Der Film
Team Daedalus bestand aus den besten Piloten der Airforce, die 1958 auf dem besten Weg zu Astronauten zu werden - aber dann wurde die NASA gegründet und der erste Amerikaner im Weltraum wurde kein Mensch, sondern ein Schimpanse. Vierzig Jahre später hat die NASA ein großes Problem, als ein uralter russischer Kommunikationssatellit droht abzustürzen und sich niemand mehr mit dem Steuerungssystem des technischen Dinosauriers auskennt - bis auf Frank Corvin (Clint Eastwood), der das System entworfen hatte und nun von der NASA aus dem Ruhestand zur Hilfe gerufen wird.
Es stellt sich heraus, daß der Satellit nur im Orbit repariert werden kann, was Frank auf eine Idee bringt - als einer der Mitglieder vom Team Daedalus schafft er es seinen ehemaligen Vorgesetzten und jetzigen NASA-Projektleiter Bob Gerson (James Cromwell) zu überzeugen, daß nur er und seine alte Crew für die schwierige Aufgabe in Frage kommen. Corvin macht sich auf die Suche nach seinen alten Freunden Jerry (Donald Sutherland), Hawk (Tommy Lee Jones) und Tank (James Garner), die er zu der heiklen Mission überredet kann und damit ein vierzig Jahre altes Versprechen einlöst, Team Daedalus doch noch in den Weltraum zu bringen.
Als einer der wenigen amerikanischen Schauspieler, die sich auch als Regisseur
erfolgreich etablieren konnten, hatte Clint Eastwood seit Anfang der siebziger
Jahre einen weiten Spaziergang durch die Filmgeschichte unternommen -
von Dramen über Western und Actionfilmen bis zu Musikbiographien und Thrillern
wurde von ihm fast jedes Genre ausprobiert. Als Ende der neunziger Jahre
eine neue Welle von Science-Fiction-Filmen begann, konnte auch Clint Eastwood
nicht daran vorbeigehen - aber sein Raumfahrt-Abenteuer sollte kein übliches
Mainstream-Weltraumspektakel werden.
Der Weltraum ruft
Space Cowboys ging ursprünglich auf die Idee von Produzent Andrew
Lazar zurück, eine Gruppe von Piloten im Rentenalter in den Weltraum zu
schicken. Lazar engagierte die Drehbuchautoren Ken Kaufman und Howard
Klausner, die aus dieser Idee ein Drehbuch entwickelten, das die Filmstudios
zuerst ignorierten, weil die Geschichte für unglaubwürdig gehalten wurde
und Science-Fiction-Filme gerade nicht besonders hoch im Kurs waren. Erst
als Jerry Bruckheimer und Michael Bay mit ihrem Weltraum-Actionfilm Armageddon
die Kinokassen klingeln ließen, wurden andere Studios langsam wach.
Warner Bros. erhielt schließlich den Zuschlag für Space Cowboys,
war sich aber mit der Geschichte immer noch nicht so ganz sicher. Die
Studiochefs bemängelten immer noch das angeblich realitätsfremde Drehbuch
- bis im Oktober 1998 der 77jährige ehemalige Astronaut John Glenn einen
Flug im Space Shuttle ohne Probleme absolvierte, zum ältesten Menschen
im Weltraum wurde und damit die Idee der Space Cowboys plötzlich
wieder plausibel machte. Daraufhin gab das Studio grünes Licht für den
Film und Andrew Lazar begann sich nach einem geeigneten Regisseur umzusehen.
Vom Western in den Weltraum
Einer der Regisseure, dem das Script angeboten wurde, war Clint Eastwood,
der aber zuerst von der Idee überhaupt nicht begeistert war und auch an
der Glaubwürdigkeit zweifelte. Auch war ihm die Größe des Projekts und
die Special-Effects-Lastigkeit nicht ganz geheuer, aber letztendlich hatten
es ihm die Charaktere so angetan, daß er das Drehbuch trotzdem verfilmen
wollte. Zwei Bedingungen knüpfte Clint Eastwood aber an seine Zusage:
er wollte nicht nur die Regie übernehmen, sondern auch eine der vier Hauptrollen
spielen und den Film mitproduzieren. Dank seines hervorragenden Rufs als
routinierter Filmemacher und ausgezeichneter Schauspieler hatten weder
Produzent Andrew Lazar noch Warner Bros etwas dagegen einzuwenden und
legten Space Cowboys in die Hände von Clint Eastwood.
Mit einem so hochkarätigen Regisseur wurde der Film für das Studio plötzlich
sehr interessant und bekam ein großzügiges Budget von 65 Millionen Dollar,
mit dem man schon eine ganze Menge anfangen konnte. Einer der ersten Schritte,
die Eastwood unternahm, war herauszubekommen ob die notwendigen Special-Effects
überhaupt machbar waren. Dazu wandte er sich an George Lucas, der mit
Industrial Light and Magic fast ein Vierteljahrhundert Erfahrung in Sachen
Spezialeffekten hatte. Zusammen begannen die beiden Filmemacher Ideen
für die Realisierung von Space Cowboys zu entwickeln und Clint
Eastwood entschloß sich schließlich, ILM mit den Special Effects zu beauftragen,
die einen großen Teil des Films ausmachen sollten.
Schauspieler-Legenden
Effekte sollten zwar dem Film helfen so realistisch wie nur möglich zu
wirken, aber längst nicht alles sein, denn Clint Eastwood hatte das Projekt
hauptsächlich angenommen, um mit den interessanten Charakteren eine Geschichte
zu erzählen. Eine der vier Hauptrollen hatte Eastwood mit sich selbst
besetzt - etwas, was bei anderen Filmemachern wahrscheinlich als Egotrip
gewertet werden würde, aber in seinem Fall durchaus berechtigt war. Allerdings
nahm er den Film schauspielerisch nicht komplett in Beschlag, denn der
Film war von Anfang an als Ensemble-Geschichte mit vier fast gleichwertigen
Hauptrollen konzipiert - es galt nur noch drei andere ebenbürtige Darsteller
zu finden.
Zwei seiner Wunschbesetzungen, Sean Connery und Jack Nicholson, konnte
Clint Eastwood zwar nicht engagieren, aber trotzdem gelang es ihm eine
ganz hervorragende Besetzung zu finden. Für zwei der Rollen fand er alte
Bekannte - James Garner und er hatten in den fünfziger Jahren zusammen
in einer Episode der Western-Fernsehserie Rawhide gespielt und
Donald Sutherland trat mit ihm 1970 in der Kriegsfilm-Satire Kelley's
Heroes auf. Der vierte im Bunde war Tommy Lee Jones, der zwar etwa
fünfzehn Jahre jünger als seine Kollegen war, aber trotzdem bestens in
die Runde der jung gebliebenen Rentner paßte und mit Men in Black
auch schon ein wenig "außerirdische" Erfahrung hatte.
Obwohl die vier Schauspieler alle ihren ganz eigenen Stile und Markenzeichen
haben, stellen sie in Space Cowboys aber weder sich selbst noch
ihre früheren Lieblingsfiguren dar, sondern stecken voll und ganz in ihren
Charakteren. Clint Eastwood spielt Frank Corvin nicht wie einen wortkargen
Westernhelden oder knallharten Polizisten, sondern als bissigen, aber
sympathischen Antihelden, während Tommy Lee Jones Charakter Hawk als richtiger
Draufgänger der einzige des Quartetts mit richtigen Cowboy-Ambitionen
ist. James Garners Hawk ist dagegen viel ruhiger und sanftmütiger, während
Donald Sutherland als altgewordener, aber immer noch schürzenjagender
Hippie ein wenig an seine dreißig Jahre zurückliegende Rolle in Robert
Altmans MASH erinnert.
Die NASA-Clique
Unterstützt wurden die vier Schauspieler-Legenden von vielen hervorragend
besetzten Nebenrollen - allen voran natürlich James Cromwell, der einige
Jahre zuvor in Star Trek First Contact den versoffenen Raumfahrt-Pionier
Zefrem Cochrane zu sehen war, aber den NASA-Administrator Bob Gerson hier
völlig anders als dickköpfigen Bürokraten spielt. Im Gegensatz zu ihm
ist William Devane als kaugummikauender Flugleiter Davis richtig sympathisch
und klar auf der Seite der vier Helden, hat aber nur einen relativ kleinen
Part im Film. Obwohl diese Rollen durchaus ironisch angelegt wurden, werden
sie von den Schauspielern sehr professionell und allerhöchstens mit ein
wenig zynischem Witz gespielt.
Bemerkenswert ist, daß Space Cowboys kein reiner Männerfilm ist
und die weiblichen Rollen nicht nur auf nervöse Astronauten-Ehefrauen
beschränkt. Barbara Babcock spielt als Frank Covrins Frau die einzige
Rolle dieser Art, die sehr knapp ausgefallen ist, aber dafür nicht den
üblichen Klischees entspricht. Marcia Gay Harden ist auch nicht nur für
die Erfüllung der Frauenquote in der Besetzung, sondern spielt als Mission
Controller Sarah Holland eine wichtige Rolle in der Handlung und ist sogar
für eine kleine, nachdenkliche Romanze zuständig.
Klassische Bösewichte gibt es in Space Cowboys nicht, denn der
russische General, vom kroatischen Schauspieler Rade Serbedzija gespielt,
wirkt mehr wie eine Karikartur als eine Bedrohung - einen gefährlichen
Eindruck machen dagegen die jungen Piloten, die den Titelhelden an die
Seite gestellt werden. Courtney B. Vance als Roger Hines hat noch etwas
Vernunft, aber Loren Dean als Ethan Glance spielt den jungen Hotshot-Astronauten,
der alles auf die eigene Faust unternehmen will und damit gar nicht so
weit entfernt von den jungen Ausgaben der vier Space Cowboys
ist.
Eine besondere Weltraumoper
"Geriatrics in Space" war die Basis für Space Cowboys, die aber
von den beiden Drehbuchautoren Ken Kaufman und Howard Klausner in eine
sehr spannende und auch lustige Geschichte mit ein klein wenig Tiefgang
verwandelt und von Clint Eastwood mit viel Spannung, Charme wurde. Space
Cowboys hebt sich wohltuend von anderen Weltraum-Spektakeln ab, indem
die Handlung einigermaßen realistisch gehalten wurde und auf unglaubwürdige
Actioneinlagen, amerikanischen Pathos und dramatische Weltuntergangs-Szenarien
verzichtet wird. Stattdessen setzten die Autoren auf eine lockere Atmosphäre
und einen humorvollen Unterton, ohne dabei den Film zur bloßen Comedy-Klamotte
werden zu lassen.
Space Cowboys bezieht seinen Witz natürlich teilweise aus dem
Alter der Hauptdarsteller, die aber bei weitem nicht lächerlich gemacht
werden und ganz im Gegenteil den jüngeren Charakteren zeigen wo es langgeht
- die Geschichte ist auch ein wenig ein Generationenkonflikt, aber dieses
Thema wird auch auf eine ganz humorvolle und überhaupt nicht ernste Art
behandelt. Der NASA wurde allerdings gebührender Respekt gezeigt - zumindest
was die Raumfahrt angeht, denn die Administration der Behörde wurde doch
mit einem satirischen Augenzwinkern, aber bei weitem nicht völlig inkompetent
dargestellt.
Himmlische Kulissen
Clint Eastwood war es als Filmemacher sehr wichtig, sich mit Space
Cowboys nicht lächerlich zu machen, weshalb auf realistische Kulissen
und Effekte sehr großen Wert gelegt wurde. Die meisten Szenen des Trainingsprogramms
konnten an NASA-Originalschauplätzen in Texas und Florida gedreht werden,
aber das Innere des Space Shuttles mußte natürlich im Studio nachgebaut
werden. Obwohl Produktionsdesigner Henry Bumstead die Shuttle-Kulisse
mit Hilfe der NASA detailgenau rekonstruieren konnte, mußten die Maße
wegen den übergroßen Schauspielern Clint Eastwood und Donald Sutherland
ein wenig geräumiger gestaltet werden, was man natürlich im fertigen Film
überhaupt nicht auffällt.
Die Außenaufnahmen im Weltraum wurden allerdings fast ausschließlich im
Computer realisiert, denn ILM erschuf nicht nur ein virtuelles Space Shuttle
und einen fiktiven Satelliten, sondern auch künstliche Astronauten, in
deren Raumanzüge die Gesichter der Schauspieler eingefügt wurden. Trotz
ihrer CGI-Herkunft wirken die Weltraum-Sequzenzen absolut echt und sind
schlicht atemberaubend, ohne dabei zu übertreiben - der Zuschauer kann
ungefähr den fantastischen Ausblick bewundern, den auch die wirklichen
Astronauten zu sehen bekommen. Ausgetobt haben sich die Designer dagegen
bei der Gestaltung des russischen Satelliten, der das einzige Element
des Films ist, das wirklich nach Science-Fiction aussieht.
Sonidos del Espacio
Musikalisch ist Space Cowboys relativ unauffällig, denn die Score
von Clint Eastwoods Hauskomponist Lennie Niehaus sorgt zwar für eine spannende
Atmosphäre, hält sich aber sehr im Hintergrund und wird auch nur in relativ
wenigen Szenen eingesetzt - ein großer Teil des Films kommt sogar ohne
Musik aus. Die Ähnlichkeit zu James Horners Apollo 13-Musik ist unverkennbar,
allerdings verzichtet Space Cowboys auf allzu militärische Töne.
Die obligatorischen Märsche klingen nicht besonders zackig und patriotisch,
sondern werden ganz im Gegenteil als ironische Unterstreichung der Handlung
eingesetzt.
Eingeleitet wird Space Cowboys aber mit einem von Clint Eastwood
selbst komponierten Akustikgitarren-Thema Espacio, das für einen
Film wie diesen sehr ungewöhnlich erscheinen mag, aber gleich zu Beginn
den nostalgischen Ton der Rückblende deutlich macht. Durch den ganzen
Film verstreut wurden außerdem viele alte Popsongs, die aber so dicht
in die Geräuschkulisse eingebaut wurden, daß sie nur bei genauem Hinhören
wahrnehmbar sind. Eine Ausnahme ist allerdings der zum Glück nur ein paar
Sekunden zu hörende Song Space Cowboy der Boyband N'Sync, der in der ansonsten
sehr zurückhaltenden Filmmusik unangenehm auffällt - Frank Sinatras Fly
me to the Moon als Ausklang im Abspann macht diesen seltsamen Stilbruch
allerdings wieder gut.
In Space, no one can hear you scream Yippie-Kay-Yay...
Space Cowboys trägt unverkennbar die Handschrift von Clint Eastwood,
der sich trotz aller Special Effects und Action voll und ganz auf das
Erzählen der Geschichte konzentrierte und sich und seinen drei Schauspieler-Kollegen
die Gelegenheit gab, auf ihre alten Tage mit viel Spaß und guter Laune
zusammen einen Film der ganz besonderen Art zu machen. Eastwoods Weltraum-Abenteuer
wurde anfänglich von vielen belächelt und sogar als niveauloses Popcornkino
bezeichnet wurde, aber bei genauerem Hinschauen mußten viele Kritiker
zugeben, daß in Space Cowboys eigentlich eine ganz charmante,
charaktergetriebene Geschichte steckt, bei der die Schauspieler und nicht
die Effekte im Vordergrund stehen.
Space Cowboys ist aber auch eine Hommage an die bemannte Raumfahrt
- kaum ein Film hatte zuvor das Space-Shuttle-Programm der NASA so prominent
in Szene gesetzt, aber wahrscheinlich wird es nie wieder einen solchen
Film geben. Nach der Columbia-Katastrophe von 2003 waren Geschichten wie
diese trotz der durchaus positiven Atmosphäre zu einem Tabu-Thema geworden,
denn die Gefahren des Raumflugs wurden durch das Unglück wieder so publik,
daß die Hollywood-Studios an einer solchen Mischung aus Komödie, Action
und Abenteuer nicht mehr interessiert waren - so ist Space Cowboys
wahrscheinlich wirklich der letzte Film seiner Art.
Die DVD
Space Cowboys hatte trotz eines relativ erfolgreichen Kinostarts fast ein dreiviertel Jahr für die DVD-Veröffentlichung im Frühjahr 2001 gebraucht, die in einem Abstand von etwa vier Wochen in den USA und Europa gleichzeitig kam und gleich ausgestattet war Obwohl die Extras nicht besonders zahlreich waren, gab es wegen der überdurchschnittlich guten Bild- und Tonqualität außer einer Umverpackung in ein normales Keepcase keine Neuauflagen, so daß die hier rezensierte deutsche DVD immer noch der heute verkauften Version entspricht. Inzwischen ist Space Cowboys weltweit sogar schon als BluRay und HD-DVD erschienen, die auf dem gleichen hervorragenden HD-Bildmaster wie die DVD basieren und Besitzer von HD-Equipment natürlich bevorzugen sollten.
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