The Adventures of Sherlock Holmes
Cover

18.12.2005 #359

Update vom 25.11.2009
von Guido Bibra

Titel The Adventures of Sherlock Holmes (Die Abenteuer von Sherlock Holmes)
Studio Granada Television / ITV (1984/1985)
Hersteller Koch Media (2005)
DVD-Typ 4x9 (7,07 / 5,27 / 5,17 / 5,20 GB) Bitrate ø 4,45 max. 6,0
Laufzeit 664 Minuten Kapitel 5/Episode
Regionalcode 2 (Deutschland) Case Custom-Bookpack
Fernsehnorm PAL
Bildformat 1.33:1 16:9 yes
Tonspuren Dolby Digital 2.0 Mono 192 kbit/s Englisch, Deutsch
Untertitel Deutsch
Freigabe FSK 12
Extras • Erstmals veröffentlichtes Buch "Die Abenteuer von Sherlock Holmes - ein Hintergrundbericht zur TV-Serie" von Produzent Michael Cox (96 Seiten)

Die Serie

Arthur Conan Doyles Kurzgeschichten und Romane über Sherlock Holmes, den berühmtesten Detektiv der Literaturgeschichte, waren schon seit der frühen Stummfilmzeit immer schon ein Lieblingsstoff für Filmemacher. Einen seiner ersten Auftritte hatte Sherlock Holmes noch zu den Lebzeiten seines Autors: bereits 1900 wurde ein Kurzfilm gedreht und schon 1914 wurde A Study in Scarlet inszeniert. Im gleichen Jahr versuchte man in Deutschland eine Verfilmung vom Hund von Baskerville, die sich bis 1920 in einigen weiteren Filmen fortsetzte. Zwischen 1921 und 1923 produzierte die britische Stoll Pictures Company insgesamt 47 Verfilmungen nach den Originalvorlagen mit Eille Norwood in der Hauptrolle, aber den ersten sprechenden Sherlock Holmes auf der Leinwand erlebte der 1930 verstorbene Arthur Conan Doyle nicht mehr: 1932 hatte Raymond Massey in The Speckled Bandden Detektiv gespielt, was aber sein einziger Auftritt in dieser Rolle war.

Die tausend Gesichter des Sherlock Holmes

Mit der Erfindung des Tonfilms begann eine ganze Welle von Holmes-Produktionen, denn Arthur Conan Doyles dialoggewaltige Vorlagen hatten sich als Stummfilme nie ganz problemlos umsetzen lassen. Anfang der dreißiger Jahre entstanden deshalb besonders in England eine ganze Menge Verfilmungen, die von Brillianz bis Schund reichten, aber meistens nur für das schnelle Geld da waren. 1939 trat aber erstmals ein Schauspieler in der Rolle des Detektivs auf, der bleibenden Eindruck hinterließ: Basil Rathbone wurde zusammen mit Nigel Bruce als Dr. Watson in insgesamt vierzehn Filmen zu einem der bekanntesten Sherlock Holmes-Darsteller der Filmgeschichte, obwohl sich die Umsetzungen der Geschichten größtenteils überhaupt nicht am Original orientierten.

In den fünfziger Jahren wurden in England und den USA erstmals Fernsehserien nach Arthur Conan Doyles Vorlagen gedreht, und sogar das deutsche Fernsehen versuchte sich an der einen oder anderen Holmes-Inszenierung. Im Kino machte sich Sherlock Holmes relativ rar, aber im Zuge einer großen Horrofilmwelle entstand 1959 mit The Hound of the Baskervilles in England die erste und einzige Holmes-Verfilmung der Hammer Studios. Peter Cushing und André Morell waren trotz der deutlichen Gruselelemente die bisher beste Besetzung der Charaktere und kamen der ursprünglichen Idee des Autors am allernächsten. 1968 spielte Peter Cushing Sherlock Holmes in einer von der BBC produzierten Fernsehserie, die aber längst nicht den Bekanntheitsgrad seiner Baskerville-Verfilmung erreichen konnte.

Ein Detektiv auf Abwegen

Die besten Sherlock-Holmes-Verfilmungen in den siebziger Jahren waren hauptsächlich Geschichten, die nicht auf den Romanvorlagen von Arthur Conan Doyle basierten. Billy Wilder drehte 1970 aufwendig The Private Life of Sherlock Holmes mit Robert Stevenson und Colin Blakely in den Hauptrollen - eine ironische, aber atmosphärisch originalgetreue Parodie der klassischen Holmes-Geschichten, von denen auch viele Elemente verarbeitet wurden. Herbert Ross verfilmte 1976 Nicholas Meyers Roman The Seven-Per-Cent Solution mit Nicol Williamson und Robert Duvall, in dem mit Holmes alten Geistern abgerechnet wurde.

Weniger erfolgreich, aber noch recht amüsant waren im gleichen Jahr Roger Moore und Patrick Macnee in der amerikanischen Fernsehproduktion Sherlock Holmes in New York, während sich 1977 in einem britischen Fernsehfilm nach der Geschichte Silver Blaze Christopher Plummer und Thorley Walters versuchten. In Murder by Decree, dem vielleicht besten Holmes-Kinofilm der damaligen Zeit, stand wieder Christopher Plummer vor der Kamera, unterstützt durch James Mason als Dr. Watson. Diese Geschichte brachte nicht zum ersten Mal Jack the Ripper als Gegner ins Spiel, tat dies aber sehr effektiv im Zusammenhang mit der düsteren, unheilvollen Atmosphäre des viktorianischen England.

Durch den Ablauf der Copyrights an Arthur Conan Doyles Geschichten begannen sich Anfang der achtziger Jahre viel mehr Film- und Fernsehproduzenten für Sherlock Holmes zu interessieren. Bei der BBC hatte man kurz zuvor mit einer 24-teiligen Holmes-Serie schon genug Erfahrung mit Sherlock Holmes gesammelt und befand, daß sich ein erneuter Versuch wirtschaftlich nicht lohnen würde. Dann begannen sich aber die Programmchefs der rennomierten englischen TV-Produktionsfirma Granada, einer der Lieferanten des Privatsenders ITV, für Sherlock Holmes zu interessieren. Michael Cox, einer der Produzenten, war hauptsächlich für Historiendramen und Verfilmungen klassischer Literatur zuständig und begeistert von der Idee, eine wirklich originalgetreue Verfilmung der Holmes-Geschichten in Angriff nehmen zu können.

Konkurrenz und Copyright-Ärger

Bevor man sich jedoch in die ersten Vorbereitungen stürzen könnte, mußte noch die Frage der Rechte geklärt werden. Michael Cox setzte sich mit Dame Jean Conan Doyle in Verbindung, der letzten überlebenden Verwandten des Autors, in Verbindung, die ihm erklärte daß in England die Copyrights fünfzig Jahre nach dem Tod des Autors abgelaufen waren, was aber in den USA bei den späteren Geschichten noch nicht der Fall war. Die Granada-Chefs waren jedoch der Meinung, daß das Urheberrecht überall auf der Welt gleich sei, was ihnen Ärger mit einer amerikanischen Firma namens Lorindy Productions einbrachte, die die US-Rechte an den Geschichten gekauft hatten.

Ein Rechtsstreit begann und legte die Pläne von Granada erst einmal auf Eis. Während dieser gerichtlichen Auseinandersetzung produzierte Lorindy in England mit The Hound of the Baskervilles und The Sign of Four zwei Holmes-Verfilmungen mit Ian Richardson in der Hauptrolle, die zwar etwas sensationeller aufgemacht waren, aber dank der hervorragenden Besetzung zu den bisher besten Verfilmungen der Geschichten zählten. Die Filme wurden allerdings zuerst nur beim amerikanischen Pay-Sender HBO ausgestrahlt und fanden erst viel später ihren Weg nach England und Europa, wo sie sogar im deutschen Fernsehen zu sehen waren.

Die neuen Gesichter von Holmes und Watson

Granada konnte sich schließlich außergerichtlich mit Lorindy und Jean Conan Doyle einigen, wobei eine stattliche Summe Geld geflossen sein soll. Mit den rechtlichen Problemen aus dem Weg konnte es endlich losgehen, wobei die Vorbereitungen schon lange vorher bekonnen hatte - insbesondere die Besetzung der Hauptrolle stand schon länger fest. Bereits 1981 hatte Michael Cox mit dem britischen Schauspieler Jeremy Brett Kontakt aufgenommen, der schon vorher in einigen Granada-Produktionen mitgespielt hatte und mit seiner aristokratischen, etwas exzentrischen Art genau die richtige Wahl für die Rolle des Sherlock Holmes war. Trotz seiner Bedenken, in Zukunft auf eine Rolle festgelegt zu sein, war Jeremy Brett begeistert und sah zusammen mit Produzent Michael Cox die einmalige Chance, Sherlock Holmes so originalgetreu wie möglich auf den Fernsehbildschirm zu bringen.

Für die Rolle des Dr. Watson wurde entschieden, sie genau nach Arthur Conan Doyles Vorbild zu gestalten und nicht wie viele andere Verfilmungen aus ihm einen dümmlichen älteren Mann zu machen. Ausgewählt wurde für den guten Doktor der Schauspieler David Burke, der in einem ähnlichen Alter wie Jeremy Brett war und ein idealer Weggefährte von Sherlock Holmes werden sollte. Er spielte den ehemaligen Militärarzt als genau den Mitbewohner, mit dem sich ein anspruchsvoller Mensch wie Holmes am liebsten eine Wohnung teilen würde – ein erfahrener, weltgewandter Mediziner mit viel Geduld und Intelligenz, der dem Meisterdetektiv in manchen Bereichen durchaus das Wasser reichen kann und nur in Sachen Deduktion und Logik nicht so schlau wie sein Freund ist.

Obwohl nach Arthur Conan Doyle Dr. Watson nach dem zweiten Roman The Sign of Four und in den meisten Kurzgeschichten verheiratet sein soll, wurde entschieden für die Fernsehserie Dr. Watsons Wohnsitz auf Dauer in die Baker Street zu verlegen. Dadurch wurde Watson natürlich auch eine Ehefrau und ein richtiges Familienleben verwehrt, aber aus logistischen Gründen war dies nicht anders zu machen. Das Zusammenleben von Holmes und Watson gab der Serie die Gelegenheit, die besondere Beziehung zwischen den beiden Freunden tiefer zu erforschen und logischer darzustellen.

Viktorianische Figuren

Jeremy Brett und David Burke waren eine ideale Besetzung für Holmes und Watson und die ersten beiden Schauspieler die die Rollen wirklich originalgetreu umsetzen konnten. Jeremy Bretts Sherlock Holmes ist ein schwieriger Mensch, der mit seinem unberechenbaren Verhalten seine Klienten oft verwundert und sogar seinen Freund Dr. Watson damit manchmal auf die Palme bringt. Der läßt sich als Armeearzt im Ruhestand aber nur selten aus der Ruhe bringen und weiß am besten wie man mit Sherlock Holmes umgehen muß. David Burke wird als Dr. Watson so zu dem wichtigen menschlichen Faktor, der der "Denkmaschine" Holmes völlig fehlt, wenn sie auf Hochtouren arbeitet. Dennoch ist Jeremy Bretts Holmes gerade durch seine exzentrischen Züge ein sehr sympathischer Charakter, während David Burkes Dr. Watson eine erfrischende Abwechslung zu dem in anderen Filmen immer dümmlich und inkompetent dargestellten Charakter ist.

Wiederkehrende Nebenrollen gab es nur sehr wenige, denn die Episoden wurden außer von Holmes und Watson immer von den Charakteren der Geschichten dominiert, die ausschließlich von äußerst fähigen englischen Schauspielern dargestellt wurden. Eigentlich immer präsent, aber nur in acht Episoden wirklich zu sehen war die Bühnenschauspielerin Rosalie Williams als Holmes' geduldige Haushälterin Mrs. Hudson, während Holmes' Bruder Mycroft nur in einer Episode auftritt, dafür aber in Gestalt des britischen Schauspielers Charles Gray einen bleibenden Eindruck hinterläßt. Der gerne in anderen Verfilmungen ständig eingesetzte Inspector Lestrade, der eigentlich nur einer von vielen Polizisten in den Kurzgeschichten ist, trat in Form von Colin Jeavons nur in einer Episode auf und ansonsten wurde eine wechselnde Besetzung von Inspektoren verwendet, die zwar nicht als völlig dumm dargestellt wurden, aber gegenüber Holmes meist reichlich arrogant sind.

Vom Papier auf den Bildschirm

Für die Drehbuch-Umsetzungen wandte sich Produzent Michael Cox an John Hawkesworth, einem Produzenten und Autor, der seit den sechziger Jahren viele englische Fernsehserien und Filme entwickelt hatte und auch schon öfter für Granada tätig war. Während sich Michael Cox als Produzent um die Organisation und Logistik kümmerte, war John Hawkesworth für die Auswahl und Adaption der Geschichten zuständig und wurde dafür als einziges Crewmitglied auch im Vorspann mit dem Credit “Developed for Television by” genannt. Ihm stand ein Team von handverlesenen Autoren zur Seite, zu denen erfahrene Schriftsteller wie Jeremy Paul, Alfred Shaughnessy und Derek Marlowe gehörten.

John Hawkesworth hatte das Drehbuch-Team aus den besten Autoren der britischen Fernsehbranche zusammengestellt und auch selbst die Adaption von zwei Episoden übernommen. Die restlichen elf Geschichten wurden auf neun Leute aufgeteilt, von denen jeder nicht für mehr als zwei Folgen zuständig war, damit man sich auf das Wesentliche konzentrieren und an möglichst vielen Episoden gleichzeitig arbeiten konnte. Die Inszenierung wurde in die Hände der fünf altgedienten britischen Film- und Fernsehregisseure Paul Annett, John Bruce, Alan Grint, David Carson und Ken Grieve gelegt, die eng mit den Autoren zusammenarbeiteten.

Schon zu Beginn wurde festgelegt, daß die Serie mit der ersten Kurzgeschichte A Scandal in Bohemia anfangen und mit The Final Problem aus der zweiten Geschichten-Sammlung Memoirs of Sherlock Holmes enden sollte, in der Arthur Conan Doyle seinen Helden temporär durch die Hände seines Nemesis Moriarty sterben ließ. Dadurch hatte man die Möglichkeit, die Serie sauber abzuschließen, wenn es keine Fortsetzung geben sollte. Falls dies aber doch passieren sollte, konnte man Sherlock Holmes in The Empty House nach Doyles Vorbild problemlos wieder auferstehen lassen – genauso, wie es später auch gemacht wurde.

Die große Auswahl


Bei der Auswahl der Geschichten für die dreizehn Episoden hielt man sich nicht an die Originalreihenfolge, sondern griff auf die Inhalte der ersten drei Kurzgeschichten-Sammlungen zurück, was dank der nur geringen Kontinuität der einzelnen Vorlagen kein Problem war. Aus The Adventures of Sherlock Holmes wurden fünf Geschichten verwendet, fünf weitere aus Memoirs of... und drei aus Return of..., weil diese sich am allerbesten für eine Verfilmung eigneten. Bei der Suche nach passenden Vorlagen wurde hauptsächlich darauf geachtet, Holmes und Watson möglichst gemeinsam auftreten zu lassen, wodurch ein Teil der Geschichten vorläufig sowieso nicht in Frage kam. Ein weiteres Auswahlkriterium war die von Arthur Conan Doyle selbst aufgestellte Rangliste, aus der auch einige passende Geschichten ausgewählt wurden.

Die Kurzgeschichten wurden sehr vorlagengetreu umgesetzt. Kleinere erzähltechnische Anpassungen waren jedoch unvermeidbar, wurden aber trotzdem mit großem Respekt vor den Vorlagen gemacht. Weil die Geschichten fast ausschließlich von Dr. Watson in der Ich-Form erzählt werden, mußte manches durch die neue Perspektive abgeändert werden. Besonders der Hergang der diversen Verbrechen wurde detailgenau inszeniert. Fast jede Episode begann außerdem mit einer Einleitung, die den Zuschauer unmittelbar in das Geschehen verwickelt, ohne sofort Sherlock Holmes auf den Plan zu rufen. Mit verantwortlich für die akkurate Adaption war auch Jeremy Brett, der immer peinlich genau auf die Nähe zum Original achtete und die Produzenten und Regisseure oft mit Vorschlägen nervte, die aber nur dann abgelehnt wurden, wenn sie finanziell oder filmtechnisch nicht machbar waren.

Die Auferstehung des viktorianischen Englands

Bei der Ausstattung hatten die Produzenten das große Glück, von Granada finanziell nicht im Stich gelassen worden zu sein. Schon in den sechziger Jahren hatte die Produktionsfirma für die langlebige Serie Coronation Street einen ganzen Straßenzug nachbauen lassen, und für Sherlock Holmes war man gewillt, das ganze auch mit der Baker Street zu realisieren, damit man das Domizil des Meisterdetektivs nicht nur von innen, sondern auch von außen zeigen und auch die unmittelbare Umgebung als Kulisse verwenden konnte. Auf dem Granada-Studiogelände in Manchester ließ Produktionsdesigner Michael Grimes die Baker Street nach Arthur Conan Doyles Vorbild in Lebensgröße aufbauen, und zwar so detailreich wie es noch nie zuvor versucht worden war.

Die Innenausstattung der 221b Baker Street wurde nicht auf dem Hauptset, sondern in einem umgebauten Lagerhaus auf dem Studiogelände gebaut, in dem auch die meisten anderen Kulissen untergebracht waren. Das Set-Design des wohl am meisten beachteten Wohnzimmers der Literaturgeschichte wurde fernab von allen Klischees, aber dennoch mit vielen wiedererkennbaren Details ausgestattet. Mrs. Hudsons Haus macht einen überraschend modernen Eindruck, die Räume sind sehr hell und freundlich - ganz im Gegensatz zu den oft düsteren und mit altmodischen Möbeln zugestellten Sets, die man in früheren Verfilmungen oft zu sehen bekam.

Es wurde allerdings nicht nur auf dem Studiogelände gedreht, denn Außenaufnahmen waren im Budget mit inbegriffen, da viele der Geschichten nicht nur in London, sondern auch in der ländlichen Umgebung spielen. Als Schauplatz dienen einige imposante, aber düstere Landsitze und Schlösser und die englische Landschaft, die von Holmes und Watson mit Kutschen und manchmal auch der Eisenbahn bereist wird. Zwar konnten die Zugfahrten nur in einer auf einem Lastwagen befestigten Abteil-Atrappe gefilmt werden, aber für Außenaufnahmen konnten doch ein historischer Zug samt Dampflok verwendet werden, der zusammen mit der teils wunderschönen, teils untergründig-bedrohlich wirkenden englischen Landschaft eine überzeugende viktorianische Reiseatmosphäre schaffte.

Die Fernseh-Karriere von Sherlock Holmes

Nachdem die ersten sieben Episoden von April bis Juni 1984 in England von ITV gesendet wurden, entwickelten sich die Adventures of Sherlock Holmes schnell zu einem großen Erfolg. Holmes-Kenner und Kritiker waren von der originalgetreuen Umsetzung von Arthur Conan Doyles Geschichten begeistert und konnten die nächsten Episoden, die nach einer über einjährigen Pause im Sommer 1985 ausgestrahlt wurden, kaum erwarten. Die große Resonanz führt dazu, daß The Adventures of Sherlock Holmes nicht der letzte Auftritt von Jeremy Brett als Meisterdetektiv war und ITV von Granada noch viele weitere Episoden produzieren ließ. 1986 ging es mit The Return of Sherlock Holmes weiter, insgesamt entstanden zwischen 1984 und 1994 36 Episoden und fünf Filme, womit ein beträchlicher Teil von Arthur Conan Doyles Werken verfilmt werden konnte.

In Deutschland wurden die ersten dreizehn Episoden zusammen mit einem Teil der zweiten Staffel The Return of Sherlock Holmes das erste Mal ab Ende 1987 in den dritten Programmen ausgestrahlt, waren aber kurze Zeit zuvor schon im DDR-Fernsehen zu sehen, von dem auch die einzige deutsche Synchronfassung stammte. Die Eindeutschung war sehr sorgfältig, wobei Jeremy Brett in den ersten sieben Episoden von Franz Viehmann und in den letzten sechs von Arno Wyzniewski gesprochen wurde, während Werner Ehrlicher Dr. Watson seine Stimme lieh. Nach einer handvoll Wiederholungen bis Anfang der neunziger Jahre verschwand die Serie aber leider von den deutschen Fernsehbildschirmen.

Ein Vierteljahrhundert nach ihrer Premiere gehören die ersten dreizehn Episoden zum bemerkenswerten Beginn einer der gelungensten Literaturverfilmungen der englischen Fernsehgeschichte, die über die nächsten zehn Jahre hinweg einen großen Teil der Geschichten über den berühmten Meisterdetektiv auf hervorragende Weise auf den Fernsehbildschirm brachten.

Die Episoden


Erstausstrahlung bei ITV von April-Juni 1984

A Scandal in Bohemia - Ein Skandal in Böhmen (aus "The Adventures...")
The Dancing Men - Die tanzenden Männchen (aus "The Adventures...")
The Naval Treaty - Das Marineabkommen (aus "The Memoirs..")
The Solitary Cyclist - Die einsame Radfahrerin (aus "The Return...")
The Crooked Man
- Der verkrüppelte Mann (aus "The Memoirs...")
The Speckled Band - Das gefleckte Band (aus "The Adventures...")
The Blue Carbuncle - Der blaue Karfunkel (aus "The Adventures...")

Erstausstrahlung bei ITV von August-September 1985

The Copper Beeches - Das Haus zu den Blutbuchen (aus "The Adventures...")
The Greek Interpreter - Der griechische Dolmetscher (aus "The Memoirs...")
The Norwood Builder - Der Baumeister von Norwood (aus "The Return...")
The Resident Patient - Der Dauerpatient (aus "The Memoirs...")
The Red-Headed League - Die Liga der rothaarigen Männer (aus "The Adventures...")
The Final Problem - Sein letzter Fall (aus "The Memoirs...")

Die DVD

Schon lange waren die ersten Sherlock-Holmes-Geschichten von Granada nicht mehr auf den deutschen Fernsehbildschirmen zu sehen, was sich dank Koch Media geändert hat: das Studio, das seit ein paar Jahren mit überasschenden Veröffentlichungen von alten Fernsehserien und Filmklassikern begeistert, hat die Neuveröffentlichung der Serie von Granada Ventures in England zum Anlaß genommen und die ersten dreizehn Episoden von The Adventures of Sherlock Holmes als DVD unter dem Titel Sherlock Holmes - Die komplette erste Staffel veröffentlicht.

Verwendet wurden dafür die neu restaurierten Bildmaster aus England, und natürlich gibt es zu der deutschen Synchronfassung auch die englische Originaltonspur. DVD-basierte Extras sind nicht dabei, aber dafür ein 96seitiges Buch, ein deutsch übersetzter Auszug aus A Study in Celluloid von Produzent Michael Cox mit vielen Hintergrundinformationen und detaillierten Produktionsnotizen zu jeder einzelnen Folge. Das Buch ist Bestandteil der DVD-Verpackung, die selbst in Form eines Buchs daherkommt, auf dessen inneren Deckeln zwei Digipack-Trays angeklebt sind, zwischen denen die Buchseiten fest eingebunden wurden.

Das Coverdesign ist leider nicht so schick wie bei den ein Jahr zuvor von Polyband veröffentlichten fünf Spielfilmen und sieht mit den Standard-Schriftarten sogar recht primitiv aus - angesichts der edlen Verpackungsart hätte man etwas viel besseres machen können. Vom Äußeren sollte man sich aber nicht abschrecken lassen, denn hier bekommt man über elf Stunden erstklassige Unterhaltung in bester Qualität mit einer hervorragenden schriftlichen Beilage geboten.

Die Erstauflage dieser DVD-Box hatte einen Preßfehler auf der ersten Disc, die auf manchen Playern die erste Episode nach etwai neun Minuten hängen ließ. Von dieser Fehlpressung sind nur wenige Exemplare über Amazon.de in den Handel gelangt, Koch Media hat die gesamte Auflage zurückgeholt und sehr schnell eine korrigierte Version herausgebracht. Ob der kleine Tonspurfehler auf den englischen Versionen (siehe Tonbewertung) auch korrigiert wurde, ist mir nicht bekannt, da ich mein "defektes" Exemplar behalten hatte. Wegen diesen Problemen sollte man sich aber nicht vom Kauf abhalten lassen.

Ein Jahr nach den ersten dreizehn Episoden hatte Koch Media auch The Return of Sherlock Holmes im Herbst 2006 veröffentlicht. Mit den noch nie zuvor in Deutschland gelaufenen restlichen zwölf Folgen aus The Memoirs... und The Casebook... hatte zu diesem Zeitpunkt niemand mehr gerechnet, aber drei Jahre später kam es doch noch dazu. Koch Media hatte sich offenbar durch die guten Verkaufszahlen der ersten Veröffentlichungen dazu entschieden, die noch fehlenden Episoden synchronisieren zu lassen - seit dem Herbst 2009 ist die gesamte Sherlock-Holmes-Serie mit Jeremy Brett auch in Deutschland komplett erhältlich.

Weitere Reviews:
The Return of Sherlock Holmes | The Case-Book & The Memoirs of Sherlock Holmes

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Bild

The Adventures of Sherlock Holmes wurde von Anfang an auf Film produziert und nicht in einem Film-Video-Gemisch wie viele andere Fernsehserien dieser Zeit. Das 16mm-Material hat seine Grenzen - frühere Versionen der Serie sahen ziemlich ramponiert, unscharf und verblaßt aus, aber Granada hatte 2005 die Original-Negative erstmals neu abtasten lassen. Koch Media ist es gelungen diese neu restaurierten Master zu lizensieren, wodurch die Serie auf diesen DVDs eine ganz hervorragende Bildqualität hat.

Die üblichen Einschränkungen von 16mm-Produktionen machen sich nur in geringem Umfang bemerkbar. Die Filmvorlage wurde sehr gründlich gereinigt, Kratzer und Fussel sind daher überhaupt nicht zu sehen. Nicht völlig beseitigt werden konnte der teilweise etwas unruhige Bildstand, der sich aber hauptsächlich nur durch ein leichtes Schaukeln und nicht durch ruckartige Bewegungen bemerkbar macht und deshalb auch nicht wirklich unangenehm auffällt.

Die Schärfe ist für 16mm-Film auf einem sehr ordentlichen Niveau und kann zwar nicht mit einem Kinofilm konkurrieren, sieht aber trotzdem mehr als zufriedenstellend aus. Die ersten sieben Episoden wurden teilweise etwas mit einem Filter aufgeschärft, während die letzten sechs Episoden etwas weicher aussehen und weniger Filmkörnigkeit haben, die bei den frühen Folgen noch in einem ganz gesunden Maß deutlicher zu sehen ist. Die Farben machen einen natürlichen Eindruck, sind aber oft je nach atmosphärischer Gestaltung ein wenig desaturiert oder mit einem leichten Farbfilter verändert. Der penetrante Grün-Gelbstich der alten deutschen Fernsehausstrahlungen ist wie weggewischt.

Nicht wirklich gut gelungen ist dagegen die Kompression, die bei allen Episoden auf eine Bitrate von nur knapp 4,5 Mbit/s gesetzt wurde und so zwar auffällige Artefakte vermeidet, aber leider die Körnigkeit in einigen Episoden in einen digitalen Matsch verwandelt und teilweise sogar verschwinden läßt. Da nur auf der ersten DVD vier Episoden untergebracht wurde, ist der Platz auf den anderen drei Discs, die zu einem Viertel brach liegen, nicht optimal ausgenutzt worden.

Die mittlerweile über zwanzig Jahre alte Fernsehserie macht dank des gelungenen Remasterings einen hervorragenden Eindruck auf diesen DVDs, den auch kleine Imperfektionen wie das ein wenig unruhige Bild und die zu starke Kompression nicht trüben können.

Ton

Ganz unspektakulär, aber dennoch gut technisch überarbeitet sind die Tonspuren auf dieser DVD. Als Fernsehserie von 1984 bekommt man hier natürlich nur ganz einfache Mono-Abmischungen geboten, die aber eine überraschend gute Qualität und nur wenige technische Einschränkungen haben.

Die englische Fassung hat einen sehr vollen und kräftigen Klang. Die Musik hat einen erstaunlich guten Baß, wie der Rest der Tonspur sind allerdings die Höhen nur wenig ausgeprägt. Die Dialoge hören sich jedoch ausgezeichnet an und sind nur manchmal etwas dumpf, weil kaum im Studio nachsynchronisiert und der Ton fast immer direkt während der Dreharbeiten auf den Soundstages aufgenommen wurde. Dadurch sind einige Nebengeräusche hörbar, allerdings hat die Tonspur dafür ein sehr geringes Grundrauschen. Leider hat sich in der ersten und der letzten Episode ein Fehler beim Authoring eingeschlichen: im letzten Drittel der Folgen ist der als 2.0 codierte Mono-Ton nur noch aus dem linken Kanal zu hören – was im Prinzip nichts ausmacht, denn von der Tonspur geht nichts verloren, und wenn man einen Verstärker hat, der sich auf Mono-Wiedergabe umschalten, läßt kann man dieses Problem einfach selbst lösen.

Die deutsche Synchronfassung wurde noch zu DDR-Zeiten von der DEFA angefertigt und hat eine nur geringfügig schlechtere Tonqualität als die englische Originalfassung. Es ist deutlich mehr Rauschen zu hören, Frequenzgang und Dynamik sind dagegen aber nur unwesentlich schlechter. Die Stimmen klingen wie immer bei einer Synchronfassung etwas steril, und die Geräuschkulisse hört sich oft völlig anders als in der englischen Version an. Qualitativ ist an der deutschen Fassung aber trotzdem nicht viel auszusetzen, wenn man in Betracht zieht daß es sich halt "nur" um eine Fernsehserie handelt. Das Problem mit dem fehlenden Ton auf einem der beiden 2.0-Mono-Kanäle taucht bei der deutschen Tonspur nicht auf.

Es werden leider nur deutsche und keine englischen Untertitel mitgeliefert, die keine Transkription der deutschen Fassung, sondern sinnvollerweise eine Übersetzung der englischen Version sind - dadurch können nicht-englischsprachige Zuschauer doch etwas von der viel atmosphärischeren Originalfassung mitbekommen.

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