Der Film
Dr. Jones ist Archäologie-Dozent an einem amerikanischen College und mit seinen Studenten durch eine Art Hassliebe verbunden. Einerseits ist er wegen seiner anschaulichen Vorlesungen beliebt, andererseits treibt er durch seine lange Abwesenheiten Verwaltung und Studenten gleichermassen auf die Palme. Denn manchmal legt Dr. Jones die Kreide beiseite, tauscht Anzug und Krawatte gegen Lederjacke, Hut und Peitsche aus und geht als Indiana Jones seiner Lieblingsbeschäftigung nach: Archäologie vor Ort praktizieren. Auf der Suche nach seltenen Artefakten durchquert Indy die ganze Welt und scheut nicht davor, sich in alle möglichen Gefahren zu begeben.
Gerade von einem seiner Abenteuer zurück, das eine Niederlage gegenüber seinem Erzfeind Belloq war, bekommt Indy (Harrison Ford) im College unerwarteten Besuch von zwei Regierungsbeamten, die ihn nach seinem alten Mentor Professor Ravenwood fragen. Die US-Regierung fing ein Telegramm der Nazis ab, in dem Ravenwood und ein geheimnisvoller Stab von Ra erwähnt wird. Indy und sein Freund Marcus Brody (Denholm Elliot) klären die ahnungslosen Schreibtischtäter auf, daß der Stab von Ra zusammen mit seinem Kopfstück in einem verschollenen ägyptischen Kartenraum den Aufenthaltsort der Bundeslade offenbaren könnte. Anscheinend haben die Nazis großes Interesse an der Bundeslade, in der angeblich die Überreste der Original-Tafeln der zehn Geboten aufbewahrt werden, die furchtbare destruktive Kräfte in sich bergen sollen. Indy sucht in Nepal nach Professor Ravenwood, findet aber nur seine Tochter Marion (Karen Allen), einer seiner zahlreichen Verflossenen, die sich nach dem Tod ihres Vaters mit einer Kneipe über Wasser gehalten hat. Sie ist von Indys plötzlichem Auftauchen nicht besonders begeistert, kann aber nach einer heftigen Begegnung mit ein paar Nazi-Schergen zusammen mit ihm fliehen...
Es waren einmal zwei Filmemacher, die sich gerne an alte Abenteuer-Serienfilme
aus ihrer Kindheit erinnerten und bei einem gemeinsamen Urlaub auf Hawaii
auf die Idee kamen, aus Spaß einen eigenen Film in dieser Art zu drehen
- die Zeit war Ende der siebziger Jahre und die beiden Regisseure waren
George Lucas und Steven Spielberg, die sich gerade von den Strapazen des
Filmemachens erholten. Beide hatten gerade mit Star Wars und
Close Encounters of the Third Kind zwei höchst unterschiedliche
Science-Fiction-Filme gedreht und waren in das Urlaubsparadies geflüchtet,
um dem Presserummel zu entgehen.
Indiana Smith, Adventurer.
Außer ihren aktuellen Filmen kamen die beiden Filmemacher natürlich auch
auf zukünftige Projekte zu sprechen und Steven Spielberg erwähnte den
lang gehegten, aber immer wieder abgelehnten Wunsch einmal einen James-Bond-Film
zu inszenieren. George Lucas hatte aber eine bessere Idee zu bieten: die
Abenteuer von Indiana Smith. Bereits Anfang der siebziger Jahre, als er
mit American Graffiti seinen ersten großen Erfolg hatte, hatte er einige
Geschichten auf Basis von alten Serienfilmen aus den vierziger Jahren
geschrieben, die einerseits Science-Fiction, aber auch ganz bodenständigere
Dschungel-Abenteuerreißer zum Vorbild hatten.
Eine dieser Geschichten drehte sich um einen abenteuerlustigen Archäologen
namens Indiana Smith, aus der George Lucas Mitte der siebziger Jahre zusammen
mit seinem Freund Philip Kaufman schon einmal versucht hatte, einem Film
zu machen. Kaufman hatte die Idee ins Spiel gebracht, die Suche nach der
Bundeslade zu einem zentralen Plotelement zu machen, aber als er von Clint
Eastwood für dessen Film The Outlaw Josey Wales engagiert (und
später wieder gefeuert) wurde, kam das Projekt vorerst zum Stillstand.
George Lucas wollte den Film nicht selbst inszenieren und widmete sich
dann erst einmal der Realisierung von Star Wars, die im Mai 1977
nach einer nervenaufreibenden Produktion mit der erfolgreichen Kinopremiere
ein mehr als zufriedenstellendes Ende fand.
Die Geburt eines Abenteuers
Auf Steven Spielbergs Sehnsucht nach einem eigenen Bond-Film gab es für
George Lucas daher nichts anderes zu Antworten als seine alte Idee wieder
aus der Schublade zu holen und zu hoffen, nach Philip Kaufman einen neuen
Kollaborateur zu finden - was ihm mühelos gelang, denn Spielberg war von
The Adventures of Indiana Smith richtig begeistert. Nur der Name
gefiel ihm nicht, aber da ließ George Lucas mit sich reden: der Held wurde
in Indiana Jones umbenannt und das erste gemeinsame Projekt der beiden
Filmemacher war besiegelt. Im Laufe des nächsten Jahres leitete George
Lucas nicht nur den neuen Star Wars-Film The Empire Strikes
Back in die Wege, sondern auch das Indiana-Jones-Abenteuer, das den
Titel Raiders of the Lost Ark bekam.
Die beiden Filmemacher wollten das Drehbuch aber nicht alleine schreiben,
sondern wandten sich an einen Autoren, dem Steven Spielberg durch ein
damals noch unproduziertes Script namens Continental Divide aufgefallen
war: Lawrence Kasdan wurde nicht nur für Raiders engagiert, sondern fast
gleichzeitig auch von George Lucas für seinen neuen Star Wars-Film.
Im Januar 1978 trafen sich Kasdan, Lucas und Steven Spielberg zu einer
dreitägigen Brainstorming-Session, in der alle wesentlichen Bestandteile
des Films ausgesucht wurden - jeder der Filmemacher hatte einige Ideen
beizusteuern, die hauptsächlich aus grandiosen Actionszenen und kleinen
Gags bestanden, von denen es längst nicht alle in den fertigen Film schafften.
Aus den vielen Ideen und Notizen bastelte Lawrence Kasdan über ein halbes
Jahr hinweg eine erste Drehbuchversion, während George Lucas mit den Arbeiten
an The Empire Strikes Back beschäftigt war und Steven Spielberg
die Kriegskomödie 1941 inszenierte. Problematisch erwies sich
die Finanzierung, denn ganz ähnlich wie bei Star Wars scheuten
sich viele Studios vor den hohen Kosten und einem ungewissen Erfolg, aber
Steven Spielberg und George Lucas gelang es trotzdem bei Paramount einen
Vertrag unter Dach und Fach zu kriegen. Das Studio willigte ein, ein Budget
von 20 Millionen Dollar zu Verfügung zu stellen und versprach George Lucas
40% der Filmrechte und über die Hälfte der Profite, wenn sich Raiders
of the Lost Ark als Kassenschlager herausstellen sollte. Andererseits
drohten bei Überschreitung des Budgets hohe Vertragsstrafen, aber Lucas
und Spielberg gingen das Risiko ein und waren fest davon überzeugt, mit
einem rigorosen Drehplan die knappe Finanzierung einhalten zu können.
Die Sache mit der Lade
Der eigentliche Plot des Films stammte noch aus der gemeinsamen Arbeit
von George Lucas und Philip Kaufman, die sich die abenteuerliche Geschichte
über die Suche nach der Bundeslade ausgedacht hatten. Die Vorbilder waren
ähnlich wie bei Star Wars die alten Saturday-Afternoon-Serials
der vierziger Jahre wie Secret Service in Darkest Africa, in
denen Abenteuer im tiefsten Dschungel und die Nazis als Bösewichte zur
Standardausstattung gehörten. Dies diente aber nur als Grundlage für ein
ganz eigenes Szenario, das mit Philip Kaufmans Idee, die mythische Bundeslade
als übernatürliches Element zu verwenden, einen ganz besonderen Fantasy-Touch
erhielt, der zu einem der größten Markenzeichen des Films wurde.
Während die Vorbilder eigentlich nur ganz simple Reißer waren, bauten
George Lucas, Steven Spielberg und Lawrence Kasdan das Konzept zu einem
ausgewachsenen Abenteuer um, das viel mehr als nur eine Ansammlung von
Actionszenen in einer dünnen Rahmenhandlung zu bieten hatte. Stattdessen
konzentrierten sich die Filmemacher auf das, was sie am besten können:
eine Geschichte zu erzählen. Das rückte sowohl die Story als auch die
Charaktere deutlich deutlich in den Vordergrund und funktionierte die
Action-Elemente als Mittel zum Zweck um. Zwar ist die Action in Raiders
of the Lost Ark natürlich der eigentliche Anlaß, aber die bessere
Integration in die Handlung macht dies viel weniger offensichtlich als
es bei Filmen dieses Kalibers sonst üblich ist.
Lawrence Kasdan hatte mit seinem Drehbuch für eine ausgefeilte Handlung
und perfekt polierte Dialoge gesorgt, die für einen Film dieser Art erstaunlich
anspruchsvoll waren. Auch ein unterschwelliger Humor und eine gewisse
Surrealität sind zu spüren, denn George Lucas und Steven Spielberg haben
ihren Film in ersten Linie als Märchen mit Abenteuer-Flair konzipiert,
wodurch sich Raiders of the Lost Ark auch nicht wirklich ernst.
Der Humor wurde allerdings nicht zu kräftig angelegt und bemüht sich
erfolgreich witzig und ironisch, aber nicht lächerlich zu wirken. Die
archäologischen Hintergründe wurden einigermaßen authentisch dargestellt
und gerade der pseudo-religiöse Aspekt der Bundeslade mit angemessenem
Respekt behandelt. Wenn die Filmemacher eine Message mit ihrer Geschichte
verbreiten wollten, ist es allerhöchstens der alte Spruch, daß manche
Dinge am besten unerklärt bleiben sollten - einen religiösen Hintergrund
kann man George Lucas und Steven Spielberg damit aber nicht nachsagen,
denn schließlich wollen die Filmemacher nur ein Märchen erzählen.
Gesucht: Mann mit Hut, Lederjacke und Peitsche
Steven Spielberg wollte aus Indiana Jones zuerst einen etwas rauhbeinigen,
versoffenen Typen wie Humphrey Bogart in Treasure of the Sierra Madre
machen, während George Lucas in ihm mehr einen Bond-ähnlichen Playboy
sah. Schließlich wurde der Mittelweg gewählt und der Charakter zu einem
netten College-Professor mit einer Vorliebe zur praktischen Archäologie
gemacht. Die Figur war natürlich nicht wirklich neu und hatte unübersehbare
Ähnlichkeiten zu Vorbildern wie H. Rider Haggards Allan Quatermain und
vielen anderen, aber die beiden Filmemacher drückten dem Protagonisten
ihren ganz persönlichen Stempel auf, indem sie ihm ein Doppelleben gaben:
auf der einen Seite der charmante College-Dozent, auf der anderen Seite
ein unerschrockener Abenteurer.
Diese Kombination machte aus der x-beliebigen B-Movie-Figur eine durch
und durch originellen Charakter, der das Zeug zu einem waschechten Kinohelden
der alten Garde hatte. Im Gegensatz zu seinen Vorbildern steckte hinter
Indiana Jones aber nicht nur eine leere Hülle, sondern eine richtige Persönlichkeit,
deren Hintergründe zu einem festen Bestandteil der Handlung gemacht wurden.
Schon in den ersten Szenen des Films wird der Charakter unmißverständlich
definiert und gezeigt, daß er eine turbulenten Vergangenheit hat und auch
nicht unverwundbar ist. Einer von Steven Spielbergs und George Lucas'
Grundsätze für Indiana Jones war, daß er immer nur um Haaresbreite aus
brenzligen Situationen herauskommen sollte und dabei oft eine ganze Menge
Prügel einstecken muß.
Will the real Dr. Jones please stand up?
In der Preproduktion war der Charakter nicht nur inhaltlich, sondern auch
vom Aussehen her schon sehr weit entwickelt worden - besonders das berühmte
Kostüm mit Fedora, Lederjacke und Peitsche wurde von Designerin Deborah
Nadoolman auf Basis von vielen Konzeptzeichen schon lange vor dem Beginn
der Dreharbeiten gestaltet und wartete nur noch auf einem passenden Schauspieler.
Wer aber diesen neuen Helden spielen sollte, war zu Anfang noch völlig
offen. Steven Spielberg plädierte für Harrison Ford, der in den Star Wars-Filmen
schon eine tragende Rolle gespielt hatte und deshalb von George Lucas
nicht in betracht gezogen wurde, weil er ihn nicht in allen seinen Filmen
verwenden wollte.
Stattdessen gingen die beiden Filmemacher auf eine ausführliche Suche
nach einem frischen Gesicht, für die sie eine ganze Menge Schauspieler
vorsprechen ließen und viele Screen-Tests drehten. Tim Matheson, Peter
Coyote und John Shea gehörten zur engeren Auswahl, schließlich wurde aber
Tom Selleck gecastet. Das entwickelte sich aber zu einem unerwarteten
Problem, weil Selleck bei Universal schon für die TV-Serie Magnum,
P.I. unter Vertrag stand und deshalb in letzter Minute ausfiel. Wenige
Wochen vor dem Beginn der Dreharbeiten standen die Filmemacher vor dem
Nichts.
Schließlich konnte Steven Spielberg George Lucas doch überzeugen, Harrison
Ford zu engagieren, der vom Drehbuch so überzeugt war, daß er einen Vertrag
für gleich drei Filme unterschrieb. Es war eine große Chance für den damals
noch relativ unbekannten Schauspieler, der sich dadurch ein zweites Standbein
in Hollywood schaffen konnte und mit dieser Rolle den entgültigen Durchbruch
erreichte. Harrison Ford hatte gerade erst in den ersten zwei Star
Wars-Filmen mitgespielt und war für einen dritten fest eingeplant,
so daß Lucas befürchtet hatte, daß der Schauspieler als Indiana Jones
den Eindruck eines Han Solo mit Hut und Lederjacke erwecken könnte. Tatsächlich
gelang es Harrison Ford aber genau dies zu vermeiden - der Schauspieler
schaffte es, sowohl einen smarten College-Professor als auch einen kernigen
Abenteurer überzeugend darzustellen und dabei seine frühere Rolle völlig
hinter sich zu lassen.
Die Filmemacher hatten sich eine Kombination aus Errol Flynn, Cary Grant
und Clark Gable gewünscht und Harrison Ford bekommen, der diesen
Idealen schon erstaunlich nah kam, aber erst gar nicht versuchte diese
Schauspieler zu imitieren. George Lucas und Steven Spielberg waren so
von seiner Wandlungsfähigkeit begeistert, daß sie ihm ein Mitspracherecht
bei der Entwicklung des Charakters gaben und mit ihm zusammen die Rolle
völlig neu definierten. Durch die gemeinsamen Ideen der Filmemacher und
dem Schauspieler konnte Indiana Jones zu einem Kinohelden werden, den
es in dieser Form zuvor noch nie gegeben hatte und der trotz seiner vielen
Vorbilder völlig originell war.
Die Freunde des Dr. Jones
Obwohl George Lucas eine handfeste Titelrolle mit einem großartigen Schauspieler
an Bord hatten, gaben sie sich auch bei der Besetzung der Nebenrollen
große Mühe. Für die weibliche Hauptrolle, Indys alte Flamme Marion Ravenwood,
waren Schauspielerinnen wie Debra Winger und Sean Young im Gespräch, aber
es war Karen Allen, die schließlich die Rolle bekam. Die Schauspielerin
war Steven Spielberg zuerst in John Landis College-Komödie Animal
House und Rob Cohens Drama A Circle of Friends aufgefallen
und hatte ihn an Filmstars einer früheren Generation wie Myrna Loy, Carole
Lombard und Katherine Hepburn erinnert. Karen Allen spielte ihre Rolle
mit soviel Spaß und Intensität, daß sie so gar nicht dem Stereotyp einer
hilflosen Lady der dreißiger Jahre entsprach und damit ein ideales Gegenstück
zu Harrison Ford war. Als einzige Frau in der Besetzung konnte sie sich
gegenüber ihren männlichen Kollegen hervorragend behaupten und spielt
sie sogar mühelos an die Wand.
Für Indys ägyptischen Kompagnon Sallah wollten die Filmemacher eigentlich
Danny DeVito engagieren, der die Rolle selbst sehr gerne spielen wollte,
aber große Terminprobleme mit der TV-Serie Taxi hatte und deshalb
leider absagen mußte. Steven Spielberg war aber der britische Schauspieler
John Rhys-Davies in der Fersehserie Shogun aufgefallen, der für
die Rolle des verschlagenen Ausgrabungs-Helfers genau den richtigen verschmitzten
Charme besaß und ein idealer Sidekick für Indiana Jones war. Die kleine
Rolle von Indys altem Freund Marcus Brody wurde mit dem englische Charakter-Darsteller
Denholm Elliot ausgesucht, dessen Figur zwar in der Handlung keine wichtige
Funktion spielte, aber dem Hintergrund von Indiana Jones eine besondere
Klasse verlieh.
Der Franzose und die Nazis
Besonders viel Spaß hatten die Filmemacher auch mit der Besetzung der
Bösewichte. Für Indys alten Erzfeind, den französische Archäologe Rene
Belloq, hatte Steven Spielberg ursprünglich den italienischen Schauspieler
Giancarlo Giannini im Sinn, der aber nicht interessiert war. Nachdem auch
die Zusammenarbeit mit dem Schauspieler und Sänger Jacques Dutronc
wegen der Sprachbarriere nicht klappte, einigten sich die Filmemacher
auf den britischen Schauspieler Paul Freeman. Der hatte zwar keinen wirklich
authentischen französischen Akzent zu bieten, der aber eigentlich auch
gar nicht benötigt wurde und Belloq damit zu einem typischen Fiesling
der alten Abenteuer-Serials machte. Als gemein-charmanter Bösewicht war
der Schauspieler eine ausgezeichnete Wahl und brachte den notwendigen
Biß in die Rolle von Indys Gegenspieler.
Während Belloq eigentlich nur seine eigenen Ziele verfolgt, sind die Nazis
die wirklichen Bösewichte des Films, die aber überraschenderweise nicht
komplett als dumme Karikarturen, sondern als durchaus gefährliche Gegenspieler
dargestellt werden. Tatsächlich wurde nur der immer strammstehende Colonel
Dietrich von einem deutschen Schauspieler gespielt, während die restlichen
Nebenrollen ausschließlich von Engländern oder Amerikanern dargestellt
werden - das führte in der Originalfassung des Films zu einigen holperigen,
aber auch manchmal gelungenen deutschen Dialogzeilen. Der im Film namenlose,
aber im Script Arnold Toth genannte "Verhörexperte" wurde mit viel Ironie
vom amerikanischen Schauspieler Ronald Lacey gespielt, der seine Karriere
eigentlich schon aufgegeben hatte, aber dann von Steven Spielberg für
die Rolle engagiert wurde, weil er ihn an Peter Lorre erinnerte - gegen
ihn verblassen sämtliche anderen uniformtragenden Nazis des Films.
Ein besonderes Team
George Lucas hatte bei den Star Wars-Dreharbeiten die Lektion
gelernt, daß der Job des Regisseurs für ihn selbst zu anstrengend und
nervenaufreibend war - als Konsequenz daraus hatte er schon den zweiten
Star Wars-Film The Empire Strikes Back in die Hände
von Irvin Kershner gelegt und war nun mehr als glücklich, einen erfahrenen
Regisseur wie Steven Spielberg an seiner Seite zu haben. Lucas überließ
Spielberg größtenteils die Inszenierung des Films, war aber oft den Dreharbeiten
immer mit dabei und manchmal auch mit einer zweiten Kamera beschäftigt.
Zwischen den beiden Filmemachern herrschte aber eine freundschaftliche
Kooperation, denn George Lucas vertraute Steven Spielberg voll und ganz,
deren gemeinsame Vision richtig in Szene zu setzen.
Mit dafür verantwortlich war auch ein erstklassiges Team, das aus den
besten Leuten der Filmindustrie bestand. Als Kameramann wurde der legendäre
Douglas Slocombe engagiert, der zum ersten Mal mit Steven Spielberg und
George Lucas zusammenarbeitete und das besonders realistische, erdige
Aussehen von Raiders of the Lost Ark ermöglichte. Produktionsdesigner
Norman Reynolds war schon bei den ersten beiden Star Wars-Filmen mit dabei
und wußte daher genau, wie er George Lucas Ideen umsetzen konnte. Als
Konzeptzeichner wurde aber diesmal nicht Ralph McQuarrie engagiert, sondern
den Marvel-Comicautor Jim Steranko, weil die Filmemacher ein etwas cartoonigeres
Aussehen im Stil von Comics der vierziger Jahre bevorzugten.
Exotische Schauplätze und aufwendige Kulissen
Nicht ganz so einfach erwies sich die Suche nach den geeigneten Drehorten,
denn der Film spielte zu einem großen Teil in der ägyptischen Wüste und
zu Beginn wurde ein waschechter Dschungel benötigt. Nachdem sich die Produzenten
während der Vorbereitungen in Puerto Rico und Mexiko umgesehen hatten
und nicht fündig geworden waren, wurde schließlich Hawaii für die Dschungelszenen
ausgewählt. Weil die Handlung in Ägypten ganz bewußt ohne die sonst üblichen
Szenerien um die Pyramiden, die Sphinx oder den Nil auskam, konnten die
Dreharbeiten ganz woanders stattfinden. George Lucas hatte schon einen
Teil des ersten Star Wars-Films in Tunesien gedreht und hatte
genau die richtigen Drehorte im Sinn.
Die Dreharbeiten begannen im Juli 1980 in Tunesien, aber ein Vergnügen
war die Arbeit vor Ort überhaupt nicht. Fast das ganze Team holte sich
eine Lebensmittelvergiftung von der lokalen Verpflegung - nur Steven Spielberg
blieb verschont, der sich ausschließlich von mitgebrachten Konserven ernährte.
Ihm gelang es trotzdem, die ursprünglich auf sechs Wochen angelegte Drehzeit
auf vier Wochen zu verkürzen und so schnell wie möglich Tunesien wieder
zu verlassen - im fertigen Film merkt man aber überhaupt nichts von den
hastigen Dreharbeiten und den leidenen Schauspielern und Filmemachern.
Steven Spielberg und George Lucas konnten nur so schnell und effizient
arbeiten, weil sie ihren Film minutiös genau durchgeplant hatten und kaum
etwas dem Zufall überließen.
Hawaii erwies sich als Drehort dagegen relativ unproblematisch und ermöglichten
den Filmemachern in Ruhe den Beginn der Teaser-Sequenz zu inszenieren,
die ähnlich wie bei den James-Bond-Filmen eine eigene kleine Geschichte
für sich erzählt, aber hier nicht nur den ersten beeindruckenden Auftritt
von Indiana Jones, sondern auch seinem Widersacher Belloq markiert. Für
die U-Boot-Sequenzen hatten die Filmemacher sogar das Glück, in Frankreich
eine originale Unterseeboot-Basis aus dem Zweiten Weltkrieg inklusive
einem passenden U-Boot zur Verfügung zu haben, die noch von der Produktion
von Wolfgang Petersens Das Boot übriggeblieben war und so eine
sehr realistische Kulisse für diesen Teil des Handlung ermöglichte.
Steven Spielberg, der zuvor noch nie in England gearbeitet hatte, wollte
die Innenaufnahmen gerne in den berühmten Pinewood-Studios drehen, aber
George Lucas empfahl stattdessen die EMI Elstree Studios, in denen er
schon die ersten beiden Star Wars-Filme produziert hatte und
dort mit den Stages vertraut war und viele Kontakte besaß. Die Sets wurden
schon Monate zuvor von Produktionsdesigner Norman Reynolds und einem großen
Stab von britischen Handwerkern aufgebaut. Hier wurden nicht nur der größte
Teil des Teasers, sondern auch der Kartenraum, die Well of Souls mit den
angrenzenden Katakomben, Marions Bar und die Schiffskabinen gedreht. Trotz
des niedrigen Budgets wurde dabei ein hoher Aufwand betrieben, um die
Szenerien so realistisch wie nur möglich zu gestalten - die Flucht vor
dem riesigen rollenden Stein war nur eine von vielen brillianten Ideen,
die in den riesigen Studiohallen in die Wirklichkeit umgesetzt wurden
Handgemachte Zauberei
Während Steven Spielberg und George Lucas im Gegensatz zu Star Wars viel
weniger auf Spezialeffekte angewiesen waren und sich der größte Teil des
Films direkt durch die Kameralinse einfingen ließ, kamen besonders die
Schlußsequenz nicht ohne sie aus. Industrial Light and Magic war inzwischen
nach der Erfahrung von zwei Star Wars-Filmen von einer kleinen
Garagen-Firma zu den erfolgreichsten Experten der Branche geworden und
hatte mit Raiders of the Lost Ark das erste Mal mit einem Film
außerhalb des Science-Fiction-Genres zu tun. Nicht zu unterschätzen sind
die vielen Matte-Paintings, die hauptsächlich von Michael Pangrazio gestaltet
wurden und so nahtlos in den fertigen Film integriert wurden, daß sie
kaum von der realen Szenerie zu unterscheiden sind.
Für das Pandemonium der Schlußszene wurden viele völlig neue Techniken
entwickelt, die damals noch völlig ohne Computerunterstützung auskommen
mußten. Fliegende, durchsichtige Geister, verbrennende Bösewichte und
explodierende Köpfe wurden mit aufwendiger Handarbeit erstellt, wodurch
die Postproduktion fast genauso lange wie die eigentlichen Dreharbeiten
dauerte. Dabei kam es George Lucas und Steven Spielberg aber nicht unbedingt
auf hundertprozentige Perfektion an, denn sie wollten mit Absicht einen
etwas rauhes Aussehen des Films auch in den Effekten erreichen - trotzdem
sehen diese Szenen auch dreißig Jahre später immer noch besser aus als
die meisten heutigen computergenerierten Effekte.
Jägermarsch
Für die Filmmusik kam nur einer in Frage: John Williams, der schon zuvor
alle Filme von Steven Spielberg und George Lucas vertont hatte und für
seine aufwendigen, klassisch orientierten Scores berühmt geworden war.
Die beiden Filmemacher waren sich bewußt, daß Raiders of the Lost
Ark im Gegensatz zu seinen Vorbildern eine ganz besondere musikalische
Untermalung benötigte, um die richtige Stimmung zu erzeugen - eine schnell
zusammengeschusterte Filmmusik aus billig produziertem Archivmaterial
hätte möglicherweise dem Film mehr geschadet als genutzt. Deshalb wandten
sich an den wandlungsfähigen Williams, der in enger Zusammenarbeit mit
ihnen eine der beeindruckensten Scores der Filmgeschichte schrieb und
zusammen mit Ben Burtts aufwendigem Sound-Design eine bemerkenswerte Klangkulisse
schuf.
Raiders of the Lost Ark verstößt gleich zu Beginn gegen eine
der alteingesessensten Konventionen der Filmbranche, indem keine knallige,
leicht zu identifizierende Titelmusik verwendet wird, sondern eine atmosphärische
Hintergrundscore. John Williams verwendete viele Personen- und Objektbezogene
Leitmotive, von denen sich eins im Laufe des Films als eigentliches Hauptthema
etabliert. Die als Thema des Titelhelden erst nur kurz als viertönige
Fanfare zu hörende Melodie wird in mehreren Schritten immer mehr erweitert,
bis sie im Abspann schließlich als voll orchestriertes Stück zu hören
ist. Der Raiders March ist die eigentliche Titelmusik des Films und gerade
durch dieEinfachheit bestechend genial, ohne primitiv zu wirken. Wie ein
klassischer Komponist hat John Williams aus ein paar simplen Tönen eine
erinnerungswürdige Melodie mit hohen Ohrwurmcharakter geschaffen, die
neben dem Hauptcharakter eins der größten Markenzeichen des Films wurde.
Auf der Jagd nach dem großen Erfolg
Die Dreharbeiten waren sehr komplex, konnten aber dank des sehr effizient arbeitenden Filmteams fast zwei Wochen früher als geplant beendet werden - nach 73 Drehtagen in vier verschiedenen Ländern. Trotzdem mußten Steven Spielberg und George Lucas keine Kompromisse eingehen und schafften die schnelle Produktion einzig und alleine nur durch die detaillierte Vorbereitung - damit hatten die Filmemacher den erstaunten Studiochefs bewiesen, daß eine Produktion, die sonst vielleicht das doppelte gekostet hätte, auch mit nur 20 Millionen Dollar möglich war.
Raiders of the Lost Ark kam im Juni 1981 in die amerikanischen
Kinos und wurde sofort zu einem riesigen Kassenschlager, der die Produktionskosten
schon innerhalb zwei Wochen mühelos wieder einspielte und bis Ende des
Jahres weltweit fast 400 Millionen Dollar verdiente. Nicht nur die Kinozuschauer,
sondern auch die Kritiker waren begeistert und lobten die Wiederauferstehung
eines lang totgeglaubten Genres. Es waren vor allem Harrison Ford und
Karen Allen, die ihren Charakteren sehr viel Leben eingehaucht hatten
und der rustikale, ungeschliffene Charme des Films, die zusammen mit der
innovativen Erzählweise der Filmemacher Raiders of the Lost Ark
zu einem so großen Erfolg gemacht hatten. Belohnt wurde der Film auch
bei den Oscar-Verleihungen: von acht Nominierungen konnte Raiders
of the Lost Ark immerhin vier für das beste Set-Design, den Filmschnitt,
die Tonmischung und die Spezialeffekte gewinnen, außerdem erhielt Ben
Burtt für den Tonschnitt eine gesonderte Auszeichnung.
Auch die beiden Filmemacher waren sehr zufrieden mit ihrem Werk. George
Lucas konnte nach Star Wars einen weiteren seiner alten Träume
in die Wirklichkeit umsetzen, und Steven Spielbergs Wunsch, einmal einen
James-Bond-Film zu inszenieren, wurde auf eine ganz andere, aber noch
viel bessere Weise realisiert. Zur Genugtuung des Regisseurs konnte Raiders
of the Lost Ark sogar den nur kurze Zeit später angelaufenen
zwölften Bond-Film For Your Eyes Only an den Kinokassen haushoch
schlagen. Der Versuch, den alten Abenteuer-Serienfilmen wieder neues Leben
einzuhauchen, hätte in Lächerlichkeit abgleiten können, wenn nicht zwei
erfahrene und engagierte Filmemacher am Werk gewesen wären.
Statt einem peinlichen Abklatsch konnte so ein sehr origineller und enorm
unterhaltsamer Film entstehen, der den Begriff Popcorn-Kino völlig neu
definierte und die flügellahme Filmindustrie der frühen achtziger Jahre
kräftig ankurbelte. Mehr als zwanzig Jahre später wirkt Raiders of
the Lost Ark immer noch so frisch wie bei seiner Premiere, und es
blieb nicht der einzige Auftritt von Indiana Jones: der große Erfolg führte
zu drei weiteren Filmen, einer Fernsehserie und einem Franchise, das sich
einen festen Platz in der Filmgeschichte neben Star Wars, Star Trek und
James Bond schaffen konnte.
Die DVD
Raiders of the Lost Ark erschien erstmals im Herbst
2003 mit den anderen zwei Filmen der Indiana Jones-Trilogie als DVD -
gerade zu dem Zeitpunkt, an dem kaum noch jemand damit gerechnet hatte.
Warum es so lange gedauert hatte, bis die Filme endlich als DVD erschienen
waren, wurde schon in der Werbekampagne erläutert: Steven Spielberg
und George Lucas wollten warten, bis die digitalen Restaurationstechniken
so weit entwickelt waren, daß sie das stark mitgenommene Filmmaterial
der Indiana Jones-Trilogie gerettet werden konnte.
Besonders Raiders of the Lost Ark benötigte eine Menge Arbeit,
die von Lowry Digital durchgeführt wurde - mit enormen Erfolg, denn
die DVDs enthielten die Filme in einer so brillianten Bildqualität,
wie sie kaum jemand für möglich gehalten hatte. Keiner der Filme
wurde aber digital manipuliert, denn im Rahmen der Restauration wurden
nur einige Imperfektionen bei den Special-Effects ausgebügelt. Auch
der Titel wurde im Film selbst nicht manipuliert und lediglich auf den
Covern in Indiana Jones and the Raiders of the Lost Ark geändert,
um eine bessere Kontinuität unter den drei Filmen der Trilogie zu
ermöglichen.
Alles weiteres zu den DVDs in der Review des
Boxsets und der Bonus-DVD.
Weitere Filme der Trilogie: The Temple of Doom
| The Last Crusade
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