oft allgegenwärtigen Scooter Kermit immer mehr zur Seite steht. Auch Waldorf und Statler, die zwei Nörgler vom Dienst, wurden noch mehr in die Handlung eingebunden und bekamen auf ihrem Balkon sogar gelegentlich Besuch von einigen anderen Muppets.
Der schwedische Koch, der in der Hälfte der 24 Episoden in seiner immer verrückter werdende Kochshow auftrat, war diesmal gelegentlich auch hinter der Bühne und außerhalb seiner Sketche zu sehen. Sam, der amerikanische Adler, wäre nach dem Verschwinden seiner Lieblingskollegen Wayne und Wanda beinahe arbeitslos geworden, aber die Autoren haben ihm eine ganz neue Aufgabe gegeben und ihn zum semi-offiziellen Sittenwächter und Moralapostel der Muppet Show gemacht, der nun öfter Backstage, aber gelegentlich auch als Redner auf der Bühne auftritt. J.P. Grosse, Scooters Onkel und der Besitzer des Theaters, wurde früher nur namentlich erwähnt, tritt aber in der zweiten Staffel erstmals persönlich auf - nur um danach wieder in der Versenkung zu verschwinden. Ein ähnliches Schicksal ereilte den frisch dazugekommenen Reporter Fleet Scribbler, mit dem das Autorenteam überhaupt nicht zufrieden war und ihn nach zwei Auftritten schnell wieder vergaß.
Mit einem waschechten Varieté- und Vaudeville-Stil hatte die Muppet Show schon von Anfang an einen sehr hohen Anteil an musikalischen Darbietungen, die in der zweiten Staffel noch mehr geworden sind. Es gab in jeder Episode mindestens eine Musiknummer der Muppets, zu denen sich fast immer noch ein Song des jeweiligen Gaststars und manchmal auch ein Klavierstück von Rowlf gesellten. Die Muppets wurden nun von einer neuen Folk-Band repräsentiert und auch Dr. Teeth and the Electric Mayhem traten nun noch öfter mit vielen gut ausgesuchten Songs auf. Für die Arrangements und Kompositionen waren wieder Jack Parnell und Derek Scott verantwortlich, die eine ganze Menge zu tun hatten, weil sämtliche Musik inklusive der Begleitungen für die Gaststars exklusiv neu für die Muppet Show aufgenommen wurde. Von traditionellen Music-Hall-Standards über coolen Jazz bis zu knallhartem Rock'n'Roll arrangierte Jack Parnell viele Stile mit großem musikalischen Finesse, während Derek Scott nicht nur Rowlfs Klavierstücke einspielte, sondern auch viele neue Musikstücke komponierte.
Zu Gast bei den Muppets
Schon von Anfang an waren die Gaststars der Muppet Show ein fester Bestandteil von Jim Hensons Konzept, denn die Interaktion der Muppets mit Menschen war eine der besten Fähigkeiten von Jim Hensons Truppe, die so oft wie möglich unter Beweis gestellt wurde. In der ersten Staffel war die Rekrutierung der Gäste noch ein großes Problem, denn die Muppet Show war noch so unbekannt, daß richtig große Stars noch sehr selten waren und die Produzenten hauptsächlich ihre eigenen Kontakte und Bekanntschaften nutzen mußten. Ein Jahr später sah die Situation schon ganz anders aus, denn die Leute standen zwar noch nicht wirklich Schlange, aber durch die größere Popularität konnten in der zweiten Staffel schon viele namhafte Gaststars auftreten.
Den größten Coup der zweiten Staffel landeten Jim Henson und sein Team, als sie Rudolf Nurejew für einen Auftritt begeistern konnten. Komiker wie Zero Mostel, Steve Martin, Dom DeLuise, Peter Sellers, Bob Hope und John Cleese gaben sich die Klinke in die Hand, aber auch viele Idole und Vorbilder der Show gaben sich die Ehre - darunter die Vaudeville-Legenden George Burns und Edgar Bergen. Sogar Pop-Superstar Elton John konnte eingeladen werden und spielte vier seiner Songs zusammen mit den Muppets, während die Auftritte von Sängerinnen wie Cleo Laine, Petula Clark, Teresa Brewer, Judy Collins und anderen nicht besonders beeindruckend waren und die Muppets zu stark in den Hintergrund drängten. Eine große Ausnahme waren allerdings Julie Andrews, die zuvor schon einmal in einem Special der Sesamstrasse im Mittelpunkt stand und so richtig mit den Muppets zu agieren wußte. Auch die Schauspielerinnen Nancy Walker, Madeline Kahn und Cloris Leachman erwiesen sich als sehr selbstironisch und hatten jede Menge Spaß mit den Muppets.
Die Show geht weiter
Schon mit der zweiten Staffel konnte die Muppet Show die experimentelle Phase der frühen Episoden hinter sich lassen und die klassische Form erreichen, die den Erfolg der Serie entgültig zementierte. Die Puppenspieler hatten nun noch mehr in ihre Charaktere hineingefunden und die vielen gelungenen Auftritte der Gaststars machen oft noch mehr Spaß als zuvor. An neuen Ideen mangelte es Jim Henson und seinem Team nicht, und so wurde die zweite Staffel der Muppet Show, die in England und den USA zwischen November 1977 und Mai 1978 erstmals ausgestrahlt wurde, erst der Anfang einer langen Karriere, die erstmals mit einem Emmy belohnt wurde und noch vor Ende des Jahrzehnts auf die Kinoleinwand führte.
Die Episoden
In Produktionsreihenfolge, ausgestrahlt in England ab September
1977. Die Sendereihenfolge war je nach Sender und Land völlig verschieden,
weshalb es keine definitive Ordnung gibt und die Episoden meist nach
dem Produktionscode sortiert werden.
2.01 - Don Knotts
2.02 - Zero Mostel
2.03 - Milton Berle
2.04 - Rich Little
2.05 - Judy Collins
2.06 - Nancy Walker
2.07 - Edgar Bergen
2.08 - Steve Martin |
2.09 - Madeline Kahn
2.10 - George Burns
2.11 - Dom DeLuise
2.12 - Bernadette Peters
2.13 - Rudolf Nureyev
2.14 - Elton John
2.15 - Lou Rawls
2.16 - Cleo Laine
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2.17 - Julie Andrews
2.18 - Jaye P. Morgan
2.19 - Peter Sellers
2.20 - Petula Clark
2.21 - Bob Hope
2.22 - Teresa Brewer
2.23 - John Cleese
2.24 - Cloris Leachman
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Die DVD
Die zweite Staffel der Muppet Show ließ auf DVD lange auf sich warten, denn erst zwei Jahre nach der lang erwarteten Veröffentlichung der ersten Staffel war Disney endlich so weit. Die lange Verzögerung hatte offenbar mit langwierigen Verhandlungen über die Rechte der vielen Musikstücke der Muppet Show zu tun, die bei der ersten Staffel einige Schnitte notwendig gemacht hatten. Nach der negativen Reaktion auf die teilweise nicht mehr ganz intakten Episoden hatte sich Disney offenbar bei der zweiten Staffel große Mühe gegeben alle Musikrechte zu bekommen - mit Erfolg, denn nun sind alle Episoden komplett ungeschnitten.
Die hier rezensierte Box ist die im Herbst 2007 erschienene englische Ausgabe der zweiten Muppet Show-Season, da die Serie auf PAL-Video produziert wurde und für die amerikanischen DVDs nach NTSC normgewandelt werden mußte - da lohnt es sich schon auf die einige Monate später erscheinenden britischen Ausgaben zu warten. Zwar bekommt man in England kein Fell-Verpackung geboten, aber auch die zweite Staffel wurde wieder in einer stabilen Papp-Box ausgeliefert, die vier einzelne Slim-Cases mit elegant gestalteten Covern enthält. Die Extras bestanden zwar wieder nur ausschließlich aus Archivmaterial, das aber dafür sehr gut auf diese DVDs paßt und die zweite Staffel der Muppet-Show auf dem digitalen Medium zu einer richtig gelungenen Veröffentlichung macht.
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