Allgemeines
Schon während der Dreharbeiten zum ersten James-Bond-Film
Dr. No war sicher, daß noch weitere Filme gedreht werden würden.
Aber welche? Die Produzenten Albert Broccoli und Harry Saltzman konnten
zwischen einigen Romanvorlagen von Ian Fleming wählen, aber was schließlich
From Russia with Love zum Hauptkandidaten für den neuen Bond-Film
von 1963 gemacht hat, war wohl der Umstand daß dieser Roman 1961
in einer Liste von US-Präsident Kennedys zehn Lieblingsbüchern
auftauchte.
Die selbsternannte internationale Terrororganisation Phantom, an der Spitze
ein mysteriöser Bösewicht, der später einmal den Namen
Blofeld erhalten wird, möchte eine russische Dechiffriermaschine
stibitzen. Statt die dreckige Arbeit selbst zu machen, wird dem britischen
Geheimdienst eine Nachricht zugespielt, daß eine Angestellte in
der russischen Botschaft in Istanbul sich in das Bild von niemand geringerem
als James Bond verliebt hätte. Bond trifft sich in der Türkei
mit Tatiana Romanowa (Daniela Bianchi), die aber von der russischen Geheimdienstchefin
Rosa Klebb (Lotte Lenya), die eigentlich für Phantom arbeitet, vorbereitet
wurde. Mit Hilfe von Tatiana und dem lokalen Verbündeten Kerim Bay
(Pedro Armendariz) stiehlt Bond die Dechiffriermaschine und wird nicht
nur vom russischen Geheimdienst, sondern auch von Phantom verfolgt, die
es beide auf die Dechiffriermaschine abgesehen haben. Wie es sich für
einen waschechten Bond-Film gehört, verliebt sich Tatiana natürlich
auch noch in den Geheimagenten ihrer Majestät. Auf der Flucht kommt
es im Orientexpress zu einer Begegnung mit einem angeblichen britischen
Geheimagenten (Robert Shaw), der in Wahrheit ein von Rosa Klebb angeheuerter
Killer ist...
From Russia with Love bietet einen Plot, der von der simplen Geschichte
von Dr. No nicht weiter hätte entfernt sein können. Zum ersten
Mal rückt die Verbrecherorganisation Phantom ins Rampenlicht und
damit einer der berühmtesten Bond-Bösewichter schlechthin: Blofeld,
der aber bis You only live twice noch namenlos bleiben wird, sein Markenzeichen
(die weiße Perserkatze mit den verschiedenfarbigen Augen) aber jetzt
schon erhält. Der "Gadgetmaster" Q ist das erste Mal zu
sehen - Desmond Llewlyn, der bis zu seinem Tod 2000 mit einer Ausnahme
in allen weiteren Bond-Filmen zu sehen ist, geriet nur durch Zufall an
die Rolle, weil der eigentlich dafür vorgesehene Schauspieler krank
wurde. Auch die Musik machte eine wichtige Veränderung durch: es
ist zwar noch kein richtiger Titelsong zu hören (der läuft im
Abspann, im Vorspann gibts nur eine Instrumental-Version), aber zum ersten
Mal komponierte John Barry die Filmmusik. Auch eine Premiere war der "Pre-Credits-Teaser",
das Stück Geschichte vor dem Vorspann, das auch in die Filmgeschichte
eingehen sollte. Ken Adam, der die brillianten Sets von Dr. No gestaltete,
war mit Stanley Kubricks Dr. Strangelove beschäftigt, und so mußte
Art Director Syd Caine einspringen, der aber dem Stil treu blieb. Auch
Maurice Binder, Designer des Vorspanns von Dr. No und der Erfinder des
Gunbarrel-Logos, war nicht verfügbar. Trotzdem begann sich der klassische
Bond-Film in From Russia with Love allmählich zu formieren.
Albert Broccoli und Harry Saltzman hatten das Glück, eine nach dem
ersten Bond-Film gut eingespielte Crew, einen fähigen Regisseur,
ein verdoppeltes Budget und vor allen Dingen mit Sean Connery einen erfolgreichen
Hauptdarsteller zu haben. Doch die Produktion von From Russia with
Love verläuft nicht so glatt wie geplant - das Script wird noch
während den Dreharbeiten mehrfach umgeschrieben und Pedro Armendariz
tragische Erkrankung machte es nötig, den Drehplan nach seinen eigenen
Wünschen so einzurichten, daß er unter großen Schmerzen,
aber mit eisernem Willen seine Szenen drehen konnte. Die Dreharbeiten
gehen ohne ihn weiter, und die Crew ist schockiert als sie hören
daß sich der unheilbar kranke Pedro Armendariz in einer Klinik in
Los Angeles selbst das Leben genommen hat. Als die Dreharbeiten beendet
sind, setzt Regisseur Terence Young alles auf den Editor Peter Hunt, um
aus dem teilweise etwas holperingen vorhandenen Material einen fertigen
Film zu schneiden - und findet für kniffelige Probleme innovative
Lösungen. Trotz den Schwierigkeiten und Katastrophen bei den Dreharbeiten
übersteigt From Russia with Love alle Erwartungen und wird
ein riesiger Erfolg.
Die Special-Edition des zweiten James-Bond-Films From Russia with Love
erschien im Sommer 2000 dank der unterschiedlichen Release-Reihenfolge
ausnahmsweise in Deutschland knapp drei Monate früher als in den
USA. Beide Versionen sind bis auf die offensichtlichen Unterschiede wie
alle Bond-DVDs praktisch gleich ausgestattet. Das Bonusmaterial besteht
im wesentlichen aus einer Kommentarspur, zwei Dokumentationen, einer Bildergallerie
und einer Sammlung von Promotionmaterial - eine beeindruckende Sammlung,
aber bei einer Bond-Special-Edition schon praktisch Standard.
Allerdings hat MGM wieder einmal Booklet und Cover mit Fehlern übersät.
Neben einigen peinlichen Übersetzungsmacken ist diesmal die Laufzeit
falsch mit 115 Minuten angegeben, was der Länge der US-Version entsprechen
würde - die 4% schneller laufende PAL-Fassung ist nur 110 Minuten
lang. Die Angabe des Bildformats wurde diesmal komplett weggelassen, und
in den Credits stehen mysteriöserweise Joseph Wiseman und Jack Lord
als Schauspieler auf dem Cover, was offenbar noch ein Cut&Paste-Rest
der Dr. No-DVD ist. Die Disc selbst ist
natürlich technisch perfekt, und abgesehen von diesen beinahe amüsanten
Fehlern kann man diese DVD jedem Bond-Liebhaber wärmstens empfehlen.
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Bild
Die Bildqualität ist etwa mit Dr. No vergleichbar,
hat aber leider ein paar sichtbare Einschränkungen. Die Filmvorlage
ist über weite Strecken sehr sauber, erschreckt dann aber manchmal
mit einer Vielzahl von Dropouts, die vermehrt in Szenen mit optischen
Tricks oder Rückprojektionen auftreten. Starke Beschädigungen
oder Laufschrammen sind aber nicht zu sehen. Die Körnigkeit des Filmmaterials
wurde aggressiv mit einem Rauschfilter bekämpft, so daß davon
nur noch sehr wenig zu sehen ist. Dadurch hat die Schärfe starke
Einbußen, überschreitet die die Grenze zur Matschigkeit jedoch
nicht. In manchen Szenen sind jedoch so viele Details verschwommen, daß
man sich fragt wieviel dort ohne den Rauschfilter sichtbar gewesen wäre.
Die Farben sehen nicht immer ganz natürlich aus, aber wirken nicht
verblaßt und werden sehr kräftig im typischen 60er-Jahre-Technicolor-Look
wiedergegeben. Der Bildstand ist zufriedenstellend stabil, möglicherweise
ist ein vorhandenes Ruckeln bei der sich sowieso ständig in Bewegung
befindlichen Kamera gar nicht bemerkbar.
Der Transfer schneidet vom ursprünglichen Kinoformat 1,66:1 oben
und unten etwas ab, um das 16:9-Frame komplett zu füllen. Das ist
nicht weiter ärgerlich, denn die Bildkomposition sieht trotzdem korrekt
aus - abgeschnittenen Köpfe hat man da nicht zu befürchten.
Die Unterschiede zur etwas besseren Qualität von Dr.
No erklären sich möglicherweise dadurch, daß From
Russia with Love schon 1998 mit einem THX-zertifizierten Transfer
auf DVD erschien und damals andere Maßstäbe als später
bei Dr. No gesetzt wurden. Trotz der kleinen Mankos hat MGM hier
hervorragende Arbeit geleistet - dieser Transfer gliedert sich qualitätsmäßig
nahtlos in die Bond-Special Editions ein.
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Menü & Specials
Ganz dem Titel entsprechend sind die Menüs schön
Rot, verfehlen aber eigentlich das Thema, denn die Russen sind diesmal
nicht wirklich die Bösewichte. Trotzdem macht das Design einiges
her und wartet wie immer mit beeindruckenden Animationen auf.
From Russia with Love ist eine der wenigen deutschen Bond-DVDs,
bei der etwas vom Bonusmaterial der US-Version eingespart wurde: es fehlt
eine kurze Storyboard-Sequenz von der Boot-Szene.
Der Audiokommentar wurde aus vorhandenen Interviews, Kommentaren
und anderem von der Ian Fleming Foundation zusammengestrickt und wird
von John Cork zusammengehalten, der die einzelnen Bruchstücke einleitet
und auch selbst einiges erzählt. Außer Regisseur Terence Young
kommen viele Leute der Crew und auch einige Schauspieler zu Wort. Es wird
für viel Abwechslung gesorgt - das was in dieser Kommentarspur zu
hören ist, übersteigt den Inhalt der Dokumentationen um ein
vielfaches. Obwohl nicht direkt szenenspezifisch, wurden die einzelnen
Teile doch so angeordnet, daß sich oft ein Bezug zum laufenden Film
bildet.
Inside From Russia with Love (34 Minuten) beginnt bei Ian Flemings
Romanvorlage von 1957, endet bei der Filmpremiere 1963 und deckt so ziemlich
jeden Aspekt der Dreharbeiten und Vorbereitungen ab - auch die tragischen
Ereignisse wie ein Hubschrauberunfall, der fast Regisseur Terence Young
das Leben gekostet hätte und Pedro Armendariz Erkrankung und Tod.
Mit einem Kommentar von Patrick Macnee
Die zweite Dokumentation dieser DVD ist Harry Saltzman, Showman
(27 Minuten), kommentiert von Marie Clairu, die sich ganz der einen Hälfte
des Produzentengespanns widmet, das die Bond-Filme auf die Leinwand gebracht
hat. In Interviews erinnern sich seine Familie und seine Freunde an sein
Leben und an seine Zeit als Bond-Produzent. Harry Saltzman verkaufte 1975
wegen finanziellen Schwierigkeiten seinen Anteil an den Bond-Rechten und
produzierte bis zu seinem Tod 1994 nur noch wenige Filme, brach aber den
Kontakt zu seinen ehemaligen Partnern nie völlig ab - man war halt
doch eine große Familie.
Auch eine Sammlung von filmhistorisch interessantem Promotionmaterial
wurde auf dieser DVD nicht vergessen. Der dreieinhalbminütige Kinotrailer,
sogar in anamorphem Originalformat und zwei zweiminütige Doublefeature-Trailer
mit Dr. No und Thunderball sind dabei, sowie drei knapp einminütige
Television Adverts und nochmal drei Radio Adverts. Alles
ist natürlich mit entsprechendem Abstand zu genießen, da damals
solche Trailer stilistisch noch völlig anders als heute gemacht wurden
und jetzt teilweise unfreiwillig komisch wirken.
Abgerundet wird das Bonusmaterial mit einer ausführlichen Bildergallerie,
die in sechzehn Gruppen unterteilt ist, die jeweils von einer kurzen Texttafel
eingeleitet werden. Die gutsortierte Sammlung aus Produktionsfotos und
Promotionmaterial ist in angenehmer Größe abgelegt worden und
nicht ganz so klein wie auf der Dr. No-DVD.
Nicht zu vergessen ist natürlich das obligatorische Booklet
mit einer ausführlichen Einleitung und einigen ausgewählten
Produktionsnotizen. Zwar ist die deutsche Übersetzung wie immer etwas
holperig, aber lesenswert ist es trotzdem.
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