Der Film
Die kleine Karibik-Insel Cascara gehört noch zum britischen
Commenwealth und hat außer Hitze, Wind und einer Bevölkerung die hauptsächlich
von Schiffsbrüchigen abstammt, nicht viel zu bieten. Baxter Thwaites (Michael
Caine) hat als Governeur des kleinen Inselstaats nicht viel zu tun und
versucht sich das Leben im Diplomaten-Exil so angenehm wie möglich zu
machen. Die kleine Idylle wird jedoch empfindlich gestört, als der Ölmulti
Spenco Werbeaufnahmen auf einer alten Ölbohrplattform auf der Insel machen
will und währenddessen die Quelle wieder beginnt zu sprudeln - nicht mit
Öl, sondern mit feinstem Mineralwasser. Cascara sieht sich schon als reiche
Insel, aber Spenco will sich das Tafelwasser selbst unter den Nagel reißen
und als als die britische Regierung entscheidet die Einwohner aus Kostengründen
auf andere Inseln umzusiedeln, vergißt Baxter seine britische Reserviertheit
und ergreift ungewöhnliche Maßnahmen...
Ende der siebziger Jahre war die britische Filmindustrie
nicht gerade am Ende, aber gegenüber der Hollywood-Konkurrenz durch den
Zusammenbruch von vielen großen Filmstudios deutlich im Nachteil. Einer
der wenigen Lichtblicke war Handmade Films, eine Firma die ursprünglich
von Ex-Beatle George Harrison gegründet wurde um die Finanzierung des
Monty Python-Film Life of Brian zu ermöglichen. Trotz oder gerade wegen
der Kontroversen um die bissige Jesus-Satire wurde Life of Brian zu einem
großen Erfolg und machte Handmade Films zu einer großen Hoffnung für die
englische Filmindustrie.
Handgemachtes
Handmade produzierte einige der besten britischen Filme der achtziger
Jahre, von denen viele einen enormen Bekanntheitsgrad erreicht hatten
und bald als Geheimtip galten. Terry Gilliams Time Bandits war eine der
größte Produktionen, genauso wie The Long Good Friday , Mona Lisa, A Private
Function oder Withnail & I. Während diese Filme von den Kritikern hoch
gelobt wurden, hatten andere Handmade-Produktionen kaum eine Chance, wenn
sie nicht genug Anspruch zeigten - besonders die Komödien litten darunter
und wurden oft unfair hart beurteilt.
Dazu gehörten auch zwei Filme des britischen Autorenduos Dick Clement
und Ian LaFrenais, die schon seit den sechziger Jahren zusammen originelle
Komödien fürs englische Fernsehen und Kino schrieben und inszenierten.
1983 hatten sie für Handmade Films die Abenteuerfilm-Parodie Bullshot
nach den Bulldog Drummond-Serials aus den dreißiger Jahren inszeniert,
die zwar finanziell nicht besonders erfolgreich war, aber den Leuten von
Handmade Films so gut gefiel daß sie nach weiteren Ideen der beiden Autoren
fragten - worauf diese ein Drehbuch herausholten, daß sie schon vor einigen
Jahren mit Bill Persky, einem anderen Autor, begonnen hatten.
Das Wasser beginnt zu fließen
Es war die Idee zu Water, einer Parodie auf britischen Kolonialismus,
die Dick Clement und Ian LaFrenais zu Handmade Films brachten und damit
schnell grünes Licht bekamen - zumindest Ansatzweise, denn wie so oft
blieb bis zur letzten Minute offen ob die Produktion wirklich losgehen
konnte. Gesucht wurden ein Menge Schauspieler, in den Hauptrollen namhafte
Leute deren unterstützung mehr als fraglich war, eine Südsee-Insel, eine
Bohrplattform und noch einiges mehr. Erstaunlicherweise bekamen die Filmemacher
alles ohne wirklich ernste Probleme zusammen, was wahrscheinlich an der
Popularität von Handmade Films gelegen hat, aber auch daran daß ihre Idee
vielen Leuten sehr gut gefallen hatte.
Einer von denen, die vom Drehbuch begeistert waren, war Michael Caine,
dessen Karriere Anfang der achtziger Jahre nicht gerade auf dem Höhepunkt
war. Trotzdem hatte er keine Scheu, sich auf ein ungewisses Projekt wie
Water einzulassen - genauso wie einige Jahre zuvor Terry Gilliam Sean
Connery für Time Bandits begeistern konnte, gelang dies Dick Clement und
Ian LaFrenais mit Michael Caine. Bis dahin war der britische Schauspieler
nicht unbedingt für seine humorvolle Seite bekannt, die gerade erst mit
diesem Film so richtig bekannt werden sollte.
Stars und Freunde
Mit Michael Caine in der Hauptrolle war die Filmproduktion so gut wie
sicher, denn mit so einem Star an der Spitze konnte man auch auf einen
kommerziellen Erfolg hoffen. Die Nebenrollen wurden wahrscheinlich aus
finanziellen Gründen dann nicht mit allzugroßen Stars besetzt, aber es
fanden sich doch eine ganze Reihe von hervorragenden Schauspielern, die
ideal für die vielen überdrehten Charaktere waren. Der schottische Komiker
Billy Connolly übernahm die Rolle von Delgado, dem singenden Rebellen
- selbst eigentlich ein Musiker hatte Connolly mit den musikalischen Einlagen
überhaupt kein Problem. An seiner Seite stand der relativ unbekannte englische
Fernsehschauspieler Chris Tummings, und der DJ von Radio Cascara, eine
kleinere, aber doch zentrale Rolle wurde von dem amerikanischen Fernsehkomiker
Jimmie Walker in bester Reggae-Rasta-Manier gespielt.
Baxters durchgedrehte Frau Dolores ist eine Rolle die schnell lächerlich
hätte sein können, aber Brenda Vaccaro schaffte es auch als Amerikanerin
einen passenden Akzent zu entwickeln. Der klang nicht ganz richtig und
auch nicht ganz falsch, paßt aber ausgezeichnet zu der tempramentvollen
südländischen Schönheit, bei der schon ein wenig der Lack ab ist. Als
Gegensatz dazu dient die Rolle von Pamela Weintraub, etwas unbeeindruckend
von Valerie Perrine gespielt, die Umweltaktivistin die mit Baxter später
gemeinsame Sache macht - dieser Charakter geht im Film leider etwas unter,
obwohl er wichtig für den Plot ist.
Die weiteren Nebenrollen wurden durchweg brilliant besetzt. Während Michael
Caine den perfekten schluderigen Engländer mimt, spielt Leonard Rossiter
als Sir Malcom den Briten schlechthin und schafft es die englische Gentlemenschaft
rundum auf den Arm zu nehmen. Der wundervolle Fulton McKay spielt den
nicht ganz so frommen Insel-Geistlichen, während Dennis Dugan den blonden
Spenco-Handlanger herrlich schleimig darstellt. Dick Shawn, ein brillianter
engischer Komiker der schon in Mel Brooks "The Producers" verrücktes anstellte,
hat einen kleinen Auftritt als kräftig überzogene Filmstar-Pardodie Deke
Halliday. Zu guter letzt wird der Öl-Magnat Spender von niemand anderem
als Fred Gwynne gespielt, der in den sechziger Jahren als Herman Munster
weltbekannt wurde, aber eigentlich ein sehr talentierter Schauspieler
ist und hier den Texaner sehr furchteinflößend, aber auch durchaus humorvoll
gibt.
Wasser auf dem Papier
Dick Clements und Ian LaFrenais Drehbuch nimmt eine eigentlich ganz simple
Geschichte und baut sie zu etwas überraschend komplexen aus. Durch den
relativ kurzen Film ziehen sich mehrere Subplots, die ineinander verflochten
sind und sich stänig kreuzen und verknoten. Water hat eigentlich den Stoff
für mehrere Filme: einmal der Unabhängigkeitskampf einer Südseeinsel,
die von der britischen Kolonialpolitik vernachlässigt und schließlich
fallen gelassen wird, dann die Geschichte von zwei singenden Amateur-Rebellen,
der Ölkonzern der auf Wasser trifft und damit Perrier Konkurrenz machen
will, die Tochter des Ölmultis, die gegen ihren Vater rebelliert und schließlich
die kaputte Ehe des Governeurs, dessen Frau am liebsten von der Insel
flüchten würde.
Alles dies ist reichlich verrückt und würde wahrscheinlich einzeln völlig
scheitern, aber die beiden Autoren wissen mit den einzelnen Story-Elementen
haarscharf zu jonglieren, ohne keins davon aus Versehen fallen zu lassen.
Der Humor gleitet nie ins bodenlose ab, sondern wandert oft mehr in Richtung
Satire und Parodie - nur als Engländer hat man die Lizenz so schonungslos
über die Briten herzuziehen wie in diesem Film. "I don't care, I don't
give a damn, british justice is a farce and a sham" jodelt der singende
Rebell Delgado dem Governeur ins Gesicht, und das ist noch nicht alles
- die englische Kolonialpolitik wird genauso respektlos durch den Kakao
gezogen. Sogar vor einer Darstellung von Margaret Thatcher nimmt Water
keinen Abstand, aber der Witz gleitet nie ins lächerliche ab. Der
Humor liegt weniger im physischen Slapstick als in den brillianten Texten,
die den Schauspielern haargenau auf den Leib geschneidert wurden.
Rock, Pop und Reggae
Musik war schon von Anfang an eines der Hauptbestandteile von Water, denn
statt einer klassischen Orchesterbegleitung sollte die musikalische Untermalung
aus neu komponiertem Pop, Rock und Reggae bestehen, und sogar eine große
Konzertszene mit Starbesetzung war geplant. Was für andere Filmemacher
unmöglich gewesen wäre, war für Dick Clement und Ian LaFrenais gar kein
Problem, denn wenn einer der Produzenten des Films George Harrison heißt,
braucht man erst gar nicht um die Popstars zu betteln. Der Titelsong und
drei weitere Stücke wurden von Reggae-Meister Eddy Grant komponiert und
eingespielt und auch George Harrison steuerte einige Stücke bei, die zusammen
mit Komponist Mike Moran entstanden und durch Texte der beiden Drehbuchautoren
ergänzt wurden.
Für das große UN-Konzert-Finale konnte eine Traum-Band zusammengestellt
werden, die es eigentlich auch nur im Film geben kann - Eric Clapton,
der auch den Song geschrieben hatte, George Harrison, Ringo Starr, Jon
Lord, Mike Moran, Ray Cooper und Chris Stainton sowie die Background-Sängerinnen
Jenny Bogle und Anastasia Rodriguez teilten sich mit Billy Connolly und
Chris Tummings die Bühne im nachgemachten UN-Hauptquartier.
Inseln und andere angenehme Aufenthaltsorte
Das Konzept von Water hört sich wie eine Masche an ein paar Wochen Urlaub
auf einer Südseeinsel zu machen und nebenbei einen Film zu drehen - das
mag vielleicht auch im Sinn der Filmemacher gewesen sein, aber die Dreharbeiten
fanden nur zum Teil in der Karibik statt. Für die fiktive Insel Cascara
wurde St. Lucia ausgesucht, die zweitsüdlichste Insel der kleinen Antillen.
Dort entstand ein großer Teil der Außenaufnahmen, aber für die abgelegene
Seite von Cascara war St. Lucia nicht karg genug, weshalb die Szenen um
die Ölbohrplattform (eine echte Requisite, die gebraucht gekauft und zum
Drehort verfrachtet wurde) in England an der Küste von Devon gedreht werden
mußten. Die nicht allzuvielen Innenaufnahmen entstanden in gut ausgestatteten
Sets in den englischen Shepperton-Studios.
Water ist eine gelungene Mischung aus überdrehtem britischem Humor, guter
Musik und einer cleveren Geschichte, die schlicht und einfach einen riesigen
Spaß macht. Gerade das wurde dem Film aber zum Verhängnis, denn viele
Kritiker konnten mit dem typisch englischen Witz nicht viel anfangen und
besonders in den USA wurde Water trotz des Staraufgebots nicht besonders
beachtet. In Deutschland kam der Film in einer um acht Minuten gekürzten
Fassung in die Kinos, entwickelte sich aber trotzdem später auf Video
und im Fernsehen als Dauerbrenner und Geheimtip für Freunde von britischem
Humor. Dennoch war es lange Zeit nicht einfach an eine englische Originalfassung
des Films zu kommen.
Die DVD
Im Sommer 2004 kündigte der kleine, aber erfolgreiche deutsche DVD-Anbieter Sunfilm an, im laufe der nächsten Jahre insgesamt zwölf Filme aus dem Handmade-Fundus zu veröffentlichen - darunter sollten auch die beiden Filme Bullshot und Water von Dick Clement und Ian LaFrenais sein. Leider hatten sich bei einigen Filmen rechtliche Probleme ergeben, so konnten unter anderem Bullshot und Powwow Highway nicht veröffentlicht werden - Water blieb allerdings weiter in der Planung.
Statt einfach ein altes Videomaster auf eine DVD zu klatschen und schnell zu vermarkten blieb Sunfilm bei Water jedoch hartnäckig und hielt die Veröffentlichung der DVD so lange zurück, bis ein vernünftiges HD-Master in bester Qualität zur Verfügung stand. Auch ein Audiokommentar mit den Filmemachern konnte aufgenommen werden, und als sich kurz vor dem Releasetermin herausstellte, daß in der englischen Fassung eine kurze Szene gegenüber der geschnittenen deutschen Fassung fehlte, zeigte Sunfilm noch einmal ungewohnte Initiative und packte die 85-Minuten-Version von einem alten Videomaster abgenommen kurzerhand als Bonus auf eine zweite DVD dazu. Die fehlende Szene läuft in der kurzen Fassung von 36:16 bis 36:52 und wäre in der Langfassung zwischen zwei Szenen bei 39:40 gekommen.
Sunfilms DVD von Water, die erste digitale Veröffentlichung des Films weltweit, ist hervorragend gelungen und hat eine bemerkenswert gute Bildqualität für einen zwanzig Jahre alten Film, das erste Mal in Deutschland den englischen Originalton in feinstem Dolby Stereo und sogar einen Audiokommentar, der sich zwar nicht ganz als das Gelbe vom Ei herausgestellt hat, aber dennoch eine bemerkenswerte Beigabe ist. Auf der ersten DVD des 2-Disc-Sets befindet sich die 85-minütige deutsche Kinofassung nur mit deutschem Ton, während Disc 2 die "richtige" 93-Minuten-Version mit 16:9-Transfer, englischem und deutschem Ton (mit den nie synchronisierten Szenen deutsch untertitelt) plus Audiokommentar enthält. Andere Studios hätten kommentarlos nur die erste DVD veröffentlicht, es ist den Filmliebhabern bei Sunfilm zu verdanken daß dieser herrliche Film nun endlich in einer Fassung erschienen ist, die er schon lange verdient hat.
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Bild
Sunfilm hatte sich lange Zeit bemüht an einen neuen Transfer von Water zu kommen, und letztendlich hat sich die Geduld ausgezahlt - der Film ist auf dieser DVD in einem brandneuen restaurierten Transfer von einer HD-Quelle zu sehen und macht überhaupt nicht den Eindruck, als ob er schon zwanzig Jahre alt wäre.
Die Filmvorlage wurde so gut gesäubert, daß bis auf ein paar ganz kleine Fussel, die man schon mit der Lupe suchen muß, absolut keine Dropouts, Kratzer oder andere Beschädigungen sichtbar sind. Die Filmkörnigkeit wurde nicht brutal mit einem Rauschfilter erschlagen, sondern ist in einem ganz normalen Maß sichtbar und wirkt keinesfalls störend, sondern gibt dem Transfer eine angenehme filmartige Textur und läßt das Bild nicht digitalglatt, sondern richtig lebendig erscheinen.
Ganz erstaunlich ist die Schärfe, die eine Detailtreue ermöglicht, die oft nicht mal erheblich jüngere Filme erreichen können. Ein Schärfefilter kam dabei augenscheinlich nicht zum Einsatz - wenn doch dann hat er keinerlei unangenehme Nebenwirkungen hinterlassen, denn Doppelkanten oder ähnliches sind nirgendwo zu sehen. Dennoch hat der Transfer ein sehr plastisches und dreidimensionales Aussehen, das durch die kräftigen und natürlichen Farben noch unterstrichen wird.
Wie gut der neue Transfer des Films ist, zeigt sich im Vergleich zur alten deutschen Kinofassung, die auf der zweiten DVD untergebracht ist und von dem alten Videomaster stammt, daß noch heute im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wird. Vor -zig Jahren von einer Open-Matte-Kopie abgetastet sind unregelmäßige Balken zu sehen, die das Bild in einem Format von ca. 1.5:1 zeigen, dennoch wird im Vergleich zum neuen Transfer einiges an den Seiten abgeschnitten. Bräunlich-gelbe Farben, ein wackeliger Bildstand und viele Kratzer auf der Filmvorlage machen diese Version nicht gerade zu einem visuellen Vergnügen. Das ist aber nicht schlimm, da die alte Version nur der Vollständigkeit halber dabei ist und nicht unbedingt zum vollständigen anschauen gedacht sein soll.
Sunfilm hat das unmögliche möglich gemacht und Water erstmals seit über einem Jahrzehnt wieder in allerbester Qualität veröffentlicht - daran könnten sich so manche andere große Studios eine dicke Scheibe abschneiden.
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