Der Film
Charlie Gordon (Walter Matthau) überredet seinen Schwager Herb Sullivan (Jack Lemmon) dazu, mit ihm auf eine Kreuzfahrt zu gehen. Charlie ist der Meinung, daß Herb nach dem Tod seiner Frau endlich wieder mehr weibliche Gesellschaft benötigt, aber Charlies Motive sind mehr von finanzieller Natur – er muß seine Spielschulden irgendwie bezahlen und findet, daß eine Kreuzfahrt auf einem Luxusdampfer mit vielen reichen und reiferen Ladies an Bord genau das richtige ist. Was er Herb nicht verraten hat, ist daß er die Tickets nur bekommen hat, weil er sich und seinen Schwager als Tanzpartner im Dienst des leicht übergeschnappten Kreuzfahrt-Managers Gil Godwyn (Brent Spiner) angemeldet hat...
Als Jack Lemmon und Walter Matthau Anfang der neunziger Jahre mit Grumpy Old Men und Grumpier Old Men ein unerwartetes Comeback gefeiert hatten, waren Kritiker und Fans begeistert. Das Komikerduo im Rentenalter war in den sechziger Jahren entstanden, als Billy Wilder sie erstmals in The Fortune Cookie zusammen auftreten ließ und anschließend zum Publikumsliebling als das originale Odd Couple wurde. Ihre weiteren Auftritte blieben sparsam, sie waren nur noch zweimal in Billy Wilders The Front Page und Buddy Buddy gemeinsam auf der Leinwand zu sehen.
Dem Hollywood-Produzent John Davis gelang es aber, die beiden Schauspieler-Veteranen Anfang der neunziger Jahre zu neuen gemeinsamen Auftritten in den beiden Grumpy Old Men-Filmen zu gewinnen, an denen Jack Lemmon und Walter Matthau selbst eine Menge Spaß gehabt haben müssen. Statt jedoch einen dritten Film im gleichen Szenario zu drehen, bemühte sich John Davis etwas völllig anderes zu starten und ließ 1997 den neuen Film mit Lemmon und Matthau von seiner eigenen Firma Davis Entertainment produzieren, die einen Vertrag mit 20th Century Fox hatte.
Man könnte Out to Sea auch Grumpy Old Men III nennen, denn Charlie und Herb könnten auch Max und John heißen - allerdings hören dort die Gemeinsamkeiten auf. Robert Nelson Jacobs Drehbuch beginnt zwar ähnlich wie Grumpy Old Men als eine etwas traurige Geschichte, aber die Stimmung wird schnell positiver und läßt sich im Gegensatz der anderen Filme danach erst gar nicht mehr auf weitere Sentimentalitäten ein. Es ist eine altmodische Story, die ein wenig an die harmlosen Screwball-Komödien der dreißiger und vierziger Jahre erinnert und gewisse ähnlichkeiten mit einigen Blinde-Passagiere-auf-der-Kreuzfahrt-Geschichten hat. Wenn Charlie sich an seinen Tanzpflichten vorbeischummelt und auf dem Schiff sein Unwesen treibt, fühlt man sich durchaus an Monkey Business, die Schiffskomödie der Marx Brothers, erinnert.
Jack Lemmon und Walter Matthau waren selbstverständlich in Topform und bekamen durch die pointierten Dialoge des Drehbuchs noch mehr Gelegenheiten, ihre Komödiantischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Ihre Wortgefechte untereinander und mit Brent Spiner erreichen fast die Qualität ihrer früheren Filme aus den sechziger und siebziger Jahren. Lemmon und Matthau haben noch nie den Eindruck gemacht, als ob sie sich auf ihre alten Tage durch ihre letzten Filme quälen mußten, aber in Out To Sea wirken sie so, als ob sie ganz besonderen Spaß bei den Dreharbeiten gehabt hätten.
Die Besetzung der Nebenrollen von Out to Sea liest sich wie ein Who-is-Who einer längst vergangenen Schauspieler-Generation, die hier noch einmal einen letzten großen Auftritt hat. Eine der Leading Ladies des Film ist Dyan Cannon, die zwar nicht so aussieht als würde sie der gleichen Altersklasse wie ihre Kollegen angehören, gehört aber mit ihren über sechzig Jahren trotzdem dazu. Trotz ihrer Haarfarbe gehört Dyan Cannon seit den sechziger Jahren zu den deutlich intelligenteren amerikanischen Schauspielerinnen und hat auch hier mehr zu tun als nur ein dummes Blondchen zu spielen - gerade an der Seite von Walter Matthau kann sie sich sehr gut behaupten und ist eine ideale Partnerin für ihn.
Auch die anderen Damen des Films gehören zur Hollywood-Oberklasse – Elaine Stritch, eigentlich mehr für Broadway-Auftritte bekannt, spielt auf grandios überkandidelte Art die Mutter von Dyan Cannons Charakter, ist aber lediglich zwölf Jahre älter. Gloria de Haven war einer von MGMs großen Stars in den vierziger und fünfziger Jahren und ist auch heute noch aktiv, Rue McClanahan war seit den fünfziger Jahren eine viel beschäftigte Broadway- und TV-Schauspielerin und begann in den achtziger Jahren als ein Viertel der Golden Girls noch einmal eine ganz neue Karriere.
Bei den Herren steht ein Name besonders heraus: die Tänzer-Legende Donald O'Connor, hauptsächlich für seine halsbrecherischen Nummern in Singin in the Rain bekannt, ist hier in seiner letzten Filmrolle zu sehen, die ihm sogar Gelegenheit gibt seine Tanzkünste noch einmal unter Beweis zu stellen. An seiner Seite ist Hal Linden zu sehen, ein weniger bekannter Bühnen- und Fernsehschauspieler – aber beide zusammen machen ein herrliches Paar, das ein wenig als Spiegelbild zu Lemmon und Matthau dient.
Der heimliche Hauptdarsteller ist jedoch Brent Spiner, der nach über zehn Jahren als Android Data in Star Trek - The Next Generation hier einmal die Chance bekommt, einen völlig anderen Charakter zu spielen. Er spielt den "Entertainer" Gil Godwyn herrlich fies und ölig, ohne dabei ins lächerliche abzugleiten - Spiner hat seine Rolle so angelegt, daß die Zuschauer zu einer Art Haßliebe gezwungen sind. Auf der einen Seite ist Gil der Bösewicht des Films, auf der anderen Seite kann er auch urkomisch sein. Gar nicht so komisch, sondern eigentlich richtig gut sind Brent Spiners Gesangseinlagen, die wieder einmal zeigen daß der Schauspieler auch ein hervorragender Jazz-Singer ist. Vermutlich sollte sein Gesang ursprünglich schräg und schief klingen, aber Spiner hat es sich wohl nicht nehmen lassen seinen Auftritt als Showman so richtig zu geniessen.
Für die Regie konnte John Davis die rennomierte, aber oft kontroverse Martha Coolidge gewinnen, die eigentlich nicht auf Komödien spezialisiert war, aber mit Lost in Yonkers immerhin auch schon einmal ein Stück von Neil Simon in Szene gesetzt hatte. Martha Coolidge bewies mit Out to Sea, daß sie ein noch besseres Gespür für Komödie und perfektes Timing als ihre männlichen Kollegen hat – die Handlung bewegt sich hier um einiges flotter fort als bei den Grumpy Old Men, was wahrscheinlich auch etwas damit zu tun hat, daß die Filmemacher hier viel mehr Freiheiten hatten.
Musik spielt eine ganz zentrale Rolle im Film, denn schließlich geht es in einem nicht geringen Teil der Handlung ums Tanzen. Statt wieder auf Alan Silvestri zurückzugreifen, der zwar für Jazz sehr gut gewesen wäre, aber für Tanzmusik weniger geeignet ist, hat sich Produzent John Davis an Thomas Newman gewandt, einem Mitglied des großen Newman-Clans, zu dem auch Thomas und Randy gehören. Sowohl die orchestrale Score als auch die Tanzmusik-Arrangements sind erstklassig, aber den Vogel schießt natürlich Brent Spiner mit seinen hervorragenden Gesangseinlagen ab, die die Musik zu viel mehr als einfache Tanzmucke machen.
Gedreht wurde Out to Sea zum größten Teil natürlich auf einem echten Kreuzfahrtschiff, der MS Westerdam der Holland America Line. Einige Innenaufnahmen wurden in kalifornischen Studios gedreht, und eine Szene sogar in der Bar der berühmten Queen Mary, aber die meisten Dreharbeiten fanden auf der Westerdam und vor Ort in Kalifornien statt. Das hatte offenbar für eine sehr entspannte und verspielte Atmosphäre gesorgt , die so richtig zeigt, daß sich die Schauspieler bei den Dreharbeiten wohlgefühlt haben und großen Spaß hatten.
Out to Sea ist ein Film, der unter normalen Umständen eigentlich heutzutage gar nicht mehr gedreht werden würde – hier waren eindeutig einige Liebhaber am Werk, die Jack Lemmon, Walter Matthau und den anderen Schauspielern der älteren Generation noch einmal die Gelegenheit zu einem großen Leinwandauftritt Gegeben hatten. Out to Sea mag vielleicht ein altmodischer Film gewesen sein, aber veraltet war er deswegen lange noch nicht und hatte jede Menge Schwung und Humor zu bieten.
Leider hatte 20th Century Fox die Vermarktung des Films überhaupt nicht ernst genommen und stark vernachlässigt. Im Jahr, in dem Titanic in die Kinos kam, wurde Out to Sea nur unter "ferner liefen" in den Kinoprogrammen erwähnt - in Deutschland war der Film sogar erst ein Jahr nach der US-Premiere zu sehen und in England wurde komplett auf einen Kinostart verzichtet und lediglich eine Video-Leihkassette herausgebracht. Die schlechte Publicity bescherte Out to Sea nur einen Bruchteil des Erfolgs der Grumpy Old Men-Filme, obwohl die Kritiken auch nicht viel schlechter waren. Auch heute ist Out To Sea in der Filmographie von Jack Lemmon und Walter Matthau unberechtigterweise einer ihrer unbekannteren Auftritte aus den neunziger Jahren, obwohl es eigentlich ihr bester Film aus dieser Zeit war.
Die DVD
Weil Out to Sea in England nur als Leihkassette erschienen war, war es bisher praktisch unmöglich den Film in Europa in der Originalfassung zu sehen - die einzige Möglichkeit wäre der Import der amerikanischen Videokassette gewesen. 2004 hatte 20th Century Fox den Film aber endlich zuerst in den USA und dann ein Jahr später auch in Europa endlich als DVD veröffentlicht, die alsnicht mehr ganz neuer Katalogtitel natürlich bis auf einen Trailer keine Extras zu bieten hatte - dafür waren aber Bild- und Tonqualität sehr gut gelungen.
Während die europäische DVD in Deutschland und England schon einige Zeit out-of-print ist, kann man die hier rezensierte amerikanische Ausgabe immer noch sehr günstig bekommen. Eine Blu-Ray hat Fox noch nicht herausgebracht, aber die DVD ist mit der ganz soliden Bild- und Tonqualität trotzdem zu empfehlen.
|
|
Bild
Dies ist die erste Veröffentlichung des Films als DVD oder Laserdisc, so daß 20th Century Fox wohl oder übel dazu gezwungen war einen komplett neuen Transfer zu machen. Perfekt ist er nicht ganz geworden, aber von den neueren Lemmon/Matthau-Filmen hat Out to Sea eindeutig die allerbeste Bildqualität.
Diese DVD enthält sowohl einen anamorphen Transfer im Originalformat als auch eine Vollbild-Fassung auf zwei Seiten einer DVD-5. Während die Vollbild-Version zwar mehr Bild oben und unten zeigt und nur wenig von den Seiten wegnimmt, ist die Bildkomposition in der Widescreen-Fassung viel besser und macht keinen billigen Fernsehfilm-Eindruck - alleine deshalb sollte man die Vollbild-Version schon meiden.
Die Filmvorlage war in einem hervorragenden Zustand und wurde so gut gesäubert, daß praktisch keinerlei Verunreinigungen oder Beschädigungen sichtbar sind. Obwohl die Schrift im Vorspann ein klein wenig Unruhig ist, zeigen sich im Film selbst keinerlei Bildstand-Probleme - das Bild ist völlig ruhig und leistet sich keinerlei ruckeln oder flattern. Wie so oft wurde die Körnigkeit auch hier mit einem Filter teilweise entfernt, der aber noch ein paar ganz natürlich aussehende Rückstände hinterlassen hat und das Bild zum Glück auch nicht matschig erscheinen läßt.
Die Schärfe ist nicht berauschend gut, aber für einen "flat" gedrehten Film auf einem ganz normalen Niveau. Man bekommt hier nicht den Eindruck, daß der Transfer Details vorenthält, außerdem wurde auch nicht zusätzlich herumgeschärft, weshalb das Bild manchmal ein klein wenig weich erscheint. Das machen die kräftigen und natürlichen Farben aber wieder wett, die so richtig vom Bildschirm springen und diesen Transfer wunderbar lebending machen. Ein kleiner Wermutstropfen ist die unsaubere Kompression, die auf manchen Flächen ein leichtes Blockrauschen erzeugt und nicht selten an Kanten und Ecken Artefakte erzeugt. Normalerweise passiert so etwas bei einem Film dieser Länge eigentlich auch nicht, wenn man ihn unbedingt noch auf einen einzigen Layer quetschen muß - warum Fox das hier nicht richtig gelungen ist, kann ich nicht nachvollziehen.
Trotz der leichten Probleme mit der Kompression (die auch nur auf wirklich hochauflösenden Displays auffallen) sieht Out to Sea wirklich Klasse auf dieser DVD aus und sticht die Konkurrenz von Warner und Paramount mit Leichtigkeit aus.
|