Mon Oncle
Cover

17.6.2007 #419

von Guido Bibra

Titel Mon Oncle
Studio Specta / Gray / Alter-Films (1958)
Hersteller Criterion Collection (2001) EAN 0-07361-17684-0
DVD-Typ 9 (7,20 GB) Bitrate ø 7,22 max. 9,0
Laufzeit 115:44 Kapitel 26
Regionalcode 0 (USA/Kanada) Case Amaray I
Fernsehnorm NTSC
Bildformat 1.33:1 16:9 ja
Tonspuren Dolby Digital 1.0 Mono 192 kbit/s Französisch
Untertitel Englisch
Freigabe MPAA PG
Extras • Video introduction by writer, director and performer Terry Jones
• L'école des facteurs, the 1947 short film directed by and starring Jacques Tati

Der Film

Gérard wohnt mit neureichen seinen Eltern in einem hochtechnisierten und hypermodernen Haus, aber der Schuljunge verbringt seine Freizeit lieber mit seinem altmodischen und verträumten Onkel Monsieur Hulot. Die Arpels sind davon überhaupt nicht begeistert, und Monsieur Arpel, Chef in einer plastikherstellenden Fabrik, will einen anständigen Job für seinen Neffen finden. Aber so sehr sich Hulot auch bemüht, mit der modernen Welt kommt er einfach nicht richtig zurecht...

 


Mitte der fünfziger Jahre begann das französische und europäische Kino sich langsam, aber sicher vom zweiten Weltkrieg zu erholen, und ein Regisseur hatte mit nur zwei Filmen einen unschätzbaren Beitrag dazu geleistet: Jacques Tati, der mit seinem unverwechselbaren Stil ein ganz neues Genre geschaffen hatte. Sein erster Langfilm Jour de Fête wurde in Europa zu einem großen Erfolg und mit Les Vacances de Monsieur Hulot gelang ihm sogar der Sprung bis nach Amerika. Mit zwei vielbeachteten und hochgelobten Filmen im Repertoire war es für Tati nicht schwer, die Finanzierung für ein neues Projekt auf die Beine zu stellen.

Tati No. 3

Während andere Filmemacher schon damals mehrere Filme pro Jahr fabrizierten, ließ sich Jacques Tati jede Menge Zeit, um sein neues Werk ausführlich vorzubereiten. Zwischen den Premieren von Jour de Fête und Les Vacances de Monsieur Hulot waren über drei Jahre vergangen, und bis Tatis neues Projekt den langen Weg bis auf die große Leinwand zurücklegte, dauerte es fast wieder genauso lange. Zuerst schlicht "Tati No. 3" genannt, sollte es sein bisher ehrgeizigstes Projekt sein werden und eine Abkehr von der vorher relativ bescheidenen Art des Filmemachens bedeuten.

Tatis erster Schritt war eine eigene Firma für die Produktion seines neuen Films zu gründen. Zwar hatte er mit seinem alten Freund Fred Orain und der gemeinsamen Cady Films nur gute Erfahrungen gemacht, aber Tati wollte noch einmal ganz neu beginnen und seinen Film selbst produzieren. Tatsächlich war Fred Orain aber nach wie vor im Hintergrund als Produzent und Berater an Tatis neuem Film beteiligt, obwohl er nicht mehr in den Credits genannt wurde - Tati hatte seinen alten Partner keinesfalls verstoßen, viel mehr hatten die beiden Filmemacher ihre alte Produktionsfirma gemeinsam aufgelöst. Finanzielle Unterstützung bekam Specta Films von den zwei französischen Co-Produzenten Alter Films und Gray-Film sowieso aus Italien von Film del Centaurio, wobei der Film sogar im Vorspann als französisch-italienische Co-Produktion bezeichnet wurde.

Nummer 3 wird Mein Onkel

Henri Marquet, der mit Jacques Tati zusammen dessen zwei vorherige Filme geschrieben hatte, war diesmal nicht mit am Drehbuch beteiligt, aber als Regie-Assistenz immer noch mit dabei. Tati war zwar ein innovativer Drehbuchautor, aber ein schlechter Zeichner und konnte deswegen seine Ideen visuell nur schlecht festhalten. Sein neuer Kollaborateur Jacques Lagrange, der auch schon an Tatis vorherigem Film mitgearbeitet hatte, war dagegen ein hervorragender Zeichner und schrieb nicht nur am Drehbuch mit, sondern illustrierte es auch. Seine ausführlichen Zeichnungen und Storyboards bestimmten das besondere Aussehen des Films so sehr, daß Lagrange praktisch der inoffizielle Produktionsdesigner war.

Tati und Lagragne schrieben zusammen ein Drehbuch, das zwar wie bei Tatis vorherigen Filmen aus einer Sammlung von einzelnen sketchartigen Ideen war, aber nun auf einer richtigen Geschichte basierte, die aus mehreren, komplex ineinander verwobenen Plots bestand. Eine wirkliche Hauptrolle gab es eigentlich nicht, aber der wichtigste Protagonist des Films wurde wieder Tatis Monsieur Hulot, der seit seinem ersten Auftritt so beliebt geworden war, daß der Filmemacher ihn mit Vergnügen noch ein weiteres Mal auftreten ließ. Diesmal war Hulot der titelgebende Onkel des Films und nicht nur ein anonymer Jedermann, über den man nicht viel, aber immerhin etwas mehr als bei seinem ersten Auftritt erfährt.

Der eigentliche Plot des Films ist eine Geschichte von zwei Welten – dem altmodischen, gemütlichen und etwas bröckelnden Nachkriegsfrankreich, das Tati schon in seinen vorherigen beiden Filmen liebevoll in Szene gesetzt hat, und der durchgestylten, unpersönlichen und sterilen Moderne. Monsieur Hulot und sein Neffe Gerard sind die einzigen Charaktere der Geschichte, die eine Brücke zwischen diesen beiden Welten schlagen, die ansonsten völlig getrennt nebeneinander existieren und kaum etwas voneinander mitbekommen. Tati machte diese Parallelität zum Thema und ließ Hulot wie ein Fisch aus dem Wasser in der fremdem Umgebung agieren, um so jede Menge Gelegenheiten für komische und auch nachdenkliche Situationen zu schaffen.

Die Rückkehr des Monsieur Hulot

Während Les Vacances de Monsieur Hulot der erste Auftritt von Tatis Alter Ego war, sind es doch seine Abenteuer in Mon Oncle, die am besten in Erinnerung bleiben. Tati ließ Hulot noch weiter reifen und brachte seine Verschrobenheit und Tolpatschigkeit auf die Spitze, während er ihn gleichzeitig zur einzig wirklich menschlichen Erwachsenen der Geschichte machte. Mit einer entwaffnenden kindlichen Naivität ausgestattet kann man Hulot sogar seine größten Mißgeschicke verzeihen, weil er noch nicht einmal dumm reagiert, sondern mit mehr gesundem Menschenverstand als seine Mitmenschen.

Genauso wie bei seinen früheren Filmen setzte Tati bei der Besetzung der weiteren Rollen von Mon Oncle nicht auf Starpower, sondern suchte sich fast ausschließlich völlig unbekannte Schauspieler und Laiendarsteller aus, die noch viel lockerer agieren als es bei Profis möglich gewesen wäre. Am meisten erstaunt der zehn- oder elfjährige Alain Becourt, der Hulots Neffen mit einer bemerkenswerten Natürlichkeit spielt und einfach den Eindruck eines ganz normalen Schulkinds macht. Dagegen wirken Adrienne Servantie und Jean-Pierre Zola als das plastik-perfekte Ehepaar Arpel und Dominique Marie als ihre überkandidelte Nachbarin auf ihre eigene Weise ganz realistisch, weil sie ihre Rollen herrlich satirisch auf die Spitze treiben, ohne dabei lächerlich zu wirken. Der heimliche Hauptdarsteller des Films ist aber der Dackel der Arpels und seine Spielgefährten, die Jacques Tati bei den Dreharbeiten sicher mehr Geduld gekostet haben als seine menschlichen Darsteller.

Gags, Satire und ausgefallene Kulissen

Obwohl Tati seinem neuen Film einen viel deutlich sichtbareren roten Faden als in seinen früheren Werken verpaßte, legte er immer noch jede Menge Wert auf die vielen kleinen und großen humorvollen Einlagen und aufwendig inszenierte visuelle Gags. Angefangen bei Hulots altmodischen Dachwohnung, die er nur durch ein Labyrinth von Treppenhäusern erreichen kann und damit ein nur für den Zuschauer sichtbares Fenster-Ballet aufführt, bis zu den technischen Spielereien im futuristischen Haus der Arpels ließ Tati sich einiges einfallen und baute in fast jede Szene des Films seine besonderen Gags ein – mal im Hintergrund, mal im Vordergrund, und mal so unauffällig, daß man sie erst bei genauerem Hinschauen entdecken kann.

Tati fand sein "altes" Frankreich in Saint-Maur-des-Fossés, einem kleinen Vorort im Südosten von Paris, der fast völlig unberührt von den modernen Welt war und ideal für einen großen Teil der Kulissen von Mon Oncle war. Dort entstanden unter der Mitwirkung von vielen Einheimischen eine Menge Außenaufnahmen, unter anderem auch von dem wunderbaren Haus mit Hulots Dachwohnung, das Tati besonders effektiv mit einer Weitwinkel-Linse als ganzes in Szene setzte. Das ultramoderne Haus der Arpels inklusive durchgestyltem Garten mit Fisch-Springbrunnen und Garage wurde dagegen in den Studios de la Victorine in Nizza von Produktionsdesigner Henri Schmitt nach den detailreichen Konzeptzeichnungen von Jacques Lagragne in Lebensgröße gebaut - es war eins der aufwendigsten und ungewöhnlichsten Sets der französischen Kinogeschichte.

Ein Blick durch die Augen des M. Tati

In einer Länge von fast zwei Stunden nahm sich Tati jede Menge Zeit seine Geschichte ausführlich und in aller Ruhe zu erzählen - einen Stil, den er schon mit seinen vorherigen beiden Filmen sehr ausführlich eingesetzt hatte und mit Mon Oncle noch weiter perfektionierte. Tati läßt die Handlung gemächlich wie einen Bewußtseinsstrom am Zuschauer vorbeiziehen und widmet oft kleinen, unscheinbaren Details genausoviel Aufmerksamkeit wie der vordergründigen Handlung. Die Kameraarbeit verzichtet auf grandiose Fahrten und bewegt sich nur selten - Tatis sorgfältig choreographierten Bildkompositionen wirken wie lebendig gewordene Fotografien und er läßt den Zuschauer die Handlung nicht aus unmöglichen Winkeln durch die Linse der Kamera, sondern durch die Augen eines Beobachters sehen.

Ton und Musik sind bei Mon Oncle wie schon bei Tatis früheren Filmen fest mit der visuellen Gestaltung verbunden, allerdings spielen die Dialoge nun eine etwas größere Rolle und sind nicht nur einfache Hintergrundgeräusche. Musikalisch wandelte Tati auch wieder auf den Pfaden seiner vorherigen Werke und ließ Mon Oncle wieder von Alain Romains vertonen, der schon die Musik für Les Vacances de Monsieur Hulot geschrieben hatte und nun von Franck Barcellini unterstützt wurde. Ihre jazzig angehauchten Themen und urfranzösisch klingenden Melodien haben enormen Ohrwurmcharakter und sind wesentlich für die besondere Atmosphäre des Films verantwortlich

Tati goes Eastmancolor

Nach dem Thomsoncolor-Desaster von Jour de Fête, dessen Farbversion er zu Lebzeiten nie selbst anschauen konnte, hatte Jacques Tati Les Vacances 1952 noch in Schwarzweiß gedreht, weil die Verfügbarkeit von Farbfilm und die Entwicklungsmöglichkeiten in Frankreich noch zu unsicher waren. Seitdem hatte sich aber eine Menge getan und Tati konnte nicht nur das begehrte Eastmancolor-Filmmaterial aus dem Kodak-Werk im englischen Rochester bekommen, sondern es auch direkt in Frankreich entwickeln lassen – dadurch bot sich für ihn das erste Mal die realistische Möglichkeit in Farbe zu drehen. Obwohl auch Frankreich schon seit 1954 mit dem CinePanoramic-Verfahren von der Breitwand-Revolution überrollt wurde, drehte Tati ganz bewußt noch im alten 1.37:1-Format.

Viel wichtiger als ein breites Bild war Tati die Möglichkeiten des Farbfilms, die er eigentlich schon zehn Jahre zuvor mit Jour de Fête ausprobiert hatte und nun endlich richtig anwenden konnte. Zusammen mit seinem Kameramann Jean Bourgoin, der schon 1956 seinen ersten Farbfilm in Eastmancolor gedreht hatte, schuf Tati ausgeklügelte Farbkompositionen, die den starken Kontrast zwischen der plastikartigen, klinisch reinen modernen Welt und dem lebendigen, erdigen alten Stadtviertel so deutlich wie nur möglich machten.

My Uncle, oder: Tati goes to Hollywood

Um die Chancen einer internationalen Vermarktung des Films zu erhöhen, arbeitete Jacques Tati schon bei den Dreharbeiten auf eine englischsprachige Fassung hin, indem er einige Szenen mit französischen und englischen Schildern zweimal drehte und einige zusätzliche Sequenzen inszenierte. Auch eine englische Sprachfassung wurde genauso wie bei Les Vacances de Monsieur Hulot erstellt, weil die Dialoge diesmal noch wichtiger für die Handlung waren als zuvor und Tati unbedingt die von ihm verhaßten Untertitel vermeiden wollte. Außerdem straffte er die fast zwei Stunden lange Urfassung für die englische Version um etwa zehn Minuten, wobei aber nicht nur Szenen entfernt, sondern durch andere Versionen ersetzt wurden. Dadurch wurde die englischsprachige Fassung, die auch als Basis für die deutsche Version diente, zu einer völlig eigenen Inkarnation des Films.

Im Sommer 1958, wenige Wochen nach der erfolgreichen Premiere von Mon Oncle in Frankreich, reiste Jacques Tati erstmals in die USA, um in Hollywood Werbung für seinen neuen Film zu machen. Der sonst eher medienscheue Filmemacher hatte dafür extra Englisch gelernt und absolvierte ein für ihn beeindruckendes Programm: er trat zweimal in Ed Sullivans Talkshow auf und ließ sich sogar dazu überreden, für Sports Illustrated eine Fotosession mit seiner Tennis-Akrobatik zu machen. Im Frühjahr 1959 kehrte Tati dann noch einmal nach Hollywood zurück um die Academy Awards zu besuchen – Mon Oncle war für den Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert und konnte sich gegen die Konkurrenz aus Deutschland, Jugoslavien, Spanien und Italien durchsetzten.

Ein Onkel mit Erfolg

Überhäuft mit vielen europäischen Filmpreisen – Mon Oncle hatte bereits im Mai 1958 in Cannes den Spezialpreis der Jury gewonnen – standen Jacques Tati nach seinem Oscargewinn in Hollywood Tür und Tor offen. Warner machte ihm ein verlockendes Angebot, einen Film in Hollywood zusammen mit Sophia Loren zu drehen, der den Titel Mr. Hulot Goes West tragen sollte – allerdings verlief diese Idee im Sand, obwohl es nicht an Jacques Tatis Interesse mangelte. Immerhin konnte Tati sich einen alten Traum erfüllen und stattete seinen Stummfilm-Idolen Stan Laurel, Buster Keaton, Harold Lloyd und Mack Sennett ausführliche Besuche in Hollywood ab.

Mit Mon Oncle hatte Tati sein lang ersehntes Meisterwerk geschaffen und war zum ersten Mal voll und ganz zufrieden mit seinem Werk, wie er in vielen Interviews aus dieser Zeit gerne erzählte. Tatsächlich ist im Laufe der Zeit Mon Oncle zum größten Klassiker seiner Filme geworden, was aber hauptsächlich daran lag, daß es Tatis größter und von den Kritikern am meisten beachteter Erfolg war. Weder sein Mammutwerk Playtime, an dem er fast ein halbes Jahrzehnt arbeitete und das ihn finanziell ruinierte, noch sein letzter Auftritt als Monsieur Hulot in seinem letzten Kinofilm Trafic konnten an den Erfolg von Mon Oncle anknüpfen, auch wenn seine späteren Filme von den Kritikern noch gebührende Anerkennung erhielten.

Auch fast fünfzig Jahre nach seiner Entstehung ist Mon Oncle heute immer noch aktuell – Tatis Satire der modernen Welt und der wehmütige Blick auf die vergangene Zeiten wirken kaum gealtert und halten heute der Realität immer noch genauso einen Spiegel vor die Nase wie 1958.

Die DVD

Schon 2001 wurde Mon Oncle zusammen mit Les Vacances de Monsieur Hulot und Playtime von Criterion in den USA veröffentlicht, war dann aber wegen abgelaufenen Rechten einige Zeit nicht mehr im Handel - erst Anfang 2004 war die DVD dann wieder erhältlich und ist es bis heute geblieben. Mittlerweile gibt es Mon Oncle auch in anderen Ländern, unter anderem auch in Deutschland, als DVDs, die jedoch alle von ähnlichen Bildmastern wie die Criterion-Ausgabe stammen.

Die Criterion Collection von Mon Oncle kann zwar nicht mit besonders vielen Extras aufwarten, hat aber dafür für eine DVD aus dem Jahr 2001 eine sehr solide Bild- und Tonqualität zu bieten. Die alternative englische Fassung ist bei dieser DVD nicht dabei, da die in Frankreich durchgeführte Restauration von My Uncle erst 2005 fertig war. Das gelungene Covermotiv, das auf einem Original-Poster basiert und das kleine, aber interessante beiligende Faltblatt mit einem kurzen Essay (hier auch online verfügbar) machen diese DVD zu einer sehr gelungenen Veröffentlichung des Films, der man sogar die nicht so zahlreichen Extras verzeihen kann. Mit Regionalcode 0 ist diese DVD wie viele andere aus der Criterion Collection auch auf hiesigen DVD-Playern abspielbar, die nicht codefree sind.

Cover

Cover

Bild

Genauso wie bei Criterions Les Vacances de Monsieur Hulot kann das Bild dieser DVD trotz ihres Alters immer noch überzeugen, obwohl die Abtastung ein paar nicht zu übersehende Probleme hat. Erstellt wurde der Transfer von einem restaurierten Interpositiv bei Scanlab in Frankreich im Auftrag von Criterion, die die Abtastung allerdings nicht mehr zusätzlich digital überarbeitet haben.

Die Filmvorlage ist ähnlich wie bei Les Vacances de Monsieur Hulot in einem nicht ganz perfekten Zustand, denn es sind zwar keine groben Beschädigungen, aber einige kleinere Verschmutzungen in Form von weißen Dropouts kommen schon ab und zu vor, fallen aber nicht wirklich unangenehm auf. Etwas deutlicher ins Auge fällt dagegen der etwas instabile Bildstand um einige Schnitte herum auf, die sich mit einem deutlichen kurzen Ruck im Bild bemerkbar machen, aber dafür auch nur gerade mal ein oder zwei Filmbilder lang andauern und auch nicht immer auftreten. Ansonsten ist der Bildstand erstaunlich stabil und leistet sich keinerlei Ausfälle – ein Indikator dafür, daß der verwendete Print lediglich Probleme mit den Klebestellen gehabt haben muß.

Nicht auf dem allerhöchsten Niveau, aber trotzdem mehr als zufriedenstellend ist die Schärfe, die für einen 35mm-Film vom Ende der fünfziger Jahre sehr beeindruckend ist, aber bei einer Abtastung von einer Kopie der ersten Generation vielleicht noch besser hätte sein können. Auf jeden Fall ist die Detailtreue noch ein ganzes Stück besser als bei Les Vacances de M. Hulot und man bekommt auch bei genauer Betrachtung nicht den Eindruck, als ob die DVD Einzelheiten vorenthalten würde. Ein zusätzlicher Schärfefilter scheint allerdings nicht zum Einsatz gekommen sein, wodurch das Bild einen sehr natürlichen und kaum elektronisch-verfremdeten Eindruck macht. Auch die Filmkörnigkeit wurde kaum angetastet und ist in einem ganz normalen Maß sichtbar.

In Sachen Farben kann die Abtastung jedoch die Brillianz der Eastmancolor-Filmvorlage hervorragend wiedergeben. Was in früheren Versionen von Mon Oncle mit einem grün-gelben Farbstich überzogen war, erstrahlt nun wieder so, wie es 1958 bei der Premiere des Films ausgesehen haben muß. Tatis ausgeklügelte Farbkompositionen – erdige, natürliche Töne und knallige, grelle Plastik-Farben – kommen ausgezeichnet zur Geltung und sehen nicht im mindesten aus, als ob sie fast ein halbes Jahrzehnt auf dem Buckel hätten. Kontrast und Helligkeit machen einen sehr gut ausgewogenen Eindruck und das Authoring ist bis auf ein paar Stellen mit leichtem Blockrauschen völlig unauffällig.

Für einen über fünf Jahre alten Transfer macht die Bildqualität dieser DVD einen mehr als zufriedenstellenden Eindruck, allerdings könnte eine neue Abtastung mit zusätzlicher digitaler Restauration wirklich nicht schaden, denn dann sähe Mon Oncle noch ein kleines Stückchen brillianter aus.

Ton

Die Criterion-DVD von Mon Oncle ist im Gegensatz zu Les Vacances de M. Hulot nur mit einer französischen Tonspur ausgestattet, da die von Jacques Tati angefertigte englische Fassung eine etwas kürzere Laufzeit hat und nicht mit der längeren französischen Urfassung zusammenpaßt.

Die französische Tonspur wurde von einer sehr gut erhaltenen Magnetton-Quelle restauriert und klingt deshalb hervorragend. Auf einen Mehrkanal-Remix wurde natürlich verzichtet, so daß der Ton in der ursprünglichen Mono-Abmischung zu hören ist. Der Klang ist für einen Film dieses Alters beinahe unnatürlich klar und sauber, es ist lediglich ein kaum wahrnehmbares Grundrauschen zu hören, ohne daß sich der Ton kaputtgefiltert anhört. Frequenzumfang und Dynamik sind optimal und lassen keine hörbaren Einschränkungen aufkommen. Besonders gut klingt dadurch die Musik, aber auch die gleichermaßen wichtigen Geräusche und Dialoge machen einen sehr frischen und unverbrauchten Eindruck.

Mitgeliefert werden englische Untertitel, die die wichtigsten Dialoge übersetzen und standardmäßig aktiviert sind, allerdings auch abgeschaltet werden können.

Bonusmaterial

Die Extras der Criterion Collection von Mon Oncle sind ähnlich spärlich wie bei Les Vacances de Monsieur Hulot – mehr als die obligatorische Einführung von Terry Jones und einen weiteren von Tatis Kurzfilmen bekommt man in den schlicht, aber ansprechend gestalteten Menüs leider nicht geboten.

Im Terry Jones Intro (5:09) gibt der Komiker und Ex-Monty-Python einen kleinen, warmherzigen Überblick über Mon Oncle, der ruhig noch etwas ausführlicher hätte sein können. Man bekommt den Eindruck, als ob Terry Jones noch viel mehr zu erzählen hätte – ein Audiokommentar mit ihm wäre sicher noch viel interessanter geworden.

L'Ecole des Facteurs (15:04), Tatis unmittelbarer Vorgänger von Jour de Fête, ist auf dieser DVD in erstaunlich guter Bildqualität zu sehen. Eigentlich hat dieser Kurzfilm zwar nichts mit Mon Oncle zu tun, aber da Criterion Jour de Fête (noch) nicht selbst veröffentlicht hat und es keinen anderen begleitenden Film von Jacques Tati aus der Zeit von Mon Oncle gibt, ist L'Ecole des Facteurs auf dieser DVD trotzdem sehr gut aufgehoben.

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