Der Film
Fast ein Jahrzehnt nach ihren letzten Abenteuern sind sie immer noch in ihrem Raumschiff unterwegs: Dave Lister, Arnold Rimmer, Cat und Kryten sind die einzige Besatzung von Red Dwarf drei Millionen Jahre nach einer Katastrophe, die den Rest der Crew ausgelöscht hat. Eines Tages macht sich Lister Sorgen, daß der Wasservorrat auf unerklärliche Weise zu versiegen scheint und als Cat von einem Tentakel-Monster im Wassertank angegriffen wird, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als mit einer Tauchglocke nachzuschauen, was da im Wasser herumschwimmt. Es gelingt ihnen, das Biest nach einem heftigen Kampf zu vertreiben, aber dann schaltet sich plötzlich ein fremdes Hologramm, die wissenschaftliche Offizierin Katerina, in das Geschehen ein und will dafür Sorgen, daß Lister zurück auf die Erde kommt... auch wenn sie dafür Rimmer abschalten muß.
Als im Februar 1999 das Finale der achten Staffel von der britischen Science-Fiction-Comedyserie Red Dwarf gesendet wurde, war noch völlig unklar, wie es mit der Serie weitergehen würde. Nach 52 Episoden hatte die BBC langsam, aber sicher das Interesse an Red Dwarf verloren und zum ersten Mal seit dem Beginn vor mehr als zehn Jahren keine neuen Episoden mehr bestellt. Doug Naylor, der seit zwei Staffeln nach dem Weggang von Rob Grant die alleinige Antriebskraft der Serie war, hatte schon seit einiger Zeit Pläne für einen Red Dwarf-Kinofilm in der Schublade liegen und sah nun die Chance für einen Sprung auf die große Leinwand gekommen.
Anfang 2000 hatten die ersten ernsthaften Vorbereitungen für einen Kinofilm begonnen, aber obwohl sich Doug Naylor große Mühe gegeben hatte, eine Finanzierung auf die Beine zu stellen, hatte sich niemand wirklich für das Konzept interessiert. Zwischen 2002 und 2004 sah es mehrmals so aus, als ob es wirklich klappen würde - verschiedene Drehbücher waren fertig, Storyboards waren gezeichnet worden und sogar ein Produktionsteam hatte sich versammelt, aber letztendlich konnte Doug Naylor einfach keine Investoren für den Red Dwarf-Kinofilm finden. Sogar die Filmabteilung der BBC hatte mehrmals abgelehnt und auch der British Film Council hatte kein Interesse, weil Red Dwarf zu kommerziell sei.
Währenddessen hatten Grant Naylor Productions gemeinsam mit der BBC aber begonnen, die Serie von der ersten Staffel an als DVD zu veröffentlichen, die sich Dank der umfangreichen, neu produzierten Extras sehr gut verkauften und Hoffnung auf eine Zukunft der Serie machten. Nachdem 2006 die letzte Staffel erschienen war, gab es die ersten Gerüchte, daß die BBC doch Interesse an der Fortführung der Serie hatte, aber ein Jahr später wurde bekannt, daß der Sender wieder einen Vorschlag für eine neunte Staffel abgelehnt hatte. Zur großen Überraschung der Fans erzählte Kryten-Darsteller Robert Llewellyn im Herbst 2008 aber, daß die BBC gemeinsam mit einem Partner ein Red Dwarf-Special für das nächste Frühjahr geplant hatte.
Hinter der Ankündigung steckte aber nicht die BBC, sondern der britische Privatsender Dave, der zu einem Konsortium von BBC Worldwide Productions und UKTV gehört. Ursprünglich handelte es sich um einen der UKGold-Wiederholungskanäle, bis er im Herbst 2007 in Dave umbenannt wurde und auf der DVB-T Freeview-Plattform eingespeist wurde. Eine der neuen Strategien des Senders war, nicht nur zu recyclen, sondern auch selbst zu produzieren - und Red Dwarf wurde als erstes Projekt dafür auserkoren. Ausschlaggebend dafür waren hauptsächlich die erstaunlich guten Einschaltquoten der Wiederholungen der Serie, die einer der Standpfeiler des Programms nach der Umbenennung geworden waren.
Das Format des geplanten Red Dwarf-Revivals hatte sich während den Verhandlungen mit dem Sender mehrfach verändert - ursprünglich sollten es zwei Episoden, eine live improvisierte Show und ein Making-Of werden, aber letztendlich hatten sich Doug Naylor und der Sender auf einen Dreiteiler mit einer halbstündigen Dokumentation als Begleitung geeinigt. Dave konnte kein besonders großes Budget zur Verfügung stellen, versprach aber im Gegenzug eine große Promotion-Kampagne und die Chance, daß es vielleicht zu noch mehr Episoden kommen würde. Von der BBC hingen diese Entscheidungen aber gar nicht ab, da Doug Naylor und seine Firma Grant Naylor Productions alle Rechte an Red Dwarf selbst besaßen.
Bei der Suche nach einem geeigneten Stoff für ein möglicherweise einmaliges Revival hatte Doug Naylor seine Drehbücher für den nie zustande gekommenen Kinofilm erst einmal beiseite gelegt, da an eine angemessene Umsetzung mit einem kleinen Fernsehbudget gar nicht zu denken war. Stattdessen hatte sich der Red Dwarf-Mitbegründer eine ganz neue Geschichte ausgedacht, die ein Geschenk für die Fans und damit etwas ganz besonderes werden sollte. Unter dem verlockenden und Marketing-tauglichen Titel Back to Earth entstand ein Plot,. der auf den ersten Blick mit einer Rückkehr zur Erde suggerieren sollte, daß Dave Lister endlich sein Ziel erreicht hat - aber ganz so einfach hatte es sich Doug Naylor auch nicht gemacht. Statt sie einfach nur auf die Erde zurückkehren zu lassen, hatte er sie in ein Parallel-Universum verfrachtet, in dem sie nur als fiktionale Charaktere existieren.
Mit diesem Durchbrechen der vierten Wand hatte Doug Naylor nicht nur die kostengünstige Möglichkeit geschaffen, einen großen Teil der Geschichte in einer wenig kostspieligen Kulisse drehen zu können, sondern auch die Brücke zur Fangemeinde geschlagen - ein Konzept, das auf eine ähnliche Art schon einmal in der Science-Fiction-Satire Galaxy Quest erfolgreich umgesetzt worden war. Die Grundidee kam aber aus dem Red Dwarf-Archiv selbst, denn als Vorlage hatte eine der berühmtesten Episoden der Serie, Back to Reality, aus der vierten Staffel gedient. Kenner waren deshalb in der Lage, den Plot von Back to Earth schnell zu durchschauen, was aber nicht unbediongt ein Nachteil war, da die ganze Geschichte auch eine Hommage an Red Dwarf selbst sein sollte.
Mit vielen liebevollen Anspielungen auf die Fangemeinde und einem geradezu fatalistischen Schluß, der stark an Blade Runner anelehnt war, hatte Doug Naylor aber eine durchaus originelle Story geschaffen, deren dramaturgische Ausarbeitung allerdings ein paar kleine Schwächen hatte. Unproblematisch und fast schon eine Tradition war die wieder völlig über den Haufen geworfene Kontinuität, die auch in dem Meta-Plot eine Rolle spielte - der enorme Cliffhanger vom Ende der achten Staffel wurde völlig ignoriert und die Geschichte mit einem breit interpretierbaren "8 Years Later" eingeleitet. Was wirklich passiert war, ließ Doug Naylor weitgehend offen - nur Listers Suche nach Kristine Kochanski war nach wie vor ein zentrales Thema.
Die Schauspieler waren seit ihrem letzten Auftritt in Red Dwarf zehn Jahre älter geworden, aber das hatte sie nicht davon abgehalten, ihre Rollen wieder aufzunehmen. Einen passenden Drehtermin zu finden, an dem alle Hauptdarsteller Zeit hatten, war nicht ganz so schwierig, denn Craig Charles, Chris Barrie, Danny John-Jules und Robert Llewellyn hatten für Red Dwarf immer Platz in ihrem Terminkalender, obwohl sich ihre Karrieren im letzten Jahrzehnt doch auseinander entwickelt hatten. Problematisch hätte es hauptsächlich bei Craig Charles werden können, der seit 2005 in Coronation Street den Taxifahrer Lloyd Mullaney spielte, aber für Red Dwarf natürlich auch Zeit finden konnte. Seine Verbindungen zu der ältesten Soap-Opera von Allen sollten sich aber auch für das Red Dwarf-Special als sehr nützlich erweisen.
Mit den vier Hauptdarstellern an Bord war die Stammbesetzung komplett, denn leider hatte sich Doug Naylor entschieden, auf den Schiffscomputers Holly zu verzichten. Genug Budget für entweder Norman Lovett oder Hattie Hayridge wäre sicher noch vorhanden gewesen, aber vielleicht hatte der Autor einfach keine Ideen mehr für den Charakter, der in der Vergangenheit schon einmal aus Mangel an wirklich witzigem Material in der sechsten und siebten Staffel gestrichten worden war. Stattdessen hatte Doug Naylor mit der als Hologramm auftauchende Wissenschafts-Offizierin Katerina, gespielt von der britischen Schauspielerin Sophie Winkelman, eine mehr geradlinige Gastrolle in den Plot eingebaut, die hauptsächlich als Gegenpol zu den alteingesessenen Charakteren gedacht war, aber nur in der ersten Hälfte der Geschichte dabei ware.
Für weitere ausführliche Gastcharaktere war in der relativ kurzen Handlung nicht viel Platz, aber auf ein paar fast cameo-artige Auftritte wurde trotzdem nicht verzichtet. Die größte Rolle ging an den britischen Schauspieler Richard O'Callaghan, den Doug Naylor eigentlich schon für den nicht zustande gekommenen Red Dwarf-Kinofilm engagieren wollte und ihn jetzt als den fiktiven Schöpfer von Red Dwarf (praktisch sein eigenes Alter Ego) im Finale der letzten Episode gecastet hatte und so einen besonders kernigen und mysteriösen Charakter geschaffen hatte. Mehr spaßig gemeint war dagegen der nerdige SF-Ladenbesitzer Noddy, der wundervoll und genau auf den Punkt von dem britischen Theater- und Fernsehschauspieler Jeremy Swift gespielt wurde.
Ein Opfer des niedrigen Budgets war das Publikum, denn zugunsten einer größeren Flexibilität und dem Umstand, daß sowieso zum Teil außerhalb eines Studios gedreht werden sollte, hatte Doug Naylor entschieden, auf Zuschauer ganz zu verzichten und Back to Earth wie eine richtige Kinoproduktion zu drehen. Damit konnten auch die sonst sehr umfangreichen Proben auf ein Minimum reduziert werden, was aber für die Schauspieler wiederum sehr ungewöhnlich war. Gedreht wurde aber wieder an einem gut vertrauten Ort: in den Shepperton-Studios, der Heimat von Red Dwarf seit der vierten Staffel. Dort wurde unter anderem eine neue Version des berühmten Crew-Quartiers aufgebaut, da die zuletzt verwendeten Kulissen schon lange nicht mehr existierten und sowieso für eine Produktion in High Definition nicht gut genug ausgesehen hätten.
Das Produktionsdesign hatte Mark Harris von dem leider 2003 verstorbenen Mel Bibby übernommen und die Gestaltung der Sets vorsichtig und mit großem Respekt vor dem klassischen Red Dwarf-Look modernisiert. Manche Sets waren aber nur im Computer entstanden, denn es war erstmals möglich die massiven Dimensionen des Raumschiffs mit Hilfe von CGI richtig umzusetzen. Nicht wenige Szenen waren deshalb vor Greenscreens gedreht worden - zuerst war sogar geplant, fast alle Kulissen als virtuelle Sets entstehen zu lassen, aber aus ganz praktischen Gründen wurde dann doch etwa die Hälfte in ganz realen Umgebungen gedreht.
Eine ganz besondere Kulisse mußte für Back to Earth aber nicht neu gebaut werden, denn Doug Naylor hatte mit einem erzählerischen Kniff den fiktionalen Charakter Dave Lister seinen realen Schauspieler Craig Charles an seiner Arbeitsstätte besuchen lassen - den Kulissen der ältesten Soap-Opera von allen, Coronation Street. Doug Naylor war es gelungen, ITV davon zu überzeugen, die Corrie-Sets in Manchester dem Red Dwarf-Team für einen Tag zu überlassen. Mit dabei waren außerdem zwei von Craig Charles' Schauspieler-Kollegen aus der Serie, Simon Gregson und Michelle Keegan, die zuvor noch nie in anderen Produktionen aufgetreten waren und viel Spaß mit ihren Red Dwarf-Gastauftritten hatten.
Fest verbunden mit den virtuellen Kulissen waren auch die Special-Effects, die diesmal auch komplett aus dem Computer kamen. Das Original-Modell des Red Dwarf-Raumschiffs war über die Jahre hinweg kaputt gegangen und nicht mehr verfügbar, stattdessen wurde ein frühes CGI-Modell von der siebten Staffel und den remasterten Episoden vom Ende der neunziger Jahre verkürzt. Dadurch war ein oberflächlich originalgetreues Modell entstanden, daß mit einigen atemberaumenden CGI-Nahaufnahmen ergänzt worden war. Für die Umsetzung der Special-Effects hatte sich Doug Naylor an den Australier Mike Seymour gewandt, mit dem er schon bei der Vorbereitung des Kinofilms zusammengearbeitet hatte. Dieser hatte eine Truppe mit Hilfe der Trainingsfirma FXPHD und Fin Effects zusammengestellt, die mit Designern aus der ganzen Welt innerhalb kürzester Zeit nicht nur die virtuellen Kulissen, sondern auch alle anderen Effekte auf beeindruckende Weise realisiert hatten.
Die Zeiten der analogen BBC-Studiokameras waren schon lange vorbei und während der großen Zwangspause, die Red Dwarf eingelegt hatte, war Standard von 4:3 auf 16:9 und dann sogar High-Definition mutiert. Doug Naylor hatte Kameramann Andy Martin, mit dem er schon zehn Jahre zuvor Series 8 gedreht hatte, ein ganz besonderes Kamerasystem empfohlen: die Red One, eine digitale Kamera mit 4k-Auflösung, die die gleichen Linsen wie eine herkömmliche 35mm-Kamera verwenden konnte und durch die doppelte HD-Auflösung den Vorteil hatte, daß sich auch noch in der Postproduktion ohne Verluste der Bildausschnitt verändern ließ - mit so modernem Gerät war Red Dwarf noch nie zuvor gedreht worden.
Von den enormen technischen Möglichkeiten, die Back to Earth zu einem Aussehen verholfen hatten, von dem frühere Red Dwarf-Staffeln nur träumen konnten, hatte sich Doug Naylor nicht wirklich verleiten lassen und sich immer noch dem Erzählen einer soliden Geschichte gewidmet. Während Back to Earth zwar viele Elemente von klassischem Red Dwarf enthielt, konnte Naylors Drehbuch aber nicht so ganz an die besten früheren Episoden herankommen und war mehr auf dem etwas unebenen Niveau der siebten Staffel. Die etwas unaufgeräumte Handlung, der leichte Hang zur Melodramatik und der eigentlich unnötige und wie nachträglich eingesetzt wirkende Charakter der Wissenschafts-Offizierin Katerina mögen zwar nicht ideal gewesen sein, aber der typische Red Dwarf-Humor und die gut gelaunte Stammbesetzung hatten das nicht ganz optimale Drehbuch mit Leichtigkeit retten können.
Die Premiere von Red Dwarf - Back to Earth bei Dave fand am Osterwochenende 2011 statt und konnte dank einer riesigen Werbekampagne des Senders, die sich nicht nur aufs Fernsehen beschränkt hatte, sondern auch intensiv im Internet geführt wurde, traumhafte Einschaltquoten erreichen. 2 Millionen Zuschauer bei der ersten Episode waren zwar weit entfernt von den Quoten der früheren Tage von Red Dwarf, aber für einen kleinen Fernsehsender, der vorher noch nie in der gleichen Liga wie die BBC mitgespielt hatte, war dies ganz erstaunlich. So viele Zuschauer hatte es bei Dave bisher noch nie gegeben und auch die leicht gesunkenen Quoten bei den restlichen zwei Episoden waren immer noch genug, um Back to Earth zu einem Erfolg auf der ganzen Linie zu machen.
Die Programm-Verantwortlichen von Dave hatten alle auf eine Karte gesetzt und waren trotz des relativ niedrigen Budgets von Back to Earth ein großes Risiko eingegangen, das sich letztendlich ausgezahlt hatte. Die Publicity hatte Dave geholfen, aus der Obskurität herauszukommen und Doug Naylor hatte bewiesen, daß Red Dwarf immer noch nicht zum alten Eisen gehört. Nach Back to Earth war die Zukunft von Red Dwarf wieder ungewiß - aber diesmal nicht für lange, denn schon zwei Jahre später war klar, daß es Ende 2012 eine neue Staffel geben würde.
Die DVD
Red Dwarf - Back to Earth war nach der britischen Fernsehpremiere im April 2009 schon zwei Monate später als DVD erschienen, die wie die früheren Veröffentlichungen der Serie wieder von 2Entertain kam. Grant Naylor Productions und diesmal Dave, nicht die BBC, hatten sich auch mit der ersten neuen Red Dwarf-DVD seit 2006 wieder große Mühe gegeben, denn Back to Earth wurde nicht nur in der dreiteiligen TV-Version, sondern auch in einem leicht angepaßten, einteiligen Director's Cut herausgebracht und mit vielen Extras ausgestattet: außer seperaten Audiokommentaren mit Doug Naylor und den Schauspielern wurden auch eine erweiterte Dokumentation, Deleted Scenes und Outtakes, weitere Featurettes und einiges mehr geboten.
Als einzige Red Dwarf-DVD wurde Back to Earth in einem schicken Digipack veröffentlicht, was einen ganz bestimmten Grund hatte: das Cover mußte exakt so aussehen, wie die DVD, die in der Serie selbst zu sehen war. Das Design paßt zwar nicht wirklich zu den früheren Veröffentlichungen, ist aber durchaus gelungen. Die hier rezensierte DVD ist die Erstauflage, möglicherweise wird das Digipack in späteren Versionen durch ein Keepcase ersetzt werden. Die zwei Monate nach der DVD veröffentlichte Blu-Ray hatte exakt die gleiche Ausstattung wie die DVD, wurde aber nur in einem Standard-Keepcase herausgebracht.
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