Allgemeines
Die lang erwartete Indiana-Jones-DVD-Box ist endlich da,
und mit ihr eine ganze DVD voll mit Bonusmaterial, das laut Aufkleber
auf der Box über drei Stunden ausmachen soll. Ein kurzes Überschlagen
zeigt, daß Lucasfilm und Paramount uns nicht angeflunkert haben:
die Dokumentationen sind zusammen ca. 175 Minuten lang, und wenn man dann
noch die Trailer dazurechnet, kommt man locker auf etwas mehr als drei
Stunden. Das mag vielleicht im Angesicht der vielen 10-Stunden-Super-Special-Editions
von heute verschwindend gering sein, aber diese DVD enthält drei
Stunden intensive, konzentrierte Dokumentation, die jegliches andere Extra
überflüssig macht. Kein Audiokommentar? Keine blinkenden, dudelnden
Multimedia-Anwendungen? Das Bonus-Material der Indiana-Jones-Box macht
die gute, alte Dokumentation wieder hoffähig und zeigt, wieviel mit
so einer gut recherchierten und hervorragend produzierten Sache möglich
ist.
Zu den Reviews der einzelnen Filme geht es hier lang...
Indiana Jones and the Raiders of the Lost Ark
Indiana Jones and the Temple of Doom
Indiana Jones and the Last Crusade
... während dieser Teil der Kritik sich um die Bonus-DVD und anderes
dreht.
Das Menüdesign aller DVDs haben einen einheitliches Aussehen und
sind teilweise animiert. Das wurde erreicht, indem Filmszenen mit einem
Filter verfremdet und einige zusätzliche 3D-Animationen hinzugefügt
wurden. Das sieht nicht schlecht aus, hätte aber insgesamt vielleicht
noch etwas origineller gemacht werden können, speziell die Unterschiede
der Menüs der drei Filme hätten schon größer sein
können. Die Verpackung läßt dagegen wenig zu wünschen
übrig: die vier einzelnen Amaray-Keepcases sind in einem kräftigen
Pappschuber mit Reliefdruck untergebracht, der von einer leicht ablösbaren
Papierbanderole halb umschlossen ist. Das Design der Cover basiert auf
den Original-Kinopostern und sieht wirklich schick aus - für die
Bonus-DVD wurde sogar ein neues Cover im gleichen Stil gezeichnet. Einen
kleinen Unterschied in der Verpackung gibt es zwischen der amerikanischen
und deutschen Ausgabe: während die RC1-Fassung die DVDs in Keepcases
aufbewahrt, sind es in der deutschen einzelne Slimline-Digipacks, was
die Kapiteleinleger einspart und die Box etwas schmaler macht. Kanada-Importeure
dürften außerdem erleichtert sein, daß es keine bilinguale
Version mit französischen Inschriften gibt, nur eine komplett englischsprachige
Box.
Kommen wir aber jetzt zum Inhalt der vierten DVD. Die Dokumentation und
die Featurettes sind im 4:3-Format abgelegt worden, was nur auf den ersten
Blick unverständlich erscheint, denn bei dem vielen verwendeten 1.33:1-Material,
hauptsächlich den Behind-the-Scenes-Ausschnitten, wäre es Unsinn
gewesen in 16:9 zu produzieren.
Indiana Jones: The Making of a Trilogy (127 Minuten)
ist in drei einzelne Dokumentationen für jeden Film mit jeweils 51,
41 und 35 Minuten aufgeteilt worden, die auch am Stück nacheinander
abgespielt werden können.Beauftragt wurde für diese Dokumentation
Laurent Bouzereau, der schon früher für George Lucas (bei American
Graffiti) und Steven Spielberg (u.a. bei Close Encounters of
the Third Kind) tätig war und unbestritten einer der besten
Doku-Produzenten der Branche ist. Für diese DVD wurde tief in den
Archiven von Lucasfilm gegraben, denn bei jedem der drei Filme wurden
die Dreharbeiten in weiser Voraussicht mit der Kamera begleitet.
Die neue Dokumentation besteht hauptsächlich aus einer Mischung von
Interviews mit Cast und Crew, den Aufnahmen vom Drehort und Filmausschnitten.
Laurent Bouzereau hat nicht nur die Filmemacher, sondern auch alle Hauptdarsteller
inklusive dem sonst sehr medienscheuen Sean Connery vor die Kamera bekommen
können und mit ihnen fantastische Interviews geführt, Es sind
so ziemlich alle Leute vertreten, die maßgeblich an der Erschaffung
der Indiana-Jones-Filme vertreten sind - an dieser Stelle alle aufzuzählen,
würde den Rahmen dieser Kritk fast sprengen! Es werden Myriaden von
interessanten Anekdoten und Geschichten erzählt, von denen das meiste
noch ziemlich unbekannt ist. Bestimmte Sachen wurden bewußt ausgeklammert,
entweder um sie in eigene Featurettes auszulagern oder einfach nicht anzusprechen
- die Schwertkämpfer-Szene im ersten Film ist so ein Kandidat, bei
dem sich viele Fans fragen werden warum das nicht erwähnt wurde.
Vergessen wurde hier aber dennoch nichts so einfach.
Das bemerkenswerteste ist aber die nahtlose Integration der Interviews
mit den Filmausschnitten und den Behind-the-Scenes-Aufnahmen, die fließend
ineinander übergehen - es ist faszinierend zuzusehen, wie eine Szene
im Film aussieht und dann ohne Unterbrechung auf die Aufnahmen vom Set
übergeht. Noch überraschender sind allerdings eine handvoll
von Screentests, die man bisher nur vom Hörensagen kennt: besonders
Tom Selleck als Indiana Jones zu sehen, ist faszinierend - Indiana Jones
mit Schnurrbart kann man sich fast nicht vorstellen. Eine weitere Testaufnahme
für Raiders zeigt Tim Matheson als Indiana Jones, und von
Temple of Doom sind Screentests von Kate Capshaw und dem kleinen
"Short Round" zusammen mit Harrison Ford zu sehen. Was es hier
überhaupt nicht gibt, sind Deleted Scenes - George Lucas war dafür,
und Steven Spielberg dagegen, nicht in den fertigen Filmen verwendetes
Material zu zeigen. Das ist ein bißchen schade, weil es sicher einige
interessante Szenen gibt, aber wenn ein Filmemacher solches Material nicht
veröffentlichen will, wird er schon seine Gründe haben.
Generell bekommt man hier einen ungewöhnlich tiefen Einblick in die
Dreharbeiten der drei Filme, der überraschend ehrlich und nicht so
voll von Selbstbeweihräucherung ist, wie eigentlich zu befürchten
war. Eigenlob leisten sich Steven Spielberg und George Lucas fast nur
dann, wenn sie berechtigt auf etwas Stolz sein können, aber manchmal
wird auch darüber nachgedacht wie man etwas hätte besser machen
können. Auch die diversen Probleme bei den Dreharbeiten werden nicht
totgeschwiegen, rückblickend mit viel Humor betrachtet. Insgesamt bekommt
man hier den Eindruck, daß die Dreharbeiten allen sehr viel Spaß
gemacht haben müssen.
Bestimmte Dinge wurden in der großen Dokumentation bewußt
ausgeklammert, um sie für alle drei Filme in vier Featurettes
zusammenzufassen. Überschneidungen gibt es gar nicht, viel mehr sind
diese Kurz-Dokus ein weiteres Kapitel von Making of a Trilogy.
Trotz der geringen Laufzeit sind die Featurettes mit Informationen nur
so vollgestopft und sollten nicht unterschätzt werden.
The Stunts of Indiana Jones (11 Minuten) bringt ein Wiedersehen
mit jemanden, den man schon öfter in anderen DVD-Dokumentationen
sehen konnte: Vic Armstrong war nicht nur Stuntman in der gesamten Indy-Trilogie,
sondern auch bei vielen James-Bond-Filmen. Er erzählt von seiner
gefährlichen Arbeit an den Filmen, die durch viele Aufnahmen vom
Set und Filmausschnitten beeindruckend gezeigt wird. Hier bekommt man
einen guten Eindruck davon, wann in dem berühmten Indy-Kostüm
wirklich Harrison Ford drinsteckt und wann es ein Stuntman ist. Aber auch
die Hauptdarsteller selbst kommen hier zu Wort, denn sie hatten auch einiges
an physikalischer Arbeit zu tun - die vielen Actionszenen erforderten
detaillierte Choreographie, und auch eine Peitsche schlagen will gelernt
sein.
The Sound of Indiana Jones (13 Minuten) bringt den Sound-Editor
Ben Burtt ins Spiel - auch ein alter Bekannter, der schon seit Starwars-Zeiten
in Lucasfilms Tonstudios immer neue Wege findet, Klangkulissen von Filmen
zu erschaffen. In seinem Interview erzählt Burtt von den erstaunlichen
Techniken Klänge zu erzeugen einzufangen und mit welcher Liebe zum
Detail dafür gearbeitet wird.
The Music of Indiana Jones (12 Minuten) ist natürlich
einem der besten Filmkomponisten der Gegenwart gewidmet - John Williams,
der hier in einem neuen Interview zu sehen ist und von der Entstehung
des berühmten Indy-Themas und der weiteren Filmmusik erzählt.
Außerdem bekommt man zum Schluß den Maestro persönlich
beim Dirigieren des Hauptthemas bei einer Aufnahmesession im Tonstudio
zu sehen.
The Light and Magic of Indiana Jones (12 Minuten) dreht sich
um die damals revolutionären Special-Effects, die von der damals
noch in den Kinderschuhen steckenden Effekt-Abteilung von Lucasfilm, Industrial
Light and Magic, fabriziert wurden. In Interviews erzählt u.a. der
ILM-Magier Dennis Muren, wie die erstaunlichsten Effekte mit den einfachsten
Mitteln erzeugt wurden - und das alles ohne jegliche Computerunterstützung.
Zuletzt ist auf der Bonus-DVD noch eine Sammlung von Trailern
der Indy-Trilogie untergebracht. Alle diese Trailer sind anamorph und
haben ein Bildformat von 1.78:1.
Raiders of the Lost Ark - Teaser (1:03), Theatrical (2:31), Re-Issue
(1:38)
The Temple of Doom - Theatrical (1:24)
The Last Crusade - Teaser (1:28), Theatrical (2:12)
Wirklich sehenswert ist lediglich der Teaser von Last Crusade,
weil dieser ausschließlich aus witzigen Behind-the-Scenes-Aufnahmen
besteht, von denen ein paar schon in den Dokumentationen zu sehen waren.
Bildergalerien oder Storyboards sind auf dieser DVD nicht vorhanden, denn
diese wurden auf die offizielle Webseite ausgelagert, die man nur mit
dem im DVD-ROM-Teil abgelegten InterActual-Interface
abrufen kann. Das funktioniert ganz gut, aber auch über eine DSL-Leitung
ist die Webseite extrem langsam und außerdem kann man die Bilder
nur schlecht abspeichern. Schade, daß diese Daten nicht auch direkt
auf die DVD gepackt wurden.
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