The Private Life of Sherlock Holmes
Cover

4.8.2003

Titel The Private Life of Sherlock Holmes
Studio United Artists / The Mirisch Corporation (1970)
Hersteller MGM Home Entertainment (2003)
DVD-Typ 9 (7,50 GB) Bitrate ø 4,7 max. 7,5
Laufzeit 125 Minuten Kapitel 16
Regionalcode 1 (USA/Kanada) Case Deja 1
Fernsehnorm PAL Mastering WAMO
Bildformat 2.30:1 16:9 yes
Tonspuren Dolby Digital 2.0 Mono 192 kbit/s Englisch
Untertitel Englisch, Französisch, Spanisch
Freigabe MPAA PG-13
Extras • Christopher Lee: "Mr Holmes, Mr Wilder" Featurette
• Interview with Editor Ernest Walter
• Deleted Sequences
• Photo Gallery
• Original Theatrical Trailer

Allgemeines

Billy Wilder trug die Idee zu The Private Life of Sherlock Holmes schon seit dem Erfolg von Irma la Douce mit sich herum, aber erst nach einer fast fünfjährigen Pause nach The Fortune Cookie konnte die Idee schließlich realisiert werden. Mit dem Drehbuch hatte Wilder einige Startschwierigkeiten - zuerst schrieb er mit seinem Co-Autor I.A.L. Diamond daran, dann mit Harry Kurnitz und John Mortimer und zum Schluß schließlich doch wieder mit Diamond, der sich zwischenzeitlich mit dem Schreiben von The Cactus Flower beschäftigt hatte. Die Story von The Private Life of Sherlock Holmes erzählt ganz in der Manier von Arthur Conan Doyles Kurzgeschichten Episoden von Holmes' Fällen - allerdings nicht nur von den Erfolgen. Holmes-Kenner werden in den Geschichten einen recht cleveren Verschnitt von Conan-Doyle-Ideen sehen, die mit einer ordentlichen Prise von Wilders und Diamonds Erzählwitz gewürzt wurden.

Eigentlich hätten die Rollen von Sherlock Holmes und Dr. Watson nach dem Erfolg von The Fortune Cookie und auch The Odd Couple mit Jack Lemmon und Walter Matthau besetzt werden können - aber dann wäre The Private Life of Sherlock Holmes zur Slapstick-Klamotte geworden. Dafür fand Billy Wilder mit Robert Stephens einen untypischen, aber gerade dadurch interessanten Sherlock Holmes, der den Romanvorlagen von Arthur Conan Doyle näher kommt als viele andere Besetzungen. Genauso wie Jeremy Brett in den äußerst akkuraten englischen TV-Verfilmungen bringt Stephens den launigen, unberechnebaren Holmes gut heraus. Die Besetzung von Dr. Watson mit Colin Blakely hat dagegen weniger mit dem Originalcharakter zu tun, sondern orientiert sich mehr an den witzigeren Watson-Darstellungen wie z.B. in den frühen amerikanischen Verfilmungen mit Basil Rathbone - aber das ist nur eine Konsequenz des Drehbuchs, das Watson mehr als nur eine Nebenrolle zugesteht. Für die Rolle von Sherlock Holmes' Bruder Mycroft, der im Film eine nicht sehr große, aber wichtige Rolle spielt, machte Billy Wilder einen Glücksgriff und konnte Christopher Lee engagieren. Der hatte schon zuvor mehrfach Sherlock Holmes gespielt, aber nie dessen Bruder.

Ausgestattet wurde der Film von Alexander Trauner, der für Wilder schon früher fantastische Kulissen aufbaute. Das viktorianische England wirkt dunkel und etwas bedrohlich, aber sehr real. Die Gestaltung der 221b Baker Street ist unauffällig und nur bedingt detailreich, aber vermeidet dadurch das Klischee der Wiedererkennung - so können Sherlock-Holmes-Kenner weniger Fehler beanstanden. Gedreht wurde aber nicht nur in Studios, sondern auch an einigen Originalschauplätzen in England. Auch die Musik wurde von einem echten Original beigesteuert, dem rennomierten Filmkomponisten Miklos Rosza.

Der Film sollte in seiner Urfassung nicht nur zwei "verschollene" Episoden aus Sherlock Holmes Leben erzählen, sondern vier und war deshalb über drei Stunden lang. Als "Roadshow" sollte der Film mit einer Overtüre und einer Pause aufgeführt werden, aber United Artists bekam nach den ersten Previews kalte Füße und forderte Kürzungen. Was danach geschah und wie die entgültige zweistündige Fassung letztendlich zustandekam, ist heute nicht mehr genau nachvollziehbar. Allgemein ist bekannt, daß Billy Wilder mit seinem Film nie ganz zufrieden war und die Kürzungen mit seinem Einverständnis gemacht wurden - zwei der vier Episoden wurden komplett entfernt, der Prolog stark gekürzt und eine weitere Sequenz halbiert. Trotz der Kürzungen entwickelte sich der Film an den Kinokassen zum Flop und verschwand nach wenigen Wochen wieder in der Versenkung - aber nicht ohne etwa zehn Jahre nach seiner Premiere in Wiederaufführungen zu seinem verdienten Ruhm zu kommen.

Aus heutiger Sicht wären solche Kürzungen nicht weiter tragisch, weil man so etwas in einer Zweitverwertung schließlich wieder rückgängig machen kann. Ein Director's Cut auf DVD ist mittlerweile zur Mode geworden, aber 1970 war dies kaum machbar und wurde im Fall von The Private Life of Sherlock Holmes völlig unmöglich, da nach der Anfertigung der gekürzten Fassung die Original-Negative zum Entsetzen von Billy Wilder verschwanden und bis heute verschollen geblieben sind. Eine vollständige Rekonstruktion der Urfassung ist bis heute nicht gelungen, weil das Material einfach nicht mehr existiert.

Billy Wilders vielleicht größter Fehlschlag ist aber heute wieder rehabilitiert - ein Film, der damals zur völlig falschen Zeit kam und beim Kinopublikum von 1970 keine Chance hatte, avancierte zehn Jahre später langsam aber sicher zum Geheimtip und Klassiker. Auch wenn die Geschichte nichts mit den Romanen von Arthur Conan Doyle zu tun hat, kann man sie schon zu den besten Sherlock-Holmes-Verfilmungen zählen, da Billy Wilder Atmosphäre und Charaktere originalgetreu getroffen hatte. Auch in der gekürzten Fassung bleibt davon noch eine ganze Menge übrig - durch den Episodencharakter des Films kommt erst gar nicht der Eindruck auf, als ob es sich um eine zerstückelte Version handelt.


The Private Life of Sherlock Holmes gab es lange Zeit nur in den USA als Laserdisc in einer anschaubaren Fassung, ansonsten mußte man sich mit schlechten TV-Transfern mit abgeschnittenem Bild begnügen. Im Sommer 2003 hat MGM den Film zusammen mit drei weiteren Billy-Wilder-Klassikern (One, Two, Three, Kiss me, Stupid und Avanti!) aber endlich auch als DVD herausgebracht und sich bei diesem Film sogar einigermaßen Mühe gegeben: Bild- und Tonqualität wurden so gut wie möglich wiederhergestellt und sogar die Extras der Laserdisc übernommen und erweitert. Die etwa ein Jahr später erschienene deutsche Veröffentlichung verwendet zwar Transfer und Tonspur der RC1, besitzt aber keins der wirklich wichtigen Extras der US-Disc, so daß man nur auf die RC2 zurückgreifen sollte, wenn man unbedingt den deutschen Ton braucht.

Bild

MGM hat sich alle Mühe gegeben dieser DVD einen guten Transfer zu gönnen, aber bedingt durch den nicht mehr optimalen Zustand der noch vorhandenen Kopien war dies nur bedingt möglich. Zwar sind die verwendeten Filmvorlagen einigermaßen Intakt, aber man sieht deutlich, daß nur Kopien und kein Kameranegativ zur Verfügung stand.

Die Filmvorlage so gut wie möglich von Defekten befreit, so daß man wirklich nur ganz selten mal einen Fussel oder einen Kratzer bemerken kann. Leider hat das Bild trotzdem ein etwas "schmutziges" Aussehen, da hier gleich mehrere Schichten von Filmkörnigkeit übereinanderliegen, die sich natürlich nur ganz schlecht herausfiltern lassen haben. Die Schärfe ist dadurch etwas reduziert, dazu kommt auch noch daß manche Szenen mit einem Weichzeichner gedreht wurden. Das Farbtiming wirkt durch den bräunlich-roten Ton auf den ersten Blick etwas seltsam, aber es paßt zur oft düsteren Stimmung des Films. Im Prinzip gibt es an diesem Transfer nicht viel auszusetzen, wenn man einmal von den Problemen mit dem Quellmaterial absieht.

Trotz der ziemlich niedrigen Bitrate macht sich die Kompression nur selten bemerkbar, lediglich einige dunkle und nebelige Szenen erscheinen etwas beeinträchtigt, aber das könnte auch an der Filmvorlage liegen. Besser wird man Private Life of Sherlock Holmes wahrscheinlich nicht zu sehen bekommen, es sei denn MGM wird eines Tages eine weitere Restauration machen lassen. Perfekt ist die Bildqualität nicht, aber unter den Umständen kann man damit sehr zufrieden sein - schließlich ist der Film auf dieser DVD das erste Mal seit der alten Laserdisc wieder im Originalformat zu sehen.

Ton

Zusammen mit dem Originalnegativ gingen wahrscheinlich auch die Tonmaster verloren, so daß man hier mit einer unspektakulären, aber soliden Mono-Tonspur auskommen muß. Zwar würde The Private Life of Sherlock Holmes einen Stereo- oder 5.1-Remix nicht unbedingt brauchen, aber es ist schon etwas schade, daß man Miklos Roszas wunderbare Filmmusik nur in Mono geboten bekommt.

Abgesehen davon handelt es sich aber um eine gut gemasterte Tonspur, an der es nicht viel auszusetzen gibt. Dynamik und Frequenzgang sind - wie bei einen Film dieses Alters üblich - etwas eingeschränkt, aber das fällt nicht besonders negativ auf. Die Stimmen sind bis auf ein paar kurze Szenen immer klar und unverzerrt, und auch Geräusche und Musik können sich ganz gut behaupten.

Bonusmaterial

Ursprünglich war The Private Life of Sherlock Holmes als extralose DVD angekündigt, aber MGM hat sich noch besonnen und das Bonusmaterial der Laserdisc übernommen und sogar noch etwas dazu produziert. Leider ist nichts dabei, in dem der medienscheue Billy Wilder selbst zu Wort kommt, und zwei Sachen von der Laserdisc wurden auch weggelassen: das komplette Drehbuch (was am Bildschirm sowieso nur höllisch schwer lesbar gewesen wäre) und die isolierte Filmmusik. Aber alleine der Rekonstruktionsversuch der verschollenen Szenen macht das Bonusmaterial dieser DVD Gold wert.

Christopher Lee: Mr Holmes, Mr Wilder (15:16) - in diesem Interview erinnert sich Schauspieler-Urgestein Christopher Lee nicht nur an Billy Wilders Private Life of Sherlock Holmes, sondern auch an seine eigenen Erfahrungen, die er in seinen Sherlock-Holmes-Rollen gemacht hat. Auch die erstaunliche Wandlung der filmischen Darstellung von Sherlock Holmes im Laufe der Zeit kommt hier zur Sprache. Letztendlich bemerkt Christopher Lee noch, daß die ungewöhnliche Rolle als Mycroft Holmes seiner Karriere als Schauspieler einen kräftigen Schub gegeben hat und Billy Wilder sehr dankbar für diese Erfahrung ist.

Interview with Editor Ernest Walter (28:38) - Billy Wilders Cutter (der nur bei dieser einen Produktion mit ihm zusammenarbeitete) nimmt sich erst einmal ausführlich Zeit über sich selbst und seine Karriere zu erzählen, bevor er auf The Private Life of Sherlock Holmes zu sprechen kommt. Walter geht ausführlich auf die entfernten Sequenzen ein, allerdings nur auf das "wie", nicht auf das "warum". Das Interview stammt noch von der Laserdisc und hat deshalb eine nicht ganz optimale Bild- und Tonqualität.

Deleted Scenes
werden auf dieser DVD in einer etwas ungewöhnlichen Form dargeboten, weil nur noch wenig Material davon existiert. In der einen oder anderen Form werden hier aber alle verschollenen Szenen auf eine so anschauliche Weise präsentiert, daß man sich die Urfassung des Films sehr gut vorstellen kann. Die Szenen wurden gegenüber der Laserdisc stark erweitert und mit einleitenden Textbildschirmen versehen.

Original Prologue (8:46) - hier existiert nur noch ein Scriptauszug mit Standfotos, die die ursprüngliche Handlung aber sehr gut wiedergeben.

The Curious Case of the Upside Down Room (24:58) gibt es noch als Tonspur, die hier mit Scriptseiten und Fotos ergänzt wurde. Die Szene spielt zwischen dem Prolog und dem eigentlichen Beginn der Handlung der gekürzten Fassung.

The Adventure of the Dumbfounded Detective (3:45) existiert auch nur noch als Drehbuchauszug mit Bildern. Diese Rückblende findet in der zweiten Hälfte der Zugfahrt nach Inverness statt.

The Dreadful Business of the Naked Honeymooners (12:25) ist die einzige Szene, von der noch Filmmaterial existiert - aber dafür kein Ton mehr, der hier durch Untertitel ersetzt wird. Lustigerweise ist die Szene gegen Ende optisch zensiert worden, obwohl das dem PG-13-Rating der DVD auch nicht hätte schaden können.

Die Behind the Scenes Photo Gallery enthält etwa 50 Bilder, darunter nicht nur sehr interessante Fotos von den Dreharbeiten, sondern auch zwei witzige Karikartuten und das Original-Kinoplakat.

Auch der Trailer (2:59) des Films fehlt natürlich nicht und ist hier im anamorphen Originalformat zu sehen.

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