Allgemeines
Nach fast einem Jahr im Weltraumd läuft die Enterprise-E
unter dem Kommando von Captain Picard genauso wie ihre bei einem spektakulären
Crash zerstörte Vorgängerin. Viel gibt es für die Enterprise
und ihre Crew nicht zu tun, aber als Picard beginnt plötzlich Alpträume
von den Borg zu bekommen, von denen er vor sechs Jahren assimiliert wurde,
ahnt er böses. Kurz darauf erhält die Enterprise eine Mitteilung,
daß die Borg tatsächlich Kurs auf die Erde nehmen, aber statt
die Enterprise mit in die Verteidigung einzubinden, wird Picard mit seinem
Schiff zur romulanischen neutralen Zone geschickt um dort Patroullie zu
fliegen. Als die Borg sich der Erde nähern, mißachtet Picard
seine Befehle um beim Kampf gegen die Borg mitzuhelfen.
Der Enterprise gelingt es, den großen Borg-Kubus zu zerstören,
aber in letzter Sekunde entkommt ein kugelförmiges Raumschiff der
Borg und verschwindet in einem Zeitstrudel, in den auch die Enterprise
gerät. Entsetzt stellt die Besatzung fest, daß die Erdbevölkerung
plötzlich nur noch aus Borg besteht und folgt dem Raumschiff in den
Zeitstrudel. Angekommen im Jahr 2063 bemerken Picard und seine Crew schnell,
was die Borg vorhaben: sie wollen den ersten Kontakt zwischen den Menschen
und einer außerirdischen Rasse verhindern, der nach dem ersten Warpflug
von Zephrem Cochrane stattfand. Bevor die Enterprise das Borg-Schiff zerstören
kann, beschädigt es Cochranes Warp-Raumschiff schwer und macht damit
die Möglichkeit des First Contact zunichte. Picard und seine Crew
lassen sich aber nicht so einfach unterkriegen und beschließen Cochrane
unter die Arme zu greifen, damit der erste Warpflug planmäßig
stattfinden kann...
Als 1994 mit dem siebten Startrek-Film entgültig der
Wechsel von der alten Crew um Captain Picard auf die neue Enterprise unter
dem Kommando von Captain Picard vollzogen wurde, waren die Reaktionen
der Fans eher gemischt. Der etwas holperig und undurchdacht zusammengesetzte
Film hatte auch bei den Kritikern keine großen Chancen, aber dennoch
gelang es Generations an den Kinokassen den Erfolg von Star Trek VI noch
einmal zu wiederholen und sogar zu übertreffen, womit die Fortsetzung
des Trek-Franchise wieder einmal gerettet wurde.
Die Produktion eines Nachfolgers wurde durch den nicht unbeträchtlichen
Erfolgs von Star Trek Generations schon kurz nach der Filmpremiere angekurbelt.
Schnell gab die Paramount-Chefetage grünes Licht, und Produzent Rick
Berman begann mit den beiden Drehbuchautoren Brannon Braga und Ronald
Moore die ersten Ideen für eine neue Story zu sammeln. Die ersten
Stichworte waren “Borg” und “Zeitreise” - die
Borg traten als universelle, aber auch ungewöhnliche Bösewichte
kontinuierlich in TNG auf, hatten aber noch keinen Auftritt in einem Kinofilm
gehabt. Zeitreisen waren dagegen ein alter Hut, hatten sich aber in vielen
Serienepisoden und einem Kinofilm mit der alten Crew bestens bewährt.
Berman, Braga und Moore mußten diese beiden Elemente irgendwie unter
einen Hut bekommen – die Borg in die Vergangenheit reisen zu lassen
um die Menschheit leichter zu assimilieren war eine großartige Idee,
die enorm viele Möglichkeiten bot. Ohne die einengenden Vorgaben,
die die Story-Entwicklung von Generations schwierig gemacht hatte, hatten
die Autoren völlig freie Hand um eine ganz neue Geschichte zu entwickeln.
Ein erster Versuch, den Kampf der Enterprise gegen die Borg im Mittelalter
anzusiedeln, wurde allerdings schnell von Patrick Stewart abgelehnt,
der fürchtete wieder einmal in Strumpfhosen als Robin Hood herumlaufen
zu müssen – etwas, was bereits in einer TNG-Episode vorkam.
Nachdem auch verschiedene andere Szenarien verworfen wurden, kamen Brannon
Braga und und Ronald Moore auf die Idee ein neues Kapitel in der großen
Star Trek-Geschichte zu schreiben. Wenn die Borg schon in der Vergangenheit
Chaos anrichten, dann sollte es doch gleich in einer Zeit sein, die eine
besondere Bedeutung für die Star Trek-Welt hat. Über die frühe
Geschichte von Star Trek war bis dahin nur sehr wenig erzählt worden,
und auch Gene Roddenberry hatte in seinen Vorgaben im Star Trek-Canon
nur einige Eckdaten festgelegt. Eins dieser Schlüsselereignisse ist
der erste Kontakt der Menschen mit einer außerirdischen Rasse, der
2063 nach dem dritten Weltkrieg stattfand – die Vulkanier werden
auf den ersten Flug eines irdischen Raumschiffs mit Warpantrieb aufmerksam
und entschließen sich, mit der Erde Kontakt aufzunehmen.
Um dem besonderen Ereignis ein Gesicht zu geben, bedienten sich Brannon
Braga und Ronald Moore bei einem bereits vorhandenen Charakter, der wie
geschaffen für die Geschichte war: Zefrem Cochrane ist als Erfinder
des Warpantriebs einer der Fixpunkte im Startrek-Universum und trat sogar
in einer Folge der Classic-Serie auf. Eine Verbindung mit dem ersten Warpflug
und dem daraus entstehenden ersten Kontakt hatte Cochrane bisher jedoch
nicht, so daß die Autoren sich entschieden, diese Verbindung für
die Geschichte des neuen Kinofilms mit der Genehmigung von Produzent und
Mitautor Rick Berman neu zu erfinden. Man ging sogar soweit, Zefrem Cochrane
als völligen Antihelden darzustellen und damit ein wenig an der sonst
glorreichen Darstellung von Startrek zu kratzen – etwas, was viele
Fans hinterher geärgert hat, aber wichtige menschliche und humorvolle
Elemente mit in den Film brachte.
Jeder Startrek-Film braucht einen guten Bösewicht, aber die Borg
sind als gesichtslose, fast anonyme Bedrohung nicht besonders gut für
einen Auftritt auf der großen Leinwand geeignet. Um dem Publikum
einen besseren Bezugscharakter zu bieten und den in TNG mittlerweile schon
reichlich verbrauchten Borg aufzufrischen, wurde der Mythos kräftig
umgekrempelt: das Borg-Kollektiv erhielt eine Königin, deren plötzliches
Auftauchen nur wenig erklärt wird, aber deshalb umso überraschender
und effektiver ist. Der clevere Schachzug die Borg-Queen zu erfinden
brachte interessante Möglichkeiten im Zusammenhang mit Picard und
Data ins Spiel, die beide in der Serie schon direkt mit den Borg zu tun
hatten.
Die Suche nach einem geeigneten Regisseur war nicht einfach, denn viele
aus der ersten Hollywood-Liga waren nicht sonderlich an Startrek interessiert.
Außer Robert Wise, der 1979 den ersten Startrek-Film drehte, wurden
alle Filme praktisch von Insidern oder Neulingen inszeniert, und das sollte
auch vorerst so bleiben. David Carson war als TV-Regisseur für den
vorherigen Film eigentlich nur eine Notlösung und kam deswegen auch
nicht in Frage. Es gab allerdings jemand, der großes interesse hatte,
das neue Startrek-Abenteuer in Szene zu setzen: Jonathan "Will Riker"
Frakes hatte bereits mehrere Episoden von TNG und auch DS9 inszeniert
und sich dabei als äußerst fähiger Regisseur erwiesen.
Die Paramount-Chefetage lehnte seine Anfragen zuerst kategorisch ab und
wies auf das Desaster von Star Trek V hin, als William Shatner fast das
gesamte Franchise durch seinen Regie-Egotrip in Gefahr brachte, aber dank
hartnäckiger Überzeugungsarbeit von Produzent Rick Berman und
Hauptdarsteler Patrick Stewart gab das Studio schließlich doch nach
und willigte auf das risikoreiche Experiment ein.
Jonathan Frakes erwies sich ideal als Regisseur des neuen Startrek-Films,
denn als Mitwirkender von Anfang an hatte er ein Wissen über Geschichte
und Charaktere wie es ein fremder Regisseur niemals haben könnte.
Zusammen mit Rick Berman, Brannon Braga und Ronald Moore verfeinerte er
das inzwischen sehr weit fortgeschrittene Drehbuch und stellte sicher,
daß die Charaktere sich nicht zu weit von ihren Ursprüngen
entfernten, aber auch weiterentwicklen konnten.
Auch für einige der bekannten Charaktere bedeutete First Contact
radikale Änderungen. In einer weiterführung des Plots aus Generations
wird Datas Emotionchip nicht nur kurz erwähnt, sondern ist auch ein
wichtiger Bestandteil der Handlung. Gerodie LaForge wurde endlich der
Kamm vor den Augen entfernt und gegen Implantate ersetzt, so daß
erstmals Gerodies Augen zu sehen bekommt und so der Charakter völlig
anders, aber gleichzeitig auch sehr vertraut wird. Die größte
Veränderung machte jedoch Jean-Luc Picard durch - der sonst sehr
rationale Captain wird mit seinem schlimmsten Trauma erneut konfrontiert
und beginnt seine Objektivität zu verlieren.
Von den regulären Schauspielern waren natürlich alle wieder
dabei - Patrick Stewart als Captain Picard, Jonathan Frakes als Commander
Riker und Brent Spiner als Data sind quasi die Hauptdarsteller des Films,
allerdings läuft die Geschichte eigentlich auf ein Picard-Data-Gespann
hinaus, daß die anderen Schauspieler jedoch nicht überschattet.
Marina Sirtis als Counsellor Troy, Gates McFadden als Dr. Crusher, Michael
Dorn als Worf und LeVar Burton als Schiffsingenieur LaForge haben alle
ihre besonderen Auftritte, die Story stellt sie jedoch etwas in den Hintergrund
- aber auch wenn Picard, Riker und Data die meiste Zeit zu sehen sind,
bringt es das clevere Drehbuch fertig den Zuschauer nie vergessen zu lassen,
daß die anderen die ganze Zeit immer mit dabei sind.
Die Besetzung der "irdischen" Rollen ist der eigentliche Coup
des Films. James Cromwell ist für Star Trek eigentlich kein Unbekannter,
allerdings war der Schauspieler-Veteran nur selten ohne schwere Alien-Masken
zu sehen. Ihm die Rolle von Zefrem Cochrane anzuvertrauen, mag auf den
ersten Blick seltsam erscheinen, aber den Weltraum-Pionier als jungen,
feschen Wissenschaftler darzustellen wäre zu einfach gewesen. Stattdessen
ist Cochrane ein desillusionierter Säufer, der eigentlich gar nicht
daran interessiert ist groß Geschichte zu machen, sondern nur auf
das große Geld hofft um sich angenehm zur Ruhe setzen zu können
- für den sonst üblichen Idealismus von Star Trek ein harte
Nuß. James Cromwell spielt seine Rolle mit einem herrlich zynischen
Unterton, der für Star Trek ziemlich ungewöhnlich ist, aber
in die ganz neue Szenerie des Films perfekt hineinpaßt.
Mit Alfre Woodward als Cochranes Copilotin Lily wurde ein weiterer sehr
starker Charakter ins Spiel gebracht. Lily begann zuerst als Love Interest
für Picard, wurde dann aber in den weiteren Drehbuchversionen als
wichtige Partnerin für den Captain umfunktioniert. Die Frau aus dem
21. Jahrhundert auf das Raumschiff des 24. Jahrhunderts zu verfrachten
ist ein perfekter Gegenpol zu den Geschehnissen auf der Erde, wo die Verhältnisse
genau umgekehrt sind. Alfre Woodward ist eine der wenigen Schauspielerinnen,
die wirklich das Zeug haben gegen Patrick Stewart anzuspielen –
Jonathan Frakes wußte das als Regisseur und langjähriger Freund
von Stewart sehr gut einzusetzen und schaffte es die beiden Schauspieler
in einer bemerkenswerten Konfrontationsszene zu Höchstleistungen
zu bringen.
First Contact hat vielleicht den ungewöhnlicheten Bösewicht
aller Startrek-Filme – die Borg-Queen ist zwar nicht per Definition
böse, aber jeder der die Zukunft der Menschheit in Schutt und Asche
legen will, kann natürlich nicht auf der Seite der Guten sein. Statt
aus der Borg-Queen ein häßliches Monster zu machen, wurde die
Rolle mit der Schauspielerin Alice Krige besetzt, die mit Hilfe von cleverem
Makeup und aufwendigen Special-Effects zu einer durchaus attraktiven weiblichen
Super-Borg gemacht wurde. Obwohl die Borg-Chefin eigentlich als durch
und durch gemein konzipiert wurde, kann sie doch durch Alice Kriges abwechlungsreiche
Darstellung einige Sympathiepunkte gewinnen. Die Borg-Queen erwies sich
als so großer Erfolg bei den Fans, daß sie sogar später
noch einmal in Voyager auftrat, dort allerdings von einer anderen Schauspielerin
dargestellt.
Patrick Stewart lief nach einer etwas schwachen Vorstellung in Generations
in First Contact wieder zur absoluten Höchstform auf. Ohne Druck,
in entspannter Atmosphäre und mit einem guten Freund im Regiesessel
konnte Stewart den Charakter Picard auf eine interessante Weise weiterentwickeln
und ihm noch nie vorher dagewesene Nuancen verleihen. Picard hat in First
Contact enorm viele Seiten und wandelt sich vom kühl kalkulierenden
Captain über ein rachsüchtiges Opfer bis zum Actionhelden –
dank Patrick Stewarts vielfältigen Schauspielfähigkeiten wirken
alle diese Aspekte sehr überzeugend. Ähnlich zum wandelnden
Moby Dick-Zitat Khan in Star Trek II zitiert auch Picard in First Contact
in einer der besten Szenen aller Startrek-Filme aus Herman Melvilles Klassiker
- Was zu dem Zeitpunkt der Dreharbeiten noch niemand wußte,
war daß Patrick Stewart anderthalb Jahre später in einer hochkarätigen
Fernsehproduktion Kapitän Ahab höchstpersönlich spielen
würde.
Auch Brent Spiner schaffte es den Androiden Data von einer ganz neuen
Seite zu zeigen, die zuvor in der Serie kaum zu sehen war. Datas Verstrickungen
mit der Borg-Queen sind auf der einen Seite purer Horror, auf der anderen
Seite aber auch deutlich humorvoll und mit einem Augenzwinkern gefilmt
worden. Data und die Borg-Queen machen tatsächlich ein ganz hübsches
Paar - Alice Krige und Brent Spiner spielen sich in ihren gemeinsamen
Szenen nicht gegenseitig an die Wand, sondern schaffen es eine erstaunlich
harmonische Beziehung aufzubauen. Auch das Verhältnis zwischen Data
und Picard wird im Film deutlich angesprochen, allerdings steht es nicht
wirklich im Vordergrund.
Michael Dorns Worf war zum Zeitpunkt von First Contact eigentlich auf
DS9 stationiert – um ihn an Bord zu bekommen wurde er einfach als
Kommandant des DS9-”Beiboots”, der Defiant in die Kampfhandlungen
verstrickt und so auf die Enterprise gebracht. Michael Dorn hat wie die
anderen regulären Nebendarsteller das Problem immer ein wenig überflüssig
zu sein, aber die Drehbuchautoren haben für ihn dennoch einige für
den Film sehr wichtige Szenen eingebaut, darunter die Konfrontation mit
Picard und die spätere Wiederversöhnung, die im Rückblick
auf sieben Jahre TNG nicht nur schauspielerisch etwas ganz besonderes
sind.
Marina Sirtis als Deanna Troi hat in First Contact die seltene Gelegenheit,
einmal wirklich lustig zu sein. Die berühmt-berüchtigte “Tequila-Troi”-Szene
ist praktisch das erste Mal, daß Marina Sirtis ihrem sonst fast
immer ernsten Charakter eine Portion Humor verpassen darf, was zum Glück
dank Jonathan Frakes' perfektem Regie-Timing sehr gut geklappt hat. Diese
Szene ist dann auch Deanna Trois größter Auftritt, ansonsten
bleibt ihr Charakter leider etwas im Hintergrund.
Auch Gates McFadden hat in First Contact nur sehr wenig zu tun, was hauptsächlich
daran liegt daß die Schauspielerin von sich aus keine größere
Rolle mehr spielen wollte. LeVar Burtons Gerodie LaForge hat dagegen einen
deutlich größeren Auftritt, der zudem auch noch durch den verschwundenen
“Visor” begünstigt wird, so daß man endlich einen
freien Blick auf die Augen des Schauspielers hat und so seine Mimik endlich
deutlich wird. Zwar hat LeVar Burton keinen preisverdächtigen Auftritt,
aber ein paar kleine Szenen zum Schmunzeln sind schon dabei. Zusammen
mit ihm tritt auch ein alter Bekannter aus TNG auf: Dwight Schulz' nervöser
Reginald Barclay darf kurz dem ebenso nervösen Zefrem Cochrane die
Hand schütteln.
Jonathan Frakes hat sich als Regisseur des Films nicht völlig aus
der Handlung herausschreiben lassen, allerdings hat er auch nicht mehr
Leinwand-Präsenz als die anderen Nebenrollen, die auf der Erdoberfläche
helfen Cochrane sein Schiff wieder zusammenzuschweißen. Genauso
wie seine Kollegen hat Frakes als Schauspieler aber auch seine ganz besonderen
Momente, die seine Rolle in wenigen Momenten auf den Punkt genau treffend
charakterisieren.
Die Inszenierung von First Contact ist praktisch makellos – Jonathan
Frakes hat sich als ganz hervorragender Regisseur herausgestellt und wandelt
damit mehr auf den Pfaden von Leonard Nimoy als auf denen William Shatners.
Die Befürchtung, daß Frakes mit den Anforderungen einer großen
Kinoproduktion nicht fertig werden würde, waren völlig unbegründet,
denn gerade unter den enorm besseren Bedingungen gelang es ihm sein Können
erst so richtig auszuspielen.
Die Atmosphäre des Films ist eine einzigartige Mischung aus ganz
normalem, aber erstklassigen Star Trek, Science-Fiction Horror á
la Alien und handfestem Gute-Laune-Abenteuerfilm. Trotz der recht ernsten
Story läßt First Contact die gute Laune nicht außen vor
- sogar in den gruseligsten Szenen auf der Borg-verseuchten Enterprise
ist ein frischer Schwung zu spüren, der sich durch den ganzen Film
hinzieht.
Jonathan Frakes ist es gelungen, die Gänge zwischen den einzelnen
Elementen so perfekt zu schalten, daß der Film wie aus einem Guß
wirkt und nicht einmal ansatzweise Langeweile aufkommen läßt.
Frakes bekam während den Dreharbeiten den Spitznamen “Two Takes
Frakes”, weil er von einer Szene nie mehr als zwei Takes drehen
ließ und am Ende der Dreharbeiten kaum überschüssiges
Material hatte. Diese effiziente Art zu drehen erfordert eine Menge Disziplin
und Vorausdenken, das nur wenige Regisseure heutzutage wirklich gut hinbekommen.
Nachdem in Generations die Enterprise-D unreparierbar "verunfallt"
worden war, standen alle Möglichkeiten offen. Natürlich wurde
das naheliegenste aufgegriffen und eine neue Enterprise geschaffen, deren
Design äußerst gut gelang. Es gab hunderte von Raumschiffen
in den verschiedenen Startrek-Serien zu sehen, aber mit der NCC1701-E
ist den Designern etwas ganz besonderes gelungen. Obwohl völlig anders
aussehend genügt ein Blick um festzustellen, daß man es mit
einer Enterprise und nicht mit einem x-beliebigen Schiff zu tun hat -
einige Elemente sind ähnlich geblieben, aber das Aussehen läßt
keine Zweifel mehr daran, daß die Enterprise nun nicht mehr ausschließlich
ein Forschungsschiff ist, sondern auch eine Kampfmaschine mit dem Hauptzweck
sich gegen die Borg verteidigen zu können.
Dennoch wurde auf einen knallharten militärischen Look wie bei der
Voyager weitgehend verzichtet - die Sets des Raumschiffinneren sehen geradezu
gemütlich aus, und obwohl die Brücke sehr funktionell umgestaltet
wurde, sieht sie wie ein sehr angnehmer Arbeitsplatz aus. Statt kaltem
Grau dominieren warme Braun- und Blautöne mit einem lederartigen
Eindruck - eine fliegende Konservenbüchse ist die Enterprise wirklich
nicht mehr. Außerdem sieht man hier in einer Atemberaubenden Szene
zum allerersten Mal ein Raumschiff in richtiger Nahaufnahme von außen,
was der Enterprise größenmäßig in die richtige Perspektive
setzt.
Das sonstige Set-Design ist unauffällig, aber sehr realistisch -
ein großer Teil der Handlung findet unter freiem Himmel statt, was
bei Star Trek überhaupt nicht selbstverständlich ist. Die Szenen
im Raketensilo wurden tatsächlich in einer stillgelegten Raketen-Abschussbasis
mit einer Museumsrakete gefilmt, wodurch die Szenerie besonders echt aussieht.
Cochranes Raumschiff hat gegenüber der schicken neuen Enterprise
einen herrlich rustikalen Charme, der die Unterschiede zwischen drei Jahrzehnten
technischer Entwicklung mit nur ein paar kleinen Andeutungen klar macht.
Auch bei den Kostümen wurde wieder einiges umgekrempelt - die Uniformen
waren mittlerweile von den einstigen Schlafanzügen zu bequemeren
Varianten mutiert, aber die meiste Zeit über werden sie von den Hauptdarstellern
erst gar nicht getragen. Das Kostümdesign für die Charaktere
des 21. Jahrhunderts ist überraschend unauffällig ausgefallen
- es sind eigentlich lockere Klamotten, die man auch heute schon tragen
würde.
Obwohl First Contact ein stark Schauspieler- und Dialoglastiger Film ist,
spielen natürlich die Effekte auch eine nicht zu unterschätzende
Rolle. Industrial Light and Magic hatte seit dem ersten Startrek-Film
1979 die Special-Effects produziert und wurde auch wieder für First
Contact engagiert, allerdings sollte es das letzte Mal werden, weil bei
den nächsten Filmen ILM schon mit anderen Kunden beschäftigt
sein wird. Die Effekte in First Contact sind jedoch erstklassig und halten
auch den hohen Anforderungen einer Projektion auf eine große Leinwand
statt, obwohl erstmals im großen Stil Computergrafiken verwendet
wurden. Zwar wurden die meisten Aufnahmen der Enterprise selbst noch mit
traditionellen Modellen gedreht, aber die große Raumschlacht mit
den Borg besteht zum größten Teil aus CGI-Animationen, die
jedoch nicht von den Modellaufnahmen unterscheidbar sind. First Contact
hat zwar gegenüber den anderen Filmen relativ wenig Weltraum-Action
zu bieten, aber dafür sind die vorhandenen Szenen umso beeindruckender
gelungen.
Ein sehr wichtiges Element jedes Star Trek-Films ist die Musik, und die
wurde beim vorherigen Film wie genauso wie vieles andere vernachlässigt
- die Musik von TV-Serienkomponist Dennis McCarthy war zwar nicht direkt
schlecht, aber es fehlte ihr einfach an Originalität. Damit sich
so etwas bei First Contact nicht noch einmal wiederholen sollte, wurde
schon sehr früh entschieden die Filmmusik wieder in die Hände
von Jerry Goldsmith zu legen, der bereits die Musik zum ersten und fünften
Film komponiert hatte und dessen Star Trek-Thema zur Titelmusik nicht
nur von TNG geworden war.
Während Goldsmith in Star Trek V nicht viel neues komponierte und
einen großen Teil seiner Score des ersten Films recycelte, übernahm
er zwar auch ein paar Schlüsselthemen mit in die Musik von First
Contact, schrieb aber auch ein Menge wundervolle neue Melodien - unterstützt
wurde er dabei von seinem Sohn Joel, der ein paar Tracks beisteuerte.
Genauso wie Jonathan Frakes Regie weiß auch Jerry Goldsmith die
passenden Gänge zu schalten: die warme, schwebende Titelmusik wiegt
den Zuschauer in einer falschen Geborgenheit, nur um dann mit den matriarchalische
Klängen der Borg erschrocken zu werden. First Contact ist außerdem
der erste Star Trek-Film seit The Voyage Home, in dem Popmusik zu hören
ist - Zefrem Cochrane ist Fan von gutem, alten Rock´n´Roll
und läßt auch den Start seines Raumschiffs mit entsprechender
Musik begleiten.
First Contact ist schlicht und einfach Star Treks Sternstunde: perfekt
durchchoreographierte, intelligente Unterhaltung mit viel Spannung und
Humor - und das nicht nur für eingefleischte Trekkies, sondern auch
für den Gelegenheitszuschauer, denn in Handlung und Dialoge wurde
fast kaum bemerkbar soviel Exposition eingebaut, daß kaum Fragen
offen bleiben. First Contact ist ein Film, der es schafft den Zuschauer
auch nach mehrmaligem Anschauen immer wieder neu zu begeistern.
Zu verdanken ist dies hauptsächlich der Tatsache, daß Paramount
das Risiko einging Jonathan Frakes die Regie zu überlassen, aber
eigentlich ist First Contact eine große Gemeinschaftsarbeit der
Schauspieler, Autoren und den vielen anderen Mitwirkenden - es ist die
perfekte Kombination der Filmcrew, die einen perfekten Film ermöglicht
hat. An den Kinokassen wurde dies auch besonders belohnt - First Contact
spielte alleine in den USA fast 100 Millionen Dollar ein und wurde verdientermassen
zum erfolgreichsten aller Startrek-Filme.
Nach der etwas enttäuschenden Special-Edition des siebten Startrek-Films hat es Paramount nun geschafft eine
hervorragenden Neuauflage von First Contact hinzukriegen - ein hervorragender neuer Transfer, ordentliche
Tonspuren und eine Sammlung von sehr unterhaltsamen und informativen Extras machen diese DVD einfach zu einer, wenn
nicht der besten Star Trek-Special-Edition von allen. Zwar gibt es von First Contact auf
dieser DVD keinen Director's Cut und auch keine Deleted Scenes, aber alleine für den neuen Transfer und die
tollen Extras lohnt sich die Neuauflage dann doch. Die äußerst preiswerte amerikanische Ausgabe der DVD
ist im März 2005 erschienen, eine wahrscheinlich gleich ausgestattete, aber viel teurere deutsche DVD wird hierzulande
Anfang April erscheinen.
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Bonusmaterial
Die lang erwartete Special-Edition von First Contact kann auch beim Bonusmaterial
voll und ganz überzeugen – zwar sind die Dokumentationen vielleicht
nicht ganz so tiefgreifend wie man sich wünschen sollte, aber der Einblick
in die Produktion des Films ist trotzdem sehr gut gelungen. Auch das Menüdesign
ist beeindruckend – die brandneuen 3D-Animationen sehen fast noch
besser als im Film selbst aus und das Borg-Design ist eine willkommene Abwechslung
zu den mittlerweile nicht mehr spannenden LCARS-Konsolen.
First Contact ist die erste Startrek-SE, die mit zwei Audiokommentaren
ausgestattet ist – sowohl Regisseur Jonathan Frakes als auch die beiden
Autoren Brannon Braga und Ronald D. Moore
haben jeweils einen Kommentar aufgenommen. Für Jonathan Frakes braucht
man in der ersten halben Stunde etwas Geduld, denn er braucht bei seinem
Kommentar-Erstversuch einige Zeit um warmzuwerden und richtig interessante
Sachen zu erzählen. Dabei hat Frakes natürlich durch seine lockere
und ungezwungene Art die Sympathien auf seiner Seite, auch wenn sein Kommentar
nicht so informativ ist, wie man sich es sich vielleicht vorgestellt hatte
- aber unterhaltsam ist er auf jeden Fall geworden.
Brannon Bragas und Ronald D. Moores zweiter Kommentar schildert die Entstehung des
Films aus der völlig anderen Sicht der beiden Drehbuchautoren. Ähnlich wie bei ihrem ersten Kommentar zu Generations
sind die beiden auch hier sehr redefreudig und haben eine Menge interessante Details aus den Untiefen der Filmproduktion
zu erzählen, die man nicht in jedem Audiokommentar zu hören bekommt. Es wäre vielleicht noch besser gewesen, Jonathan Frakes,
Brannon Braga und Ronald D. Moore einen gemeinsamen Kommentar aufnehmen zu lassen, aber das ist wahrscheinlich wegen
terminlichen Gründen nicht möglich gewesen.
Production
Making First Contact (20:18) besteht hauptsächlich
aus Interviews mit Jonathan Frakes, Patrick Stewart, Rick Berman, LeVar
Burton, Alice Krige, Alfre Woodward, Marina Sirtis, James Cromwell, Brent
Spiner, Gates McFadden und Michael Dorn. Diese Interviews sind anscheinend
zum Teil neu für diese DVD gedreht und teils aus altem Pressematerial
entnommen worden, und haben natürlich nur das beste über die Dreharbeiten
zu berichten, was man den sehr sympathischen Leuten aber auch gerne abnimmt.
Auch wenn diese Interviews inhaltlich nicht sehr viel zu bieten haben, ist
diese leider etwas knapp geratene Doku wegen der vielen eingestreuten Videoaufnahmen
von den Sets sehr interessant.
The Art of First Contact (16:33) widmet sich den umfangreichen
Änderungen, die für das Aussehen von First Contact notwendig waren.
Designer John Evans erzählt ausführlich von den Arbeiten an der
Gestaltung des Films, wobei die neue Enterprise, die Phoenix und das vulkanische
Schiff Priorität haben und in vielen Konzeptzeichnungen und ein paar
wohlplatzierten Filmclips gezeigt werden.
The Story (15:28) bringt neben Regisseur Jonathan Frakes
die beiden Autoren Brannon Braga und Ronald D. Moore auf den Plan, die von
der Entwicklung der Story für First Contact erzählen. Dieses Featurette
ist etwas zu voll mit Filmausschnitten, die fast die Hälfe der Viertelstunde
ausmachen – und auch die Interviews der beiden Filmemacher sind auch
nur eine Wiederholung von dem, was sie in ihrem gemeinsamen Audiokommentar
viel ausführlicher erwähnt haben.
The Missile Silo (14:03) dreht sich um das berühmte
Raketensilo, das für die Story des Films so wichtig war. Die Produzenten
Rick Berman und Martin Hornstein, Designer John Eaves und Herman Zimmerman
und Schauspieler Brent Spiner und James Cromwell erzählen wie das Silo
und die darin untergebrachte Rakete für den Film genutzt wurden und
wie die Dreharbeiten in den beengten Platz abliefen. Die Interviews werden
wieder von einer Menge von Fotos und Behind-the-Scenes-Aufnahmen ergänzt.
The Deflector Dish (10:29) beginnt mit einem Voiceover
von John Eaves über einen Storyboard-Film-Splitscreen der fantastischen
Spacewalk-Szene. Der Zeichner erzählt zusammen mit Designer Herman
Zimmerman und Produzent Rick Berman weiter von der Konstruktion des riesigen
Sets, das in vielen Fotos, weiteren Storyboards und faszinierenden Videoaufnahmen
vom Set zu sehen ist.
From "A" to "E" (6:37) ist eine kurze
Dokumentation über die Entwicklung der Enterprise-Sets, aber der Titel
ist etwas mißverständlich, denn hier geht es ausschließlich
um die Kulissen der neuen Enterprise-E. Rick Berman, Patrick Stewart, Brent
Spiner, Herman Zimmerman und Martin Hornstein erzählen hier kurz und
knapp, wie die neuen Sets konstruiert wurden und von den Dreharbeiten in
ihnen, die auch in einigen B-Roll-Aufnahmen zu sehen sind.
Scene Deconstruction
In den drei Szenen Borg Queen Assembly (11:09),
Escape Pod Launch (4:58) und Borg Queen's Demise
(3:11) wird eindrucksvoll demonstriert, wie die Effekte des Films entstanden
sind. Der Zuschauer wird dabei nicht ganz alleine gelassen, denn die Szenen
werden von Alex Jaeger und John Knoll von Industrial Light and Magic kommentiert.
The Star Trek Universe
Jerry Goldsmith: A Tribute (19:45) ist eine wundervolle
kleine Dokumentation über den leider kürzlich verstorbenen Filmmusik-Komponisten.
Goldsmith ist selbst in einigen Interview-Ausschnitten zu sehen, aber
es kommen auch Jonathan Frakes, Komponist Jay Chattaway, Produzent Martin
Hornstein, Tontechniker Bruce Botnick, Illustrator John Evans, Autor Brannon
Braga, Michael Okuda und auch Goldsmith's Sohn Joel zu Wort. Statt tränenreichen
Kommentaren wird höchst interessantes über Goldsmith und seine
Musik erzählt, und man bekommt auch die seltene Gelegenheit ihn in
einigen Aufnahmen von den Scoring-Sessions von First Contact bei der Arbeit
zu beobachten.
The Legacy of Zefrem Cochrane (12:17) läßt
James Cromwell, Rick Berman und Michael Okuda von den Ursprüngen
des Charakters und dessen Weiterentwicklung in First Contact erzählen.
James Cromwell gibt als Schauspieler den besten Einblick in den Charakter
und bleibt nicht nur oberflächlichen Dingen stehen. Hartgesottene
Fans werden hier enttäuscht sein, weil die Diskrepanzen zwischen
dem Charakter aus der TOS-Folge und dem Cochrane aus First Contact einfach
mit künsterlischer Freiheit erklärt wird, aber wenigstens sind
die Filmemacher damit ehrlich.
First Contact: The Possibilities (19:29) macht sich Gedanken,
ob und wie die Menschheit eines Tages wirklich mit Aliens in Kontakt treten
wird. Story Editor Andre Bormanis, Seth Shostak vom SETI-Institut und
Bruce Betts und Charlene Anderson von der Planetary Society machen sich
allerdings keine großen Illusionen, daß dies in der nächsten
Zeit überhaupt passieren wird. Diese Doku ist erstaunlich bodenständig
und zeichnet ein sehr realistisches Bild von der heutigen Situation, in
der sich die “Alienjäger” befinden.
The Borg Collective
Unimatrix One (14:14) berichtet von den Ursprüngen
und der Entstehungsgeschichte der Borg als neue Bösewichte in The
Next Generation. Die Interviews von Rick Berman, Marina Sirtis, Jonathan
Frakes, Gates McFadden, LeVar Burton, Michael Okuda, Patrick Stewart und
Alice Krige wurden wieder aus altem Pressematerial zusammengesucht und
haben keinen wirklich hohen Informationswert für Kenner der Serie,
aber wenn man sich nicht sehr gut in Startrek auskennt, bekommt man hier
einen interessanten Überblick über die Borg.
The Queen (8:30) ist ein kleines und nicht besonders
viel aussagendes Featurette über die Borg-Queen. In alten Interviews
erzählt Alice Krige das ganz offensichtliche, gibt aber zumindest
ein paar kleine Einsichten in ihre besondere Rolle. Trotzdem wird hier
aber nichts gesagt, was von besonderer Wichtigkeit wäre.
Design Matrix (18:09) mit Rick Berman, Jonathan Frakes,
Makeup-Designer Michael Westmore, Property Master Alan Sims, Kostümdesigner
Robert Blackman, Produzent Martin Hornstein und Set Decorator John Dwyer
ist dagegen viel interessanter und gibt einen tiefen Einblick in die Gestaltung
der Borg und ihrer Raumschiffe von den ersten Auftritten in TNG bis zu
First Contact und Voyager. Neben den Interviews sind wieder viele Fotos,
ganz wenige Filmausschnitte und eine Menge interessanter Konzeptzeichnungen
zu sehen.
Archives
Storyboards enthält, nun, halt die Storyboards
von insgesamt vier Szenen: 1930's Nightclub (43), Hull
Battle (48), Hull Battle Alternate Shots (20)
und Worf vs. The Borg Alternate Shots (13) – die
Zeichnungen sind relativ grob und man kann mit ihnen nur wirklich etwas
anfangen, wenn man den Film gut kennt.
Die Photo Gallery enthält eine gut ausgesuchte Sammlung
von 50 Pressefotos, Behind-the-Scenes-Aufnahmen und Konzeptzeichnungen,
die leider genauso wie die Storyboards nicht ganz Bildschirmfüllend
und unkommentiert sind.
Die letzten Extras bestehen aus den Trailern, die hier
zum Glück im Gegensatz zu der vorherigen Startrek-Special-Edition
nicht vergessen wurden: der Teaser Trailer (1:21) und
der Theatrical Trailer (2:21) sind hier genauso wie auf
der früheren First Contact-DVD in nicht-anamorphen Widescreen untergebracht
worden.
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