Der Film
Das Londoner Blumenmädchen Eliza (Audrey Hepburn) erregt
die Aufmerksamkeit des exzentrischen Sprachwissenschaftlers Henry Higgins
(Rex Harrison), der mit seinem Freund Colonel Pickering (Wilfrid Hyde-White)
wettet, daß er der jungen Frau ordentliches Englisch beibringen
und eine feine Dame aus ihr machen kann...
Es begann alles vor mehr als hundert Jahren, als der Schriftsteller George
Bernard Shaw ein Theaterstück über die Verwandlung eines ordinären Blumenmädchens
in eine feine Dame schrieb. Pygmalion wurde nicht nur in Europa
zu einem großen Bühnenerfolg und die große Popularität führte 1939 zu
einer Verfilmung in England, die sich mit einer der höchsten Ehren erfreuen
konnte: George Bernard Shaw persönlich schrieb das Drehbuch, wodurch nicht
nur die Vorlage, sondern auch der Film mit Leslie Howard und Wendy Hiller
in den Hauptrollen unter der Regie von Anthony Asquith zu einer Vorlage
für alle weiteren Aufführungen wurde.
George Bernard Shaw starb 1950 im hohen Alter von 94 Jahren, aber die
Begeisterung für seine Bücher und Bühnenstücke hielt an und machte auch
nicht vor der amerikanischen Musical-Schwemme der vierziger und fünfziger
Jahre halt. Gabriel Pascal, der Produzent der britischen Pygmalion-Verfilmung,
besaß die Rechte an dem Theaterstück und beauftragte Anfang der fünfziger
Jahre Alan Jay Lerner und Frederick Loewe mit einer Musical-Umsetzung.
Da aber sogar die Broadway-Giganten Roger und Hammerstein das Stück als
untauglich für eine Musical-Adaption hielten, wurde das Vorhaben erst
einmal eingestellt.
Pygmalion - ein Musical ?
Mit dem unerwarteten Tod von Gabriel Pascal im Jahr 1954 gingen die Rechte
von Pygmalion durch die hohen Schulden des Produzenten in die
Hände einer Bank. Inzwischen hatten Alan Jay Lerner und Frederick Loewe
ihre gemeinsame Arbeit aber wieder aufgenommen und hatten großes Interesse
noch einmal einen Versuch zu unternehmen, Pygmalion als Musical umzusetzen.
Auch Arthur Freed, der Chef der Musical-Abteilung von MGM, wollte die
Rechte für sich gewinnen, aber Lerner und Loewe kamen ihm zuvor indem
sie einfach mit ihrer Arbeit begannen und die Bank so mit ihren Ergebnissen
imponierten, daß ihnen die Rechte zugesprochen wurden
Ein anderes großes Problem waren die Vorgaben der Erben von Bernard Shaw,
die darauf bestanden, daß möglichst viel vom Originaltext übernommen und
dieser auch in den Songtexten verwendet werden sollte. Alan Jay Lerner
und Frederick Loewe bewältigten diese Herausforderung sehr souverän und
komponierten über zwanzig einzelne Stücke, die nur mit relativ wenig Dialog
miteinander verbunden wurden. Schließlich gelang es Lerner und Loewe das,
was Roger und Hammerstein und andere Musical-Komponisten noch wenige Jahre
zuvor für unmöglich hielten: eine Musical-Adaption von George Bernard
Shaws Stück zu schreiben, die den strengen Regeln der Nachfahren des Autors
gerecht wurde.
Vom Broadway nach Hollywood
1956 hatte My Fair Lady am Broadway Premiere mit Julie Andrews
und Rex Harrison in den Hauptrollen. Der Erfolg war gigantisch - das Musical
entwickelte sich zu einem Dauerbrenner und wurde zum längsten laufenden
Broadway-Aufführung seiner Zeit. Der Erfolg war aber nicht nur auf Amerika
begrenzt, denn bald wurde My Fair Lady an vielen Theatern auf
der ganzen Welt aufgeführt, darunter auch in Deutschland. Die Inszenierung
am Berliner Theater des Westens mit Karin Hübner, Paul Hubschmidt und
Friedrich Schönfehder wurde zu einem Klassiker für sich - unter anderem
auch durch die deutsche Übersetzung, die die englischen Akzente in Berliner
Dialekt umwandelte und dabei immer noch große Teile des Originals erhielt.
Nachdem die Broadway-Aufführung alle Rekorde gebrochen hatte, begann Anfang
der sechziger Jahre der Wettkampf um die Filmrechte, den Warner 1962 für
sich entscheiden konnte - das Filmstudio kaufte die Rechte für einen Zeitraum
von sieben Jahren für fünfeinhalb Millionen Dollar vom Fernsehsender CBS,
der die Broadway-Aufführung mitfinanziert hatte. Studiochef Jack Warner
machte My Fair Lady zu seinem persönlichen Lieblingsprojekt und
ließ es an nichts fehlen - der Film wurde mit einem damals astronomischen
Budget von 17 Millionen Dollar ausgestattet und die Crew wurde aus den
besten Leuten zusammengestellt, die Hollywood zu bieten hatte.
Ein einzigartiges Team
Die Regie des Films sollte ursprünglich Vincente Minnelli übernehmen,
der seit den vierziger Jahren untrennbar mit Arthur Metro-Goldwyn-Mayers
Musical-Abteilung verbunden war und viele der größten Erfolge des Studios
inszeniert hatte. Seine geforderte Gage war Warner jedoch viel zu hoch
und stattdessen wurde My Fair Lady George Cukor anvertraut, seine
Karriere in den zwanziger Jahren am Broadway begonnen hatte, bevor er
1930 in die Filmbranche wechselte. Mit Gigi und A Star is
Born hatte Cukor zwar nicht so viele Musicals wie Vincente Minnelli
inszeniert, war aber dennoch einer der erfolgreichsten und angesehensten
Regisseure Hollywoods, auf den sich das Studio voll und ganz verlassen
konnte.
Für die anspruchsvolle Kameraarbeit wurde mit Harry Stradling ein alter
Hollywood-Veteran engagiert, der George Cukor noch von einem gemeinsamen
Projekt in den vierziger Jahren kannte, aber auch eine ganz besondere
Qualifikation besaß: er hatte 1938 mit Antony Asquith schon die erste
Verfilmung von Pygmalion gedreht und war dadurch mit dem Stoff
schon bestens vertraut. Als Filmformat wurde nicht herkömmlicher 35mm-Film
ausgesucht, sondern das großformatige Super Panavision 70, das zwar sehr
teuer war, aber das detailreiche Aussehen des Films viel besser einfangen
konnte und auch den für die Musikwiedergabe dringend notwendigen 6-Kanal-Magnetton
besaß.
Als Produktionsdesigner war schon von Anfang an der Fotograf und Modegestalter
Cecil Beaton vorgesehen, der schon für die Kostüme der Broadway-Aufführung
zuständig war und nun auch die Set-Gestaltung übernehmen wollte. George
Cukor bestand jedoch darauf seinen langjährigen Art Director Gene Allen
zu engagieren, was zu einigen Spannungen während den Vorbereitungen und
Dreharbeiten führte. Der urbritische Cecil Beaton kam überhaupt nicht
gut mit dem mehr saloppen Gene Allen zurecht und versuchte sich immer
mehr in die Gestaltung des Films einzumischen, wobei jedoch George Cukor
eine klare Grenze zog und auch nicht von Beatons ständigen Fotografie-Sessions
während der Dreharbeiten begeistert war, weil er damit die Schauspieler
unnötig ermüdete.
My Fair Audrey
Die Auswahl der Besetzung erwies sich als komplizierte Angelegenheit,
denn die ursprünglichen Broadway-Schauspieler konnten nicht alle einfach
übernommen werden. Julie Andrews war zwar die erste Wahl für Eliza Doolittle
und sollte die Rolle nach dem Willen von Alan Jay Lerner und Frederick
Loewe auch auf der Leinwand spielen, aber das Filmstudio wollte nicht
das Risiko eingehen eine praktisch unbekannte Schauspielerin als Hauptdarstellerin
in einem millionenschweren Film zu casten. Viele andere Schauspielerinnen
bewarben sich um die begehrte Rolle, aber letztendlich hatte Jack L. Warner
nur eine ganz bestimmte Kandidatin im Sinn.
Für die Rolle ausgewählt wurde schließlich Audrey Hepburn, die seit Ende
der fünfziger Jahre ein großer Star mit Filmen wie Roman Holiday,
Sabrina, Breakfast at Tiffany's und Charade geworden war
und mit Funny Face auch schon einmal in einem gesangslastigen
Musical mitgespielt hatte. Tatsächlich hatte die Schauspielerin ihre Karriere
als Ballett-Tänzerin begonnen und wurde Anfang der fünfziger Jahre nach
einigen kleinen Nebenrollen in britischen Filmen für die Hauptrolle des
Broadway-Musicals Gigi entdeckt und hatte kurz danach ihren ersten Leinwand-Durchbruch
an der Seite von Gregory Peck in Roman Holiday und in Billy Wilders
Sabrina, die sie zu einer sehr gefragten Schauspielerin machten.
Ironischerweise konnte Audrey Hepburn ihre eigene Broadway-Rolle Gigi
nicht in der Verfilmung spielen und wurde durch Leslie Caron ersetzt,
während sie nun die Leinwand-Nachfolgerin von Julie Andrews werden sollte.
Mit Mitte 30 war Audrey Hepburn eigentlich schon zu alt für Eliza Doolittle,
aber dank ihres jugendlichen Charmes konnte die Schauspielerin jeden Zweifel
über ihr Alter aus dem Weg räumen. Problematischer war dagegen, daß sie
keine professionelle Sängerin war und zwar schon oft Gesangsparts am Broadway
und in einigen Filmen übernommen hatte, aber für die anspruchsvollen Melodien
von My Fair Lady möglicherweise nicht genug Erfahrung hatte.
Audrey Hepburn selbst war sich des Problems bewußt und fragte vor dem
Beginn der Dreharbeiten ob ihre Stimme von einer anderen Schauspielerin
synchronisiert werden sollte, aber die Produzenten versicherten ihr, daß
allerhöchstens einige hohe Noten von einer professionellen Sängerin übernommen
werden sollten - ein Versprechen, das später jedoch nicht gehalten werden
konnte. Dennoch wurde Eliza Doolittle für Audrey Hepburn zu einem ihrer
größten Filmerfolge und zementierte ihren Status als großer Filmstar der
sechziger Jahre entgültig.
Der singende Professor
Auch Rex Harrison war nicht die erste Wahl für Professor Higgins, die
Rolle die er auf der Broadway-Bühne so erfolgreich gespielt hatte - Jack
L. Warner hatte den Schauspieler in Fox' teurem Flop Cleopatra
als Julius Caesar gesehen und hielt ihn für zu alt für die Rolle. Andere
Schauspieler wie Cary Grant oder Peter O'Toole waren im Gespräch, aber
lehnten ab und drängten genauso wie Alan Jay Lerner und Frederick Loewe
das Studio, Professor Higgins doch von Rex Harrison spielen zu lassen.
Im Gegensatz zu seiner Broadway-Partnerin Julie Andrews war der britische
Schauspieler schon seit langem ein großer Filmstar und stellte für das
Studio kein Risiko, sondern im Gegenteil einen großen Gewinn dar und wurde
nach anfänglichem Zögern schließlich engagiert - allerdings zu einer etwas
geringeren Gage als ihm Fox für Cleopatra gezahlt hatte.
Musikalisch erwies sich Rex Harrison auch als nicht ganz pflegeleicht,
obwohl er seine Rolle in hunderten von Vorstellungen am Broadway auf der
Bühne gespielt hatte. Eigentlich war der Schauspieler gar kein großer
Sänger, denn Alan Jay Lerner und Frederick Loewe hatten seinen Charakter
in My Fair Lady inhaltlich und musikalisch auf ihn zugeschnitten
und ihn mehr auf Tonhöhen sprechen als richtig singen ließen - was erstaunlich
gut funktionierte, aber bei der Verfilmung zu einem unerwarteten Problem
führte. Nachdem Rex Harrison zwar vor den Dreharbeiten bei den Musikaufnahmen
seine Stücke eingespielt hatte, versicherte er den Filmemachern, daß er
nie völlig gleich singen würde und deshalb ein Vollplayback nicht in Frage
käme. Den Tontechnikern blieb nichts anderes übrig, als das erste Mal
in der Filmgeschichte ein drahtloses Mikrofon für die Live-Aufnahme des
Schauspielers während der Dreharbeiten einzusetzen.
Doolittle, Pickering & Eynsford
Auch die Rolle von Elizas Vater Alfred P. Doolittle, einer der erinnerungswürdigsten
Nebencharaktere des Stücks, sollte für die Verfilmung neu besetzt werden.
Aber nachdem Jack L. Warner erfolglos versucht hatte James Cagney aus
dem Ruhestand zu holen und George Cukor und die Komponisten sich für die
Originalbesetzung aussprachen, wurde doch Stanley Holloway engagiert,
der die Rolle nicht nur am Broadway, sondern auch in der Londoner Aufführung
des Musicals gespielt hatte und eng mit seinem Charakter verbunden war.
Für den Schauspieler, der schon seit den zwanziger Jahren auf Bühnen und
vor Kameras stand, bedeutete die Leinwand-Version von My Fair Lady
einen unerwarteten Karrieresprung, der ihm auf seine alten Tage noch eine
große Popularität und einige große und kleine Kinorollen bescherte.
Colonel Pickering, eine der in der Handlung ständig präsenten, aber mehr
passiven Nebenrollen wurde von den Filmemachern schnell neu besetzt, nachdem
Robert Coote, der ursprüngliche Broadway-Darsteller, kein Interesse an
der Verfilmung zeigte. Stattdessen wurde der Schauspieler Wilfrid Hyde-White
ausgewählt, der mit seiner urbritischen Art und großem komödiantischen
Talent die Rolle genauso erfolgreich machte wie sein Vorgänger. Tatsächlich
brachte Hyde-White noch etwas mehr Humor in den Charakter, der nun fast
wie ein Dr. Watson wirkte und den mehr ernsten und grimmigeren Higgins
zu einer Art Sherlock Holmes machte.
Es war auch ein späterer Sherlock Holmes, der die Rolle von Freddy Eynsford-Hill,
Elizas jungem Verehrer übernahm: Jeremy Brett, ein damals noch relativ
unbekannter britischer Bühnenschauspieler, der zwanzig Jahre später die
definitive Version des Meisterdetektivs spielte. Er übernahm seine Rolle
in My Fair Lady von Broadway-Veteran John Michael King, der zwar
ein ausgezeichneter Sänger war, aber keinerlei Leinwanderfahrung hatte
und auf eine Rolle in der Verfilmung verzichtete. Es war eine elegante,
aber übermäßig romantische Nebenrolle, die nur mit einer großen Gesangsnummer
verknüpft war und in der Handlung keine wirklich große Rolle spielte.
Jeremy Brett gelang es aber, mit seinem urbritischen Charme trotz des
sehr kleinen Auftritts einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
Evolution einer Geschichte
Für die Umsetzung der Broadway-Vorlage wurde kein neuer Drehbuch-Autor
angeheuert, sondern Alan Jay Lerner selbst engagiert, der sich eng an
sein eigenes Libretto hielt und keine großen Experimente machte. Das Musical
basierte zum größten Teil auf dem Film von 1939, der schon ein paar entscheidende
Änderungen gegenüber George Bernard Shaws Pygmalion gemacht hatte,
die sich auch in der Musical-Verfilmung bemerkbar machten. Dies betraf
hauptsächlich die Beziehung zwischen Eliza und Higgins, die im Theaterstück
ursprünglich den Professor das Blumenmädchen nur als Objekt für seine
Forschungen sehen ließ - Shaw stattete sein Theaterstück sogar mit einer
kleinen Kurzgeschichte als Fortsetzung aus, die die gemeinsame Zukunft
von Eliza und Freddie schilderte.
Aber schon das 1939 von George Bernard Shaw selbst verfaßte Drehbuch für
Anthony Asquiths Verfilmung wurde mit einem ganz anderen Schluß versehen,
der eine romantische Beziwhung zwischen Eliza und Higgins implizierte
die Geschichte halb offen ließ, so daß der Eindruck erweckt wurde, als
ob Eliza zum Professor zurückkehren würde. George Cukor machte zwar den
Vorschlag für den Film den ursprünglichen Schluß des Theaterstücks zu
verwenden, wurde aber von den Autoren überstimmt und so bekam die Filmversion
von My Fair Lady das gleiche Beinahe-Happyend wie die Broadway-Aufführung
- was eigentlich erstaunlich ist, denn nach den üblichen Hollywood-Konventionen
müßte eigentlich Shaws erweitertes Ende viel publikumskompatibler sein.
Hollywoods London
Der Schauplatz von My Fair Lady ist das spätviktorianische London,
das nach dem Willen von Cecil Beaton ursprünglich an Originalschauplätzen
in Szene gesetzt werden sollte und George Cukor und den eigentlichen Produktionsdesigner
Gene Allen nach London einlud, um ihnen den Charme der Stadt schmackhaft
zu machen. Letztendlich wurde aber aus logistischen und filmtechnischen
Gründen entschieden, den gesamten Film in den Warner-Studios in Hollywood
unter kontrollierten Bedingungen zu drehen, um die Kulissen so detailreich
wie nur möglich zu gestalten. Dafür war allerdings ein enormer Aufwand
nötig, denn die Sets von My Fair Lady gehörten zu den größten
und aufwendigsten Kulissen ihrer Zeit.
Besonders schwierig erwies sich die Gestaltung und Konstruktion von Covent
Garden, wo ein großer Teil des Handlung zu Beginn des Films stattfindet.
Das berühmte Londoner Wahrzeichen wurde mit enormen Aufwand von Gene Allen
und einem Stab von hunderten von Konstrukteuren und Bühnenbildnern fast
komplett in Originalgröße in den Warner-Studios in Burbank aufgebaut -
das Set war so riesig, daß sogar eine vielzahl von Kutschen und ein eigenes
Regenwasser-System darin Platz hatte. Auch das Innere von Henry Higgins'
Haus wurde bis auf die kleinsten Details wie eine historisch korrekte
Tapete authentisch gestaltet.
Einige andere Kulissen wurden allerdings mehr nach dem Vorbild der Bühnenversion
gestaltet und deutlich stilisiert, denn George Cukor war der Meinung,
daß My Fair Lady in erster Linie eine Geschichte und kein realistischer
Film sein sollte. Besonders das Ascot-Rennen wurde sehr stark stilisiert
und die Kulisse und die Kostüme in einer monochromen Farbgebung gestaltet,
die zu einem ganz einmaligen Aussehen führte. Auch Wimpole Street wurde
auf eine ganz ähnliche Weise inszeniert, die mehr an eine Bühnenkulisse
erinnert, aber durch die ausgeklügelte Kameraarbeit von Harry Stradling
mit den aufwendigen Blickwinkeln kommt erst gar keine statische Theateratmosphäre
auf.
Große Orchester und fremde Stimmen
Einer der wichtigsten Bestandteile des Films, die musikalische Umsetzung,
wurde in die Hände des jungen Dirigenten und Komponisten André Previn
gelegt, der schon seit den fünfziger Jahren in Hollywood Arrangements
und Musik für viele Filme geschrieben hatte. Es wurde keine neue Musik
mehr komponiert, lediglich einige Stücke wurden zugunsten der Filmhandlung
etwas verlängert und leicht umgeschrieben. Die Arrangements wurden aber
von André Previn in enger Zusammenarbeit mit Frederick Loewe komplett
neu erarbeitet und deutlich verfeinert. Da die Musik nicht wie bei der
Bühnenaufführung live gespielt werden mußte, konnte ein erheblich größeres
Orchester eingesetzt werden, das eine noch detailreichere und sattere
Instrumentierung ermöglichte. Auch wurde das stellenweise etwas zackige
Tempo der Broadway-Inszenierungen etwas verlangsamt, wodurch die Musik
im Film einen viel ruhigeren und fließenderen Eindruck macht.
Die Besetzung von Eliza mit Audrey Hepburn war zweifellos eine gute Wahl,
aber obwohl sich die Schauspielerin umfangreich auf ihren Gesangspart
vorbereitete und in den Prescoring-Sessions ihren gesamten Part selbst
sang, stellte sich aus der Sicht der Produzenten im Nachhinein heraus,
daß ihre gesanglichen Fähigkeiten nicht gut genug waren. Hinter dem Rücken
der Schauspielerin wurde deshalb die professionelle Sängerin Marni Nixon
engagiert, die schon Deborah Kerr in The King and I und Natalie
Wood in West Side Story ihre Stimme geliehen hatte. Audrey Hepburn
erfuhr nur zufällig davon und war zuerst empört, begann dann aber eng
mit der Sängerin zusammenzuarbeiten um die Synchronisation ihres Gesangsparts
so gut wie möglich zu machen. Jeremy Brett ereilte auch das gleiche Schicksal,
aber er erfuhr davon erst, als er den fertigen Film sah. Obwohl er ein
sehr guter Sänger war, wurden seine Gesangsparts von Bill Shirley synchronisiert,
was zu der seltsamen Situation führte, daß in Show Me zwei Schauspieler
ein Duett ohne ihre eigenen Stimmen miteinander sangen.
Das letzte seiner Art
Genauso wie Bernard Shaws Theaterstück und das Broadwaymusical wurde auch
der Film zu einem enorm großen Erfolg. Nach den langen Dreharbeiten von
August bis Dezember 1963 dauerte die aufwendige Postproduktion noch über
ein dreiviertel Jahr - erst dann wurde My Fair Lady schließlich
Ende Oktober 1964 in den USA uraufgeführt und war bis Ende des Jahres
noch in vielen weiteren europäischen Ländern zu sehen. Während manche
Kritiker zwar anmerkten, daß die sozialkritischen Elemente von George
Bernard Shaws Theaterstück zugunsten der opulenten Ausstattung vernachlässigt
wurden, waren die meisten von der mitreißenden Inszenierung, den liebenswerten
Schauspielern und der gelungenen Musikadaption begeistert. Den Filmemachern
und Schauspielern war das gelungen, was kaum noch jemand für möglich gehalten
hatte: die fast totgeglaubte Kunst des Filmmusicals konnte noch einmal
zum Leben erweckt werden.
Der unaufhaltsame Erfolg des Films setzte sich auch in den Oscar-Verleihungen
von 1965 fort, wo My Fair Lady für insgesamt zwölf Kategorien
nominiert war und acht gegen eine starke Konkurrenz gewann. Allerdings
hatte dies auch eine Schattenseite, denn obwohl Rex Harrison als bester
Schauspieler gewann, wurde Audrey Hepburn für ihre Rolle nicht einmal
nominiert. Der Oscar für die beste Schauspielerin ging in diesem Jahr
ausgerechnet an Julie Andrews in Walt Disneys Konkurrenzmusical Mary
Poppins - viele hielten dies für eine Rache der Academy-Mitglieder,
weil Julie Andrews nicht von der Broadwayaufführung von My Fair Lady
übernommen wurde und durch Audrey Hepburn ersetzt wurde, die dann nicht
einmal selbst singen durfte. Die nur selten außer Fassung bringbare Audrey
Hepburn machte auch hier das beste aus der Situation und überreichte auf
der Bühne Julie Andrews ihren Oscar persönlich und auch später waren sich
die Schauspielerinnen nie gegenseitig böse.
In Deutschland wurde My Fair Lady drei Monate nach der amerikanischen
Premiere gezeigt. Für die deutsche Fassung wurden nicht nur die Dialoge,
sondern auch der Gesang komplett synchronisiert. Dabei wurde zwar der
Text von der Berliner Aufführung bis auf ein paar Änderungen zugunsten
der Lippensynchronität übernommen, aber die Stimmenbesetzung war in einem
Punkt gewöhnungsbedürftig: Rex Harrison wurde nicht von seinem deutschen
Theater-Pendant Paul Hubschmid gesprochen und gesungen, sondern von Friederich
Schönfeld, der auf der Bühne jedoch Colonel Pickering gespielt hatte.
Genauso wie in der englischen Fassung wurde Elizas Stimme auch an zwei
verschiedene Schauspielerinnen für Gesang und Text vergeben: während Audrey
Hepburns Standardsprecherin Uta Hallant die Texte sprach, wurde der Gesang
von Monika Dahlberg übernommen, die ironischerweise gleichzeitig Julie
Andrews Gesangspart in Mary Poppins synchronisiert hatte.
Damsel in Distress
Trotz aller Kontroversen wurde My Fair Lady zum Inbegriff des
perfekten Hollywood-Musicals und gleichzeitig zu einem letzten seiner
Art, denn nach 1964 wurden nur noch wenige Musicals auf die Leinwand umgesetzt,
die keine wirklich großen Erfolge mehr erreichen konnten. Dreißig Jahre
nach der Premiere befand sich My Fair Lady aber selbst am Rande
der Existenz, denn nachdem die Rechte 1972 an CBS zurückgingen, übergab
Warner auch große Teile des Filmmaterials an den Fernsehsender. Die kostbaren
65mm-Originale, die schon vorher nicht immer optimal behandelt worden
waren, wurden unter schlechten Bedingungen gelagert, die den Zerfall noch
beschleunigten.
Bewußt wurde das CBS, die inzwischen zum Filmstudio Fox gehörten, erst
als Anfang der neunziger Jahre eine Laserdisc des Films herausgebracht
wurde, die so unglaublich schlecht aussah, daß sie einen Preis dafür bekam.
Daraufhin kamen die Filmrestauratoren Robert Harris und James Katz ins
Spiel, die zuerst nur einen vernünftigen Videotransfer machen sollten
- aber den beiden Spezialisten, die zuvor schon Klassiker wie Lawrence
of Arabia gerettet hatten, gelang es CBS von der filmhistorischen
Wichtigkeit des Films zu überzeugen und die finanzielle Unterstützung
für eine komplette Restauration zu sichern.
Zwei Jahre lang wurde My Fair Lady mit allen zur Verfügung stehenden
Mitteln von Robert Harris, James Katz und einem großen Team restauriert.
1994 wurde schließlich ein neues, komplett restauriertes 65mm-Archivnegativ
vorgestellt, von dem zahlreiche Sicherheitskopien und neue Vorführprints
in 70 und 35mm erstellt wurden, die Ende des Jahres pünktlich zum dreißigjährigen
Jubiläum in einige ausgewählte Kinos gebracht wurden und so My Fair
Lady erstmals einer neuen Generation in der ursprünglichen Pracht
zeigen konnten.
Die DVD
20th Century Fox, die durch CBS die Rechte an den Kino-Wiederaufführungen der restaurierten Version besaßen, brachten My Fair Lady nicht nur wieder in die Kinos, sondern veröffentlichten Ende 1994 auch ein Deluxe-Laserdisc-Boxset, das wiederum durch eine etwas günstigere, aber bis auf die aufwendigen Extras identische Disc zwei Jahre später ersetzt wurde. Nach der Einführung der DVD ließ My Fair Lady auch nicht mehr lange auf sich warten, denn 1998 wurde die erste Veröffentlichung des Films auf dem neuen digitalen Medium herausgebracht, die damals mit einer beeindruckenden Bild- und Tonqualität und bemerkenswerten Extras aufwarten konnte, aber die lange Dokumentation der Laserdisc nicht enthielt.
Zum vierzigjährigen Jubiläum von My Fair Lady hatte Warner 2004 endlich eine lang erwartete 2-Disc-Special-Edition des Films veröffentlicht, die zwar keine komplett neu produzierte DVD war, aber nun mit einigem zuvor nur auf der Laserdisc veröffentlichten Bonusmaterial ergänzt wurde. Ein neuer Transfer wurde zwar nicht gemacht, aber die Bildqualität der alten Abtastung war schon 1998 überdurchschnittlich gut und hat sich in der Special-Edition trotzdem etwas verbessert, weil der Film nun eine Dual-Layer-DVD für sich alleine hat und die Extras auf einer zweiten Disc untergebracht wurden.
Die hier rezensierte Ausgabe der My Fair Lady-SE ist die amerikanische DVD, die ursprünglich in einem schicken Digipack mit Schuber verkauft wurde, aber heute nur noch im Keepcase erhältlich ist. Die kurz nach der US-DVD erschienene deutsche Ausgabe ist von der Austtattung her identisch - ob man sich für die amerikanische oder die deutsche DVD entscheidet, hängt davon ab ob man das Speedup der PAL-DVD vertragen kann oder auf eine deutsche Tonspur angewiesen ist - wenn letzteres keine Rolle spielt, sollte man auf jeden Fall zur amerikanischen Ausgabe greifen.
Vier Jahre nach der Veröffentlichung der Special-Edition ist von einer möglichen Neuauflage mit nochmals verbessertem Transfer leider noch nichts bekannt, aber im Zuge der HD-Welle wird vielleicht eine neue DVD und Blu-Ray nicht mehr lange auf sich warten lassen - bis dahin ist die Special-Edition-DVD die beste Möglichkeit, den Film in seiner vollen Pracht zu genießen.
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Bild
My Fair Lady wurde in Super Panavision 70 gedreht, einem der großformatigen Systeme, die ein 65mm-Filmnegativ verwendeten, das entweder auf herkömmlichen 35mm-Film oder auf 70mm kopiert werden konnte. Filme in diesem Format überstehen die Zeit üblicherweise nicht so gut wie normale 35mm-Filme, da die Negative anfälliger für Alterungsprozesse sind und oft falsch gelagert wurden. Letzteres hätte auch My Fair Lady innerhalb von dreißig Jahren seit der Premiere fast unwiederbringbar zerstört - wenn nicht CBS die Finanzierung für eine aufwendige Restauration aufgebracht hätte.
Die Retter von My Fair Lady sind die Restauratoren Robert Harris und James Katz, die den Film wieder in seinem alten Glanz erstrahlen ließen. Restauriert wurde ausschließlich auf 65mm-Filmbasis, mit der Ausnahme von einigen wenigen Sequenzen, die erstmals in der Geschichte der Filmrestauration mit Hilfe von Computern bearbeitet wurden. Ein Großteil des Films konnte von den trotz schlechter Lagerung noch verhältnismäßig gut erhaltenen Kameranegativen restauriert werden - nur für einige Szenen, bei denen das Negativ zu stark beschädigt war, wurden die in die Komplementärfarben zerlegten Seperations-Master eingesetzt, die zum Glück auch existierten.
Warners neue Special-Edition enthält den gleichen Transfer wie die 1998 veröffentlichte DVD, was im ersten Moment etwas enttäuschend klingt, aber durch eine erneutes Authoring des Masters hat sich die Bildqualität tatsächlich ein klein wenig gebessert. Die Kompression ist absolut makellos und hat trotz der langen Laufzeit von fast drei Stunden keine unangenehmen Nebenwirkungen hinterlassen.
Der Transfer wurde laut
Robert Harris nicht von einem 70mm-Print, sondern einer speziell für
diesen Zweck angefertigten 35mm-Interpositiv gemacht - einer direkten
Kopie des restaurierten 65mm-Negativs. Dahinter steckt ein ganz bestimmter
Grund: 1998 war es technisch noch nicht möglich einen Transfer von 70mm-Filmelementen
in wirklich guter Qualität zu machen - der hätte dann schlechter als eine
Abastung einer 35mm-Reduktionskopie ausgesehen. Einen wirklichen Nachteil
hat dieser 35mm-Transfer nicht, denn der Unterschied in der Schärfe fällt
in den Dimensionen der DVD-Auflösung nicht ins Gewicht.
Das Bildformat des 70mm-Films im 35mm-Transfer blieb erhalten, indem das
Bild von ca. 2.21:1 mit Balken an den Seiten in das 2.35:1-Frame gelegt
wurde. Leider hat Warner einen Fehler beim Transfer dieser 35mm-Vorlage
gemacht und die seitlichen Balken eliminiert, indem das ganze Bild nicht
in die Höhe, sondern in die Breite gezogen wurde, wie ein Vergleich
mit der von 65mm-Elementen abgetasteten Laserdisc zeigt. Der Unterschied
ist allerdings nur in einer direkten Gegenüberstellung bemerkbar und stört
beim normalen Anschauen nicht, aber es spricht nicht gerade für Warner,
daß auch bei der neuen DVD dieser Fehler nicht behoben wurde. Auch der
seltsame digitale Bildfehler am Anfang der Ascot-Sequenz in Kapitel 22,
in dem drei Filmbilder starke
Treppchenbildung aufweisen und der schon auf den früheren DVDs zu
sehen war, wurde leider nicht korrigiert.
Die Restauration hat es zwar geschafft fast alle großflächigen Beschädigungen
der Filmelemente zu entfernen, aber da offenbar keine zusätzliche digitale
Reinigung gemacht wurde, sind trotzdem gelegentlich noch kleine Fussel
und Kratzer sichtbar. Große Macken wie eine deutlich
sichtbare Klebestelle kommen zum Glück nur ein oder zweimal vor und
dann auch nur für ein einzelnes Filmbild vor. Angesichts des schlechten
Zustands des Original-Filmmaterials kann man hier wohl schon von einem
mittelgroßen Wunder sprechen, daß das Bild doch so sauber aussieht, aber
eine zusätzliche digitale Reinigung wäre trotzdem Wünschenswert gewesen.
Der Bildstand ist leider auch nicht ganz ruhig und weist manchmal ein
leichtes horizontales Zittern auf, was vermutlich weniger auf eine Problem
der Restauration als auf einen nicht ganz sauberen Transfer zurückzuführen
ist.
Der Detailreichtum ist allerdings beeindruckend, obwohl als Filmvorlage hier nur ein 35mm-Print gedient hat - es ist trotzdem deutlich sichtbar, daß die Vorlage ein 65mm-Negativ war. Die zu starke nachträgliche Aufschärfung der früheren DVD wurde hier zum Glück bis auf ein absolutes Minimum zurückgeschraubt, so daß keine nennenswerden Beeinträchtigungen durch Doppelkanten oder andere Artefakte zu sehen sind und das Bild daher noch sehr natürlich und nicht elektronisch aussieht. Die Filmkörnigkeit ist auch nur in sehr geringem Ausmaß sichtbar und wurde auch nicht mit einem Rauschfilter entfernt, so daß die Schärfe dadurch auch nicht beeinträchtigt wurde.
Eine richtige Freude sind natürlich die brillianten Farben, die am meisten von der Restauration profitieren und von tiefem Schwarz-Blau der ersten Szene über die warmen, rot-bräunlichen Töne in Higgins Haus bis zum fast klinisch reinen weiß der Ascot-Sequenz reichen. Dabei wurde das Farbtiming nicht auf modern und realistisch getrimmt, sondern auf die ganz besonderen, pastellartigen Technicolor-Farben der sechziger Jahre abgestimmt. Bemerkenswert ist, daß trotz der schwierigen Vorlage das Farbtiming im ganzen Film konstant bleibt und es nicht einmal zu den geringsten Farbschwankungen kommt.
Im Großen und Ganzen kann sich dieser fast ein Jahrzehnt alter Transfer erstaunlich gut behaupten, aber eine neue Abtastung könnte My Fair Lady trotzdem sehr gut vertragen, denn die meisten Probleme scheinen an der damaligen Abtastungstechnik und nicht der Restauration zu liegen. Bis dahin bleibt diese Version aber unbestritten die ultimative Fassung des Films im Heimkino-Bereich, der man die Fehler durch die brillianten Farben und die gute Schärfe noch verzeihen kann.
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Ton
Als Musical-Verfilmung wurde My Fair Lady mit dem besten Tonsystem ausgestattet, daß es 1964 gab: sechskanaliger Magnetton, allerdings nur auf den 70mm-Kopien, die 35mm-Version mußte sich mit Mono-Lichtton zufrieden geben. Die Kanalaufteilung des 70mm-Magnettons war damals völlig anders, als man es von heutigem Sechskanal-Digitalton kennt: fünf Lautsprecher befanden sich hinter der Leinwand, die von einem Surroundkanal ergänzt wurden.
Robert Harris und James Katz kümmerten sich nicht nur um das Filmmaterial, sondern überwachten auch die Restauration des Tons. Von dem war aber noch viel weniger erhalten geblieben als vom Filmmaterial: alle Originalbänder von Musik, Dialogen und Geräuschen waren verloren - es gab nur noch ein fertig gemischtes 6-Kanal-Printmaster. Der Zustand dieser Tonelemente war in keinem berauschend guten Zustand, weil sie nur Kopien zweiter oder dritter Generation waren und von ihnen der Ton sämtlicher 70mm-Prints kopiert wurde, aber dennoch hat es die Restauration geschafft, daraus eine wundervoll klingende, moderne 5.1-Tonspur zu machen.
Im Rahmen der Restauration wurde nicht nur der Klang der Tonelemente verbessert, sondern auch ein Remix gemacht, denn die damalige Kanalkonfiguration von fünf Kanälen hinter der Leinwand wird heute nicht mehr verwendet und wurde für die Neuabmischung in die heute gebräuchliche Anordnung von drei vorderen, zwei hinteren Kanälen und einem Subwoofer umgewandelt. Das Ergebnis ist höchst beeindruckend, wenn man bedenkt in welchem Zustand sich die überlebenden Tonelemente befunden haben müssen.
Das wichtigste der Tonspur von My Fair Lady ist natürlich die Musik, auf deren Abmischung besonderen Wert gelegt wurde. Der Remix ist sehr gut gelungen und hat die Musik auf alle fünf Kanäle verteilt, ohne dabei auf künstlichen Hall oder Echo zurückzugreifen und ermöglichte damit einen sehr natürlichen Klang. Dabei ist die Separation der Instrumente ganz ausgezeichnet und es lassen sich problemlos die einzelnen Orchestergruppen orten. Dynamik und Frequenzgang sind für Tonelemente dieses Alters beeindruckend gut, lediglich die Höhen sind ein klein wenig eingeschränkt - dennoch hat die Musik einen sehr freundlichen und warmen Klang, da die Bässe besonders gut ausgeprägt sind.
Die Stimmen, sowohl die Sprache als auch der Gesang, sind nicht ganz unproblematisch, hören sich aber viel besser an als bei anderen Filmen aus dieser Zeit. Der Klang der Stimmen wurde enorm verbessert und im ganzen Film auf das gleiche Niveau gebracht - Sprache und Gesang sind nun kaum noch voneinander zu unterscheiden. Auch ein Problem, das bei der Restauration für anfängliche Verwrrung gesorgt hat, wurde gelöst: Rex Harrison trug ein drahtloses Mikrofon und sang als einziger seinen Part live bei der Filmaufnahme. Das führte dazu, daß sein Gesang gegenüber allen anderen perfekt zum Bild paßte, der Klang durch das frühe Funkmikrofon aber nicht so gut war.
Der Raumklang der restaurierten Tonspur von My Fair Lady ist ein Kapitel für sich, denn im ganzen Film wird nur ein einziger diskreter Surroundeffekt eingesetzt, ansonsten werden die Surround-Kanäle nur von der Musik verwendet. Das wirkliche Geschehen spielt sich dafür auf der vorderen Soundstage ab: die Stimmen beschränken sich nicht nur auf den Center-Kanal, sondern sind getreu der Originalabmischung höchst direktional an die Position der sprechenden Personen im Filmbild angepaßt. Auch die Geräusche sind in feinstem Stereo auf den vorderen drei Lautsprechern zu hören und erzeugen so einen angenehmen Raumklang, bei dem man den Einsatz der Surroundkanäle erst gar nicht vermißt.
Wer schon immer einmal My Fair Lady komplett auf französisch hören wollte, kann dies mit der ebenfalls vorhandenen französischen Tonspur tun, die allerdings nur in Mono vorhanden ist und etwas kratzig klingt. Auf dieser US-DVD fehlt natürlich die deutsche Fassung, die aber für die RC2-Ausgabe dieser Special-Edition überarbeitet wurde: statt der früheren Mono-Fassung ist dort nun eine 2.0-Stereo-Surround-Version zu hören, die aber zu Wünschen übrig läßt: anscheinend wurde eine deutsche Dialogspur in einen Stereo-Downmix der Musik von der englischen Fassung hineingelegt und eine völlig neue, viel zu laute Geräuschkulisse dazu erstellt. Der Musik tut diese Version gut, aber ansonsten hat dieser neue Mix gegenüber der alten Mono-Version den Nachteil eines sehr sterilen und stark gefilterten Klangs.
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Bonusmaterial
Die neue Special-Edition von My Fair Lady basiert
auf der schon zuvor veröffentlichten DVD, wurde aber um einige wichtige
Extras ergänzt. Sämtliches Bonusmaterial mit Ausnahme des Audiokommentars
wurde auf eine zweite DVD ausgelagert. Alle neu hinzugekommenen Extras
mit Ausnahme der Dokumentation und der Bildergalerien haben allerdings
einen unübersehbaren Schönheitsfehler: oben im Bild läuft ein Timecode
mit, der offenbar beim Mastering der DVD aus versehen nicht abgeschaltet
wurde. Das Menüdesign ist nur wenig animiert, aber paßt von der Gestaltung
her perfekt zum Film.
Der Audiokommentar wurde schon 1998 für die erste DVD
aufgenommen, ist aber immer noch aktuell. Produktionsdesigner Gene Allen
und das Restauratoren-Team Robert A. Harris und James C. Katz haben sich
zusammen ins Studio gesetzt und werden zwischendurch von eingeschnittenen
Teilen eines Interviews mit Marni Nixon ergänzt. Da der Film fast drei
Stunden lang ist, entstehen ab und zu kürzere Pausen, die aber nicht so
lang sind, daß sie störend wirken. Gene Allen, der einen wesentlichen
Anteil zum Aussehen des Films beigetragen hat und bei den Dreharbeiten
immer dabei war, hat eine ganze Menge interessanter Sachen zu erzählen
und wird dabei von Robert Harris und James Katz ideal ergänzt. Die beiden
Restauratoren reden nicht nur über über ihre eigene Arbeit am Film, sondern
legen auch große filmhistorische Kentnisse nicht nur über My Fair
Lady an den Tag. Marni Nixons Kommentare hingegen beschränken sich
auf die musikalischen Aspekte, ihre Zusammenarbeit mit Audrey Hepburn
und die Kontroverse über die Gesangssynchronisation. Die vier Beteiligten
machen diese Kommentarspur zu einer unschätzbaren Informationsquelle über
My Fair Lady und gleichzeitig zu einer sehr unterhaltsamen und
interessanten alternativen Tonspur, für die es sich lohnt den Film extra
noch einmal anzuschauen.
More Loverly than Ever - The Making of My Fair Lady
(57:48) wurde 1994 anläßlich der Premiere der neuen Restauration von CBS
produziert und war auch schon auf der Deluxe-Laserdisc enthalten - aber
hier ist die Dokumentation das erste Mal auf einer DVD zu sehen und damit
der wichtigste Grund für die neue Special-Edition des Films. In echter
Showmanship-Manier führt Jeremy "Freddie Eynsford-Hill" Brett durchs Programm,
das eine Mischung aus einer retrospektiven Dokumentation über die Entstehung
des Films und einem Making-Of der Restauration ist. In den Interviews
sind nur wenige zu hören, die tatsächlich mit der Produktion des Films
zu tun gehabt haben, so daß viele Informationen aus zweiter Hand stammen
- was aber bei einem Film dieses Alters leider nicht anders machbar ist.
Dank Jeremy Bretts elegantem Voiceover und der guten Recherche sind aber
die Interviews nicht alleine für den Inhalt der Dokumentation verantwortlich,
denn die Entstehungeschichte des Films wird in vielen eingespielten Dokumentaraufnahmen
eindrucksvoll geschildert. Auch die Restaurationstechniken von Robert
Harris und James Katz bekommt man zu sehen, inklusive dem Tränen in die
Augen treibenden Anblick von sich auflösendem Filmmaterial. Enttäuschend
ist hingegen die Qualität der verwendeten Filmausschnitte: diese stammen
von einer grausam aussehenden, nicht restaurierten Fassung in Pan&Scan
mit schlechtem Ton - nur zum Schluß bekommt man in einem leider viel zu
kurzen Vorher-Nachher-Vergleich die restaurierte Fassung zu sehen. Insgesamt
gibt dieses Making Of einen faszinierenden Überblick über die Entstehung
von My Fair Lady, dem man die überschwengliche Art dank des interessanten
Inhalts gerne verzeiht.
Das 1963 Production Kickoff Dinner (23:17) enthält Reporter-Aufnahmen
von einem kombinierten Abendessen mit Pressekonferenz, das zum Beginn
der Produktion abgehalten wurde. Audrey Hepburn, Rex Harrison und Jack
Warner werden hier von amateurhaften Reportern mit dummen Fragen genervt,
aber Jack Warner hat auch ein paar interessante Sachen in einer kurzen
Rede zu sagen.
Audio of George Cukor Directing Baroness Bina Rothschild
(2:36) ist die Dokumentation eines verzweifelten Versuchs von George Cukor
einer älteren Schauspielerin beim Overdubben ihrer einzigen zwei Sätze
Text im ganzen Film zu helfen. Während diesen zweieinhalb Minuten Ton
sind einige Bilder von George Cukor bei den Dreharbeiten zu sehen.
Die Audrey Hepburn Vocals sind noch ein wichtiges Überbleibsel
von der alten DVD, denn hier kann man sich die kompletten Songs Wouldn't
it be Loverly (4:13) und Show Me (2:34) mit der Originalstimme von Audrey
Hepburn ansehen und anhören. Für die Rekonstruktion dieser Szenen waren
auch Robert Harris und James Katz verantwortlich, die aus hunderten von
Takes diese zum Bild passenden Versionen zusammensetzen - dabei handelt
es sich um die einzigen noch vorhandenen Original-Einspielungen von Audrey
Hepburn selbst. Die Tonqualität ist bemerkenswert gut, allerdings gibt
es den Ton nur in 2.0-Surround und das Bild in nicht-anamorphem 2.20:1
von der Laserdisc. Schade, daß auch bei der Special-Edition niemand auf
die Idee gekommen ist dem Film eine zweite Tonspur zu geben, bei der die
Audrey-Hepburn-Originalsongs wieder zurück in die Soundtrack integriert
werden.
Show me Galleries enthält in den Kategorien Sketches,
Black & White Production Stills, Color Production Stills
und Documents and Publicity eine riesige Menge von Bildmaterial,
das leider mit einem bei DVD-Bildergalerien oft auftretendem Problem behaftet
ist: vieles ist zu klein abgebildet, um gut erkennbar zu sein.
Posters & Lobby Cards with Rex Harrison Interview (1:01)
zeigt ein paar Filmposter und anderes Material über den Ton eines Interviews
mit Rex Harrison.
The Fairest Fair Lady (9:31) ist ein kurzes Featurette,
das während den Dreharbeiten des Films entstand - dabei handelt es sich
nicht um eine richtige Dokumentation, sondern um eine Art überlangen Trailer,
der aber wegen seinem interessanten Blick hinter die Kulissen interessant
ist. Vieles davon ist zwar offensichtlich gestellt, aber so bekommt man
trotzdem einen Eindruck von dem enormen Aufwand der Produktion.
L.A. Premiere Footage (4:51) - noch mehr Nachrichten-Ausschnitte,
diesmal von der Premiere des Films in Hollywood.
The Awards enthält nur zwei sehr kurze Schnipsel - einmal
Rex Harrisons Golden Globe Acceptance Speech (0:42),
in dem sich der Schauspieler in Abwesenheit in seiner typisch reservierten
Art bedankt, und 37th Academy Awards (0:24) zeigt einen
sehr glücklichen Jack Warner bei der Entgegennahme seines Oscars für den
besten Film. Ergänzt werden diese Filmclips mit einer ausführlichen Liste
von Auszeichnungen, die My Fair Lady bekommen hat.
The Comments verspricht mit zwei großen Namen viel, aber
eigentlich handelt es sich hierbei um nicht verwendetes Interview-Material
von der 1994er-Dokumentation. Während Martin Scorsese (1:15)
interessantes über Filmrestauration zu sagen hat, brüstet sich Andrew
Lloyd Webber (1:01) nur damit, daß er beinahe Phantom of the
Opera zusammen mit Alan Jay Lerner geschrieben hätte.
The Trailers of Lerner and Loewe enthält nicht nur den
Originaltrailer von 1964 (5:03) und den 1994er
Trailer der Restaurierten Fassung (3:30) von My Fair Lady,
sondern auch die von drei anderen Filmen der beiden Musical-Macher: Brigadoon
(3:44), Camelot (2:04) und Gigi (3:25).
Die Trailer haben alle eine den Umständen entsprechend gute Bildqualität
und liegen im
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