Der Film
Polizist Ben Peterson (James Whitmore) und sein Kollege Ed Blackburn (Chris Drake) entdecken in der Wüste von New Mexico ein umherirrendes, verstörtes kleines Mädchen und finden heraus, daß ihre Eltern unter mysteriösen Umständen getötet wurden. Seltsame Spuren im Wüstensand, mysteriöse Geräusche und der Tod von Petersons Partner rufen den FBI-Agenten Robert Graham (James Arness), den Wissenschaftler Dr. Medford (Edmund Gwenn) und seine Tochter Pat (Joan Weldon) auf den Plan, die auf Riesenameisen treffen, die durch die Atomtests in der Wüste mutiert sind...
Monster, Mutanten und Außerirdische standen in der Kinobranche
in den fünfziger Jahren hoch im Kurs und fast jedes Filmstudio hatte den
einen oder anderen Film zum Thema zu bieten. Universal, schon seit den
dreißiger Jahren mit Dracula, Frankenstein und Co. der Platzhirsch schlechthin,
dominierte das Gerne auch noch zu dieser Zeit. Es war aber Warner, die
mit dem Horrorspektakel House of Wax das 3D-Format für einige
wenige Jahre populär gemacht hatten – aber ansonsten tat sich das Studio
mit Horror und Science-Fiction und etwas schwer. Erst 1954 gelang Warner
der große Wurf, mit dem eine ganz neue Filmgeneration geschaffen wurde.
Die Idee war, einen Horrorfilm über durch Atomtests mutierte Rieseninsekten zu drehen – ein Konzept, das heutzutage wirklich nichts neues mehr ist, aber damals noch völlig neu war. Als Protagonisten wurden Ameisen ausgewählt, das Projekt wurde als aufwendige 3D-Produktion in Farbe vorbereitet, die beinahe auch so entstanden wäre wenn nicht Studiochef Jack Warner interveniert hätte. Der war von der Idee überhaupt nicht begeistert und strich zuerst das teure 3D-Format und kurz vor Beginn der Dreharbeiten auch noch die Farbe, wodurch der Film von einer hochkarätigen A-Produktion zum zweitklassiken B-Movie degradiert wurde.
Regisseur-Veteran Gordon Douglas, schon seit Mitte der dreißiger Jahre im Geschäft und seit 1950 bei Warner unter Vertrag, ließ sich daran aber nicht stören und drehte den Film so, wie er ursprünglich geplant war. Statt Them! – wie der Titel schon von Anfang an hieß – schnell und hastig runterzukurbeln, wurde der Film sehr bedacht und sorgfältig produziert ohne sich auf das typische B-Movie-Niveau herabzubegeben. Gordon Douglas hatte ein ganz persönliches Interesse am Film und sorgte dafür, daß Them! unter den Budgetkürzungen nicht leiden mußte.
Zum Glück wurde die Produktion entsprechend aufwendig vorbereitet, denn die gesamten Special-Effects - sprich: Riesenameisen – wurden als aufwendige, lebensgroße Modelle vorbereitet, weil im 3D-Format keine Bluescreen-Technik oder andere Trickaufnahmen möglich waren. Ein früher Versuch reale Ameisen mit Makrolinsen zu filmen wurde wegen der Unberechenbarkeit der Insekten schnell verworfen, und statt einen der wenigen unabhängigen Trickexperten Hollywoods zu engagieren, wurde die studioeigene Effekt-Abteilung beauftragt.
Das Drehbuch von Russell S. Hughes und Ted Sherdeman nach einer Vorlage von George Worthing Yates ist nicht wirklich originell, denn die Geschichte macht starke Anleihen bei der im Vorjahr entstandenen Verfilmung von War of the Worlds. Ähnlichkeiten in der Handlung sind nicht vor der Hand zu weisen – die Art der apokalyptischen Bedrohung, die Reaktion der Wissenschaftler und die Einmischung des Militärs sind sehr ähnlich, finden aber in einem viel kleineren Rahmen statt. Während es in War of the Worlds jedoch relativ schnell zur Sache geht, läßt sich Them! viel Zeit für den Spannungsaufbau und setzt mehr auf leisen Grusel als auf Haudrauf-Schockeffekte.
Besondere Mühe gibt sich der Film mit der wissenschaftlichen Erklärung der Riesenameisen – es gehört nicht nur ein liebenswerter älterer Professor mit zu den Charakteren, sondern es wird sogar ein kleiner Lehrfilm über Ameisen vorgeführt um dem Film eine gewisse Authenzität zu geben. Weniger erklärt wird natürlich das fiktive Phänomen der Mutation durch Atombombentests – hier wird zum ersten Mal mit dieser noch relativ neuen Angst gespielt, die kombiniert mit den Rieseninsekten in den fünfziger Jahren die Kinozuschauer sehr erfolgreich erschreckt haben dürften.
Obwohl die Monster-Ameisen sozusagen die Hauptdarsteller des Films sind, lassen sie sich nur in relativ wenigen Szenen blicken, schaffen es aber durch die ständige unterschwellige Bedrohung doch immer präsent zu sein. Trotzdem stehen die sehr gut ausgewählten Schauspieler deutlich im Vordergrund und lassen sich von den Ameisen nicht die Show stehlen. Die Charaktere sind allzu komplex: wir haben den tapferen Polizisten, den toughen FBI-Agenten und den Wissenschaftler mit seiner Tochter – der Rest ist mehr oder weniger Beiwerk, und sogar auf komplizierte romantische Verstrickungen wird weitgehend verzichtet.
Der Anfang des Films gehört fast ausschließlich James Whitmore, der den
Polizisten Ben Peterson auf eine sehr bodenständige und ehrliche Art spielt
– er repräsentiert den einfachen Durchschnittsamerikaner der fünfziger
Jahre als sympathischer und sehr menschlicher Cop. James Arness als FBI-Agent
Robert Graham schreitet dagegen wie ein Cowboy durch den Film, was auch
gar nicht verwunderlich ist, denn der Schauspieler war ein waschechtes
Imitat von Westernlegende John Wayne und landete einige Jahre nach Them!
die Hauptrolle in der Westernserie Gunsmoke, die er zwanzig Jahre
lang spielte. Etwas Science-Fiction-Erfahrung konnte er auch vorweisen,
denn er hatte in The Thing from another World die Rolle des Alien-Monsters
gespielt.
Die Fraktion der Gelehrten führt Edmund Gwenn als Dr. Harold Medford an, ein netter, etwas trotteliger Herr, mit dem aber in seiner Eigenschaft als Wissenschaftler nicht zu spaßen ist. Gwenn, der schon auf der Bühne stand als die anderen Schauspieler des Films noch gar nicht geboren waren, ist in Them! so etwas wie die Stimme des Schicksals – er ist es, der als Kenner der Materie den Untergang oder den Sieg mit andächtigen Reden voraussagen darf. Wenn er das gerade nicht einmal tut, ist er einer der liebenswürdigsten Charaktere des Films und nicht nur einfach zur Belustigung da. Auch Joan Weldon, die Medfords Tochter Patricia spielt, hat keine typische Frauen-Nebenrolle inne, sondern die einer ganz bodenständigen Wissenschaftlerin, die sogar den männlichen Charaktere manchmal Respekt einflößt.
Obeohl die vielen weiteren Nebenrollen nicht besonders ausladend ins Drehbuch geschrieben wurden, sind sie dennoch sehr sorgfältig besetzt worden. Jede noch so kleinste Figur wirkt den umständen entsprechend sehr realistisch, weil sich eine Menge ausgezeichnete Charakter-Darsteller fanden, die ihre Filmkarriere gerade erst begannen und durch ihre Auftritte in Them! die Aufmerksamkeit vieler Filmemacher auf sich zogen. Besonders bemerkenswert ist aber die Rolle von der jungen Sandy Descher, die das durch einen Ameisen-Angriff verstörte kleine Mädchen beeindruckend echt spielt - etwas, man heutzutage bei so jungen Darstellern gar nicht mehr kennt.
Musikalisch ist Them! auch überraschend anspruchsvoll, denn statt eine Gruppe von anonymen Komponisten zu beschäftigten, wurde der hauptsächlich bei MGM beschäftigte Filmmusiker Bronislau Kaper engagiert. Eigentlich gar nicht mit Horror oder Science-Fiction vertraut schrieb Kaper am liebsten romantische Musik oder Scores für handfeste Thriller – deshalb klingt seine Filmmusik zu Them! gar nicht wie die eines typischen Horrorfilms. Die modernen, nervösen Klänge sind nicht besonders melodiös, erfüllen aber ihren Zweck die unruhige, bedrohliche Atmosphäre des Films noch zu unterstreichen.
Die Special-Effects, wenn man die übergroßen Ameisen-Modelle überhaupt so nennen mag, sind aus heutiger Sicht natürlich nicht mehr wirklich beeindruckend, wirken aber gleichzeitig auch nicht völlig lächerlich. Die Konstruktion der Ameisen ist nicht sehr weit weg von der Realität und die Imperfektionen in den Modellen wird durch geschickten Filmschnitt und den Umstand, daß sie nie völlig klar zu sehen sind sehr gut kaschiert. In einem Sandsturm oder in der dunklen Kanalisation mit der richtigen Geräuschkulisse wirken die Monster-Ameisen gruseliger als Stopmotion-Animationen oder heutige CGI-Technik es ermöglicht hätten.
Gordon Douglas hatte Jack Warner bewiesen, daß Them! trotz des reduzierten Budgets kein B-Movie war und behielt recht, als sich der Film als einer der größten Kassenschlagers des Jahres 1954 herausstellte. Die dramaturgisch und schauspielerisch der Konkurrenz hoch überlegene Inszenierung wußte auch hartnäckige Kritiker zu überzeugen und konnte das Kinopublikum auf der ganzen Linie begeistern.
Es war auch der Film, der das Genre der Insektenmonster begründete, das
zahlreiche mehr oder weniger gelungene Nachahmer bis in die heutige Zeit
fand. Kein direkter Nachahmer, aber durch Them! deutlich inspiriert,
war Jack Arnolds im Folgejahr entstandener Tarantula, der zusammen
mit Them! zu den größten Genreklassikern der fünfziger Jahre
gehört.
Die DVD
Them! - in Deutschland unter dem genauso gut passenden
Titel Formicula bekannt - ist schon seit den sechziger Jahren
weltweit ein Dauerbrenner im Fernsehen und wird auch immer noch gerne
in Programmkinos gezeigt. Leider hatte eine DVD-Veröffentlichung lange
auf sich warten lassen, offenbar weil Warner sich um eine vernünftige
Restauration kümmern und nicht einfach irgendeinen alten Transfer digitalisieren
wollte. Das Warten hat sich gelohnt, denn die 2003 zuerst in den USA und
dann auch in den anderen Regionen erschienene neue DVD des Films hat eine
hervorragende Bild- und Tonqualität und bringt sogar ein paar kleine Extras
mit.
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