Puss in Boots
Cover

14.5.2012 #541

von Guido Bibra

Titel Puss in Boots (Der Gestiefelte Kater)
Studio Dreamworks Animation (2011)
Hersteller Dreamworks Home Entertainment EAN 4-047552-500530
DVD-Typ 9 (7,18 GB) Bitrate ø 7,65 max. 9,9
Laufzeit 86:30 Minuten Kapitel 18
Regionalcode 2 (Deutschland) Case Amaray I Gelb
Fernsehnorm PAL
Bildformat 2.35:1 16:9 ja
Tonspuren Dolby Digital 5.1 448 kbit/s Englisch, Deutsch, Türkisch
Untertitel Englisch, Deutsch, Türkisch
Freigabe FSK 0
Extras • Mit dem brandneuen Abenteuer Der Gestiefelte Kater - Die Drei Diablos
• Verschnurrte Kombination: Die Stimmen der Legende
• Entfernte Szenen
• Die Welt von Dreamworks Animation

Der Film

Immer auf der Flucht und auf der Suche nach dem nächsten Coup - Puss in Boots (Antonio Banderas) führt das Leben eines Outlaws, aber der gewiefter Kater hat auch eine Mission: seinen Namen reinzuwaschen. Auf der Suche nach den legendären magischen Bohnen und den damit verbundenen goldenen Eiern trifft er auf seinen früheren Freund und späteren Widersacher Humpty Dumpty (Zach Galifianakis), mit dem er einst gemeinsam die Bohnen finden wollte. Zusammen mit der Meisterdiebin Kitty Softpaws nehmen sie die Spur zu den Bohnen auf, die in den Händen des gefährlichen Schurken-Ehepaars Jack und Jill (Billy Bob Thornton und Amy Sedaris) sind...

 

 

Er hat viele Namen - Le Chat Botté, The Booted Cat, Puss in Boots oder Der gestiefelte Kater und seine Herkunft geht viele Jahrhunderte zurück. Die Figur des Stiefel tragenden Katers ist in Deutschland hauptsächlich durch seine Mitgliedschaft im Märchenzyklus der Gebrüder Grimm bekannt und eine der populärsten Märchenfiguren Europas, aber tatsächlich zieht sich die Idee einer aufrecht gehenden Katze, die sich mit List und Schlauheit Vorteile verschafft, durch die Folklore vieler Kulturen. Eine der vielen Varianten des Märchens wurde zuerst in Italien von Giovanni Francesco Straparola im 16. Jahrhundert aufgeschrieben, während im 17. Jahrhundert Giambattista Basile eine ganz ähnliche Geschichte veröffentlicht hatte. Ob Charles Perrault, der 1697 seine eigene Version des Märchens unter dem Titel Le Chat Botté in einer Märchensammlung herausgebracht hatte, von den Varianten der beiden Märchensammler gewußt hatte, ist unbekannt - aber es war seine Publikation, die das Märchen erst richtig populär gemacht hatte und unter anderem die Basis für die grimm'sche Version war, der aber die englische Übersetzung von Robert Samber fast 100 Jahre vorausging.

Lange bevor der erste Meter Zelluloid belichtet wurde, war die Geschichte des gestiefelten Katers ein willkommener Stoff für Bühnen aller Arten. Ein Jahrhundert nach Charles Perraults definitiver Veröffentlichung, aber noch bevor die Gebrüder Grimm sich das Märchen zu eigen gemacht hatten, schrieb Ludwig Tieck eine Bühnenversion des Stoffs, die aber mehr eine bissige Satire auf das Theater und die mangelnde Akzeptanz von Märchen als vollwertige Literatur war. Der russisch-französische Komponist César Cui hatte 1913 eine Oper für Kinder geschrieben, die insbesonders in Osteuropa sehr populär war. Die erste Filmadaption war aber ein 1922 von Walt Disney produzierter Trickfilm, der auf der Grimm-Variante basierte und so manche andere gezeichnete Inkarnation nach sich zog - darunter auch eine japanische Anime-Version von 1969, an der unter anderem Hayao Miyazaki mitgewirkt hatte.

Wegen ihrer unberechenbaren Natur und einer starken Dressur-Resistenz waren Katzen in Realfilmen als größere Charaktere Mangelware und kamen in der Filmgeschichte viel weniger zum Einsatz als ihre caninen Kollegen. Sprechende Katzen waren im Realfilm durch die Fortschritte in der CGI-Animation erst seit Ende der neunziger Jahre überhaupt möglich und deshalb gab es auch vom gestiefelten Kater praktisch keine vernünftigen Realverfilmungen. Im Trickfilm waren Katzen aber sehr populär - William Hannas und Joseph Barberas Tom & Jerry-Kurzfilme, Disneys Katzen-Opus Aristocats und die deutsche Verfilmung von Akif Pirinccis Katzenkrimi Felidae sind nur einige von vielen Beispielen.

Als Dreamworks Animation 2001 mit Shrek das Märchengenre aufgemischt hatte, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis noch mehr Märchenfiguren neben dem großen grünen Oger auftauchten. Einer der Kandidaten war natürlich der gestiefelte Kater, weil dieser im ursprünglichen Märchen auch mit einem Oger zu tun hatte - als Dreamworks schließlich nach drei Jahren die Fortsetzung Shrek 2 fertiggestellt hatte, war Puss in Boots nun ein Teil der Geschichte. Der feline, orangene Hitman, der von Shreks neuem Schwiegervater auf den Oger angesetzt wird und sich stattdessen mit ihm verbündet, war zwar von einer originalgetreuen Adaption des Märchens weit entfernt, aber besonders durch seinen Sprecher Antonio Banderas eine gelungene Interpretation des Charakters. Auch in Shrek The Third und Shrek Forever After spielte Puss in Boots in seiner Eigenschaft als Ogre-Sidekick eine mehr oder weniger große Rolle und war neben Shrek und Fiona zu einem der beliebtesten Charaktere der Filme geworden.

Schon seit der ersten Idee, Puss in Boots zu einem Teil des Shrek-Universums zu machen, lag bei Dreamworks auch schon das Konzept in der Schublade, dem orangenen Kater eines Tages einen Solo-Auftritt zu gönnen. Spätestens nach dem riesigen Erfolg von Shrek 2 war klar, daß daran kein Weg vorbeigehen würde und ein Mitarbeiter von Dreamworks hatte es sich zur Aufgabe gemacht, dies zu verwirklichen: Chris Miller, der nicht nur seit den frühen Tagen des Studios dabei war, sondern auch im Story-Department des ersten Shrek-Abenteuers tätig und bei Shrek 2 an der Geburt des Charakters beteiligt gewesen war. Als Co-Regisseur gemeinsam mit Raman Hui war Miller das erste Mal ganz ins Regiefach gewechselt und hätte vielleicht auch Shrek Forever After inszeniert, wenn er nicht schon längst mit Puss in Boots beschäftigt gewesen wäre.

Als 2009 der französische Filmemacher Jérôme Deschamps eine extrem billig gemachte CGI-Verfilmung des Märchens unter dem Titel La véritable histoire du Chat Botté in die Kinos gebracht hatte, muß Dreamworks mit der eigenen Produktion schon sehr weit gewesen sein. Als der Film dann pünktlich zur Kinopremiere des Dreamworks-Films im Herbst 2011 schnell in als englisch synchronisierte Fassung mit William Shatner in der Hauptrolle als DVD veröffentlicht worden war, hatte das Studio noch nicht einmal mit der Wimper gezuckt, denn der Versuch des Distributors auf der Welle von Dreamworks mitzuschwimmen, war gewaltig gescheitert. Zwar konnte Dreamworks rechtlich nichts dagegen unternehmen, aber das war auch gar nicht notwendig, denn besonders Amazon schien nicht nur in den USA, sondern auch in Europa soviele Rückläufer bekommen zu haben, daß der französische Film deutlich als nicht von Dreamworks produziert gekennzeichnet wurde.

Die Story von Puss in Boots hatte kaum etwas mit der für Dreamworks-Verhältnisse relativ uninteressanten Märchenvorlage zu tun, sondern erzählte stattdessen die Vorgeschichte des Charakters, die mit vielen verschiedenen Märchen-Elementen ausgestattet wurde. Der britische Autor William Davies, der auch schon an Flushed Away und How To Train Your Dragon mitgearbeitet hatte, lieferte die grundlegende Story, während das Studio für die Ausarbeitung des Drehbuchs mit Tom Wheeler und Brian Lynch wie schon oft zuvor auf frische und relativ unbekannte Talente gesetzt hatte. Ähnlich wie bei Shrek Forever After und How To Train Your Dragon wurde dabei viel weniger auf die früher bei Dreamworks üblichen Popkultur-Referenzen gesetzt, sondern eine ganz eigene Welt geschaffen, die zwar keine direkten Überschneidungen mit dem Shrek-Universum hat, aber eine ganz logische Erweiterung der Dreamworks-Märchenlandschaft ist.

Das Drehbuch von Puss in Boots macht aus einer recht simplen und sogar eindimensionalen Story einen gelungenen Plot, dem man seine Einfachheit kaum anmerkt. In zwei miteinander verknüpften Handlungssträngen wird ein handfestes Abenteuer des Titelcharakters erzählt und gleichzeitig auf seine Vergangenheit eingegangen. Die nicht völlig lineare Erzählweise ist für einen Film, den auch die jüngsten Zuschauer verstehen sollen, recht mutig, denn obwohl der Plot nicht allzu komplex gehalten wurde, machen die ausführlichen Rückblenden es dem Zuschauer nicht ganz einfach. Thematisch wagt sich das Drehbuch stellenweise fast an die Kitsch-Grenze, denn Bruderschaft und Ehre werden mehr als nur einmal in den Vordergrund gestellt, aber zum Glück meistens durch humorvolle Einlagen wieder gemildert. Ein nicht unbeträchtlicher Bestandteil der Handlung besteht natürlich auch aus den aufwendigen Actionszenen, die aber viel besser in den Plot integriert wurden als zum Beispiel in Kung Fu Panda 2.

Trotz des Märchen-Themas ist Puss in Boots aber nicht ausschließlich simple Kinder-Unterhaltung, sondern funktioniert wie bei praktisch allen Filmen von Dreamworks Animation auf zwei ganz verschiedenen Ebenen. Die Kunst, zwischen Kindern und Erwachsenen als Zielpublikum zu balancieren war schon immer ein besonderes Anliegen und Markenzeichen des Studios und auch mit Puss in Boots war dies wieder ganz hervorragend gelungen. Für Kinder wurden die knuddeligen Katzen, die auf den ersten Blick einfach gehaltene Handlung und viele witzige, aber harmlose Gags geschaffen, während für Erwachsene unter anderem der hintergründige, satirische und oft sogar sehr freche Humor da ist, der sich auch in vielen zweideutigen Dialogen wiederspiegelt. Die gelungene Mischung aus Märchen und Western hatte es zuvor auf diese Art noch nie gegeben und wirkt im Gegensatz zum nach vier Filmen etwas angestaubten Shrek-Universum ganz frisch und originell.

Besonderes Leben bekommt der Plot aber vor allem durch die Verwendung der vielen Märchen-Elemente, die alle eigentlich nichts miteinander zu tun haben, aber noch mehr als in den Shrek-Filmen in den Film eingebunden wurden. Außer dem titelgebenden Gestiefelten Kater geben sich viele andere Charaktere die Klinke in die Hand, die aber nicht alle aus Märchen entstammen, sondern auch aus englischen Kinderreimen: Humpty Dumpty und Jack and Jill verraten die britische Herkunft von Mitautor William Davies und auch die Bohnenranke sowie die goldene Eier legende Gans sind aus dem englischen Märchen Jack and the Beanstalk entnommen. Es hätte ein wildes Durcheinander werden können, aber die Drehbuchautoren waren in der sehr freizügigen Adaption der Märchen-Elemente sehr kreativ und hatten sichlichen Spaß daran, aus den Figuren ausgewachsene Charaktere zu machen.

Auf den ersten Blick ist Puss in Boots der gleiche orangene gestiefelte Kater, den man zuletzt in Shrek Forever After zu sehen bekommen hatte. Tatsächlich hat seine Beförderung zum feschen, säbelschwingenden Outlaw aber eine fundamentale Änderung notwendig gemacht: während er neben dem riesigen Shrek noch in etwa die Größe eines mittelschweren Hundes hatte, war er nun auf normale Katzengröße eingeschrumpft worden, da er nun viel mehr neben normalen Menschen agieren mußte als zuvor. Inhaltlich ist sein Charakter frecher, wilder und unberechenbarer, insgesamt also noch viel katzenhafter als zuvor, was ganz besonders seine Stimme reflektiert. Antonio Banderas spricht Puss in Boots schon seit 2004 und trifft mit seinem charmanten spanischen Akzent die feline Natur des Charakters so hervorragend, daß er mit der Figur inzwischen regelrecht verschmolzen ist und den Kater zu einem noch größeren Vergnügen als bei seinen vorherigen Auftritten macht.

Humpty Dumpty, der Star des gleichnamigen englischen Kinderreims, war eine ganz seltsame Wahl, denn ein sprechendes Ei mit Armen und Beinen ist für einen Dreamworks-Film eine überraschend primitive Figur. Vielleicht wollten es sich die Animatoren ja wirklich etwas leichter machen, aber dennoch ist Humpty Dumpty mit seiner kugeligen Form und den einfachen, aber trotzdem ausdrucksstarken Gesichtszügen ein ganz vollwertiger Charakter geworden. Humpty wurde irgendwo zwischen Sympath, Nervensäge und zwielichtigem Schlemihl angelegt und gab seiner Stimme, dem Standup-Comedian Zach Galifianakis, jede Menge Gelegenheit lustig, traurig, ernst oder einfach nur übergeschnappt zu sein. Erstaunlicherweise geriet der Charakter aber längst nicht so kindisch oder lächerlich, wie zu befürchten war und sogar sein Aussehen ist nur Gegenstand von sehr wenigen Gags.

Die dritte im Bunde einer Besetzung, die eigentlich ein kleines Ensemble bildet, mußte natürlich eine weibliche Gegenspielerin für Puss in Boots sein und daher kam nur eine Katze in Frage. Kitty Softpaws ist die einzige unter den Hauptcharakteren, die nicht aus einer vorhandenen Märchenfigur abgeleitet wurde, aber deswegen nicht weniger interessant wurde. Gewisse Parallelen zu Catwoman sind wohl bei so einer Figur unvermeidlich, aber die sprichwörtliche Cat Burglaress erinnert doch mehr an Cary Grants John Robie in To Catch A Thief - elegant, gewandt und ein bißchen gefährlich. Für Kittys Stimme kam nur eine Schauspielerin mit spanischen oder mexikanischen Wurzeln in Frage, und da Penelope Cruz offenbar keine Zeit hatte, konnten die Filmemacher ihre gute Freundin, die aus Mexiko stammende Salma Hayek, für die Rolle gewinnen. Genauso wie Antonio Banderas schien sie ihre innere Katze zu channeln und erweckte mit viel Witz und ehrlicher Begeisterung ihren Charakter zum Leben.

Im Gegensatz zur Shrek-Quadrologie hält sich aber bei Puss in Boots die Anzahl der wichtigen Nebencharaktere deutlich in Grenzen und besteht im Prinzip nur noch aus den beiden Antagonisten Jack und Jill. Diese wurden von einem harmlosen britischen Kinderreim zu einem furcherregenden Banditen-Ehepaar gemacht, das aber nicht wirklich gruselig, sondern ganz im Gegenteil sogar ein bißchen lustig wirkt - sogar die jüngsten Zuschauer dürften bemerken, daß Jack und Jill nicht abgrundtief böse, sondern nur ein bißchen simpel gestrickt sind. Für das seltsame Paar hatten die Filmemacher zwei hervorragende Schauspieler engagieren können: die Standup-Komikerin Amy Sedaris hatte schon in Shrek the Third Cinderella gespielt und legte nun einen genüßlichen Texas-Akzent an den Tag, während Schauspieler Billy Bob Thornton mit einem besonders tiefen Baß dem schwergewichtigen Kaventsmann genau die richtige Stimme gab.

Einen nicht gerade völlig neuen, aber immer besser werdenden Grad von Realismus hat die Animation von Puss in Boots erreichen können. Parallel zu Gore Verbinskis von Industrial Light and Magic animiertem Rango wurde die Kulisse von einer staubigen Wüstenlandschaft mit westernähnlichen Zügen geprägt, deren Vorbilder deutlich in den italienischen Spaghettiwestern der sechziger Jahre liegen. Produktionsdesigner Guillaume Aretos, der schon seit Anfang an bei Dreamworks dabei war und hauptsächlich an den ersten drei Shrek-Filmen gearbeitet hatte, bewies ein hervorragendes Auge für das einzigartige Design der Vorbilder und besonders für die südländische Architektur, die so realistisch rekonstruiert wurde, daß sie überhaupt nicht mehr als CGI erkennbar ist. Faszinierend ist natürlich nicht nur die statische Szenerie alleine, sondern auch die atemberaubende Weise, wie sie in Szene gesetzt wurden.

Die virtuelle Kameraführung ist längst nicht mehr so künstlich wie früher und hält sich viel mehr an die Regeln der "realen" Cinematographie, was auch dem Filmemacher Guillermo del Toro zu verdanken ist, der als Berater und ausführender Produzent an Puss in Boots mitgearbeitet hatte. Puss in Boots war zwar der erste Kinofilm von Dreamworks Animation, der auch von der 2008 gegründeten indischen Dependance, die sonst eigentlich nur für Fernsehproduktionen zuständig ist, mitproduziert, aber ein Nachteil war dies nicht – ganz im Gegenteil scheint sich die Animation mit jedem Film des Studios immer mehr zu verbessern. Auch durch die mittlerweile zur Pflicht gewordene 3D-Produktion haben sich die Animatoren nicht zu sehr von der Technik verleiten lassen, denn der Film wurde so gestaltet, daß er sowohl in 3D als auch in 2D gleichermaßen gut funktionierte.

Mit zwei felinen Hauptcharakteren und noch viel mehr Exemplaren der flauschigen Vierbeiner ist Puss in Boots natürlich in erster Linie ein waschechter Katzenfilm. Vielleicht war es genau richtig, nach Shrek 2 noch einige Jahre zu warten, bis die Technik genug ausgereift war um wirklich realistische Katzen zu rendern - auf jeden Fall sehen die felinen Stars von Puss in Boots einfach beeindruckend aus. Das Design der Katzen ist natürlich nicht hundertprozentig realistisch, aber der Anteil von Cartoon und Comic ist erstaunlich niedrig und auch die Vermenschlichung hält sich in Grenzen. Katzenliebhaber dürften nicht nur von den äußerst realistischen Fellen, sondern auch von den völlig natürlichen Bewegungsabläufen beeindruckt sein, denn die Animatoren hatten offenbar ihre realen Vorbilder sehr genau studiert. Genauso gut gelungen ist aber auch die Gestaltung der menschlichen Charaktere, die immer weniger nach Cartoons aussehen und immer mehr fast völlig realistische und nur wenig karikierte Gesichter besitzen - manche Visagen könnten fast aus einem Leone-Western stammen.

Da die Shrek-Komponisten John Powell und Harry Gregson-Williams beide mit vielen anderen Projekten beschäftigt waren, hatten sich die Filmemacher bei Puss in Boots an die B-Riege gewandt, die aber mittlerweile zur A-Riege geworden war: Henry Jackman hatte seit 2006 als Assistent von Dreamworks-Musikchef Hans Zimmer gearbeitet, war aber 2009 seit seinem Debüt Monsters vs. Aliens zu einem vielbeschäftigten Hollywood-Komponisten geworden, der sich nicht nur auf das Trickfilm-Genre beschränkt und sogar schon für die Konkurrenz gearbeitet hatte. Puss in Boots bedeutete für den britischen Komponisten natürlich vor allem einen Ausflug in spanische und mexikanische Stilrichtungen, aber auch in die unverwechselbaren Italowestern-Klänge von Ennio Morricone. Mit zielsicheren Instrumentierungen, die wundervolle Gitarrenarbeit mit grandiosen Orchester-Klängen und gelungenen Mariachi-Einlagen gekonnt mischen und einige ohrwurmverdächtige Melodien zu bieten haben, gehört seine Score von Puss in Boots zu einer der allerbesten und originellsten Dreamworks-Filmmusiken.

Unterstützung hatte Henry Jackman dabei durch das Gitarren-Duo Rodrigo y Gabriela bekommen, die schon an Hans Zimmers Score für Pirates of the Caribbean - On Stranger Tides mitgearbeitet hatten und bei dieser Gelegenheit offenbar auch gleichzeitig für Henry Jackman zur Verfügung standen. Ob sie an der Aufnahme der Soundtrack direkt beteiligt waren, ist unbekannt, aber die meisterhafte Gitarrenakrobatik in manchen Teilen der Score läßt schon darauf schließen. Außerdem hatten sie zwei ihrer Stücke, Diablo Rojo und Hanuman, aus ihrem Fundus bereitgestellt, die beeindruckend nahtlos in die Filmmusik integriert wurden. Einen musikalischen Schock bereitet allerdings der Anfang des Abspanns, denn statt einem elegangen Flamenco wird dem Zuschauer einige Minuten lang ein krachlauter und überhaupt nicht passen wollender Song von Lady Gaga zugemutet, bevor es dankenswerterweise mit einer Reprise der Filmmusik weitergeht.

Puss in Boots kam als Thanksgiving-Premiere etwa anderthalb Jahre nach Shrek Forever After in die Kinos und war wie die meisten Dreamworks-Filme, die im Herbst in die Kinos kamen, kein ganz so riesengroßer Erfolg. Bei den heutzutage vergleichsweise bescheidenen Produktionskosten von 130 Millionen Dollar konnte der Film aber in den USA alleine 150 Millionen einspielen, brachte aber im Rest der Welt noch gut 400 Millionen in die Kassen. Dreamworks konnte sich zusammen mit dem noch etwas erfolgreicheren Kung Fu Panda 2 im Jahr 2011 ganz hervorragend auf dem Markt der computeranimierten Trickfilme positioniert und auch kostendeckend gearbeitet, ohne dabei auf Qualität verzichten zu müssen.

Erstaunlich gut kam Puss in Boots auch bei vielen Kritikern an, obwohl gerade die letzten zwei Filme der Shrek-Quadrologie gar nicht positiv gesehen wurden. Die Erwartungen an Puss in Boots waren recht hoch, wurden aber haushoch übertrumpft und der Film erhielt besonderen Lob dafür, daß er so völlig anders als seine Vorgänger war. Der Film war durch das Engagement von Regisseur Chris Miller, die fantastischen Leistungen der Designer und Animatoren und die wundervollen Schauspieler zu viel mehr als nur einem Prequel oder Nachgedanken der Shrek-Filme geworden - und ganz nebenbei auch noch einer gelungensten Katzen-Filme seit langem. Mit Puss in Boots hat Dreamworks Animation wieder einmal gezeigt, daß man aus einem ganz einfachen Konzept einen richtig originellen Film machen kann und sogar noch Leben im eigentlich mittlerweile überstrapazierten Märchen-Genre steckt.

Die DVD

Dreamworks hatte Puss in Boots nach den gestaffelten Kinopremieren im Oktober, November und Dezember 2011 schon recht zügig etwa jeweils vier Monate später herausgebracht. In den USA war der Film daher schon Ende Februar erschienen, in Europa dagegen erst ab Ende März. Wie schon so oft gab es dabei eine Unzahl von verschiedenen Versionen, denn außer den überall erschienenen Blu-Rays, separat in 2D und 3D, gab es die amerikanische DVD als 1-Disc-Set und als Doppel-DVD mit Kurzfilm. In England wurde der Kurzfilm anscheinend bei der DVD weggelassen, aber in Frankreich, Spanien, Deutschland und anderen europäischen Ländern ist er dabei. Leider ist bei den DVDs in allen Regionen diesmal kein Audiokommentar dabei.

Die hier rezensierte DVD ist die Ende April 2012 erschienene deutsche Einzel-Veröffentlichung, die außer der bedauerlichen Abwesenheit eines Audiokommentars durchaus gelungen wirkt - insbesonders der Umstand, daß der Kurzfilm The Three Diablos dabei ist, macht die DVD dann doch wieder kaufenswert. Bei den in den DVD/Blu-Ray-Doppelpaketen beigelegten DVDs sollte man aber vorsichtig sein, denn höchstwahrscheinlich entsprechen diese wie z.B. bei Kung Fu Panda 2 wieder nicht den einzeln verkaufen Versionen, sondern enthalten nur den Hauptfilm.

Cover

Cover

Bild

Wie bei Dreamworks schon seit langer Zeit üblich, ist die Bildqualität der deutschen DVD von Puss in Boots ganz hervorragend und läßt keine Wünsche übrig. Geboten wird natürlich nur die 2D-Fassung, aber das auf eine äußerst gelungene Art.

Ein Transfer im herkömmlichen Sinn wurde natürlich nicht gemacht, sondern lediglich das digitale High-Definition-Bildmaster ins DVD-Format konvertiert. Dabei kann viel schiefgehen, aber wie immer hat Dreamworks dabei alles richtig gemacht und für eine ausgezeichnete Qualität gesorgt, die den Eindruck einer völlig ungefilterten Konvertierung der Vorlage macht. Da keinerlei zusätzliche Schärfefilter eingesetzt wurden, ist das Bild nicht extrem überschärft, hat aber trotzdem eine enorme Detailgenauigkeit, die die Auflösung der PAL-DVD bis auf den letzten Pixel ausnutzt.

Das Authoring ist ebenfalls hervorragend gelungen und hat mit einer Bitrate von durchgängig um 7 Mbit/s praktisch Superbit-Niveau und läßt Kompressionsartefakte erst gar nicht entstehen. Das kommt besonders den vielen dunkleren Szenen zugute, in denen keinerlei Details von der Kompression verschluckt werden - Blockrauschen oder andere Probleme sind überhaupt nicht zu sehen.

Ton

Der Ton von Puss in Boots wird auf der deutschen DVD in den bei Dreamworks üblichen Sprachen Englisch, Deutsch und Türkisch in Dolby Digital 5.1 präsentiert. Eine PAL-Tonhöhenkorrektur wurde allerdings bei keiner Tonspur gemacht.

Die englische Tonspur kann mit einer sehr verspielten und detailreichen Abmischung aufwarten, die dem hohen Standard der Dreamworks-Filme der letzten Jahre mühelos standhalten kann. Eine dichte Geräuschkulisse bildet die Grundlage, die sich fast immer über alle Kanäle ausbreitet und die Balance zwischen direkten Surround-Effekten und diffusem Raumklang perfekt hält. Unterstützt wird der Ton dabei kräftig von der Filmmusik, die die letzten Lücken in der Abmischung füllt und einen besonders satten Klang hat. Auch die Stimmen hören sich ganz natürlich an und wurden perfekt in die Abmischung eingebettet, aber meistens ganz konventionell ohne viel Direktionalität in die Mitte des Spektrums gemischt.

Die deutschen und türkischen Tonspuren scheinen bis auf die Dialoge mit der Abmischung der englischen Originalfassung weitgehend. identisch zu sein. Bei der deutschen Version scheinen aber stellenweise, besonders in den Actionszenen, die Geräusche deutlich leiser als in der englischen Version zu sein - vermutlich wurde dies gemacht, um eine FSK0-Freigabe zu erreichen.

Untertitel gibt es auf Englisch, Deutsch und Türkisch für den Hauptfilm und alle Extras.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial nicht nur der deutschen, sondern offenbar auch aller anderen DVD-Ausgaben von Puss in Boots leidet unter der Tatsache, daß der Audiokommentar weggelassen wurde. Das liegt offenbar daran, daß auch die Blu-Ray keinen klassischen Kommentar mehr besitzt, sondern das Picture-in-Picture Feature The Animator's Corner, der auf der DVD eine komplette zweite Codierung des Films notwendig gemacht hätte und nur als Tonspur wenig sinn machen würde. Immerhin ist dafür auf der deutschen Disc der in den USA nur als teures 2-DVD-Set erhältliche Kurzfilm dabei und auch die wichtigsten weiteren Extras sind vorhanden - viel ist es allerdings nicht.

Puss in Boots: The Three Diablos (12:31) ist der exklusiv für die DVD und Blu-Ray Kurzfilm, der nicht einen kleineren Nebencharakter als Star hat, sondern Puss in Boots persönlich inklusive seiner Stimme Antonio Banderas. The Three Diablos wurde zwar in 1.78:1 produziert, steht aber in Sachen Animation und Inhalt dem Hauptfilm in nichts nach und ist ein Anschauen wert. Tonspuren gibt es auf Englisch und Deutsch in Dolby Digital 5.1.

Purr-Fect Pairing: The Voices Behind the Legend (8:31) ist ein kurzes Werbe-Featurette, dessen Reiz allerhöchstens daraus besteht, daß man den gut gelaunten Schauspielern ein wenig im Tonstudio bei der Arbeit zuschauen kann.

Die Deleted Scenes Humpty Plots With Jack & Jill (2:08), Humpty Repays His Accomplices (1:16) und Puss in Boots Fights The Giant (3:42) werden jeweils von einem kurzen, erklärenden Intro von Produzentin Latifa Ouaou eingeleitet. Eigentlich handelt es sich bei denen als animierte schwarzweiße Storyboards präsentierte Szenen um alternative Sequenzen, die entfernt wurden, weil der Plot geändert wurde, aber das macht sie nicht weniger interessant.

Unter Previews sind Trailer von Madagascar 3 und dem Puss in Boots The Video Game untergebracht. Im Hauptmenü kann man sich außerdem einen Trailer namens See Dragons Live anschauen, der eine Bühnenshow von How To Train Your Dragon bewirbt.

World of Dreamworks Animation ist leider keine Dokumentation, sondern auch nur eine Trailer-Sammlung der Dreamworks-Franchises Shrek, How To Train Your Dragon, Kung Fu Panda, Madagascar und Megamind - was aber auch ganz praktisch ist, da Dreamworks nie Trailer auf die DVDs der jeweiligen Filme packt.

Cover

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