Der Film
Der Verleger George Caldwell (Gene Wilder) möchte eigentlich nur
seine lange Zugreise quer durch Amerika mit dem Silver Streak genießen,
was ihm zunächst auch gelingt. Auch gegen die romantischen Verstrickungen
mit der der Sekretärin Hilly (Jill Clayburgh) hat er nichts einzuwenden,
aber dann wird ihr kleines Tête-a-Tête heftig unterbrochen,
als George eine Leiche mit einem Loch im Kopf vom Waggondach fallen sieht.
Hilly glaubt ihm nicht - erst recht nicht, als George den vermeintlichen
Toten als ihren Brötchengeber, einen Kunstprofessor, anhand eines
Fotos identifiziert. Um ihr zu beweisen daß er recht hat, klopft
George am Abteil des Professors an und wird prompt von zwei Gaunern unsanft
vom Zug geschmissen...
Im Jahr, in dem Alfred Hitchcocks letzter Film Family Plot in die
Kinos kam, war es nicht der einzige Film, der an den Meister der Spannung
erinnerte. Silver Streak, eine clevere Mischung aus Krimi, Komödie
und Actionfilm wandelte auf den Pfaden Hitchcocks, ohne bei ihm zu klauen
oder ihn grob nachzumachen. Die Geschichte von der Odyssey eines unbedarften
Reisenden erinnert an North by Northwest und andere Hitchcock-Filme,
aber das originelle Drehbuch stammt von Colin Higgins, der zuvor hauptsächlich
durch das Drama Harold and Maude bekannt geworden war und in Silver
Streak gekonnt die Fäden einer komplizierten Story zog.
Inszeniert wurde sein Drehbuch von dem routinierten Komödien-Regisseur
Arthur Hiller, der seine Karriere beim Fernsehen begonnen und unter
anderem auch die Regie bei einige Episoden von Alfred Hitchcock Presents geführt hatte. Zusammen mit seinen frühen Komödien wie The Wheeler
Dealers oder The Out-Of-Towners hatte er somit genau das richtige
Fingerspitzengefühl für eine brilliante und sorgfältige Hitchcock-Hommage.
Silver Streak wäre natürlich nichts ohne eine passende Besetzung gewesen.
Gene Wilder als romantischer Held mag eine seltsame Wahl sein, da er zuvor
meist in komisch-verrückten Rollen unter anderem in drei
Filmen von Mel Brooks zu sehen war, aber er gab als George Caldwell eine erstaunlich differenzierte
Vorstellung, ohne jedoch dabei seine komödiantischen Talente völlig zu unterdrücken - seine Rolle war aber deutlich an Cary Grant angelehnt, ohne ihn jedoch einfach nur zu kopieren.
Unterstützt wurde er von Richard Pryor, der einige Jahre zuvor als Mitautor von Mel Brooks' Blazing Saddles die Rolle des schwarzen Sherriffs neben Gene Wilder übernehmen sollte, aber vom Studio abgelehnt wurde. In Silver Streak tauchte er erst nach einer guten Stunde auf, bildete aber zusammen mit Gene Wilder ein einzigartiges Comedy-Duo, das noch in drei weiteren Filmen zusammen spielte.
Die Leading Lady im ganz klassischen Sinn á la Hitchcock wurde mit Jill Clayburgh besetzt, die noch nicht so bekannt war wie Gene Wilder, aber mit Anfang dreißig sehr gut zu ihm paßte. Die resolute Schauspielerin hat ihre Rolle als Hilly Burns, der Sekretärin des Antagonisten, voll im Griff, ist aber mehr ein Gegenpol zu dem hyperaktiven George als ein komplett humorvoller Charakter - allerdings legt ihr das Drehbuch außer einer Menge geradliniger Dialoge doch den ein oder anderen Gag in den Mund. Mit ihrem energischen Auftreten ging Jill Clayburgh aber gegen jegliches Klischee eines dummen Blondchens und entfernt sich damit doch relativ weit von der sonst meist üblichen Heldin eines Thrillers.
Äußerst gut gelungen
und sehr verspielt war auch die Besetzung der Nebenrollen. Patrick "The Prisoner" McGoohan
war perfekt als eisiger Bösewicht Roger Deverau und Ned Beatty gab
eine deftige Vorstellung als schleimiger FBI-Agent Bob Sweet. Deveraus Schläger wurden auch von zwei alten Bekannten gespielt: Richard
Kiel sollte ein Jahr später als Jaws in gleich zwei James-Bond-Filmen
mitwirken und Ray Walston war als My Favourite Martian nicht nur ein Stück
amerikanische TV-Geschichte, sondern hatte sich auch einen Namen mit kernigen
Neben- und Hauptrollen wie dieser einen Namen gemacht. Clifton James war vielen Kinozuschauern in den siebziger Jahren als trotteliger Sherriff auch in zwei Bond-Filmen bekannt und spielte in Silver Streak mehr oder weniger die gleiche vergnügliche Rolle.
Silver Streak war trotz seiner
Eisenbahn-Kulisse nicht unbedingt ein Film für hartgesottene Eisenbahn-Freaks, denn
obwohl großen Wert auf die Romantik von Zugreisen gelegt wurde,
dominierte das Thema die Geschichte nicht zu stark. Eisenbahn-Kenner werden schnell
bemerken, daß der Film gar nicht in den USA, sondern in Kanada gedreht
wurde - AmRoad war nur eine fiktive Gesellschaft, und auch der Zug selbst war fiktiv. Das war notwendig, weil die nationale amerikanische Eisenbahngesellschaft
Amtrak die Zusammenarbeit mit den Filmemachern verweigert hatte, da sie
wegen des spektakulären Finales einen Imageschaden befürchteten. Zum Glück konnten die Filmemacher die Unterstützung der Canadian Pacific Railways gewinnen, die die gleichen Züge wie Amtrak verwendeten und eine passende Strecke zwischen Toronto und Alberta zur Verfügung gestellt hatten.
Arthur Hiller hatte für eine solide Inszenierung von Colin Higgins anspruchsvollem Drehbuch gesorgt und vor allem Komödie, Abenteuer und Drama ganz nach dem Vorbild von Alfred Hitchcock perfekt ausbalanciert. Obwoh mehr als zwei Drittel des Films in der beengten Kulisse der Eisenbahn-Waggons stattfindet und das Drehbuch überraschend gesprächig ist, haben die beeindruckenden Außenaufnahmen und einige aufwendig inszenierte Actionszenen dafür gesorgt, daß Silver Streak alles andere als ein langweiliges Kammerspiel wurde. Zwar war die Machart sogar schon in den siebziger Jahren etwas altmodisch, aber als Hommage an den Master of Suspense hätte der Film nicht besser inszeniert werden können.
Einen großen Teil seines besonderen Charme bekam Silver Streak auch von Henry Mancinis Filmmusik, die eine wundervolle Gratwanderung zwischen
verspielten Melodien und einfacher Fahrstuhlmusik war. Obwohl es eine der unbekannteren
Filmscores von Henry Mancini ist, hat Silver Streak ein wundervolles
Hauptthema mit passendem Eisenbahn-Rhythmus und viele weitere ohrwurmverdächtige
Melodien. Leider war der Film nur in Mono abgemischt worden und die Stereo-Master
der Musik hatten die Zeit nicht gut überstanden, so daß es zu Henry Mancinis Lebzeiten weder
eine Neuabmischung der Tonspur noch eine komplette Veröffentlichung
in Stereo möglich war - erst 2002 kam es zur Veröffentlichung eines Soundtrack-Albums, das größtenteils in Mono war.
Silver Streak mag zwar ein Film der alten Schule gewesen sein, aber nach seiner Premiere im Dezember 1976 wurde er trotzdem zu einem riesigen Erfolg und spielte alleine in den USA über fünfzig Millionen Dollar ein. In Deutschland war Silver Streak erst im Herbst 1977 unter dem Titel Trans Amerika Express zu sehen und wurde trotz einer etwas schwachen Synchronisation schnell zum Publikumsliebling. Im Laufe der Jahre wurde der Film zu einem Geheimtip für Filmliebhaber und hatte die Zeit trotz der klassischen Machart erstaunlich gut überstanden. Heute bleibt Silver Streak eine brilliant inszenierte Krimikomödie mit umwerfenden Darstellern, die ihren Vorbildern alle Ehre macht und heutzutage erst gar nicht mehr zustande gekommen wäre.
Die DVD
Lange Zeit war Silver Streak nur sehr schwer zu bekommen, aber 20th Century Fox hatte Ende 2004 diesen beinahe vergessenen Klassiker aus dem Fundus
geholt und endlich auf DVD veröffentlicht - und das sogar in einer ganz
akzeptablen Form. Extras bekommt man außer einem Trailer zwar nicht geboten,
aber dafür einen erstaunlich gut gelungenen Transfer und eine solide Mono-Tonspur. Zusammen
mit dem sehr günstigen Preis kann man sich über diese DVD eigentlich nur
freuen, besonders wenn man hinter diesem Film lange hinterhergelaufen ist.
Die hier rezensierte DVD ist die amerikanische Ausgabe, aber 20th Century Fox hat den Film 2006 auch in Region 2 veröffentlicht. In Deutschland ist der Film unter dem Titel Trans Amerika Express
als DVD erhältlich, die bis auf die zusätzlichen Tonspuren so gut wie identisch mit der US-Ausgabe zu sein scheint.
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Bild
20th Century Fox hat diesen mittlerweile über 25 Jahre alten Film zwar
nicht großartig restauriert, aber dennoch hat die DVD eine überraschend
gute Bildqualität, die man bei einer Budget-DVD gar nicht für
möglich gehalten hätte.
Die im Originalformat von 1.85:1 anamorph abgetastete Filmvorlage muß
entweder sehr gut in Schuß gewesen sein oder Fox hat etwas für
eine Überarbeitung springen lassen: das Bild wurde zwar nicht hundertprozentig
gereinigt, aber bis auf eine handvoll kaum bemerkbarer Fussel ist dieser Transfer
bemerkenswert sauber. Die Körnigkeit des Filmmaterials wurde nicht
großartig herausgefiltert und ist gelegentlich, aber nicht im Übermaß
sichtbar. Sehr angenehm ist die Schärfe, die für einen "flat"
gedrehten Film dieses Alters erstaunlich gut ist und nur in manchen, absichtlich
etwas weicher gedrehten Szenen ein wenig abnimmt.
Auch die Farben sehen sehr ordentlich aus und machen einen realistischen
Eindruck, allerdings bemerkt man schon die typische, etwas bräunliche
Farbpalette von Deluxe, die in den siebziger Jahren ein fester Bestandteil
der Kinoleinwand war. Ansonsten ist das Bild sehr ruhig, bis auf ein paar
kurze Ruckler um die Aktwechsel herum, die jedoch nur bei genauem Hinschauen
auffallen. Die sehr großzügig bemessene Bitrate sorgt außerdem für ein absolut sauberes Authoring, das das wundervolle Bildmaster erst gar nicht mit Kompressionsartefakten verunstaltet. An diesem Transfer könnten sich so manche andere Studios eine
Scheibe abschneiden.
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Ton
Die amerikanische DVD von Silver Streak ist sogar mit zwei englischen Tonspuren ausgestattet, von denen allerdings nur eine wirklich etwas taugt und die andere völlig überflüssig ist.
Die englische Mono-Abmischung ist im Prinzip völlig in Ordnung und
eine der besten ihrer Art. Als Quelle stand offensichtlich ein gut erhaltenes
Magnetband-Master zur Verfügung, das ein ganz manierlichen Frequenzgang
besitzt, mit sauberen und überhaupt nicht blechernen Dialogen aufwarten kann und sogar Henry Mancinis Musik überraschend gut klingen läßt.
Aber es ist gerade die Musik, die eigentlich einen Stereo- oder Surround-Remix
verdient hätte - das war aber leider nicht möglich, da die Stereo-Musikmaster
die Zeit nicht gut überstanden hatten und so eine Neuabmischung leider
nicht möglich war. Stattdessen bekommt man hier aber eine solide Mono-Track
geboten, die viel besser klingt als ein gewaltsamer Upmix.
Die sogenannte "Stereo"-Spur ist dagegen ein schlechter Scherz:
dabei handelt es sich nämlich nicht um einen diskreten Stereo-Mix,
sondern nur um eine phasenverschobene Version der Mono-Tonspur. Hier wurden
nicht einmal die getrennten Tracks aufgeblasen, sondern nur die gesamte
Tonspur - das ist nicht nur völlig sinnlos, sondern klingt auch ziemlich
mieserabel. Was sich Fox dabei gedacht hat, weiß ich wirklich nicht
- die Zeit von Fake-Stereo-Tonspuren ist ja nun wirklich vorbei, aber zum
Glück wird ja die richtige Mono-Fassung auch mitgeliefert.
Die französischen und
spanischen Mono-Tonspuren wurden allerdings nicht so sorgfältig wie die englische Fassung bearbeitet und klingen mehr nach abgenutztem Lichtton. Untertitel gibt es auf dieser DVD nur auf Englisch und Spanisch.
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