Die Serie
Josef Schwejk, ein einfacher Prager Hundehändler, ist entsetzt, als er 1914 von der Ermordung des Erzherzog Franz Ferdinand erfährt und bringt sich durch sein loses Mundwerk in Teufels Küche - und in die Fänge von Geheimpolizist Bretschneider, der ihn wegen Aufwiegelung und Majestätsbeleidigung verhaftet. Schwejk wird aber nach einer Odyssey durch die k.u.k-Bürokratie und einem Umweg durchs Irrenhaus wieder freigelassen. Sein Rheuma und seine frühere Entlassung aus dem Militär wegen Blödheit können ihn aber nicht davon abhalten, sich bei Kriegsbeginn wieder bei der Armee zu melden, auch wenn ihn seine Haushälterin Frau Müller im Handkarren zur Musterung bringen muß...
Jaroslav Hašeks Abenteuer des braven Soldaten Schwejk gehören heute zu den ganz großen Klassikern der satirischen Antikriegs-Literatur, aber der Ruhm ließ auf sich warten. Noch vor dem ersten Weltkrieg hatte der Autor die Figur des schelmischen Soldaten erfunden, der sich mit seiner Bauernschläue durch den Wirrwarr des k.u.k-Militärapparats schlägt, aber die ersten ab 1911 entstandenen ersten Kurzgeschichten fanden genauso wie Hašeks andere Werke zuerst nur wenig Beachtung. Erst nachdem er seine eigenen Erfahrungen als Soldat im ersten Weltkrieg in der österreichisch-ungarischen Armee ab 1921 in den Abenteuern des braven Soldaten Schwejk auf teilweise autobiographische Weise zu verarbeiten begann, wurden seine zuerst im Eigenverlag herausgebrachten Geschichten langsam berühmt.
Schwejk wird zum Phänomen
Jaroslav Hašek hatte den richtigen Erfolg seiner Bücher aber nicht mehr erlebt, denn er war schon 1923 mit nur 40 Jahren gestorben, als er gerade dabei war, den vierten Band der Schwejk-Abenteuer zu schreiben, der unvollendet blieb. Hašeks Freund, der Schriftsteller Karel Vanek, hatte mit einer zweibändigen Fortsetzung versucht, Schwejks Abenteuer weiterzuerzählen, aber seine Bücher blieben stilistisch so hinter den Vorbildern zurück, daß sie kaum Beachtung fanden und im Gegensatz zu den vier ursprünglichen Schwejk-Romanen in Vergessenheit gerieten. Hašeks Schwejk wurde noch in den zwanziger Jahren in ganz Europa berühmt und in mehrere Sprachen übersetzt. Die deutsche Fassung von Grete Reiner war durch das "Böhmakeln", der originellen Übersetzung der tschechischen Umgangssprache, besonders beliebt geworden und diente als Basis für viele weitere Übersetzungen in andere Sprachen.
Auf die Theaterbühne und ins Kino hatte es den braven Soldaten Schwejk auch schon in den zwanziger Jahren verschlagen. 1927 hatte der deutsche Satiriker Hans Reimann zusammen mit Max Brodt eine der ersten Bühnenadaptionen des Stoffs verfaßt, die aber im folgenden Jahr von der Inszenierung von Erwin Piscator in Berlin überschattet wurde. An dieser Aufführung hatte auch Bertold Brecht mitgearbeitet, der 1943 selbst eine satirische Schwejk-Variante mit dem Titel Schweyk im zweiten Weltkrieg, inszenierte. Auch auf den Kinoleinwänden war Schwejk kein Unbekannter, denn die ersten zwei Stummfilme waren schon ab Ende der zwanziger Jahre entstanden und von den zwei Verfilmungen in den fünfziger Jahren konnte sich die 1957 gedrehte ausführliche zweiteilige Version von Karel Steklý mit Rudolf Hrusínský in der Hauptrolle als sehr sorgfältige und originalgetreue Umsetzung etablieren.
Der brave Soldat auf der Leinwand
In Deutschland hatten die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk nicht zuletzt durch die frühe Übersetzung und die Bühnenaufführungen einen hohen Bekanntheitsgrad, aber eine Verfilmung ließ lange auf sich warten. Erst 1958 wurde für das deutsche Fernsehen eine heute völlig unbekannte Version auf Basis des Bühnenstücks von Hans Reimann und Max Brodt gedreht, während der erste Kinofilm 1960 unter der Regie von Axel von Ambesser entstand, aber mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle und einem nur lose an Jaroslav Hašeks Bücher angelehnten Plot mehr eine typische deutsche Komödie statt eine richtige Antikriegs-Satire war. Kaum noch etwas mit der Vorlage zu tun hatte auch die 1963 entstandene Klamotte Schwejks Flegeljahre mit Peter Alexander in der Hauptrolle, die auch der Regie-Veteran Wolfgang Liebeneiner nicht retten konnte - dieser Schwejk, der keiner war, geriet im Gegensatz zu Heinz Rühmanns noch ganz passablen Auftritt zurecht schnell in Vergessen.
Es war aber Wolfgang Liebeneiner, der sich in Sachen Schwejk Anfang der siebziger Jahre doch rehabilitieren konnte. Zu verdanken hatte er dies dem österreichischen Schauspieler Fritz Muliar, der schon in der Schwejk-Verfilmung mit Heinz Rühmann in einer kleine Nebenrolle als russischer Soldat dabei war, aber Mitte der sechziger Jahre auch eine Lesung der Romanvorlage für eine Schallplatten-Veröffentlichung aufgenommen hatte. Der Schauspieler, der eigentlich mehr auf den österreichischen Theaterbühnen zuhause war, wurde daraufhin vom Regisseur Heinz Dunkhase eingeladen, für den Norddeutschen Rundfunk den Schwejk vor der Kamera zu lesen - ein unwiderstehliches Angebot für Muliar, der 1969 in insgesamt dreißig halbstündigen Episoden mit viel Genuß Jaroslav Hašeks Buch vortrug.
Zu dieser Zeit hatte sich Wolfgang Liebeneiner bereits von der großen Leinwand verabschiedet und sich auf Fernsehproduktionen wie die aufwendigen Literaturverfilmungen Die Schatzinsel und Tom Sawyers und Huckleberry Finns Abenteuer konzentriert. Ende der sechziger Jahre hatte der Regisseur auch schon ein Auge auf eine vorlagengetreue Schwejk-Verfilmung geworfen, die mit dem großen Erfolg von Fritz Muliars Lesungen in greifbare Nähe gerückt waren. Mit einem idealen Hauptdarsteller wandte sich Wolfgang Liebeneiner an das ZDF, für das er schon seit einigen Jahren fast ausschließlich gearbeitet hatte, und schlug eine groß angelegte Fernseh-Adaption von Jaroslav Hašeks Büchern vor, der bald grünes Licht gegeben wurde.
Die Rückkehr zum Original
Da sich Wolfgang Liebeneiner mit seinem ersten Schwejk-Versuch 1963 nicht gerade mit Ruhm bekleckert hatte, war der Regisseur nun darauf bedacht, die Vorlage so originalgetreu wie nur möglich umzusetzen. Dafür engagierte er den Satiriker Eckart Hachfeld, der einerseits als Autor in der deutschen Kabarettszene aktiv war, aber seine Karriere in den fünfziger Jahren auch mit Drehbüchern für seichte deutsche Filmkomödien begonnen hatte. Die Umsetzung der sprachgewaltigen, über 700 Seiten starken Buchvorlage von Jaroslav Hašek war eine große Herausforderung, der Hachfeld aber gewachsen war. Es konnte zwar aus dramaturgischen Gründen natürlich nicht jede Zeile übernommen werden, aber die grundlegende Handlung, Charaktere und auch die Essenz vieler Dialoge blieben erhalten.
Eckard Hachfeld hatte natürlich mit der gelungenen Übersetzung von Grete Reiner gearbeitet und Fritz Muliar den größten Teil von Hašeks Text direkt in den Mund legen können, wobei Kürzungen aber unvermeidlich waren. Schwejks Hang zu ausführlichen Erzählungen, die im Buch manchmal mehrere Seiten nacheinander füllen, konnte natürlich nicht vollständig umgesetzt werden, wurde aber dennoch oft als Running Gag verwendet und Schwejks beste Geschichten wurden natürlich nicht vergessen. Inhaltlich wurde der Plot nur in wenigen Details verändert - zum Beispiel ließ Hachfeld im Gegensatz zu Hašek den Geheimpolizisten Brettschneider nicht von Schwejks Hunden auffressen und auch dessen Haushälterin Frau Müller nicht als Verräterin abführen, damit sie später noch einmal auftreten konnten.
Die Handlung von Eckard Hachfelds Drehbüchern der ersten sechs Episoden deckt ungefähr Jaroslav Hašeks vier Bücher ab - allerdings mußte das Ende etwas umgeschrieben werden, da die Vorlage durch den plötzlichen Tod des Autors abrupt aufhörte. Das Skript der sechsten Folge endet mehr oder weniger an der gleichen Stelle wie im Buch, allerdings wurde für die Verfilmung noch ein passender Schluß hinzugefügt, der für eine eventuelle (und später auch gekommene) Fortsetzung offen gehalten wurde. Eine besonders originelle Idee waren die Einleitungen von Fritz Muliar, in denen er als Schwejk das Publikum direkt ansprach und vor jeder Episode eine kurze Zusammenfassung der vorherigen Ereignisse erzählte. Die Art dieser Intros stammte offenbar noch aus Muliars Schwejk-Lesungen und übertrug die ganz persönliche Art, mit der Jaroslav Hašek die Geschichten seinen Lesern erzählte, auf wundervolle Weise auch auf den Fernsehbildschirm.
Melde gehorsamst...
Mit der inspirierten Besetzung von Fritz Muliar als Josef Schwejk hatten Wolfgang Liebeneiner und Eckard Hachfeld alle Vorteile auf ihrer Seite, denn der österreichische Bühnenschauspieler verkörperte den Charakter so gelungen wie noch niemand zuvor. Muliar war mit Anfang Fünfzig eigentlich schon etwas zu alt für die Rolle, aber da Jaroslav Hašek in der Buchvorlage auf Schwejks Alter nicht näher eingeht, konnte der Schauspieler mit seinem spitzbübischen Charme mühelos darüber hinwegspielen. Fritz Muliar spielt Schwejk nicht als Clown, sondern als richtigen Menschen, der mit seiner Bauernschläue zu dem wird, was er eigentlich sein soll: ein echtes böhmisches Original und keine Witzfigur. Viel dazu bei trägt auch Muliars Kunst des Böhmakelns, mit der er aber nicht zu stark übertreibt und genau die richtige Balance zwischen seinem angeborenen Wienerischen und dem bömischen Akzent trifft.
Während Fritz Muliar unzweifelhaft als Hauptdarsteller die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk dominiert, sind die Nebenrollen nicht viel weniger präsent und genauso treffend besetzt worden. Wolfgang Liebeneiner rekrutierte die Schauspieler fast ausschließlich von den österreichischen Theaterbühnen und konnte so eine ausgezeichnete Besetzung zusammenstellen. Schon in der ersten Episode ist Heinrich Schweiger als fieser Geheimpolizist Bretschneider dabei, der im Laufe der Geschichte noch ein paarmal wiederkehrt. Kurt Sowinetz als Feldkurat Katz hat einen genauso beeindruckenden Auftritt, wird aber in der dritten Folge von Heinz Petters als Oberleutnant Lukasch abgelöst, in der auch Ruth Maria Kubitschek einen denkwürdigen Gastauftritt als dessen Freundin Kati hat.
Heinz Petters spielt neben Fritz Muliar eine der wenigen großen Rollen, die sich über mehrere Episoden erstrecken, denn Oberleutnant Lukasch muß sich auch in den letzten Folgen mit Schwejk herumschlagen. Hinzu kommen bei den Abenteuern des 91. Infantrieregiments außerdem die wichtigsten Charaktere aus Jaroslav Hašeks Buchvorlage: ab dem Beginn der vierten Episode sind Heinz Marecek als Einjährigfreiwilliger Marek, Kurt Jaggberg als Feldwebel Wanek, Herbert Prikopa als Baloun und Rainer Artenfels als Leutnant Dub dabei. Letztendlich wurde auch Schwejks alter Bekannter Woditschka, gespielt von Franz Gary, nicht vergessen, der später noch eine kleine, aber wichtige Rolle spielen sollte.
Eine böhmische Zeitreise
Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk waren eine österreichisch-deutsche Co-Produktion vom ORF und ZDF, die im Herbst 1970 begann und sich über vier Monate hinzog. Gedreht wurde ausschließlich in Österreich, wo nach einiger Detektivarbeit passende Städte als Kulissen für die Außenaufnahmen gefunden wurden, die am besten die Atmosphäre der böhmischen Orte zu Beginn des ersten Weltkriegs wiedergeben konnten. Auch wurde eine realistisch aussehende alte Bahnstrecke ausfindig gemacht, auf der mit Hilfe eines Museumszugs die Szenen mit der Militär-Eisenbahn gedreht werden konnten. Die Innenaufnahmen fanden in den Wiener Rosenhügel-Studios statt, wo auch schon mehr als zehn Jahre zuvor die Verfilmung mit Heinz Rühmann gedreht worden war und Produktionsdesigner Wolf Witzemann viele liebevoll und authentisch gestaltete Kulissen aufgebaut hatte.
Im Februar 1972 hatten die sechs Episoden im ZDF ihre Premiere und wurden zu richtigen Straßenfegern: bis zu zwanzig Millionen Zuschauern schalteten ein, um Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk zu verfolgen und auch die Ausstrahlung beim ORF im Sommer des Jahres wurde zu einem großen Erfolg. Die Kritiker waren sich einig, daß Fritz Muliar der beste Schwejk von allen war und Wolfgang Liebeneiner und Eckard Hachfeld die Buchvorlage originalgetreu und unterhaltsam umgesetzt hatten. Negative Stimmen kamen allerdings von der linken Presse, die der Serie vorwarfen, die politischen Hintergründe vernachlässigt zu haben. Auch aus der Tschecheslowakei kamen Beschwerden, daß der Stoff nicht bissig genug inszeniert worden wäre - Muliar und Liebeneiner antworteten auf diese Kritiken allerdings, daß sie kein politisches Statement oder eine historische Dokumentation drehen wollten, sondern eine österreichische Version der Geschichte, die in erster Linie unterhalten und nachdenklich machen, aber nicht protestieren sollte.
Die Rückkehr des braven Soldaten
Nachdem sich Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk als unerwarteter Erfolg herausgestellt hatte und die Zuschauer nach mehr Geschichten riefen, hatten sich ZDF und ORF nach reiflicher Überlegung dazu entschlossen, weitere Schwejk-Episoden zu produzieren. Alle Hauptdarsteller waren wieder dabei, aber das Budget war nicht mehr ganz so luxuriös und machte eine Inszenierung auf einem weniger aufwendigen Produktionsniveau notwendig, das aber mit geschickter Kameraarbeit und Kulissenauswahl kaschiert werden konnte. Problematisch war hingegen, daß in den ersten sechs Episoden bereits der Löwenanteil von Jaroslav Hašeks vier Büchern verwendet worden war und nun nicht mehr viel übrig war. Regisseur Wolfgang Liebeneiner und Drehbuchautor Eckard Hachfeld fanden aber trotzdem genug Material für nicht nur sechs, sonder sogar sieben neue Episoden.
Welche Vorlagen Hachfeld für seine sieben Drehbücher der zweiten Staffel letztendlich verwendet hatte und wieviel davon von ihm selbst stammte, ist ohne eine genaue Kenntnis von Jaroslav Hašeks verschiedenen Schwejk-Versionen und den Fortsetzungen von Karel Vanek nicht genau feststellbar. Einige Ideen scheinen aber aus Bruchstücken von Hašeks vier bekannten Büchern zu stammen und vermutlich hat Eckard Hachfeld auch die frühen Geschichten des Autors als Inspiration verwendet. Die Geschichte beginnt genau da, wo sie zuvor aufgehört hatte - mitten auf dem Schlachtfeld, auf dem Schwejk aus Versehen von seinem Kameraden Baloun verwundet wird und bald nach Prag zurückkehrt. Schwejks episodenhafte Heimatabenteuer und seine nachfolgende Rückkehr ins Militär wirken für Hašek ungewohnt albern und kamen wahrscheinlich aus der Feder von Hachfeld, aber die russische Kriegsgefangenschaft muß entweder auf Hašeks 1917 in Kiew veröffentlichten Erzählungen oder der Fortschreibungen von Karel Vaněk basieren.
Nach dem Krieg um sechs im Kelch
Ganz so originell wie die erste Staffel waren die zwischen 1974 und 1975 produzierten sieben neuen Episoden zwar nicht, aber Eckard Hachfeld hatte sich viel Mühe gegeben, aus dem dünn gesäten Material ordentliche Geschichten zu machen. In der zweiten Staffel gab es aber jede Menge Gelegenheiten für ein Wiedersehen von bekannten Charakteren - so sind zu Beginn natürlich wieder Schwejks Kameraden aus den 91ern dabei, darunter natürlich Baloun, der Einjährigfreiwillige Marek und Feldwebel Wanek. Letztere zwei begegnen ihm auch später wieder in der russischen Kriegsgefangenschaft und auch seinen alten Kumpel Woditschka trifft Schwejk wieder - und zum Schluß brachte Eckard Hachfeld die beiden sogar zu ihrer Verabredung im Kelch zusammen. Die Serie erhielt dadurch sozusagen ein Happy-End, das aber auch mit einem nachdenklichen Schlußwort von Schwejk ausgestattet wurde.
Ende 1975 wurden beim ORF zuerst die alten sechs Folgen wiederholt, auf die im Frühjahr 1976 die sieben neu produzierten Episoden folgten. Auch bei der Fortsetzung war die Resonanz durchweg positiv und nur selten wurde die Abkehr von dem originalen Hašek-Material bemängelt, während die Darsteller und die Inszenierung nach wie vor gelobt wurden. Das deutsche Fernsehpublikum war nicht weniger begeistert, mußte aber noch etwas länger warten, denn die neuen Episoden wurden erst im Frühjahr 1977 nach der Wiederholung der ersten Staffel gesendet. Trotz des großen Erfolgs blieben Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk danach zehn Jahre lang in den Archiven der Sender liegen - erst beim Vollprogramm-Start des öffentlich-rechtlichen Kultursenders 3Sat wurden die dreizehn Episoden noch einmal gesendet. Im ZDF war die Serie nur Ende 1991 noch einmal zu sehen und blieb bis zur nächsten Wiederholung bei 3Sat zehn Jahre lang verschwunden - erst 2006 und 2009 hatte sich 3Sat zu weiteren Sendungen entschlossen.
Fritz Muliar, der bis unmittelbar vor seinem Tod mit 89 Jahren im Mai 2009 noch auf der Bühne gestanden hatte, hielt den Schwejk nicht für seine größte Lieblingsrolle, aber es blieb der Charakter, mit dem er am engsten verbunden war und den er auch gerne bei Lesungen und Veranstaltungen gerne wieder hervorholte.Es war Fritz Muliars Fernseh-Paraderolle und dank ihm, der sorgfältigen Inszenierung von Wolfgang Liebeneiner, dem gelungenen Drehbuch von Eckard Hachfeld und den engagierten Nebendarstellern wurden Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk zu einer der gelungensten Literaturverfilmungen des deutschsprachigen Fernsehens der siebziger Jahre, auch wenn die heutigen Programmdirektoren die Serie inzwischen zum Sonntag-Vormittag-Lückenfüller degradiert
hatten.
Die DVD
Bei den letzten Ausstrahlungen der Abenteuer des braven Soldaten Schwejk im deutschen Fernsehen bei 3Sat war die Bildqualität nur noch ein Schatten von den früheren Sendungen und sogar die Einleitungen von Fritz Muliar waren aus "redaktionellen" Gründen herausgeschnitten worden. Auf Anfrage hatte der ORF 2006 außerdem mitgeteilt, daß die Serie aus rechtlichen Gründen nicht als DVD erscheinen würde - erstaunlicherweise war es im November 2008 dann doch zu einer Veröffentlichung gekommen, für die das auf Fernsehklassiker und Dokumentarfilme spezialisierte Studio Polar Film+Medien im Auftrag des ZDF verantwortlich war.
Es war zu befürchten, daß auch die DVD-Veröffentlichung die gleiche enttäuschende Bildqualität wie die letzten Fernseh-Ausstrahlungen haben würde, aber Polar Film war sich offenbar der Probleme mit den verschiedenen Bildmastern der Serie bewußt. Eine Restauration wurde zwar nicht gemacht, aber dafür konnte das Studio auf die Sendebänder vom ZDF zurückgreifen und so Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk wieder so aussehen lassen, wie sie ursprünglich einmal gesendet wurden. Die dreizehn Episoden wurden auf vier DVDs gepreßt, die in zwei durchsichtigen Keepcases in einem Pappschuber stecken. Es sind zwar bis auf eine Bildergalerie, einen kurzen Ausschnitt aus einer ZDF-Sendung über Fritz Muliar und ein kleines Booklet keine weiteren Extras dabei, aber alleine durch den Umstand, daß diese hervorragende Fernsehserie nun überhaupt erhältlich ist, lohnt sich dieses DVD-Boxset auf jeden Fall.
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Bild
Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk wurden ursprünglich auf Film und nicht auf Video gedreht, aber für diese DVD-Veröffentlichung wurde keine Neuabtastung gemacht und stattdessen die Sendebänder vom ZDF verwendet. Dadurch ist die Bildqualität zwar nicht perfekt, angesichts anderer Alternativen aber immer noch mehr als akzeptabel.
2001 hatte das ORF für eine erneute Fernsehausstrahlung die Serie neu abtasten lassen, aber das Ergebnis war enttäuschend: die Farben waren extrem verblaßt und die Filmvorlagen sehr stark verschmutzt und verkratzt. Wegen des extrem schlechten Zustands des Filmmaterials hatte Polar Film sich erfolgreich um die Sendebänder des ZDF bemüht, die zwar auch nicht ganz unproblematisch sind, aber immer noch besser aussehen als die verunglückten Versionen vom ORF, die immer noch für die TV-Ausstrahlungen eingesetzt werden.
Die über 35 Jahre alten 2"-MAZ-Bänder können mit einer so guten technischen Qualität aufwarten, daß diese DVD nur mit sehr wenigen videotypischen Problemen zu kämpfen hat. Das einzig richtige Problem dieser DVD ist, daß das Bild der ersten sechs Episoden nicht immer progressiv ist und manchmal mitten in einer Episode unvermittelt interlaced wird - ein adaptiver Deinterlacer dürfte damit aber keine Probleme haben. Videorauschen macht sich dafür kaum bemerkbar, und auch elektronische Dropouts sind nicht zu entdecken.
Der Telecine-Transfer kann sich natürlich nicht mit modernen Abtastungsmethoden messen, sieht aber auch nicht auffällig problematisch aus. Allerdings wurden die Filmvorlagen nicht gesäubert und sind deshalb besonders zu Beginn der Episoden relativ stark verschmutzt, was sich aber nach ein paar Minuten wieder normalisiert. Die meiste Zeit über ist das Bild relativ sauber und hat nur gelegentlich ein paar kleine Fussel oder Dropouts. Aktwechselmarkierungen sind allerdings auch gelegentlich zu sehen und besonders in der ersten Episode wird jeder Schnitt mit einem leichten Ruck begleitet. Auch der Bildstand ist anfänglich ziemlich unruhig, ist aber ab der zweiten Folge nicht mehr ganz so wackelig und stabilisiert sich ab der dritten Episode völlig. Der Bildausschnitt ist auf der DVD bei den ersten vier Episoden etwas kleiner als auf dem neuen ORF-Master, wobei aber die Bildkompositionen nicht gravierend beeinträchtigt werden.
Die Schärfe ist durch die alte Transfer-Technik natürlich begrenzt, aber immer noch auf einem akzeptablen Niveau. Ab dem Beginn der zweiten Staffel, die offenbar nicht mehr auf 35mm, sondern auf 16mm gedreht wurde, ist das Bild allerdings nicht mehr so detailreich wie vorher, hat aber eine viel stärkere Körnigkeit und bedingt durch das Filmformat deutlich mehr Verschmutzungen, wodurch die letzten sieben Episoden einen etwas rustikaleren Eindruck als die vorherigen Folgen machen. Überraschend sind jedoch durchweg die Farben, die besonders im Vergleich mit den letzten Fernsehausstrahlungen geradezu wirken, als ob man die Serie coloriert hätte. Tatsächlich ist das Farbtiming durch die Verwendung des ZDF-Masters das erste Mal wieder so zu sehen, wie es ursprünglich gedacht war und nicht als grünlich-braunes Einerlei. Besonders die Hautfarben, die Uniformen und die Vegetation sehen nun wieder ganz natürlich aus und auch der Himmel in den vielen Außenaufnahmen ist wieder richtig blau.
Enttäuschend ist allerdings das Authoring der DVD, denn die Entscheidung die gesamte Serie nur auf vier Discs zu quetschen, hat einige unangenehme Nebenwirkungen hinterlassen. Während die Bitrate von 4.5 Mbit/s auf den ersten drei DVDs noch gerade im akzeptablen Rahmen ist, wurden auf die letzte Disc vier Episoden mit einer Laufzeit von über 200 Minuten gepackt, wodurch die letzten zwei Folgen mit nur knapp 4 Mbit/s auskommen müssen und dadurch mehr als die anderen Episoden mit deutlich sichtbaren Kompressionsartefakten zu kämpfen haben.
Perfekt ist die Bildqualität dieser DVD natürlich nicht, aber immerhin sind Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk nun wieder in ihrer ursprünglichen Pracht zu sehen. Eine bessere Bildqualität dürfte wegen des schlechten Zustands des Filmmaterials nur durch eine teure Restauration möglich sein, so daß die ursprünglichen Sendebänder auch einer unbearbeiteten Neuabtastung wie dem neuen ORF/3Sat-Master vorziehen sind.
Bildvergleiche: Episode 1 | Episode 3 | Episode 6 | Episode 7
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